Daten/Fakten  

   

Bundestag-Wahlanalyse:

Phönix aus der Asche

Die vorgezogenen Bundestagswahlen haben offensichtlich in einer Stimmung stattgefunden, die so politisiert wie seit langem nicht war. Entsprechend lag die Beteiligung mit rund 84 Prozent so hoch wie seit 1987 nicht mehr. (Alle Angaben sind vorläufig, das amtliche Endergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.)

Profitiert haben allerdings vor allem Union und AfD, die beide weit mehr als alle anderen Parteien Nichtwählerinnen und -wähler mobilisieren konnten. SPD und FDP haben jeweils ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik eingefahren, „Wahlsieger“ CDU/CSU ihr zweitschlechtestes eingefahren. Das schlechteste hatte sie 2021 erreicht. Erschreckend ist der Erfolg der AfD für die rund ein Fünftel aller Wähler gestimmt haben, 830.000 von ihnen hatten bei der letzten Wahl noch die Unionsparteien gewählt. In Schleswig-Holstein blieb die Partei noch leicht unterdurchschnittlich, aber auch hier kam sie auf rund 16 Prozent. Bei den letzten Wahlen hatte es noch so ausgesehen, als sei der Norden ein klein wenig immun gegen die braun-blaue Gefahr.

Das neue „Bündnis Sarah Wagenknecht“ (BSW) verfehlte denkbar knapp den Einzug in den Bundestag. Rund 14.000 Stimmen fehlten. Die Wählerwanderungsstatistik zeigt, dass das BSW Nichtwähler motivieren, aber auch von allen Parteien Wähler abwerben konnte. Von der AfD allerdings nur im minimalen Umfang. Hoffnungen, die neue Organisation würde wenigstens den Aufstieg der Faschisten deckeln, haben sich also in keiner Weise erfüllt.

Noch Ende 2024 sah es so aus, als sei die Linkspartei durch den Austritt der Gruppe um Sarah Wagenknecht so geschwächt, dass sie kaum Hoffnung hätte, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Andererseits erlebte sie nach Wagenknechts Abgang einen Zustrom neuer, sehr junger und motivierter Mitglieder, der bis zum Wahltag anhielt und die Mitgliederzahlen auf Rekordwerte von fast 100.000 hochschnellen ließen. Viele von ihnen haben sich auch sehr viele aktiv in den Wahlkampf eingebracht.

Unterm Strich hat die Linkspartei dann zwar nach den vorläufigen Auswertungen 330.000 Wählerinnen und Wähler an das BSW verloren. Zugleich hat sie aber gut 1,6 Millionen hinzugewonnen, und zwar vor allem zu etwa gleichen Teilen von SPD und den Grünen, sowie im etwas geringeren Umfang von den Nichtwählern. In Berlin ist die Linkspartei zur stärksten Partei geworden und konnte dort gleich vier Direktmandate gewinnen. Besonders interessant: Mit Neukölln und Kreuzberg-Friedrichshain gingen erstmals zwei westliche oder teilweise westliche Wahlkreise an die Linke. Ein fünftes und sechstes Direktmandat wurden in Leipzig Süd, sowie im Wahlkreis Erfurt-Weimar-Weimarer Land II gewonnen.

In Schleswig-Holstein hat die Linkspartei mit 7,7 Prozent leicht unter dem Bundesdurchschnitt abgeschnitten, wobei Kiel mit 14,3 Prozent der Zweitstimmen ziemlich heraussticht. (Im Wahlkreis Kiel, zu dem auch Kronshagen und Altenholz gehören, waren es 13,9 Prozent.) In keiner anderen Stadt zwischen den Meeren war der Anteil so hoch. Die linke Ratsfrau Tamara Mazzi hat beachtliche 9,7 Prozent der Erststimmen bekommen und zieht über ihren zweiten Platz auf der Landesliste in den neuen Bundestag ein – zusammen mit Lorenz Gösta Beutin, der 2021 wegen des seinerzeit schlechten Ergebnisses aus dem Bundestag hatte ausscheiden müssen.

