Daten/Fakten  

   

Das 1914 der skandinavischen Linksparteien?

Nahezu alle Linksparteien für Libyen-Einsatz-Dänemark: Opposition in der Einheitsliste formiert sich-erste Anti-Kriegs-Demonstration in Kopenhagen

In einer abendlichen Sondersitzung beschliesst das dänische Parlament  als eine der ersten Nationen die Entsendung von F-16-Kampfflugzeugen nach Sizilien zur Einrichtung einer Flugverbotszone im libyschen Luftraum.Neben den Regierungsfraktionen, der rechts-liberalen Venstre und den Konservativen, unterstützt durch Dänische Volkspartei, Sozialdemokratie und Liberale Allianz, stimmen auch die sozialdemokratisch-grüne Sozialistische Volkspartei (SF) und die links-sozialistische Einheitsliste für den Einsatz.

Während die Regierung noch "die breite Unterstützung des Parlaments" für den Einsatz lobt, gibt es bereits erste Differenzen zwischen den Fraktionen über die Dauer und den Zweck des Engagements. Beinhaltet das Mandat auch einen Sturz Gaddaffis oder "nur" die Überwachung der Flugverbotszone?

Bis auf das sozialistische Linksbündnis Rødt sprechen sich auch die Linksparteien in Norwegen und Schweden für die Intervention aus.

Frank Aaen: "Einer der schwersten Beschlüsse, seit ich im Parlament sitze"

Vor der Abstimmung begründet Frank Aaen, verteidigungspolitischer Sprecher der Einheitsliste, das Ja der Fraktion zum Einsatz. Er spricht von "einem der schwersten Beschlüsse, seitdem ich im Parlament sitze", und dass "Krieg Länder sowohl wirtschaftlich, menschlich und sozial niederwerfe", es gäbe aber "Situationen, in denen der Wunsch, Menschenleben zu retten, schwerer wiegt als der Widerwille gegen militärisches Engagement."Die Zeit laufe davon, und ein weiteres Blutvergiessen müsse verhindert und Gadaffi am Einrücken in Benghazi gehindert werden. Es läge ein klares UN-Mandat vor, "welches den humanitären Zweck der Operation unterstreicht." Danach müsse die UNO eine "Waffenruhe und eine Verhandlungslösung" durchsetzen. Ein Sturz Gadaffis könne nicht durch eine ausländische Militärintervention erreicht werden, deshalb müsse den Aufstündischen nach Durchsetzung des Flugverbots wieder das Heft des Handelns übertragen werden. In der aktuellen Situation sei dies aber die einzig richtige Entscheidung.

Pernille Skipper: "Der historische Beschluss der Einheitsliste.Und unser schwerster"

Der Abstimmung vorausgegangen war eine Sitzung des geschäftsführenden Parteivorstandes der Einheitsliste, in die die Mitglieder der Hauptvorstands per Telefonkonferenz einbezogen wurden.Nach intensiver Debatte wurden gegen 2 Gegenstimmen die Unterstützung der Mission beschlossen.2 der BefürworterInnen, Pernille Skipper und Nikolaj Villumsen, schrieben auf ihrer Homepage von "einer unverzichtbaren Forderung der Einheitsliste, dass ein UNO-Mandat dahinter (einer Intervention, S.G.)" stehen müsse, und dass "die UNO, trotz des Bedarfs an Reformen, der beste Ausdruck der internationalen Gemeinschaft" sei.Weiter heisst es:"Wir hätten gern eine Alternative aufgezeigt, konnten aber keine finden. Die von uns geforderten Vorraussetzungen wurden durch ein UNO-Mandat, die Unterstützung durch die arabische Liga, die arabische Beteiligung an der Aktion und dass der gesamte Einsatz zum Zweck der Durchsetzung einer Waffenruhe durchgefuehrt wird, erfüllt."

Protest im Netz und öffentlich

Bereits am Abend des Beschlusses wurde die Debatte heftig auf den Blogs des linken Internetportals www.modkraft.dk geführt.Von einem "schwarzen Tag" für die Linke und davon, dass der Anti-Kriegs-Bewegung jetzt eine Stimme im Parlament mangeln würde, wurde geschrieben; aber BefürworterInnen nutzten die Plattform auch, um ihren "moralischen Bauchschmerzen" Luft zu machen und betonten bei aller "berechtgten" Kritik die "Alternativlosigkeit" der Aktion. Am 23. März hatte die linke Tageszeitung Arbejderen Aaen und als Opponenten den Vorsitzenden der Kommunistischen Partei, Jørgen Petersen, zu einem Schlagabtausch eingeladen.Auch hier war die Stimmung deutlich:Die überwiegende Mehrheit verurteilte den Beschluss und war sich einig, dass die Intervention das Leid nur verschlimmern wird.Ausser Aaen unterstützen nur 2 EhL-Mitglieder den Beschluss.

Die Anti-Kriegs-Bewegung lebt noch!

Am 26. März fand die erste Demonstration unter dem Motto "Stoppt die Beteiligung Dänemarks am Krieg-Unterstützt die Revolutionen im Nahen Osten!" statt, an der ca. 250 Menschen teilnahmen, darunter viele Parteioppositionelle.Aufgerufen hatten neben kommunistischen Parteien und Anti-Kriegs-Gruppen auch die der Ehl nahestehende SUF (Sozialistische Jugendfront).Sie hatte auf deren Homepage scharfen Abstand vom Beschluss der "Mutterpartei" genommen.

Wie weiter?

Es hat sich ein Aktionsbündnis "Stoppt den Krieg in Libyen" gebildet, welches weitere Aktionen plant.Auch die schon seit längerem geplante Demonstration "Rechtsregierung abschaffen-wir fordern Dänemark zurück!" am 2. April  gegen die Politik der Regierung wird vom Krieg geprägt sein.  Heute (30.3.) wird ein Treffen der Kopenhagener Stadtorganisation stattfinden.Mehrere Stadtteilgruppen stehen in Opposition zum Beschluss; und in Odense haben die beiden Parlamentskandidatinnen Anna Rytter und Lene Juncker zu Protesten aufgerufen.

Stefan Godau, Kopenhagen