Daten/Fakten  

   

 

Drei kurdische Politikerinnen in Paris hingerichtet

Kein Vergeben – kein Vergessen!

 

kurden

Bild: DKP/UZ

Am 09.01.13 wurden die kurdischen Politikerinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Söylemez in den Räumen des Kurdischen Informationsbüros in der Nähe des Pariser Nordbahnhofes heimtückisch ermordet. Diese Morde waren kein Zufall sondern geplante Exekutionen. Sakine Cansız und Fidan Doğan wurden mit Kopfschüssen, Leyla Söylemez mit Schüssen in den Kopf und den Bauch gezielt ermordet. Der oder die Täter benutzten Waffen mit Schalldämpfern.Sakine Cansiz, ein Gründungsmitglied der kurdischen Freiheitsbewegung PKK, Fidan Doğan, die Vertreterin des Kurdischen Nationalkongresses in Frankreich und die Jugendaktivistin Leyla Söylemez wurden gezielt, als führende Persönlichkeiten in der kurdischen Bewegung ausgewählt.

Dieses Massaker fand vor dem Hintergrund eines möglichen Friedensdialogs zwischen der türkischen Regierung und dem Vorsitzenden der PKK Abdullah Öcalan statt und scheint darauf zu zielen diesen Verhandlungsprozess zu sabotieren. Diese Ereignisse sind keine Einzelfälle; regelmäßig beim Beginn von Friedensgesprächen verüben Kräfte des türkischen Geheimdienstes, des Militärs oder dem Staat nahestehende Faschisten Massaker an ZivilistInnen und prokurdischen AktivistInnen. Gerade die Auswahl von Sakine Cansiz, einer Frau die, die gesamte Entwicklung der PKK mit erlebt hat, die Folter im Gefängnis von Diyarbakır ungebrochen überlebt hat und als langjährige Vertraute Abdullah Öcalans gilt, ist symbolisch. Dieses Verbrechen zielt auf die gesamte kurdische Bevölkerung ab, bezweckt diese einzuschüchtern und zu demoralisieren.

Trotz der laufenden Verhandlungen mit Öcalan hatte der türkische Ministerpräsident Erdogan erklärt, die Militäroperationen würden fortgesetzt werden und gegenüber der PKK gedroht: "Wir werden euch überall finden, wo ihr auch seid." Vor einer Woche wurden dann in Lice zehn Guerillakämpfer getötet und jetzt drei Frauen in Paris. Noch bevor eine Stellungnahme der französischen Behörden vorlag, reagierten sowohl der stellvertretende AKP Vorsitzende Hüseyin Çelik, als auch die parteinahe Tageszeitung Yeni Şafak, mit der Unterstellung, die Morde seien eine „innere Abrechnung in der PKK“ gewesen. Es ist offen-sichtlich, dass der türkische Staat dieses Massaker instrumentalisieren möchte, um die kurdische Freiheitsbewegung zu spalten und ein Klima des Miss- trauens zu schaffen.

Diese Morde wurden vor dem Hintergrund einer türkischen Staatspolitik, die aufgebaut ist auf zehntausenden von „Verschwundenen“, mehr als 9000 politischen Gefangenen, parastaatlichen Todesschwadronen, Folter und Chemiewaffeneinsätzen gegen die kurdische Bevölkerung und ihre Guerilla, begangen. Während die europäische Öffentlichkeit zu diesen Kriegsverbrechen schweigt, unterstützen die europäischen Regierungen den türkischen Staat mit Geheim-diensthilfe, Waffenexport und nicht zuletzt mit der Stationierung von Patriot Raketen durch die Deutsche Bundeswehr. Vor diesem Hintergrund werfen sich Fragen zur Rolle Frankreichs bei dem Mord an den drei Politikerinnen auf. Wie kann es sein, dass Personen, die 24 Stunden am Tag observiert werden, in einem Büro das ebenfalls observiert wird exekutiert werden und die Täter unbekannt bleiben? Frankreich, als einstige Vorreiterin der demokratischen Werte, hat sich bisher schon durch massive Repressionen und Festnahmeaktionen gegen kurdische AktivistInnen hervorgetan – die Frage ist nun, stellt sich Frankreich angesichts dieses Massakers an führenden Vertreterinnen der kurdischen Bevölkerung weiterhin als Komplizin an die Seite der Mörder oder wird es eine ernsthafte Aufklärung des Verbrechens betreiben.

