Daten/Fakten  

   

Sie sprechen wieder von großen Zeiten:
Ein Liederabend zu Krieg und Frieden

In dem Ankündigungstext des Kieler Schauspielhauses für diese Veranstaltung heißt es: „Gibt es einen Weg, die Menschen vom Verhängnis des Krieges zu befreien?“

Mit dieser Frage beginnt der Physiker Albert Einstein seinen berühmten Briefwechsel mit dem Psychoanalytiker Sigmund Freud aus dem Jahre 1933. Für den Humanisten und Pazifisten Einstein ist der Krieg ein Skandal als solcher – ein Verbrechen wider die Natur des Menschen, gespeist aus Destruktion, Propaganda und militaristischer Erziehung. Sigmund Freud antwortet differenziert auf der Basis seiner psychoanalytischen Erkenntnisse und Theorien. Auch wenn er die Aggression als dem Menschen immanent sieht, bleiben seine Gedanken nicht ohne Hoffnung: „Alles, was die Kulturentwicklung fördert, arbeitet auch gegen den Krieg.“

Fast 100 Jahre nach diesem so bedeutenden Austausch zweier Jahrhundertgenies ist diese Thematik „Krieg und Frieden“ wieder allgegenwärtig. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wird auch in unserer Gesellschaft wieder vermehrt über Ursachen und Folgen des Zivilisationsbruchs Krieg gestritten.

Von „Kriegstüchtigkeit“ und einem womöglich „letzten Sommer in Frieden“ ist im öffentlichen Diskurs die Rede.

Unser Ensemblemitglied Stefan Bone, seit 2017 Kapellmeister und Solorepititor am Theater Kiel ist Mitglied des Erhard-Eppler-Kreises, eines Zusammenschlusses sozialdemokratischer Wissenschaftler*innen und Künstler*innen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, das Erbe des ehemaligen Entwicklungshilfeministers und Friedenspolitikers Erhard Eppler ins 21. Jahrhundert hinüberzutragen.

Zusammen mit seinem Ensemblekollegen, dem Tenor Michael Müller-Kasztelan widmet er sich der Frage, wie Dichter und Komponisten aus verschiedenen Jahrhunderten auf das Menschheitsthema Krieg blickten und sich diese Beschäftigung in ihren Werken niederschlug. Auf der literarischen Grundlage von Werken Joseph von Eichendorffs, Eduard Mörikes, Heinrich Heines und Bertolt Brechts erklingen Werke u. a. von Franz Schubert, Robert Schumann, Hanns Eisler, Gustav Mahler, Kurt Weill und Hugo Wolf.

Kieler Opernhaus,
Sonntag, 19.10.2025 um 18 Uhr

Stiefel bleibt Stiefel

Wo bleiben literarischer Protest und Zeitsatire
angesichts der Mobilmachung zur Kriegstüchtigkeit?

Bei der im Sommer ausgetragenen Frauen-Fußball-EM wurde auf ARD und ZDF ein Werbespot gesendet, der junge Frauen in Deutschland zum Eintritt in die Bundeswehr motivieren sollte.

Dies ist ein aktuelles Beispiel für die stattfindende „kulturelle Zeitenwende“: Militärisches Denken, Aufrüstung und Krieg gelten wieder als Normalität – ja, als notwendig. Stimmen, die für Diplomatie und Abrüstung werben, ja sogar einem Pazifismus das Wort reden, werden als Realitätsverweigerung diskreditiert.

Das hat leider Tradition. Auch der erste Prozess der Remilitarisierung und Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ab 1950 bis 1956, als die ersten Wehrpflichtigen eingezogen wurden, vollzog sich ohne lautstarken Protest des herrschenden Kulturbetriebes.

An zwei kritische Stimmen, die nicht schwiegen und sich vernehmlich gegen die Wiederaufrüstung zu Wort meldeten, soll hier erinnert werden. Alte antimilitaristische Literatur, die heute leider wieder höchst aktuell ist.

Pelle Igel

Pelle IgelStiefel bleibt Stiefel

1957 veröffentlichte der Schriftsteller und Karikaturist Hans-Peter Woile alias Pelle Igel (Pseudonym und politischer Tarnname) sein Buch „Stiefel bleibt Stiefel. Zeitsatire in Vers und Prosa“, in dem er die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik aufs Korn nimmt.
Ein Jahr darauf wird das Buch verboten und beschlagnahmt, gegen den Autor wird Anklage wegen „Staatsgefährdung“ und „Landesverrat“ eröffnet. Erst 1969 erfolgt die Einstellung des Verfahrens.
Zur 1976 erfolgten Neuauflage des Buches schreibt Prof. Thomas Metscher im Nachwort: „Wie die Repression der Adenauer-Ära auch den literarischen Bereich erfaßte, so wird, wenn wir heute nicht auf der Hut sind, auch die gegenwärtige Repression vor einer erneuten Unterdrückung der Meinungsfreiheit der Literatur nicht zurückschrecken.“
Pelle Igel (1905-1981) hatte den Vorsitz der Bremen-Oldenburgischen Sektion des Bundes Proletarischer Schriftsteller inne und war Leiter der der Agitprop-Gruppe „Rote Reporter“. Noch in der Nacht des Reichstagsbrandes war Hans-Peter Woile verhaftet worden. Er kam nach ein paar Monaten frei, Woiles Identität mit Igel konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Ab 1945 hat Pelle Igel vor allem als Karikaturist gewirkt und gegen die Wiederbewaffnung getextet. In den 1970er Jahren beteiligte er sich am Aufbau des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt; 1981 gehörte er zu den Erstunterzeichnern des Krefelder Appells.

Und was kam dann?
Als dein Großvater an die Front ging, / trug er Blumen am Gewehr.
Seine Frau, die an seinem Arm hing, / trug davon für ihn noch mehr.
Auf dem Bahnhof steckte sie ihm dann / diese Blume an die Brust.
Und sie schmückte ihren Mann / für den Tod - noch unbewußt.
Dein Großvater fiel für Kaiser und Ehre.../ Blumenlos verrosteten Gewehre.

Und was dann?
Dann marschierte dein Vater kreuz uns quer / durch Europa. Ohne Blumen am Gewehr. /
Die ihm befahlen, liebten nicht diesen Firlefanz: / sie schickten ihn ohne Blumen in den Totentanz. /
Das Menschenschlachtvieh marschierte / „für Volk und Reich“ – und krepierte.
Dein Vater fiel für Führer und Ehre … / Es versanken Großdeutschland und seine Heere.

Und was kam dann?
Dann kamen die Generäle in Scharen, / die uns noch erhalten geblieben waren /
Die Ballistiker und die Sandkastensieger / die Etappenherrscher und die Heimatkrieger. /
Und da sie ansonsten nichts weiter gelernt, / so haben sie sich aufs neue mit Sternen besternt /
und haben eiserne Mienen aufgesetzt.

Und was tun sie jetzt?
Jetzt holen sie dich, den Enkel, den Sohn. / Sie greifen nach dir und sie drillen dich schon /
für den nächsten großeuropäischen Totentanz. / Dabei geht es mechanisch zu ohne Firlefanz, /
ohne Blumen an Brust und Gewehr. / Weißt du das alles? - So wisse noch mehr: /
Das Ziel ist klar, und die Richtung steht fest: / nach Osten! - Wenn du Dich treiben läßt!