Ein Blick in die Stadtteile zeigt, dass die SPD-Kandidatin nur noch auf dem Ostufer und in Pries-Friedrichsort eine Stimmenmehrheit erreichte. Die Innenstadt ist fest in der Hand der Grünen. Fast das gleiche Bild bei den Zweitstimmen, außer dass in Gaarden die Linkspartei mit 25,6 Prozent die stärkste Partei ist. Im Wahllokal 181 um den Vinetaplatz herum erreichte sie sogar 31,6 Prozent. Im Gaardener Wahllokal 173 „Schulen an der Iltisstraße“ war allerdings die AfD mit 21,3 Prozent stärkste Partei, wobei sie jeweils nur wenige Zehntel Prozentpunkte vor SPD und Linkspartei lag. Mit 64,1 Prozent war die Wahlbeteiligung in Gaarden gewohnt unterdurchschnittlich, aber 11,3 Prozentpunkte höher als bei der letzten Bundestagswahl 2021.

Das BSW bekam in Kiel nur auf 3,7 Prozent der Zweitstimmen. Auch die blauen Nazis lagen an der Förde deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, aber 10,2 Prozentpunkte sind natürlich noch immer 10,2 Prozent zu viel. Das Direktmandat, für das die Erststimme zählt, wurde wieder von den Grünen gewonnen.

Interessant auch die Entwicklung bei den ganz Jungen, soweit sie in der U18-Wahl deutlich wurde. Knapp 170.000 Kinder und Jugendliche hatten bundesweit in selbstorganisierten Wahllokalen in Vereinen, Jugendzentren und ähnlichen ihre Stimme abgegeben. Mit gut 20 Prozent erwies sich dabei die Linkspartei als Favorit, eine Position, die viele Jahre die Grünen innegehabt haben. Diese kamen diesmal hingegen nur noch auf 12,5 Prozent. Allerdings sind die U18-Wahlen nicht repräsentativ, unter anderem, weil sie von den Großstädten dominiert werden. Auch bei den jüngsten Wählern ist die Linkspartei die stärkste Partei gewesen, gefolgt leider von der AfD. Die Grünen haben, wie die Statistik zeigt, ihren Favoriten-Status bei den Jungen eindeutig verloren. Die Jugend scheint halt doch nicht so auf Aufrüstung und LNG-Beschiss zu stehen.

Auffällig ist, dass Migrantinnen und Migranten oder deren Nachkommen in der neuen Linksfraktion erheblich unterrepräsentiert sein werden. Das ist in einer Zeit grassierenden Rassismus und massiver Repression gegen Einwanderer-Communities ein ernsthaftes Problem. Sie stellen heute einen erheblichen Teil der Arbeiterklasse dar und linke Parteien und Organisation müssen dem unbedingt mehr Rechnung tragen. (wop)

Grafiken - Quelle:
bundeswahlleiterin.de/bundestagswahlen/2025, 24.2.2025

 

Kommentar

Gegen Sozialkahlschlag und Wehrpflicht

Das Ergebnis der Linkspartei ist sicherlich sehr erfreulich, die Verluste für SPD und Grüne angesichts ihres Militarisierungskurses mehr als verdient, und die Verdoppelung bei den Nazis erschütternd und brandgefährlich. Der gesellschaftliche Diskurs wurde gewaltig nach rechts gedrückt, und jetzt bekommen wir einen Kanzler von Blackrock, einen Mann, der der Deutschland-Vertreter des weltweit größten Vermögensverwalters war. Was ihn nicht davon abgehalten hat, vor der Wahl massiv auf rassistische Stimmungsmache zu setzen und die blauen Faschisten hoffähig zu machen – eine Kampagne übrigens, an der sich im Bundestag auch dass BSW beteiligt hat, wofür es am Wahltag die verdiente Rechnung bekam.

Vor uns liegen mit ziemlicher Sicherheit harte Jahre. Die Wirtschaft befindet sich schon im dritten Jahr in einer leichten Rezession und manches deutet darauf hin, dass die Krise eher schwerer werden wird. Verursacht unter anderem auch durch eine vollkommen auf alte Industrien wie Verbrennermotoren und auf den Export fixierten Wirtschaftspolitik, wie sie von den dominanten Kräften des deutschen Kapitals eingefordert wird. Verbissen hält man dort am profitablen Geschäft mit der Zerstörung des Klimas fest – eine Obsession, die in der Automobilindustrie mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze gefährdet, je nach Politik der nächsten Bundesregierung auch für Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren gefährlich werden kann, und vor allem den Binnenmarkt stranguliert.

