Daten/Fakten  

   

„The Refugees“:

Mit der Angst auf Tour

flue01

Am 24. März ist in Kiel die „Lagertour 2013“ der „Refugees“ (der Flüchtlinge) nach Auftritten in 100 Städten Deutschlands zu Ende gegangen. The Refugees sind ein Flüchtlingsprojekt des Kieler Musikers Heinz Ratz und seiner Band „Strom & Wasser“, bestehend aus vier deutschen Musikern und sieben Flüchtlingen. Die MusikerInnen von den „Refugees“ haben Eines gemeinsam: Sie kamen als Flüchtlinge nach Deutschland. Durch Arbeitsverbote, Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit und die Unterbringung in isolierten Flüchtlingslagern wurden und werden sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Zusammengebracht hat sie der Liedermacher Heinz Ratz. Ausgangspunkt dieser Tournee war die Idee, mit der Band „Strom & Wasser“ von Flüchtlingsheim zu Flüchtlingsheim zu fahrenund abends Spendenkonzerte zur Unterstützung der dort lebenden Flüchtlinge zu gegeben. Bei den Gesprächen in den Flüchtlingsheimen ist die Gruppe dann dort auf Menschen getroffen, die gerne und talentiert Musik machten.
---
„The Refugees“ haben zusammen mit Heinz Ratz und seiner Band „Strom und Wasser“ eine Mischung aus afghanischem Rap, Reggae von der Elfenbeinküste, russischem Hip-Hop, Roma-Grooves und Dub aus Gambia und Kenia präsentieren. Mit ihrer Musik wollen sie aufmerksam machen auf die unwürdigen Lebensbedingungen, unter denen Flüchtlinge – weitestgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit – in Deutschland leben Heinz Ratz, der Initiator dieser Aktion, Jahrgang 1968, Kind eines deutschen Vaters und einer indigenen Peruanerin, ist selbst ist viel in der Welt herumgekommen und lebte u.a. in Peru, Spanien, Saudi-Arabien, Argentinien und Kanada bevor er in Kiel (vorerst) sesshaft wurde.
---
flue02
---
In einem Interview mit den Kieler Nachrichten (23.3.13) berichtet Ratz z.B. über den Rapper Hossein: „Der 18-jährige Hossein ist ganz allein mit 15 aus Afghanistan über den Irak, die Türkei und Griechenland hierhergekommen. Begleiter sind an den Grenzen erschossen worden oder im Mittelmeer ertrunken. Nun lebt und rappt er in Hamburg. Und er ist gut. Aber auch das schützt ihn nicht vor der Abschiebung.“ Ratz zur bestehenden Residenz-pflicht der musizierenden Flüchtlinge: „Das ist ein gewaltiger bürokratischer Aufwand. Letztlich fährt die Angst immer mit auf Tour. Die Angst davor, dass einer nicht zum Konzert kommen kann, und die Angst davor, dass einer von heute auf morgen in einer nächtlichen Aktion zum Flughafen gebracht und abgeschoben wird.“
---
Dem Konzert vorangegangen war Anfang der Woche eine Aktion von 60 Flüchtlingen und Aktivisten der deutschlandweiten „Refugees’ Revolution Bus Tour“. Diese hatten vor der schleswig-holsteinischen Landesunter- kunft für Asylbewerber in Neumünster gegen die Unterbringung in Flüchtlingslagern protestiert und die Ab- schaffung der Abschiebegesetze sowie der Residenzpflicht gefordert und für die zentrale Demonstration in Berlin am 23.3. geworben. 100 Polizisten hatten den Eingang zum Flüchtlingsheim abgesperrt. Im Zuge der Proteste trat die Polizei dann unverhältnismäßig in Aktion: Sie sprühten Pfefferspray in die Augen der Aktivisten und schlugen einigen von ihnen mit der Faust ins Gesicht. Insgesamt wurden während der Übergriffe mindestens vier Menschen verletzt, von denen einer ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und sechs Menschen unter dem Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen, unter ihnen sowohl Refugees, als auch Aktivisten. Alleanderen AktivistInnen wurden zunächst des Platzes verwiesen – von etwa einem Dutzend von ihnen wurden die Personalien festgestellt, da sie sich nicht in der von der polizeilich erwünschten Eile vom Ort des Geschehens ent- fernten und – nach der Polizeilogik- an einer "nicht genehmigten Veranstaltung“ teilgenommen hatten.

In Berlin haben am 23. März rund 5.000 Menschen trotz eisiger Kälte für bessere Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland demonstriert. Der Protest richtete sich vor allem gegen die sogenannte Residenzpflicht. Diese Auflage verbietet Asylbewerbern den Landkreis zu verlassen, in dem sie untergebracht sind. Zudem forderten die Versammlungsteilnehmer den Stopp von Abschiebungen, die Schließung von Flüchtlingslagern sowie für ein schnelleres Asylverfahren. Die Demonstranten zogen vom Kreuzberger Oranienplatz, wo seit einem halben Jahr Flüchtlinge campieren, über den Potsdamer Platz ins Regierungsviertel bis zum Kanzleramt. Anlass für die Demonstration war der erste Jahrestag der Proteste für eine bessere Lebensbedingungen von Flüchtlingen in der Bundesrepublik. Seit einem Jahr protestieren Flüchtlinge gegen die Residenzpflicht, Abschiebungen und die Unter-bringung in Flüchtlingslagern.

In den vergangenen Wochen hatten Flüchtlinge mit einer breiten Informationskampagne in mehr als 20 Städten für die Teilnahme an der Demonstration geworben. Unterstützt wurden die Flüchtlinge von zahlreichen linken und antirassistischen Gruppen, Flüchtlingsinitiativen und Organisationen.

 

Text/fotos: gst