Arno Schmidt

Arno Schmidt

Ebenfalls ein Ausnahmefall im BRD-Literaturbetrieb der 50er Jahre war Arno Schmidt (1914-1979). Wegen seiner entschiedenen antimilitaristischen Stimme war auch er von Zensur betroffen und von der Justiz verfolgt.
Bemerkenswerte ist, dass in den heutigen Zeiten von Kriegstreiberei, die Geschäftsführerin der Arno-Schmidt-Stiftung, Susanne Fischer gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Michaela Nowotnick das Arno-Schmidt-Lesebuch „Es ist also Krieg irgendwo“ herausgegeben haben.
„Nichts hat Arno Schmidt so empört wie die Wiederaufrüstung in der jungen Bundesrepublik und die Gleichgültigkeit seiner Zeitgenossen gegenüber den Kriegen in der Welt“, heißt es im Vorwort.
Und zu Recht wird dabei die Verdrängungsleistung der übrigen bundesdeutschen Nachkriegsliteratur kritisiert – mit dem Fazit: „Schmidts dystopische Romane hingegen erzählen vom Leben nach den vernichtenden Atomschlägen eines dritten Weltkriegs: Mutanten auf der Erde, letzte Menschenkolonien auf dem Mond.“
Die eindeutige Westorientierung der Bundesrepublik hält Schmidt für einen fatalen Schritt hin zum nächsten Krieg. Bei der Bundestagswahl 1953 hofft er, dass die GVP (Gesamtdeutsche Volkspartei) Gustav Heinemanns gemeinsam mit der SPD und der KPD im Parlament die Wiederaufrüstung verhindern können. Doch weder GVP noch KPD schaffen es ins Parlament.
„Die Menschen sind nie lästiger, als wenn sie Soldaten spielen. (Kommt bei ihnen wohl periodisch in jedem Jahrzwanzicht, ungefähr wie Malaria, neuerdings noch schneller)“ heißt es z. B. in einem Roman, der 1953 veröffentlicht wurde.
In seinem letzten vollendeten Roman „Abend mit Goldrand“ lässt Arno Schmidt einen alten Major sein Fazit ziehen: „Bild’n Se sich ja nicht ein, meine Herrschaftn, dass es keine Kriege mehr geben werde! Für uns dürfte der Große Designer noch die attraktivstn Todesartn bereit habm.“
Einen künftigen Dritten Weltkrieg, einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen, sieht Schmidt als durchaus realistisches Szenarium.
„Nein, nach dem nächsten Kriege, (also in diesem Jahrhundert noch) werden nun wieder lange, kulturlose Zeiträume komm’m – wie damals; zwischen 400 und 1100 – durchaus möglich, dass die Schrift verloren geht; (es wird nicht das erstemal gewes’n sein: was wissen Wir denn, was in den Eis=beziehungsweise Zwischen=Eiszeitn alles vor sich gegangn iss?“ (...)
„Aber es wird ein Krieg kommen, danach Menschen gebraucht werdn=werdn: die ohne Häuser leben können, und aus Teichen trink’n; die nackt gehen, und keine Bücher mehr kennen (mögen); die der Schuhe nicht dedürf’n im wildn und ungebahntn Lande, im dürren und finstern Lande, im Lande da Niemand wandelt noch kein Mensch wohnet.“

Günther Stamer

• Pelle Igel, Stiefel bleibt Stiefel. Zeitsatire in Vers und Prosa. Atelier im Bauernhaus, Fischerhude 1976, 100 Seiten (antiquarisch)

• Arno Schmidt: Es ist also Krieg irgendwo. Ein Lesebuch. Hrsg. v. Susanne Fischer u. ­Michaele Nowotnick. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2024, 264 Seiten

Über alte Nazis und gegen neue Nazis:

Ausstellung „Naziherrschaft von 1933 - 45“ in Elmschenhagen

Im Juli 2021 haben Menschen im Stadtteil Kiel-Elmschenhagen ein Bündnis gebildet und sind aktiv geworden gegen rechte rassistische Propaganda. Den Aufklebern der Identitären Bewegung im öffentlichen Raum, Drohungen gegen Personen und rassistischen Aussagen sollte etwas entgegengesetzt werden.

Der Name des großen, über 20 Jahre bestehenden, stadtweiten organisationsumfassenden und von Gewerkschaften getragene Bündnis „Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel“ wurde mit dem Zusatz „Elmschenhagen“ in den Stadtteil getragen. Nun wird von Menschen, die im Stadtteil leben und arbeiten, Bündnisarbeit gemacht. Auch gegen Nazis, aber dennoch mit eigenem Profil.

Zu den regelmäßigen Treffen kommen bis zu 30 Personen, Informationsstände werden durchgeführt und in gemeinsamer Aktion rechte und rassistische Aufkleber im Stadtteil entfernt. Die Aktiven aus unterschiedlichen sozialen und politischen Organisationen haben seitdem viele Veranstaltungen durchgeführt, unter anderem zu rassistischer und faschistischer Symbolik, Auftreten und Parolen heute. Unterstützt wird dies durch kostenfreie (Stadtteil)-Räume in Kulturstation, Kirche, Jugendtreff, Djido Kher der Sinti und Roma und in Schulen.

Welche Bedeutung der 8. Mai als Tag der Befreiung im Stadtteil hatte war ebenfalls Thema. Auch die Zusammenhänge zwischen sogenannten Reichsbürgern und faschistischen Organisationen wurden schon diskutiert, ebenso die Politik der rassistischen AfD und ihre Rolle als parlamentarischer Arm der extremen Rechten und ob sich diese in Elmschenhagen zeigen. Das Ergebnis der Kommunalwahl für die AfD mit 9 % in Elmschenhagen-Süd und 12,6 % in Elmschenhagen-Nord zeigen die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit im Stadtteil.

Bei der Planung zu einer Veranstaltung „1933 in Elmschenhagen“ wurde im Oktober 2022 die Idee für eine Ausstellung genannt. Über ein Jahr hat eine Arbeitsgruppe des Bündnis dazu recherchiert, diskutiert, getextet, Tafeln erstellt und mögliche Ausstellungsorte und die Medien angeschrieben. Klar war: es sollte inhaltlich um die Zeit der Machtübergabe an die Faschisten 1933 gehen und wie sie in Elmschenhagen stattgefunden hat. Wie war die politische Wende in einem Stadtteil mit vor 1933 großem Anteil an SPD- und KPD-Wahlstimmen? Wie hat sich das Leben der Bevölkerung verändert? Welchen Widerstand gab es? Unterstützt wurde die Arbeitsgruppe vom Historiker Eckhardt Colmorgen, der auch im AKENS mitarbeitet.

Geplant waren 15 bis max. 20 Tafeln, das Ergebnis sind nun 30 Ausstellungstafeln. Auf ihnen wird in Rubriken über die Täter aus Elmschenhagen, den Widerstand, die im gesamten Stadtteil errichteten Zwangsarbeiterlager – deren Insassen zur Arbeit in Kieler Unternehmen vornehmlich für die Rüstung und weitere Mobilmachung gezwungen waren, die aus dem Boden gestampften Wohnsiedlungen für die Beschäftigten der naheliegenden Rüstungsbetriebe und -werften, die Straßennamen, die Rolle der Kirche, die Bunker zum Schutz vor den Bomben der Alliierten, die das Ende der Zeit des Faschismus brachten.