Die Inlandnachfrage wird nämlich durch weitere Verarmung gedrosselt, denn eines ist klar: Von der AfD bis zu den Grünen sind sich alle außer der Linkspartei einig, dass massiv aufgerüstet werden soll, und das Geld dafür wird nicht von den Reichen kommen. Wir sollen zahlen. Erst mit Angriff auf Löhne und Gehälter, mit höheren Abgaben und Steuern, (noch) mieserer Gesundheitsversorgung, (noch) schlechteren Schulen, (noch) teurere Energie, (noch) schlechterem öffentlichen Verkehr; dann mit dem Leben unserer Kinder und Enkel. Denn mit der Rüstung werden auch die internationalen Spannungen weiter angeheizt. Für alle Parteien außer der Linkspartei ist Krieg wieder eine Option in den internationalen Beziehungen, und daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Wehrpflicht wieder auf der Tagesordnung steht. Höchste Zeit, Widerstand zu organisieren, Protest gegen den drohenden Sozialkahlschlag mit solchem gegen die Militarisierung der Gesellschaft zu verbinden. (wop)

Fahrraddemo am 16. März 2025 in Kiel:

Straßen statt Autobahn – A 21 stoppen!

Kleingärten gefährdet, breite Asphaltschneisen durch den Kieler Grüngürtel, noch mehr Lärm und klimaschädlicher Verkehr: Der Ausbau der A21 bis nach Kiel hinein bewegen Menschen und Politik seit vielen Jahren. Die Autobahn soll am Vieburger Gehölz entlang bis zum Barkauer Kreuz führen – mitsamt einer Nebenstraße auf dem Hörn-Eidertal-Wanderweg.

Dabei merken wir jedes Jahr mehr die Folgen der Erderhitzung und wissen längst, dass Autoverkehr eingedämmt gehört. Deshalb protestieren mit einer Fahrrad-Demonstration gegen den Weiterbau der A21.

Wir wollen wir einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, insbesondere der Stadtbahn für Kiel. Mobilität soll für alle erschwinglich und möglichst kostenfrei werden. Das wäre möglich mit der Streichung sämtlicher Subventionen für Dienstwagen, LKW- und PKW-Verkehr und dem Stop des Neubaus von Straßen.

Wir würden so viel gewinnen: Eine ruhigere, lebenswertere Stadt, weniger Unfälle, weniger Verkehrstote, weniger Schadstoffemissionen und damit eine gesündere Umgebung. Zusätzlich könnten wir endlich im Verkehr weniger CO2 ausstoßen.

Wir fahren von Kiel aus bis zum ersten zur Autobahn ausgebauten Teilstück der B404, um die Straße in Beschlag zu nehmen. So wollen wir zeigen, wie eine Verkehrswende gelingen kann, wenn Fahrräder Vorfahrt haben. Die Strecke beträgt hin- und zurück etwa 17 km. Enden werden wir auf dem Theodor-Heuss-Ring.

Kommt mit euren Fahrrädern vorbei!

So., 16.03., 14 Uhr, Platz der Matrosen am Hbf Kiel

Quelle: https://www.klimaguertel-kiel.de/aktuelles/demo-strassen-statt-autobahn-a21-stoppen/

fahrraddemo gegen A21

Wir fahren von Kiel aus bis zum ersten zur Autobahn ausgebauten Teilstück der B404, um die Straße in Beschlag zu nehmen. So wollen wir zeigen, wie eine Verkehrswende gelingen kann, wenn Fahrräder Vorfahrt haben. Die Strecke beträgt hin- und zurück etwa 17 km. Enden werden wir auf dem Theodor-Heuss-Ring.

Kommt mit euren Fahrrädern vorbei!

Fahrraddemonstration gegen den Ausbau der A21 und für saubere Luft in Kiel – Fahrrad fahr’n statt Autobahn!
www.klimaguertel-kiel.de

 

Erfolgreich auch in Kiel:

Bundesweiter Aktionstag der OMAS GEGEN RECHTS

SOS Demokratie hatten die Kieler OMAS GEGEN RECHTS ihre Veranstaltung am 8. Februar 2025 an der Kiellinie betitelt, und passend zum maritimen Ambiente direkt an der Förde hatten die OMAS ein Rettungsboot bereitgestellt, um all die Dinge zu retten, die für die Demokratie wichtig sind:

Klima, Teilhabe, Vielfalt und all die Werte, die rechtsextreme Kräfte zu gern „wegfischen“ würden. Vor dem Eisberg, der das Rettungsboot für die Demokratie bedroht, zu warnen, war das zentrale Anliegen der Kieler OMAS.

