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Jedes Jahr Thema in Kiel:

Der Arbeiter- und Matrosenaufstand 1918!

Um es vorweg zu nehmen: in Kiel beginnen bereits jetzt die Vorbereitungen zum 100. Jahrestag der Novemberrevolution. Schon seit vielen Jahren ist es nicht mehr nur die Kommunistische Partei in Stadt und Land, die sich die Aufarbeitung der Geschichte des Arbeiter- und Matrosenaufstands in Kiel im November 1918 auf die Fahne geschrieben hat. Der Motorradclub Kuhle Wampe, linke Gruppen, Autonome, die SPD, die Gewerkschaften und geschichtsinteressierte Bürger_innen in Kiel sind einige der Gruppen, die neben der DKP die Geschichte der Stadt wachhalten.

 Bereits am 1. November wurde durch die Stadt Kiel am "Platz der Kieler Matrosen" vor dem Kieler Hauptbahnhof eine Stele mit Fakten zur Novemberrevolution eingeweiht. Nach jahrelangem Ringen von Initiativen und Vereinen Kiels trägt der Platz seit 2011 diesen Namen. Mit der Stele wurde der Name in seinem Bezug zur Novemberrevolution 1918 eindeutig erklärt.

Am 3. November hatte der Kieler Umweltbildungsverein Geo step by step e.V. zu einem historischen Stadtrundgang eingeladen.

Wie schon in den Jahren zuvor hieß es für die Teilnehmer_innen "Feuer aus den Kesseln!" - und es wurde der Frage nachgegangen: "Wie macht man eine Revolution?"
Mit einer Straßeninszenierung an Schauplätzen der Ereignisse vor 95 Jahren, dem nachgehen einer Strecke der damaligen Demonstrationsroute wurde ein Eindruck der dramatischen Situation dieser Tage im November 1918 vermittelt. Dabei kamen nicht nur die bekannten Revolutionäre wie Artelt und Popp zu Wort, sondern auch Erinnerungen des aus Kiel stammenden und an der Revolution teilnehmenden Ernst Busch wurden zitiert.

Am späten Nachmittag diesen Tages fand im Flandernbunker eine szenische Lesung statt, veranstaltet vom Kieler Initiativkreis Revolution 1918/19.

Der 9.11. stand erneut im Zeichen des Herbstes 1918. Bei stürmischem und regnerischem Kieler Wetter wurde um 10 Uhr am Revolutionsdenkmal des Künstlers Hans-Jürgen Breuste vom DGB der Region und der SPD eine Kranzniederlegung mit Ansprachen durchgeführt. Das Denkmal selbst wurde im 60. Jahrestag der Revolution 1978 von der Ratsversammlung Kiel mit SPD-Mehrheit beschlossen und 1982 eingeweiht. Begleitend fand eine Debatte in Kiel über den Sinn dieses Denkmals statt. Einigen war es nicht klar genug im Bezug auf die Revolution, die CDU und ihre Anhänger wollten so einem Denkmal in der Stadt für "meuternde Matrosen" wie sie sagten, gar nichts wissen. Die Tatsache, dass es gegen den erbitterten Widerstand dieser Kräfte durchgesetzt wurde, mag mit dazu beitragen, dass die Erinnerung dort jährlich immer noch im November stattfindet.

Überwiegend von linken Gruppen, Parteien und Einzelpersonen besucht, ist das jährliche Treffen auf dem Eichhoffriedhof. Hier wurden am 10.11.1918 die Opfer der Revolution aus der Bevölkerung, den Arbeiter_innen und Matrosen beerdigt. In früheren Jahren wurde sich hier hauptsächlich zu "runden" Gedenktagen versammelt. Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts wollte die Verwaltung des Friedhofs diese Stätte schließen. Daraufhin bildete sich Protest, vor allen Dingen vom Motorradclub Kuhle Wampe organisiert. Seitdem wird dort jährlich das Gedenken mit Reden durchgeführt, oft durch Musikbeiträge begleitet. Der Bezug zu den Kämpfen der heutigen Zeit, die Lehren aus der Geschichte zu ziehen, ist dabei fast selbstverständlich. Die Errungenschaften der Novemberrevolution gilt heute teilweise ja immer noch und immer wieder in den Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeiter_innen zu verteidigen, hier sei nur der 8-Stunden-Tag genannt. Aber auch andere Fragen, die damals eine zentrale Rolle spielten, gilt es nach wie vor zu erstreiten. Der Wunsch der Menschen auf ein Leben ohne Militarismus und Krieg ist noch nicht erfüllt. Kiel ist ist immer noch Rüstungsschmiede, hier werden nicht nur die U-Boote gebaut und in Kriegs- und Krisenregionen verschifft, auch andere Industriezweige verdienen an der Rüstung. Und Bundeswehrstandorte mit Kriegsmarine und Luftwaffenstützpunkten befinden sich ebenfalls zu Hauf in Kiel und Schleswig-Holstein.

Wie in jedem Jahr gab es auch diesmal die Gelegenheit für jede/n Teilnehmer_in das Wort zu ergreifen und eigene Gedanken bei diesem Treffen zu äußern. Die Reden von Dietrich Lohse und Bettina Jürgensen können auf der Internetseite der DKP Schleswig-Holstein gelesen werden (www.dkp-sh.de).

Festgestellt werden kann, dass alle Veranstaltungen, die in Kiel zu diesem Thema jährlich stattfinden, sich gut ergänzen. Wer die Zeit hat und sich an mehreren Aktivitäten beteiligt, bekommt einen guten Einblick in die Geschichte der Stadt. Darüber hinaus kann das Gespräch mit anderen Beteiligten und auch Veranstalter_innen genutzt werden, um Gemeinsamkeiten im Geschichtsverständnis zu bekommen, dabei aber auch das gemeinsame im Widerstand gegen Sozial- und Demokratieabbau heute zu erkennen.

Sicher gibt es weitaus mehr Aspekte, die auch zum 100. Jahrestag aufgegriffen werden sollten, wie z.B. die Frage der Entwicklung internationaler Zusammenarbeit, die Veränderungen, die sich hier seit dem November 1918 ergeben haben.

Das wird in den Vorbereitungskreisen und Gruppen in den nächsten Jahren beraten werden. Bis dahin heißt es aber auch in den kommenden Jahren: lernen wir aus der Geschichte!

In einer Frage gibt es schon heute gemeinsame Erkenntnis, wenngleich auch noch zu unterschiedliche Umsetzung: wie 1918 brauchen wir auch heute breite Bündnisse, die Gewerkschaften, soziale Bewegungen und linke Parteien, wenn wir Veränderungen im Interesse der Mehrheit der Menschen durchsetzen wollen. Und in der Aufarbeitung des Beginns des 1. Weltkriegs 1914 kann schon jetzt begonnen werden, in der Rüstungsschmiede Kiel gegen Krieg und Militarisierung aktiv zu werden.

Bettina Jürgensen