Viel wurde in der Arbeitsgruppe und auch in den Treffen des Plenums am "Runden Tisch … Elmschenhagen" diskutiert. Nicht immer konnte ein gemeinsames Verständnis hergestellt werden, wie z.B. zur Frage, ob es Nationalsozialismus (Eigenbezeichnung der Nazis), Faschismus oder Drittes Reich heißt – Nazizeit ist dann in den Titel genommen. Und wie es oft so geht: bei der Arbeit an der Ausstellung fand sich in einigen Bereichen mehr Material als bearbeitet werden kann und gleichzeitig gibt es immer wieder neue Fragen. Diskussionen werden daher folgend weitergeführt.

AusstellungNaziherrschaftElmschenhagen

Die Ausstellung wurde in Elmschenhagen in der Maria-Magdalenen-Kirche Anfang November 2023 vor über 200 Gästen eröffnet und in den folgenden drei Wochen von mehr als 1000 Menschen, überwiegend aus dem Stadtteil, angesehen. Erfreulich ist der Zuspruch, die kritischen und nachfragenden Kommentare. Spontan und kurzfristig wird sie anschließend gleich im Gymnasium Elmschenhagen gezeigt. Eine nächste Station wird im Januar der „Waldhof – Marie-Christian-Heime“ sein.

Der Wunsch nach einer Broschüre, in der das Gezeigte nachlesbar ist, wurde geäußert. Ein Stadtteilrundgang zu auch in der Ausstellung genannten Orten ist in Planung. Insgesamt ist diese Form der Erforschung und das Sichtbarmachen ein zeitaufwändiger aber Kenntnis bringender Beitrag von Stadtteilgeschichte.

Wichtig bleibt es jedoch, sich aufgrund der Geschichte den aktuellen Herausforderungen gegen eine zunehmende Rechtsentwicklung zu stellen. Und diese sollte nicht nur darin bestehen, die soziale Demagogie und den Rassismus und den Faschismus der AfD aufzudecken, sondern sich auch den Versuche von regierenden Parteien, den Abbau von Demokratie zu betreiben, entgegenzustellen. Repression und Überwachung gegen antifaschistische Kräfte, gegen klimaaktive Kräfte stellen jetzt mit der „vorbeugenden Ingewahrsamnahme“ demokratische Rechte außer Kraft, die Polizeigesetze in den Bundesländern bieten weitere Möglichkeiten zur Unterbindung und Reglementierung von Protest.

Jede Stärkung von Militarisierung und Kriegspolitik, durch „Sondervermögen“, Erhöhung des Wehretats, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und in Forderungen wie „kriegstüchtig werden“, sollen dazu beitragen, Entscheidungen von Regierungen als alternativlos zu akzeptieren. Das spielt den Befürwortern eines „starken Staats“ in die Hände, den ultranationalen und faschistischen Kräften. Deshalb muss der Kampf gegen neue Nazis immer verbunden werden mit dem Erhalt und dem Ausbau demokratischer und auch sozialer Rechte.
Ausstellungen über die Geschichte zeigen uns, wie notwendig dies und wie wichtig die Einbeziehung großer Teile der Bevölkerung ist.

Bettina Jürgensen,
aktiv bei „Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel“ und … Elmschenhagen

Interview der KUHLEN WAMPE KIEL mit HEINZ RATZ:

Liedermacher, Schriftsteller, Theatermann und Anarchotyp!

Zu seinem neuen Projekt „Die Grenze der Gier“ gemeinsam mit der Band STROM & WASSER und warum Heinz unsere Solidaritätsaktion: Ein Bus für kubanische Kinder des Rehabilitationszentrum Neurologie „Rosa Luxemburgo“ unterstützt!


Moin Heinz!
Bevor wir uns mit deinem neuen Projekt „Die Grenze der Gier“ etwas konkreter beschäftigen würde ich gerne ein paar Fragen an dich richten, die dich zu der Idee deines neuen Projektes geführt haben.

Frage: Guschi
Rechte Parteien und Neofaschisten sind in Europa und in Deutschland auf dem Vormarsch. Es ist nicht mehr zu übersehen dass durch diese Parteien die bürgerliche Demokratie ins Wanken gerät. Wie siehst du diese Entwicklung?

Heinz Ratz
So wie ich die Sache sehe, hat der Überlebenskampf der Demokratien bereits begonnen - insbesondere dadurch, dass sie einen unmöglichen Spagat versuchen zwischen einer weiterhin auf Gewinnmaximierung und Wachstum setzenden Industrie und den dringenden Anforderungen des Klimawandels und Artensterbens, der wachsenden Armut, des globalen Ungleichgewichts an Wohlstand, der erneuten Aufrüstung und ihrer wahnwitzigen Kosten. Wenn sich die etablierten Parteien aber weiterhin als Interessenvertretung der Wirtschaft verstehen, wird die notwendige Veränderung gewaltsam und undemokratisch gesucht werden. Da ich aber aus tiefstem Herzen ein Demokrat bin, möchte ich mich in den kommenden Jahren bemühen, etwas Bewegung in die Sache zu bringen - nämlich ein Umgestalten unserer bestehenden Werte.

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Frage: Guschi
Umgestalten bestehender Werte heißt gesellschaftliche Veränderungen! Hierzu sind bestehende Werte in der Gesellschaft zum Positiven zu verändern. Wie sollte dieses deiner Meinung nach aussehen?

Antwort: Heinz
Nicht, wer viel Besitz anhäuft, soll wertgeschätzt sein in unserer Gesellschaft, sondern wer sich für andere engagiert, wer abgibt von seinem Reichtum, seinem Talent, seiner Arbeitskraft. Nicht Profi-Fußballer, Schlagersänger, Bankberater und Bundestagsabgeordnete sollen gut bezahlt werden, sondern Krankenschwestern und -pfleger, Kindergärtnerinnen, Polizisten, Hebammen, Gärtner etc. – alle sozialen Berufe, alle Berufe, die dem Wohl des Menschen dienen und dem Schutz der Natur. Nicht diejenigen sollen Aufmerksamkeit bekommen, die am lautesten schreien, sondern die, die tatsächlich etwas tun.

Frage: Guschi
In einer Gesellschaft in der es Menschen gibt, welche sozial engagierte Menschen verächtlich als Gutmenschen auslachen und sie dabei als dumm und einfältig darstellen wird es schwer sein die Dinge vom Kopf auf die Füße zu stellen. Woher nimmst du diese Zuversicht und Kraft?

Antwort: Heinz
Wir gehen unter in einer Flut aus Geschwätz und narzisstischer Selbstinszenierung, statt die Dinge ohne großes Gerede anzupacken. Und doch wird unendlich viel gute Arbeit getan – von den verlachten und verächtlich gemachten „Gutmenschen“ – gesellschaftlich nicht anerkannt, völlig unterbezahlt, ohne jeden Applaus. Ich glaube, wenn wir dieser ganzen derzeitigen Hysterie den Rücken kehren könnten und mit Gelassenheit daran arbeiten, dass nicht mehr das Geld und die Gier nach immer mehr Reichtum diese Welt und auch unsere demokratischen Systeme beherrschen, sondern das soziale und verantwortungsvolle Handeln im Mittelpunkt der Anerkennung steht, dann besteht durchaus noch Hoffnung auf eine gute Zukunft. Denn wir Menschen sind ja nicht nur die alles zerstörenden Monster – wir können, wenn wir wollen, durchaus auch großartiges leisten. Wir haben viel Kraft – setzen wir sie vernünftig ein!

Frage: GuschiHeinzRatz03

Vernünftig mit viel Kraft und Zuversicht kämpfen und handeln. So wie du und deine Band STROM & WASSER es in 2024 mit der Aktion „Die Grenze der Gier“ vorhaben.
Wie sind die Forderungen der Aktion?

