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Israelisch-palästinensischer Theaterdirektor ermordet

Flüchtlingsrat: Schleswig-Holstein trauert über den tragischen Tod des israelisch/ palästinesischen Theaterdirektors

Kiel, 5.4.2011. Der Schauspieler und Regisseur war Mitbegründer und künstlerischer Direktor des "Freedom-Theatre" einem engagierten politischen Theaterprojekt, dessen Entstehung bis in die erste Intifada im Jahr 1988 zurückreicht (http://www.thefreedomtheatre.org).

Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. arbeitete seit der Neueröffnung des Theaterprojektes im Jahr 2005 eng mit Juliano und seinem Team aus Jenin zusammen. Mehrere Besuche und Gegenbesuche zwischen dem Freedom-Theatre und dem Kieler Flüchtlingsrat haben stattgefunden. Eine Gastspielreise führten das junge Team des Freedom-Theatre zuletzt 2009 u.a. nach Kiel. Auch für den kommenden Herbst waren Auftritte in Kiel geplant.

Juliano hat sich zu keinem Zeitpunkt durch Militärs oder andere Parteigänger israelischer Besatzungspolitik noch durch reaktionäre palästinensische Gruppen und ihre gegen das Theaterprojekt gerichteten Kampagnen verunsichern lassen. Diese aufrechte Haltung prägte auch die künstlerische Arbeit des Theaters und der dazugehörigen Schauspielschule (http://www.actingschool.ps/index.php) - und wurde Juliano möglicherweise jetzt zum Verhängnis. Unter anderem die israelische Zeitung Haaretz  und die Online-Zeitung JewishJournal.com vom 4. April melden, dass Juliano Mer-Khamis durch eine Gruppe maskierter Attentäter mit 5 Schüssen am hellen Tage und vor den Augen seines 1-jährigen Sohne Jay vor dem Theater im Flüchtlingslager Jenin quasi hingerichtet wurde.

Wir schließen uns den Worten im aktuellen Nachruf der Organisation medico international an: "Er war kein Hasardeur, sondern ein Künstler und ein politische denkender und handelnder Mensch, der sich widersetzte. Keiner verkörperte wie er den Brückenschlag zwischen Juden und Palästinensern. Er gehörte zu denen auf beiden Seiten, die die Universalität der Menschenrechte und das kritische Denken gegen die Mehrheitsmeinungen in ihren Gesellschaften verteidigen. Für sie und uns alle ist der Mord an Juliano eine persönliche und politische Tragödie."

Mit Juliano haben wir einen unbeirrbaren und über alle Maßen für Gleichheit, Frieden, Freiheit und internationale Solidarität engagierten und mutigen Freund und Kollegen verloren. Über Motive und Identitäten der Täter gibt es bis dato nur Spekulationen. Wir sind erschüttert und traurig und verurteilen den feigen Mord scharf. Aber das Freedom-Theatre in Jenin wird im Sinne Julianos weiterarbeiten. Gemeinsam mit der Förderinitiative "Assoziation der Freunde des Freedom-Theatres", mit Sitz in Berlin, ruft der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein dazu auf, das Projekt jetzt erst recht zu unterstützen! (Info-Flyer als pdf-Download: http://abdel-nour.com/fadi/afftj/FLEYER_FFTJ.pdf).

Hier ein web-link zu einem kurzen Video über die Idee der "Freiheit" (http://www.youtube.com/watch?v=OaSvnkRFRic), die hinter dem Freedom-Theatre und dem Engegement des Freiheitskämpfers Juliano Mer Khamis steckt:  Choria! Freedom!

Das Freedom Theatre - hervorgegangen aus der Solidaritätsarbeit für Kinder und jugendliche Opfer der sog. ersten Intifada 1988 - wurde 2005 im palästinensischen Flüchtlingslager bei Jenin wieder aufgebaut. Das erste Theater war 2002 von der israelischen Armee zerstört worden. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen wird in diesem in Palästina einzigartigen Projekt ein Raum geschaffen, in dem sich Phantasien entwickeln und den von jahrelanger ständiger Gewalt traumatisierten jungen Menschen andere mögliche Realitäten vorgestellt werden können. Neben dem Theater als Veranstaltungszentrum gibt es verschiedene Theater-, Zirkus-, Musik und Tanzgruppen. 2008 wurde die Schauspielschule des Theaters eröffnet, die seither jungen Menschen aus der Region eine professionelle Zukunftsperspektive im Schauspiel eröffnet.

Weitere Informationen über Juliano Mer-Khamis und zu seiner Theaterprojektarbeit im Flüchtlingslager Jenin im Norden der besetzten palästinensischen Westbank auf der web-Seite des Flüchtlingsrates: http://www.frsh.de/freedomtheatre.htm

gez. Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.