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Aktionstag gegen TTIP auch in Kiel: 11. Oktober 2014 – Europaweiter Aktionstag

„Konzerne zurückdrängen! Mensch und Umwelt vor Profit!“

01. Oktober 2014 Das Bündnis TTIP Unfairhandelbar ruft gemeinsam mit attac und der EU-weiten Koalition gegen TTIP am 11. Oktober 2014 zu einem Aktionstag auf, um die laufenden Verhandlungen zu TTIP (Transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen mit den USA), CETA (umfassendes Freihandels- und Investitionsabkommen mit Kanada), TiSA (Freihandelsabkommen zum Handel mit Dienstleistungen) und andere Freihandelsverträgen zu stoppen. Gemeinsam ist allen „Freihandelsverhandlungen“: Hinter den postulierten vermeintlich positiven wirtschaftlichen Wachstumseffekten verbergen sich schwerwiegende Folgen für Demokratie, soziale Rechte, Verbraucherschutz und Umweltstandards.

Auch in Kiel hat sich ein Vorbereitungskreis zusammengefunden, um den Protest am 11.10. ideenreich an die Öffentlichkeit zu tragen. Es wird vermutlich an mindestens 4 Orten in der Stadt Stände/Aktionen geben (initiiert von attac, BUND, ver.di /IG Metall, BI’s gegen Fracking/Atomanlagen/CCS), die dann in eine gemeinsame zentrale Abschlussaktion münden sollen.

Zusätzliche Aktualität hat der Widerstand gegen TTIP & Co. durch jüngst erfolgte Reaktionen auf den sich entwickelnden gesellschaftlichen Protest erhalten: So hat die EU-Kommisssion die Durchführung einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) gegen die internationalen Handels- und Investitionsverträge TTIP und CETA verboten.Michael Efler, Kontaktperson der Europäischen Bürgerinitiative, die mittlerweile über 240 Organisationen aus 21 EU-Ländern umfasst, erklärte dazu: „Die Ablehnung der Bürgerinitiative reiht sich ein in die Strategie der EU-Kommission, Bevölkerung und Parlamente aus den Verhandlungen um CETA und TTIP rauszuhalten. Statt Bürgerinnen und Bürgern werden hier lieber Lobbyisten gehört.“ Die EBI hat angekündigt, Rechtsmittel gegen die Ablehnung einzulegen und kündigte außerdem an, dass die Europäische Bürgerinitiative wie geplant durchgeführt werde, auch ohne Anerkennung durch die EU-Kommission. „Die juristischen Argumente, mit denen die Kommission die Ablehnung unserer Bürgerinitiative begründet, sind unserer Auffassung nach falsch. Das werden wir vor dem Europäischen Gerichtshof vertreten“.

Auch der DGB und die SPD sahen sich aufgrund zunehmender Debatten innerhalb ihrer Organisationen genötigt, sich zu TTIP zu positionieren. In einem gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) formulierten Papier heißt der DGB das TTIP nunmehr vom Grundsatz her gut. Die Gespräche mit den USA könnten demnach helfen, die bilateralen Handelsbeziehungen zu intensivieren. Außerdem könnte der künftige Vertrag dazu beitragen, „faire und nachhaltige Handelsregeln global voranzutreiben und Maßstäbe zu setzen“. Das 14-Punkte-Papier will sich aus Sicht der Gewerkschaft aber nicht als einen Freibrief für einen neoliberalen Durchmarsch verstehen. So wird in dem Papier beispielsweise festgelegt, dass Rechte der Beschäftigten nicht als „Handelshemmnisse“ gedeutet, demokratische Rechte nicht „gefährdet, ausgehebelt oder umgangen“ und nicht noch mehr öffentliche Dienstleistungen privatisiert werden. Der SPD-Konvent am 20. September folgte diesem von Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzendem Gabriel vorgegebenen Kurs. Den Delegierten war empfohlen worden, dass die Verhandlungen über TTIP auf Grundlage des BMWi/DGB-Positionspapiers geführt werden.

Ob dieses Einknickens auf Positionen der „globalen Standortlogik“ reibt sich sogar die „linksliberale“ Frankfurter Rundschau verwundert die Augen: „Wer verhindern will, was mit TTIP droht, der muss dafür kämpfen, dass – wie bisher vom DGB gefordert – die Gespräche von europäischer Seite ausgesetzt werden und ein Neuanfang unter neuen Vorzeichen versucht wird. Wenn das, schwer genug, gelungen wäre, dann wäre für die Gewerkschaften und gern auch für die SPD der Zeitpunkt gekommen, die Kernbedingungen für ein Abkommen zu formulieren.“ (Leitartikel Frankfurter Rundschau 18.9.14).

Es bleibt dahingestellt, ob ein „Neustart“ der Verhandlungen mehr Aussicht auf Erfolg haben würde oder ob bei Verhandlungen zwischen EU und USA nicht die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der übergroßen Bevölkerungsmehrheit auf beiden Seiten des Atlantik nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das ISW (Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung) stellt die Frage nach den Interessen hinter dieser „Wirtschafts-NATO“ und kommt zu dem Ergebnis: Der Rückgang des Handels der EU mit den USA seit 2009 von 22,3 auf 11,5 % bei den Importen und 27,4 % auf 17,3 % bei den Exporten ist auch Indikator dafür, dass das ökonomische Gewicht der beiden zugunsten nicht nur der BRIC-Staaten perspektivisch abnimmt. Auch der damit einhergehende Einflussverlust soll durch eine nordatlantische Freihandelszone gestoppt werden. Neben dem Versuch, die Systemkrise des Kapitalismus auf beiden Seiten des Atlantiks durch einen weiteren Liberalisierungsschub zumindest zu verzögern, stellt die TTIP auch eine kaum verhohlene Kriegserklärung an die aufstrebenden Schwellenländer dar. Beiden Seiten eröffne das Freihandelsabkommen die Möglichkeit, die „globale Führung“ in einer multipolaren Welt erneut geltend zu machen.

(gst)

HINWEIS:

Das europäische Bündnis für eine Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP

hat zwei Beschlüsse gefasst:

a) Gegen die Entscheidung der Kommission, die EBI abzulehnen, wird Klage beim europäischen Gerichtshof eingelegt. Das kann allerdings 1,5 Jahre bis zur Entscheidung dauern.

b) Die europäische Bürgerinitiative wird in Eigeninitiative vom Bündnis europaweit selbst organisiert. Das Bündnis geht davon aus, das eine solche Unterschriftensammlung die gleiche Wirkung wie eine EBI hat, die ja auch nur das EP zur Behandlung der EBI zwingt.

Die Adressaten der EBI werden um die Kommission und den Rat erweitert.

Es soll ein Unterzeichnungstool online und eine Unterschriftenliste für die Straßensammlung rechtzeitig zum Aktionstag am 11. Oktober bereitgestellt werden.

Anmerkung:

Die Zahl der beteiligten Organisationen im Bündnis ist auf 241 Organisationen angewachsen. Die Abstimmung erfolgte per Telefonkonferenz mit nationalen KoordinatorInnen. Zwar haben noch nicht alle Organisationen der Entscheidung zugestimmt, es gibt aber bislang keine Kritik, so dass man davon ausgehen kann, dass die große Mehrzahl der Organisationen sich daran beteiligen wird.

Veranstaltungen zum TTIP in Kiel siehe auf der letzten Seite der LinX.