Antwort: Heinz
Ja, Die Grenze der Gier – so heißt meine Aktion 2024, in der ich fordere: Stärkt die sozialen Berufe! Bezahlt die Menschen anständig, die dafür sorgen, dass unsere Welt menschlich bleibt! Verstaatlicht die Krankenhäuser, damit sie nicht mehr gewinnbringend agieren müssen! Macht überhaupt diesen ganzen Privatisierungs-Wahnsinn rückgängig, der ja nichts anderes ist als der Verrat der sozialen Idee ans Geld. Bewundert Großzügigkeit – nicht Macht, Engagement – nicht Reichtum! Entwickelt Ideen, wie wir die bestehenden Werte durch bessere ersetzen können.

Frage: Guschi
Wie ich weiß werden alle eure Konzerte im Jahr 2024 dazu dienen, die Missstände und Verbesserungsmöglichkeiten in den sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen der Städte aufzuzeigen. Dieses wird sich nicht nur in euren Liedern und Texten widerspiegeln sondern auch mit konkreten Aktivitäten vor Ort, mit denen die es betrifft. Wie willst du das umsetzen?

Antwort: Heinz
Dazu kontaktiere ich Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Pflegeeinrichtungen, Heime … besuche sie am Tag des Konzerts und gebe am Abend meinen Eindruck weiter – wie auch die Wünsche, Sorgen und Forderungen der Einrichtungen.

Frage: Guschi
Was versprichst du Dir davon?

Antwort: Heinz
Ich hoffe damit Aufmerksamkeit zu schaffen für die Missstände in den Städten und Gehör zu finden bei den Medien und der lokalen, aber auch überregionalen Öffentlichkeit. So können wir in vielen Städten einen Protest gegen das bestehende, gewinnorientierte System formulieren und sozialere Alternativen suchen. Und das Ganze nicht mit depressivem Gemecker, sondern lebensfroh, mit der Kraft der Musik – aber eben auch mit einer klaren, druckvollen Botschaft. Denn bei allem Optimismus, dass wir die Demokratien und damit eine lebenswerte Zukunft noch retten können – viel Zeit bleibt uns nicht mehr! Es muss jetzt endlich etwas geschehen.

Lieber Heinz,
abschließend noch eine Frage in eigener Sache. Im Juli 2023 gab es zwischen dir und Mitgliedern des Motorradclub Kuhle Wampe Kiel ein Gespräch in dem wir unser Projekt „Ein Bus für die Kinder des Rehabilitationszentrum Neurologie „Rosa Luxemburgo“ – auf Cuba vorgestellt haben. Du hast diese Aktion mit einigen guten Ideen unterstützt. In einem Land das seit über 60 Jahren einer schweren Wirtschaftsblockade durch die USA ausgesetzt ist, wird mit absolut geringen Mitteln versucht, die Idee von einer sozial gerechten Gesellschaft, mit einem Gesundheitswesen welches in Lateinamerika seines gleichen sucht aufzubauen. Siehst du weitere Möglichkeiten unser Projekt auch während deiner Tour zu unterstützen?

Antwort: Heinz
Wir nehmen gerne Infomaterial zu eurem Busprojekt mit und können bei jedem Konzert darauf aufmerksam machen. Desweiteren geben wir euch gerne etwas von unserem Merchandising ab, um es für eine Crowdfunding-Aktion zu nutzen. Und ganz vielleicht komme ich auch mit nach Cuba, um das Krankenhaus einmal kennenzulernen. Das hängt aber von meiner finanziellen Situation ab. Lust hätte ich – ein tolles Projekt!

Immer dabei:HeinzRatz Spendenbus

Die Spendenbusse

Vielen Dank für das Interview, Heinz Ratz!
Kuhle Wampe Kiel freut sich auf die weitere gute solidarische Zusammenarbeit auch über 2023 hinaus. Vielleicht ist ja noch Platz in eurer Tour-Planung 2024 und macht einen Auftritt von STROM & WASSER auf dem Sommertreffen von Kuhle Wampe vom 16.-20. August 2024 möglich.

Wer aber nicht solange warten und mehr von Heinz Ratz und der Band STROM & WASSER hören möchte, sollte unbedingt bei seiner Tour „Die Grenze der Gier“ vorbeischauen.

Im Netz findet ihr ihn und seine Band unter: kuhle wampe kiel

www.heinz–ratz.de

 

Das Interview hat Guschi, KW Kiel im Nov. 2023 geführt. www.kuhle-wampe-kiel.de

Kieler „Griechenland-Solidaritätskomitee“:

Die globale antiimperialistische Perspektive und die lokale Praxis

Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des Kieler „Griechenland-Solidaritätkomitees“ und 50. Jahrestags des „Pinochet-Putsches“ veranstaltete dieses gemeinsam mit der Kieler Lateinamerika-Gruppe und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Schleswig-Holstein am 23.09. in der Hansa48 eine ganztägige Veranstaltung unter dem Motto „Perspektive Antiimperialismus“. Mit Gästen aus Griechenland, Chile und Dänemark wurde in Vorträgen, Diskussionen, Gesprächen, einer Foto-Ausstellung und einem Film über globale antiimperialistischen Perspektiven informiert und diskutiert. Auf den Tag bezogen beteiligten sich an die einhundert Personen an dieser Veranstaltung.

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Nachfolgend Auszüge aus dem zum Abschluss gehaltenen Vortrag des dänischen marxistischen Aktivisten Torkil Lauesen über „Antiimperialistische Perspektive und lokale Praxis“:

„Ich werde über die Praxis sprechen, den Kampf gegen den Imperialismus in unserem Teil der Welt. Wenn ich an antifaschistischen oder antiimperialistischen Kundgebungen und Treffen in Kopenhagen teilnehme, bei denen die Redner über die Notwendigkeit einer Revolution sprechen und die Menge auffordern, den Kapitalismus zu „zerschlagen“, fällt mir die Distanz auf zwischen den Worten und dem, was auf der Straße passiert.

• Zunächst ist es wichtig zu beachten, dass man sich an der „radikalen Politik“ beteiligen kann und aus der man wieder aussteigen kann, wenn man keine Zeit und kein Interesse daran mehr hat. Der Kampf ist kein notwendiger integraler Bestandteil des täglichen Lebens, sondern etwas, das man in seiner Freizeit tut. Das bedeutet, dass es schwierig ist, das Engagement und die Disziplin zu mobilisieren, die für eine revolutionäre Organisation in unserem Teil der Welt erforderlich sind.

• Zweitens sollten wir bedenken, dass die Revolution keine „Partei“ ist. Schauen Sie sich die Geschichte an. Der Kapitalismus wird sich nicht einfach hinlegen. Die nächsten Jahrzehnte werden dramatisch sein. Es ist nicht einfach, nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegen die Mehrheit der umgebenden Gesellschaft zu sein. Wenn unser Kampf mehr als nur Worte ist, wird er Konsequenzen haben. Darauf sollten wir auf persönlicher und organisatorischer Ebene vorbereitet sein.

• Drittens brauchen wir eine solide Strategie. Was machen wir kurz-, mittel- und langfristig? In einem Artikel, den Rosa Luxemburg kurz vor ihrer Ermordung verfasste, bewertete sie die deutsche Revolution. Der Grund für die Niederlage war der Mangel an Organisation, Strategie und der Fähigkeit, entsprechend zu handeln.