Eine beeindruckende Gruppe mit Schildern und Schwimmausrüstung hatte sich um den Infotisch an der Förde versammelt.

Viele Informationen, die von der fleißigen „Bastel-AG“ hergestellten Samentütchen gegen das Braun, Bonbons mit Vitaminen gegen Rechts, Postkarten und Flyer. Für das interessierte und solidarische Publikum gab es allerhand zu entdecken, und so herrschte bei strahlendem Sonnenschein bald ein fröhliches Gewusel um unseren Stand herum.

Die Gesangseinlagen der OMAS wurden mit viel Applaus bedacht und viele machten auch von der Möglichkeit Gebrauch, die unsozialen und menschenfeindlichen Pläne der AfD direkt aus der Büchse der Alice in den bereitgestellten Müllsack zu entsorgen.

Unser Fazit: Ein fröhlicher und ermutigender Nachmittag, der uns und alle unsere Unterstützer*innen in unserer politischen Arbeit bestärkt. Bleibt nur noch zu hoffen, dass sich die positive Resonanz, die wir erfahren durften, am 23. Februar an der Wahlurne bemerkbar macht.

Marion Förster für die
OMAS GEGEN RECHTS Kiel

NETZWERK KIEL ENTWAFFNEN:

Deutscher Kriegskurs – ohne uns!

Demonstration Sa., 22.03.2025, 14 Uhr,
Kiel, Dreiecksplatz/Holtenauer Str.

NKE NetzwerkKielEntwaffnen
Auf Instagram: @NETZWERKKIELENTWAFFNEN

Krieg und Propaganda:

Geschichte wiederholt sich nicht, aber man kann aus ihr lernen

- Der erste Weltkrieg und die Kriegsgefahren in Europa heute -

Das Attentat von Sarajevo am 28.Juli 1914 an dem österreichischen Thronfolger und dessen Frau war bekanntlich der Funke, der ein Pulverfass zur Explosion brachte. In diesem Krieg starben 17 Millionen Soldaten und 7 Millionen Zivilisten.

Konflikte zwischen imperialistischen Staaten *)

Der erste Weltkrieg war die Folge von zahlreichen Spannungen und Kriegen zwischen imperialistischen Staaten. Dabei ging es vor allem um Grenzverschiebungen, Autonomieansprüche, um Rohstoffe und um geostrategischen Einfluss. Der Krieg lag förmlich in der Luft und brauchte nur noch einen Auslöser.

So nutzte Österreich/Ungarn das Attentat als Vorwand, Serbien den Krieg zu erklären und sicherte sich vorher den Beistand des deutschen Kaiserreichs.

Dadurch wurde eine vorhersehbare Eskalationsspirale ausgelöst. Russland erklärte als Bündnispartner Serbiens Österreich/Ungarn den Krieg, woraufhin das Deutsche Reich Russland und Frankreich den Krieg erklärte. Ein deutsches Ultimatum an Belgien, in dem der ungehinderte Durchmarsch deutscher Truppen nach Frankreich gefordert wurde, führte zum Kriegseintritt Englands an der Seite Frankreichs und Russlands. Der U-Boot- Krieg im Nordatlantik löste schließlich 1917 den Kriegseintritt der USA aus. Der Ausgang dieses verheerenden Krieges ist bekannt.

Krieg und Propaganda

Die Voraussetzungen für den Krieg waren Hochrüstungen und Bevölkerungen, die der Kriegsbereitschaft ihrer Länder weitgehend zustimmten und sich mit ihren „Vaterländern“ identifizierten.

Die wirksamen Instrumente für solche Zustimmung sind die Propagierung von Patriotismus und von Feindbildern, die den Gegner entmenschlichen sowie das Schüren von Ängsten vor der Vernichtung durch das „Böse“ (daher: „Jeder Schuss ein Russ“, „jeder Stoß ein Franzos“).

Ähnliche Parolen gab es natürlich auch in den anderen Nationen. Menschen, die dieser Haltung nicht folgten, drohte Gefängnis oder gesellschaftliche Diskriminierung und Ausgrenzung („Vaterlandsverräter“).