Wir werden aber nicht darauf warten, dass Komplizenstaaten des türkischen Regimes von ihrer Rolle Abstand nehmen. Als Linke, als Feministinnen, RevolutionärInnen und DemokratInnen können uns nichts von diesen Staaten erwarten – wir müssen auf unsere eigene Stärke bauen und werden gemeinsam den Kampf von Sakine, Fidan und Leyla um eine Welt, frei von Ausbeutung und Unterdrückung fortsetzen!

Sakine – Fidan – Leyla leben in unseren Herzen weiter! Hoch die internationale Solidarität – Şehit namirin!

Lasst uns gemeinsam unsere Wut und Trauer auf die Straße tragen


Freitag 11. 01.2013 um 15 Uhr Asmus Bremer Platz Kiel

Wer waren die ermordeten kurdischen Aktivistinnen?

Kurzbiographien

Die 1958 in Tunceli (Dersim) geborene Sakine Cansiz gehört zu den Gründungsmitgliedern der 1978 gegründeten PKK (Arbeiterpartei Kurdistan).

Von den noch wenigen lebenden Gründungskadern der PKK handelt es sich bei Cansiz um die einzige Frau. 1979 einem vor dem Militärputsch

des 12.Septembers wurde Cansiz inhaftiert. In ihrer 12 Jährigen Haftzeit wurde sie Opfer von schwerster Folter, in der sie durch ihren geleisteten

Widerstand zu einer Symbolfigur des kurdischen Frauenfreiheitskampfs aufgestiegen ist. Als erste Frau der PKK leistete sie vor dem Putschgericht

in Diyarbakir eine politische Verteidigung. Nach ihrer Entlassung 1991 führte sie ihren Kampf in verschieden Orten im Mittleren Osten weiter.

1998 erhielt Cansiz politisches Asyl in Frankreich. Seitdem war Cansiz in mehreren Ländern Europas politisch für die kurdische Frage und die

Geschlechterfrage engagiert. Darunter auch in Deutschland, wo sie 2007 in Hamburg kurzzeitig in Haft saß. Sie war Mitglied des Kurdischen

Nationalkongress (KNK) mit Sitz in Brüssel. Sakine Cansiz gilt unter der kurdischen Bevölkerung in Kurdistan und der Diaspora als die

Symbolfigur des kurdischen Frauenfreiheitskampf.

Fidan Dogan, geboren (1982) und aufgewachsen in Elbistan, kam als Flüchtlingskind nach Frankreich. Dort war sie seit dem Jahr 2001 in

mehreren Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit aktiv. Seit einigen Jahren fungierte Dogan ebenfalls als Vertreterin des Kurdistan Nationalkongress

(KNK) in Frankreich. Sie galt als eine junge und trotzdem über große Erfahrung verfügende Diplomatin. Auch außerhalb von Frankreich war sie

als Diplomatin des KNK aktiv.

Leyla Söylemez ist Tochter einer yezidischen Einwandererfamilie. Die aus Diyarbakir (Amed) stammende Söylemez verbrachte ihre Kindheit in

der türkischen Küstenstadt Mersin, wohin ihre Familie aufgrund von religiöser Verfolgung fliehen musste. In den 90ern ist ihre Familie nach

Deutschland ausgewandert und lebte die meiste Zeit über in Halle. Geprägt von ihrer Vergangenheit und dem aktuellen Geschehen in ihrer

Heimat brach Söylemez ihr Architekturstudium ab und widmete sich von da an voll und ganz der politischen Tätigkeit. Jahrelang war Söylemez

als Jugendaktivistin in Europa aktiv.


KUNDGEBUNG: 11 Januar 15 Uhr Asmusbremer Platz Kiel


Deutsch - Kurdische Gesellschaft
Boninstr. 50
24114 Kiel
dkgsh@gmx.de