Was können wir tun?
Was können wir hier tun, um den Niedergang der US-Hegemonie zu unterstützen? Trotz der derzeitigen Unterstützung der NATO in ganz Europa halte ich es für möglich, ein breites Bündnis gegen Kriege aufzubauen, da die Gefahr einer Eskalation zu einem nuklearen Holocaust besteht und weil die Kosten für Rüstung das Wohlergehen beeinträchtigen. Eine solche Mobilisierung hat keine direkte sozialistische Agenda, verschiebt aber den Hauptwiderspruch in die richtige Richtung.
Was können wir tun, um die Entwicklung eines multipolaren Weltsystems voranzutreiben? Derzeit ist der globale Süden eine Mischung aus progressiven, nationalistischen und reaktionären Regimen, aber eines haben sie gemeinsam: Sie wollen nicht wie in den vergangenen Jahrhunderten vom „Westen“ regiert werden, und sie wollen auch nicht neue Form des Imperialismus, die auf gewaltsamen Formen der Unterdrückung basiert.

In jedem dieser Staaten bestimmt der Klassenkampf die Richtung der Entwicklung – nationalistischer Kapitalismus oder Übergang zum Sozialismus. Das wichtigste Land in diesem Zusammenhang ist China aufgrund seiner Bevölkerungsgröße und seines wirtschaftlichen Gewichts, aber vor allem auch, weil China von einer kommunistischen Partei regiert wird, die die Möglichkeit hat, den Sozialismus zu entwickeln. China rutscht derzeit nach links. Wir werden die Bauern und Arbeiter in ihrem Kampf gegen den verbleibenden Kapitalismus und auf dem Weg zum Sozialismus unterstützen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass dies geschieht, ohne China zu schwächen und damit den Interessen der USA zu dienen. Der Niedergang der US-Hegemonie ist eine Voraussetzung für die Stärkung des antiimperialistischen Kampfes.

Aktivist aus Dänemark: Torkil Lauesen

Torkil Lauesen hansastrWie können wir ein Zahnrad in der großen Transformationsmaschinerie vom Weltkapitalismus zum Sozialismus sein?
Es könnte sich um den Versuch handeln, Arbeiter im Norden und Süden entlang transnationaler Produktionsketten zu organisieren. Es könnte sich um materielle und politische Unterstützung der Befreiungsbewegungen handeln. Es könnte darum gehen, Klimakämpfe auf globaler, eindeutig antikapitalistischer Ebene zu organisieren. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass der Norden kein sicheres „Hinterland“ für den Imperialismus ist. Dies impliziert einen Kampf gegen rechten Nationalchauvinismus, Rassismus und imperialistische Militärintervention.

In Ermangelung einer Kommunistischen Internationale brauchen wir zumindest eine transnationale antisystemische Bewegung. Wie bauen wir eine solche Bewegung auf? Es gibt keine Einheit in der kommunistischen Bewegung wie damals, als die Kommunistische Internationale 1919 auf Initiative Lenins und der neugeborenen Sowjetunion gegründet wurde. Heute muss von unten nach oben aufgebaut werden. Dies kann hier und jetzt geschehen, beginnend mit der Schaffung eines Netzwerks, über das die Teilnehmer Ressourcen, Erfahrungen und Informationen austauschen können; Proteste, Streiks und Aktionen koordinieren; Solidarität und Unterstützung mobilisieren; Kurz gesagt, organisatorisch die Grenzen zwischen isolierten Kämpfen aufheben und sie zu einem gemeinsamen Kampf verbinden. Die spezifischen Bereiche des transnationalen Kampfes können vielfältig sein: transnationaler Gewerkschaftskampf (über globale Warenketten hinweg); transnationaler Klima- und Umweltkampf; Bewegungen gegen imperialistische Kriege; antirassistischer, antifaschistischer, antikolonialer Kampf; globale Bewegung für grundlegende Lebensbedingungen usw.

In unserer politischen Arbeit haben wir oft das Gefühl, dass das, was wir tun, zu wenig ist – unwichtig für die Veränderung der Welt. Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass es keine „kleinen“ Kämpfe und keine „kleinen“ Widerstände gibt. Es gibt verschiedene Aktions- und Interventionspakete, die manchmal zusammenlaufen, um unter der richtigen Praxis und unter den richtigen Umständen „große“ Veränderungen zu erzwingen.
Neben dem Internationalismus muss der Kampf eine radikale, antikapitalistische Perspektive haben. Es gibt keinen sozialdemokratischen Weg zum Sozialismus. Wenn Reformen im globalen Norden nicht mit der Dekonstruktion des Imperialismus einhergehen, dann sind sie kein Fortschritt – sie sind parasitär.

Wenn der Imperialismus im globalen Süden besiegt wird und die Arbeiterklasse in den kapitalistischen Zentren wieder die gesamte kapitalistische Gesellschaft aufrechterhält, wird auch sie in der Lage sein, die Ausbeuter zu stürzen. Dieser letzte Kampf erfordert ein Eingreifen sowohl des Südens als auch des Nordens, um erfolgreich zu sein. Die neue Weltordnung wird aus feurigen Kämpfen hervorgehen. Es geht um viel. Wird sich das System bei einer ökologischen oder nuklearen Katastrophe selbst zerstören? Wird es sich in Form eines globalen Apartheidsystems unter faschistischer Herrschaft neu erfinden? Oder wird es starke antikapitalistische und antiimperialistische Bewegungen hervorbringen? Unser Kampf wird Teil der Antwort sein.“

(Zusammenstellung: gst)

Kurdistan-Kulturwochen:

Gedenkveranstaltung für Rojava und die Politik der AKP

Nach dem Sieg Erdoğans und der AKP – Die Situation der Kurd*innen nach den Wahlen in der Türkei

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Nach den „Kulturwochen-Kiel“ zu Afghanistan, Syrien und Iran, wird 2023 die Region Kurdistan mit Politik, Kultur und den Kämpfen für ein menschenwürdiges Leben dargestellt. Mit Ausstellungen, Musik, Theater, Tanz, Kochkursen, Filmen, Lesungen, Vorträgen und Diskussionsangeboten soll sich der Region Kurdistan genähert werden.

Festgestellt wird auf der Internetseite zu den Kurdischen Kulturwochen: „Kurdinnen erleben als Geflüchtete in vielen Ländern anhaltende und systematische Diskriminierung. Kurdische Gebiete wurden in den letzten Monaten vermehrt durch Länder wie beispielsweise der Türkei angegriffen. Recepp Tayyip Erdogan benutzt in Bezug auf seine Ziele Wörter wie „Ausrotten“. Auch das iranische Regime geht besonders hart gegen die aktuellen Proteste in kurdischen Gebieten vor. Dennoch wissen viele Personen der deutschen Mehrheitsgesellschaft kaum etwas über die prekären Lebenssituationen von Kurdinnen.“
Ayse Fehimli, Mitglied im Kurdischen Frauenverein Jiyana Jin e.V., schreibt: „Wenn Kulturen miteinander bekannt werden, dann schwindet die rassistische Wand, vor der wir stehen, immer mehr.“

In zwei Veranstaltungen haben das Kurdistan Solidaritätskomitee Kiel, Defend Kurdistan Kiel und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Schleswig-Holstein über die politische Situation in den Ländern, in denen kurdische Bevölkerungen leben, informiert. Dies kann ein Beitrag zum Schwinden dieser rassistischen Wand sein.

