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Konflikt um Billigtöchter spitzt sich zu

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Foto: Ulf Stephan, arbeiterfotografie-kiel.de

30.04.2015. Anfang April gab es in Kiel und Umgebung die ersten Warnstreiks bei der Post. Am 2. 4. versammelten sich 250 Postler*innen auf dem Exerzierplatz zu einer Kundgebung und machten anschließend einen Zug rund um den Kleinen Kiel zum Gewerkschaftshaus. Bundesweit waren 20.000 Postmitarbeiter*innen in Warnstreiks getreten.

Damit protestierten sie gegen den Stillstand bei den laufenden Tarifverhandlungen. Knackpunkt ist dabei der Aufbau regionaler Gesellschaften in der Paketzustellung, in denen die Beschäftigten deutlich niedrigere Löhne erhalten als im Mutterkonzern. Darin sieht ver.di einen Bruch von getroffenen Schutzvereinbarungen. Dabei hatte ver.di diesen Schutztarifvertrag bereits mit Zugeständnissen bezahlt: durch den Verzicht auf freie Tage, die Kürzung von Kurzpausen und einer Absenkung der Einstiegslöhne um 4%. Die Gewerkschaft fordert nun zur Kompensierung dieser Zugeständnisse für 140.000 Beschäftigte eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Ausweitung der Arbeitskampfmaßnahmen richtet sich auch gegen Versuche der Post, Streiks „durch illegale Maßnahmen“ zu unterlaufen, so ver.di. Beispielsweise würden verbeamtete Kollegen dazu gedrängt, auf bestreikten Arbeitsplätzen zu arbeiten.

Die Gewerkschaft läuft zudem gegen den Aufbau eines flächendeckenden Netzes für die Paketzustellung in 49 neuen Regionalgesellschaften Sturm, in denen der Haustarifvertrag der Post nicht gilt. Das Gehalt soll sich an den niedrigeren Tarifen der Logistikbranche orientieren, die etwa auch der Online-Händler Amazon als Maßstab nimmt. Entgegen einer Vereinbarung hat die Deutsche Post AG eine Ausgliederung ihrer Paketzustellung in die extra dafür gegründete DHL Delivery-Tochterfirma zum 1.April 2015 vollzogen und unterläuft somit für über 5.500 Beschäftigte den eigenen Haustarifvertrag um 20 Prozent.

„Die Deutsche Post AG ist ein gesundes DAX 30-Unternehmen, das jetzt den Hals scheinbar nicht vollkriegt. Wer Teile der Beschäftigten als Melkkühe missbrauchen will, kann sich auf Gegenwehr gefasst machen,“ so Lars-Uwe Rieck, ver.di Landesfachbereichsleiter Postdienste Nord/Hamburg. Für die Aktionäre gibt es mehr Dividende – in der Paketzustellung kürzt die Deutsche Post vielen Mitarbeitern die Löhne. Knapp 2,1 Milliarden Euro hat der Konzern verdient und etwa die Hälfte davon will er an seine Aktionäre ausschütten, 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch damit noch nicht genug mit dem Profithunger. Der Vorstandsvorsitzende Appel bekräftigte die Konzernpläne, wonach bis 2020 der Betriebsgewinn jährlich im Schnitt um 8 Prozent zu steigern seien. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis sprach von einer „breit angelegten Tarif-und Mitbestimmungsflucht“ und einem „sozialpolitischen Skandal ersten Ranges.“      

(gst)