Daten/Fakten  

   

Flüchtlingsorganisationen und Diakonie kritisieren:

Krebskranker Flüchtling fünf Tage vor Weihnachten abgeschoben

Mit Unverständnis und Empörung haben Flüchtlingsorganisationen und Diakonisches Werk Schleswig-Holstein auf die Abschiebung eines todkranken Krebspatienten aus Schleswig-Holstein reagiert. Am 19. Dezember ist der 29 Jahre alte Marokkaner A. aus dem Rendsburger Abschiebungsgefängnis nach Norwegen abgeschoben worden. „Asyl und Schutz für Flüchtlinge ist ein zentraler Inhalt gerade der Weihnachtsgeschichte. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein zu uns geflüchteter Mensch, der zudem schwer erkrankt und verängstigt ist, gegen seinen Willen nach Norwegen gebracht wird“, erklärte Anke Schimmer vom Vorstand des Diakonischen Werkes am Freitag in Rendsburg. „Gerade kurz vor dem Weihnachtsfest ist das aus unserer Sicht ein beschämender Vorgang“.
 
Anfang Dezember war A. von der Bundespolizei festgenommen und in dem für Schleswig-Holstein zentralen Abschiebungsgefängnis in Rendsburg inhaftiert worden. „Ausreisepflichtige, jedoch kranke Menschen gehören in medizinische, wenn nötig auch in stationäre Behandlung, keinesfalls aber ins Gefängnis“, erklärte Stefan Schmidt, Flüchtlings- Asyl- und Zuwanderungsbeauftragter in Schleswig-Holstein. „Aus meiner Sicht ist die Inhaftierung eines Menschen, der mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht mehr lange leben wird, moralisch und rechtlich zweifelhaft“, so Schmidt.

„Die Diakonie in Schleswig-Holstein hätte eine angemessene medizinische Versorgung des Flüchtlings organisieren können“, ergänzte Schimmer. Wenn nötig, wäre unbürokratisch ein Platz im diakonischen Hospiz „Haus Porsefeld“ in Rendsburg mit einer palliativ-medizinischen Betreuung bereitgestellt worden.

Unmittelbar vor der Abschiebung äußerte A. zum wiederholten Mal seine Angst vor der Abschiebung nach Norwegen und bat wieder darum, in die Schweiz zurückgebracht zu werden. Nach der so genannten europäischen Dublin-II-Verordnung ist das Vertragsland asyl- und aufenthaltsrechtlich zuständig, über das ein Flüchtling nach Europa eingereist ist. Offenbar ist, wenn auch nicht hinreichend geklärt, Norwegen für ihn rechtlich zuständig.

Vor sieben Monaten musste sich A. einer Krebsoperation am Hals unterziehen. Damals hielt er sich in der Schweiz auf. Er litt seither an einem offenen Luftröhrenschnitt mit einer ständig offenen Wunde. In der gut zweiwöchigen Haft war A. zunehmend geschwächt. Erheblicher Gewichtsverlust, offene Entzündungen im Mund und Geschwüre im Gesichtsbereich kamen hinzu. Er konnte keine feste Nahrung zu sich nehmen und war zuletzt nur eingeschränkt in der Lage, Flüssiges zu sich zu nehmen.

Am 12. Dezember hatte der Flüchtlingsrat Justizministerin Anke Spoorendonk und Innenminister Andreas Breitner informiert und seine Bedenken gegen die weitere Durchführung der Haft angemeldet. Eine Beantwortung steht bislang aus. Mit Blick auf den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit protestieren Diakonisches Werk, Flüchtlingsrat und der Landesflüchtlingsbeauftragte gegen die Vollstreckung von Haft und Abschiebung dieses offensichtlich erheblich erkrankten Krebspatienten. „Es darf nicht sein, dass die Inhaftierung von kranken Menschen in Rendsburg zur regelmäßigen Praxis wird“, erklärte Schmidt.

 Pressemitteilung Rendsburg/Kiel, den 21.12.2012
Für Rückfragen:

Stefan Schmidt, Landesbeauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen Tel. 0177 – 22 78 17 2
<Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, Tel. 0160 – 2 35 91 06
Michael van Bürk, Diakonisches Werk Schleswig-Holstein, Pressesprecher, Tel. 0174 – 15 17 48 5
 





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