Die Situation der Kurd*innen nach den Wahlen in der Türkei und dem Sieg Erdoğans und der AKP analysierte Kerem Schamberger, Kommunikationswissenschaftler und Autor. In dem zur Wahl im Mai 2023 geführten Wahlkampf wurden kurdische Aktivist*innen vom Erdoğan-Regime durch Festnahmen ausgeschaltet. Trotz der Krisen und Kriege, in denen sich die Türkei befindet, hat die AKP die Wahl gewonnen.
Der Referent gab zunächst einen Blick in die Geschichte der türkischen Republik seit 1923. Dabei wies er auf den mit der Gründung erfolgten Versuch hin, die ideologische Grundlage des Staates die „Homogenität des Staatsvolkes“ herzustellen. Dargestellt wird dies in dem Spruch: „Tek Vatan, Tek Millet, Tek Bayrak, Tek Devlet“, also „Ein Vaterland, ein Volk, eine Fahne, ein Staat“ und man könnte ergänzen: „eine Sprache und eine Religion“, so Schamberger.
„Alles, was nicht in das Identitätsbild des neuen türkischen Prototyps passte, wurde entweder vertrieben, assimiliert oder ermordet.“

Hinzu kommt die ökonomische Ebene. Die Enteignungen der ArmenierInnen, der kurdischen Bevölkerung, die Zwangsumsiedelungen, das Verbot der kurdischen Sprache, kurdischer Namen und kurdischer Kultur machten eine politische Beteiligung für diese Bevölkerungen unmöglich. Dies entwickelte andererseits den Widerstand der Kurd*innen gegen die türkische Politik und Regierung. Als Reaktion auf die Unterdrückung wurde die PKK 1978 gegründet.

Seitdem gab es einige Friedensprozesse in der Türkei, die jedoch von der AKP beendet wurden, als Reaktion auf den Wahlsieg der Partei der kurdischen Freiheitsbewegung HDP im Juli 2015 in Istanbul. Die daraufhin einsetzende Selbstermächtigung der kurdischen Bevölkerung über die von ihnen bewohnten Gebiete wird seit 2015 mit brutaler Gewalt des türkischen Militärs unterdrückt.

In dieser Situation haben die Wahlen im Mai 2023 stattgefunden. Dezidiert beschreibt Kerem Schamberger, die Wahlen und blickt dann auf das Ergebnis: „70% der Stimmen an rechte, nationalistische Parteien gegangen: AKP + MHP + IYI Partei + Zafer Parti + Teile der CHP – also an Repräsentanten des türkischen Nationalismus in unterschiedlichen Ausprägungen. Mal mehr mal weniger islamistisch. Davon fast 25% an offen faschistische Kräfte. Der türkische Nationalismus in all seinen Ausprägungen ist der Gewinner der Wahlen. Wieder einmal…GenossInnen des Bündnisses der Arbeit und Freiheit kommen auf 10,5% und 65 Abgeordnete, davon 4 von der TIP (2018: 67 Abgeordnete und 11,7%).“
Westliche Regierungen, wie Olaf Scholz für die BRD, gratulierten Erdoğan umgehend zum Wahlsieg. Dass dies trotz der Verhaftungen von Kritiker*innen der Erdoğan-Regierung erfolgte, nimmt dieser als Legitimation und setzt seine Politik der Unterdrückung und Gewalt fort.

Diese erschwert die Diskussionen in den kurdischen Gebieten über das gemeinsame Vorgehen nach den Wahlen. Dabei, so Schamberger, muss die „Konzentrierung auf Aufbau gesellschaftlicher Gegenmacht und einem gegenhegemonialen Projekt: Linke Kräfte, gewerkschaftliche Verankerung, Verankerung in den Städten und Stadtteilen“ folgen.
„Es muss eine Gegenhegemonie von unten aufgebaut werden. Ganz im Gramscianischen Sinne. Weg von reiner Fixierung auf Wahlen – insbesondere Parlament und Präsidentschaftswahlen. … auch (um) dem türkischen Nationalismus entgegenzuwirken. Darum muss es jetzt in der vor uns liegenden Phase gehen – auch um so einen Grundstein zu legen, die „kurdische Frage“ von unten zu lösen. Das ist nicht einfach, vor allem wenn man sich die aktuelle Weltkonjunktur ansieht – aber versuchen muss man es trotzdem.“

Das Gedenken an Konstantin Gedig - Sehid Andok Cotkar zwei Tage nach der Veranstaltung über die Wahlen machte noch einmal deutlich, wie brutal die um ihre Rechte kämpfende kurdische Bevölkerung unterdrückt wird.

Konstantin war ein junger Landwirt aus Schleswig-Holstein, der sich 2016 der YPG im Kampf gegen den IS angeschlossen hatte. Bei der Verteidigung der syrischen Grenzstadt Serêkaniyê (Raʾs al-ʿAin) wurde Andok Cotkar am 16.10.2019 durch die türkische Luftwaffe getötet.
Seine Eltern besuchten im März 2023 Nordostsyrien/Rojava um mit den Menschen zu sprechen, die mit ihrem damals 24-jährigen Sohn gekämpft haben. Auf der Gedenkfeier teilen sie ihre Erlebnisse und Eindrücke von Rojava und Nordostsyrien in einem Vortrag mit Fotos von ihrer Reise und den Erzählungen über Gespräche und Begegnungen. Über die Reise gibt es eine Dokumentation, in der die auf 2500 km besuchten Stationen im Film festgehalten sind.
Zu vielen Grußworten, in denen der Kämpfe und Gefallenen gedacht wurde, gab es eine Videobotschaft von Mazlum Abdi, dem Generalkommandanten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD). Abdi betonte das Ansehen und die Ehrung, die internationalistischen Freiwilligen in Nord- und Ostsyrien widerfährt.

In einer Live-Schalte nach Rojava wurde von Internationalist*innen über die aktuellen Angriffe des türkischen Militärs, vor allem auf zivile Infrastruktur und Bevölkerung in den letzten Wochen, berichtet. „Der Widerstandsgeist der Bevölkerung ist ungebrochen“ lautet die deren Aussage.
Kerem Schamberger hat in seiner Rede zum Gedenken auf die Errungenschaften der Rojava-Revolution hingewiesen. Er erinnerte daran, dass grundsätzliche Alternativen zum bestehenden kapitalistischen System immer mit brutaler Gewalt von Kräften des Status quo bekämpft werden:
„Die Pariser Kommune 1871, die Arbeiter- und Soldatenräte in Russland 1917, die Spanische Republik 1936 und die sozialistische Regierung von Salvador Allende in Chile, die vor genau 50 Jahren durch einen faschistischen Putsch gestürzt wurde. Veränderung sollte als Ding der Unmöglichkeit erscheinen.
Doch Konstantin hat als Internationalist den Beweis verteidigt, dass die Emanzipation des Menschen und der Gesellschaft möglich ist.“

Wir verharren in der Defensive, sind oft überwältigt von dem derzeitigen Rechtsrutsch und nicht in der Lage eine Utopie zu entwerfen und sie zu leben, sagte Schamberger und endete mit Pablo Neruda: „Nur mit brennender Geduld werden wir die strahlende Stadt erobern, die allen Menschen Licht, Gerechtigkeit und Würde schenken wird.“

Bettina Jürgensen,
ungekürzt auf www.kommunisten.de

Filmveranstaltung der DKP Kiel

„Rechtsfindung“

von Johannes Hör aus Bertholt Brechts
„Furcht und Elend des III. Reiches“ (5. Szene)

Fr., 4. November 2022, 18.30 Uhr
Naturerlebniszentrum Kollhorst
Kiel, Kollhorster Weg 1

Der Kurzfilm liefert einen Beitrag zur bewussten Auseinandersetzung mit dem III. Reich in Augsburg. Der Bezug zur aktuellen Entwicklung mit der Zunahme rechtsradikaler Kräfte und dem Verlust von Zeitzeugen, die noch aus eigenem Erleben von den Grausamkeiten des Faschismus berichten können, ist Absicht. Das Medium soll genutzt werden, um vor  allem junge Menschen zu erreichen.

Eine Filmveranstaltung der DKP Kiel
Infos: www.dkpkiel.de

 Bild marktgerechter mensch dkp web

Ein Film von Leslie Franke und Herdolor Lorenz

Fr., 12.11.2021 um 18:30 Uhr
im Naturerlebniszentrum Kollhorst, Kollhorster Weg 1, Kiel

Ein Film der zeigt, wie Solidarität verloren geht und wir alle Gefahr laufen, in Konkurrenz zueinander zu versinken, während die Reichen immer reicher werden.

Die Autoren beschreiben zu Recht: „Noch vor 20 Jahren waren in Deutschland knapp zwei Drittel der Beschäftigten in einem Vollzeitjob mit Sozialversicherungspflicht. 38% sind es nur noch heute. Aktuell arbeitet bereits die Hälfte der Beschäftigten in Unsicherheit! Der Film zeigt Fahrer*nnen für Essenslieferanten, die von einem Algorithmus gesteuert werden, Beschäftigte des Einzelhandels, die auf Abruf arbeiten, Crowdworker, die auf Internet-Plattformen mit der ganzen Welt konkurrieren. Auch Menschen in bisher sicher geglaubten Arbeitsstrukturen an Universitäten erleben wir in befristeten Arbeitsverhältnissen. Hier gibt es Planungshorizonte von nur wenigen Monaten bis zu einem Jahr. Dr. phil. Dr. rer. med. Peter Ullrich freut sich über einen neuen Vertrag für einen Monat: „Die Rente ist gesichert,“ feixt er.“

Die Autoren stellen in den Raum aufzuzeigen, was passiert, wenn der Mensch zur Ware wird. Sie deuten an, Alternativen zu präsentieren, wie solidarisch produziert werden könnte.

Aber geht das im Kapitalismus? Ist unsere Arbeitskraft nicht schon längst eine Ware?

Um überleben zu können, müssen wir unsere Arbeitskraft verkaufen, den Preis bestimmt der Eigentümer der Produktionsmittel, also die Unternehmen, Aktiengesellschaften. Er richtet sich dem Marktwert des Unternehmens an der Börse, den Aktienkursen, den zu erzielenden Gewinnen, nicht nach den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen. Das zeigt der Film ganz deutlich.

Wir wollen gern im Anschluss mit euch über Alternativen diskutieren. Auch an aktuellen Beispielen wie z.B. Caterpillar in Kiel, dem Kampf der Servicebeschäftigten am Städt. Krankenhaus oder die europaweite Krise der Transportbranche ...

Eintritt: Spende für das Filmprojekt

Hygieneregeln:
3G – kostenlose Schnelltests vorhanden

Mehr über die DKP Kiel findest du unter:
www.dkpkiel.de

V.i.S.d.P.: Eva Börnig, Kastanienallee 20, Kiel

DKP LogoUZ Werbung DKP web

Flandernbunker an der Kiellinie
4. und 5. September 2021, 11-18 Uhr
Picknick, Livemusik und bunte Kultur

4. und 5. September 2021, Flandernbunker, 11-18 Uhr: Zwei Tage “Café International” zur Kieler Woche 2021
Runder Tisch, eine Welt – Kommt alle mit Picknick! Zwei schöne Tage voll Livemusik und bunter Kultur. – Eintritt frei – Essen u. Trinken mitbringen – kein Verkauf.

Menschen unterschiedlicher Nationen, Kulturen und Meinungen kommen zusammen, bringen Essen und Getränke mit – und teilen mit anderen, um so vielleicht in Gespräche zu kommen. Dazu gibt es interkulturelle Life-Musik (z.B. Welt-Musik, Sinti-Jazz, Jiddische Musik), Informationen und Mitmachspiele für große und kleine Menschen. Spontanes Kommen mit Picknick möglich – Anmeldungen und Platzreservierung ratsam unter info@Kriegszeugen.de oder 0431 – 260 630 9.

Zum „Café International“ lädt der Verein Mahnmal Kilian ein in Zusammenarbeit mit dem Kieler-Woche-Büro und dem Forum für Migrantinnen und Migranten der Landeshauptstadt Kiel sowie verschiedenen Verbänden und Vereinen. Partner ist die Arbeitsgemeinschaft Kieler Auslandsvereine und die Europa-Union. Vertreten sind lnteressenverbände wie der Landesverband der Sinti und Roma, das Kieler Friedensforum, der Afrika-Verein Lisungi, die Deutsch-Russische Gesellschaft oder die Deutsch-Ungarische Gesellschaft – und weitere sind eingeladen. Auf der gesamten „Bunkerinsel“ soll dazu das „Café International“ stattfinden – wie schon in den Jahren 2018 und 2019. Die Veranstaltung wird vom Förderfonds „Zusammenhalt stärken – Teilhabe sichern“ unterstützt.
Erstmals wird das Fest 2021 zur Kieler Woche parallel zum “Open Ship” der Marine stattfinden. Daher lädt der Verein Mahnmal Kilian in seiner „Speakers Corner“ auch zum Meinungsaustausch zum Thema „Krieg & Frieden“ ein, wozu insbesondere auch Soldat*innen und Vertreter*innen von Friedensverbänden eingeladen sind.

Arbeiterfotografen:

Fotogalerie zum Gedenken an Peter Werner

Alle Fotos: Pewe Arbeiterfotografie Kiel

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Kultur:

Mit ewo2 und „Avanti Popolo 3“ für ein kämpferisches 2021

Ein down-gelockter Jahreswechsel war es von 2020 auf 2021. So geht es auch zunächst weiter. Doch es liegt an uns, wie wir, auch unter diesen Bedingungen, die notwendigen und wichtigen Kämpfe zur Veränderung der Gesellschaft bestreiten. Wer die eigene Gemütslage angesichts von Rassismus, Rechtsentwicklung, Militarisierung, Raubbau an der Umwelt und Klimawandel, Abbau sozialer Rechte, schleichendem Rollbacks der Rolle der Frau in der Gesellschaft und der Daseinsvorsorge einschließlich der Gesundheitsvorsorge nicht den Maßnahmen gegen die Pandemie erledigen möchte, braucht nicht nur den widerständigen Geist und die Tat, sondern auch erhellende Momente. Sich erinnern an alte Zeiten, nicht vergessen wie kämpfen geht und Kraft zu schöpfen für vor uns liegende Aktivitäten.

Kultur hat zu jeder Zeit ihren Beitrag geleistet, auf Seiten des Widerstands gegen soziale Missstände, gegen Ausbeutung und Krieg. Dies gilt auch jetzt, wenn allerorten mit #ohneunsistsstill um das Überleben von Kunst und Kultur in und nach Corona-Zeiten gekämpft wird.

Die neue CD des ewo2 = des kleinen elektronischen Weltorchester im Quadrat ist ein wunderbares Beispiel – nicht nur für das Überleben von Kultur, sondern auch für Kultur in den Kämpfen dieser Zeit.

„Avanti Popolo 3“ wurde im Jahr des 20jährigen Bestehens von ewo2 aufgenommen. Zur Veröffentlichung im Jahr 2020 steht der Hinweis „Glücklicherweise wurde diese CD schon vor „Corona” aufgenommen, so dass sich in der Titelauswahl nicht das neu Aufgeregte und Ungewisse widerspiegelt, sondern das historisch Grundsätzliche mit all seinen Bezügen zu heute”.
Entgegen dem, was die Aussage im Booklet vermuten lässt, gibt die CD jedoch, sowohl textlich als auch musikalisch, gerade jetzt wichtige Impulse, um nachzudenken und darüber zur Erkenntnis zu gelangen: Eingeschränkter Aktionsradius durch eine Pandemie heißt nicht, sich mit dieser Welt derart zu versöhnen, dass kritische Fragen und daraus resultierendes widerständiges Handeln auf der Strecke bleiben müssen.

Das erste Lied „Linker Vogel, schräger Kauz“ macht sich schon auf, ein Ohrwurm zu werden. Mit kraftvoller Stimme und einer Melodie, die sofort aufhorchen lässt, werden Aktivist*innen dargestellt, wie sie in jeder Stadt bekannt sind, die dabei sind wenn Antifa- oder Friedensaktionen, Seawatch oder Klimademos stattfinden, die internationale Solidarität nicht nur als Slogan kennen, die gleichberechtigtes solidarisches Leben nicht nur predigen, sondern leben. Menschen, die zur linken Bewegung gehören, sie stützen und unterstützen, die oft den Nerv mit ihren kritischen Anmerkungen treffen und dabei nerven können, sich nach der Diskussion aus der ersten Linie zurückziehen, um bei der nächsten Aktion wieder dabei zu sein. Sie zeigen, dass selbst bestens durchorganisiertes und geplantes Handeln mit ihrem kreativen und spontanen Beiträgen noch an Würze, Überzeugung und Kraft gewinnt.
Jedes Stück dieser CD wäre so eine eigene Betrachtung wert, mit der auch Parallelen zur aktuellen Situation gezogen werden können. Doch die Auswahl, die hier vorgestellt wird, kann und soll nur zur Neugier auf die neue ewo2 beitragen. Und darauf hinweisen, weshalb ewo2 hochaktuell ist und im guten Sinne „gebraucht“ wird.
Wenn heute wieder, wie bereits 2008/9, in linken und Gewerkschaftskreisen festgestellt wird „make the rich pay for the crisis“, kann das Lied „Ist der Reichtum eine Frucht“ Aufforderung sein, über die Daseinsvorsorge und deren Profite für Konzerne wie Helios, Vonovia, Vattenfall nachzudenken. Geschrieben wurde der Text über die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln in der Französischen Revolution, ob dies auch auf andere Waren übertragbar ist, mögen die Zuhörer*innen selbst entscheiden.
Mit „Ein stolzes Schiff“ und „Andre, die das Land so sehr nicht liebten“ wird das Thema Flucht berührt, die aus politisch unterschiedlichen Gründen erfolgt. Es sind Lieder aus der Mitte des 19. und des 20. Jahrhunderts, die heute ebenso aktuell sind, wie damals.
In dem Booklet zu ihrer CD „Avanti Popolo 3“ erneuert ewo2 ihr Anliegen von 2009: „ewo2 spielt für die Sache der Erkenntnis, des Widerspruchs, aber auch für die Lust am Leben und Musizieren. Unser Prinzip ist die Veränderung.“
Bestätigt wird dies mit der Auswahl der Stücke. Vervollständigt wird das Programm der CD mit Liedern der Befreiungsbewegungen und zu den Kämpfen der arbeitenden Klasse.
Wenn dann das bekannte alte Volkslied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ erklingt, zu dem auch das Mitsingen problemlos möglich ist, kommt die Frage nach dem Sinn des 15-km-Radius der Corona-Maßnahmen in den Kopf.

Die Mitglieder des Ensembles ewo2, Bernd Köhler (Gesang, Gitarre), Laurent Leroi mit seinem Knopfakkordeon und der Geiger Joachim Romeis, bringen die Melancholie, aber auch die Energie der Stücke in unsere Zeit. Mit „Die Herren der Welt”, einer bisher unveröffentlichten Aufnahme aus dem Jahr 2009, sind der vor fünf Jahren verstorbene Hans Reffert an diversen E-Gitarren und Christiane Schmied, die Mitbegründerin von ewo2, an den elektronischen Maschinen, noch einmal teil einer lebensbejahenden und mutmachenden CD des ewo2.

Die Kämpfe werden 2021 nicht weniger – im Gegenteil werden wir uns darauf einstellen müssen, dass die Kosten der Pandemie auf die Rücken Mehrheit der Bevölkerungen abgewälzt werden sollen. Unser Widerstand dagegen wird einmal mehr das weltweit agierende Kapital zusammenbringen, um unseren Kampf zu spalten und dem Versuch uns aufzuhalten.
Das Kapital wird weiterhin, ohne Rücksicht auf Menschen- und Arbeitsrechte, global ausbeuten, wird dabei auch vor weiteren Kriegen nicht zurückschrecken und das Leben der Menschen auf der Flucht wird von uns, gegen die Gier der Profiteure an Krieg und Umweltverschmutzung, verteidigt werden müssen.
Einige, vom Pandemiegeschehen ganz Unerschrockene und/oder Unbeeindruckte, werden sagen: Wir leben halt weiterhin im Kapitalismus. Solange wir daran nichts ändern, wird jedes Jahr enden und das Neue Jahr weiterhin in diesem System beginnen.

Ja – wir müssen und werden weiter kämpfen für eine ökologische, emanzipatorische, feministische, integrative Gesellschaft! Dazu tragen die Mitglieder der marxistischen linke ihren Teil bei. Wie dieser Kampf entwickelt werden kann, ist in unserer Satzung beschrieben. Aktuelle Beispiele, Beiträge, Diskussionsansätze gibt es, aber auch die Macht, Gewalt und Repression des Kapitals zum Erhalt ihrer Macht werden täglich auf der Internetseite www.kommunisten.de dargestellt.
Aber wir wissen auch, dass wir diesen Kampf nicht allein gewinnen können, dass linke Kräfte zusammenarbeiten müssen, dass wir dazu auch „unsere“ Kultur brauchen – auch damit können wir Menschen gewinnen und zeigen, wie es ewo2 sagt „Eine andere Musik und eine andere Welt ist möglich.“
Diese Ansicht scheinen die Musikjournalist*innen aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Belgien zu teilen, die im Dezember 2020 und für Januar 2021 die CD „Avanti Popolo 3“ in die Liederbestenliste für deutschsprachige Chansons in die TOP 10 gewählt haben. Gratulation dazu an ewo2 und ein unverschämt gutes Hörerlebnis allen mit dieser CD!

Bettina Jürgensen, marxistische linke

CD „Avanti Popolo 3“ – TITEL-LISTE
1 Linker Vogel, schräger Kauz
2 Hasta Siempre, Commandante
3 Komm Marie
4 Ist der Reichtum eine Frucht
5 Les Canuts
6 Ein stolzes Schiff
7 Das Wandern ist des Müllers Lust
8 Che sara
9 Die Herren der Welt
10 Das Lied von der Moldau
11 Andre, die das Land so sehr nicht liebten
12 S’brent

Die CD gibt es für 15,- Euro + 2,- Euro Versand über Bernd Köhler. E-Mail: bk@ewo2.de
Mehr Infos: www.ewo2.de