Darüber hinaus ist es propagandistisch immer notwendig, die eigene Kriegsführung als gerechtfertigten Verteidigungskrieg zu legitimieren, egal ob es zutrifft oder nicht. Selbst Hitler begründete seinen Überfall auf Polen mit den Worten: „Seit 5.45 Uhr wird zurück geschossen.“

Als aufsteigende Industrie- und Militärmacht strebte das deutsche Kaiserreich nach mehr Weltgeltung. Man wollte quasi mehr vom Kuchen und fühlte sich bei der Aufteilung der Welt benachteiligt.

Die Voraussetzungen für den Krieg schienen durch die Kultur des preußischen Militarismus und die hoch entwickelte Schwer- und Rüstungsindustrie materiell und mental besonders günstig.

So konnte Wilhelm II. kurz vor Kriegsbeginn im Reichstag unwidersprochen verkünden:
„Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“. Er gewährte den Sozialdemokraten in einer generösen Geste „Vergebung“, weil sie inzwischen bereit waren, das Volk zu den Waffen zu rufen und die finanziellen Mittel für diesen Krieg zu bewilligen.
Weiter stellte er fest: „Jedes Schwanken, jedes Zögern wäre ein Verrat am Vaterland.“

Am Abend des 21.Juli 1914 teilte das Kriegsministerium den militärischen Kommandos mit:
„Nach sicherer Mitteilung habe die SPD die feste Absicht, sich so zu verhalten, wie es sich für jeden Deutschen unter den gegenwärtigen Verhältnissen geziemt.“ (vgl. SPIEGEL- GESCHICHTE 5/2013).

Die sozialdemokratische Presse begründete diese Haltung damit, dass es um Verteidigung gehe, weil die russischen Barbarenhorden schon im Anmarsch seien.

Noch am 25.7.1914 (4 Tage vor Kriegsausbruch) rief der Parteivorstand der SPD zu einer Großkundgebung gegen das „kriegsverbrecherische Treiben“ der Regierung auf. Dem Aufruf folgten eine halbe Million Menschen.

10 Tage später stimmte die Reichstagsfraktion am 4. August den Kriegskrediten zu. Die Gewerkschaften riefen bereits am 2. August zur Einstellung aller Lohnkämpfe und zur „patriotischen Zusammenarbeit“ auf. Die Mehrheit der SPD- und Gewerkschaftsfunktionäre wollte nicht mehr als „vaterlandslose Gesellen“ diskriminiert werden. Sie beugte sich der herrschenden Propaganda und wechselte die Seite.

Widerstand gegen Imperialismus und Krieg vor dem 1. Weltkrieg

Dieser Stimmungswandel erleichterte es der Reichsregierung, den Krieg zu beginnen. Bis dahin waren Sozialdemokratie und die Gewerkschaften die einzigen nennenswerten Kräfte, die sich entschieden gegen Imperialismus und Krieg wandten.

Bereits 1912 auf dem internationalen sozialdemokratischen Kongress (II. Internationale) in Basel sah man deutlich die Kriegsgefahr zwischen den imperialistischen Staaten heraufziehen und beschloss, den „Friedenskampf international zu führen und sich jeder nationalistischen Verklärung zu erwehren“. Man war nicht bereit, sich in der Konkurrenz der Herrschenden wechselseitig auf die Schlachtbank treiben zu lassen. Diese Haltung war bis kurz vor Ausbruch des Krieges auch in den internationalen Gewerkschaftsbewegungen vorherrschend.

Doch ähnlich wie in Deutschland brach auch in Frankreich und Österreich/Ungarn kurz vor dem 1. Weltkrieg der Widerstand der organisierten Arbeiterbewegung gegen die Kriegsgefahr zusammen. Die herrschende patriotische Propaganda war übermächtig, und es geschah das, wovor 1912 der sozialdemokratische Kongress in Basel gewarnt hatte. Man ließ sich im Interesse der Herrschenden auf die Schlachtbank führen.

Vom Patriotismus verblendet, zogen Millionen Soldaten in den Krieg. Doch schon wenige Wochen später war in den Schützengräben zwischen Toten, Trümmern und Granaten die Euphorie verflogen.

Und heute?

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie und Menschenrecht. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“ (Egon Bahr vor Gymnasiast*innen 2013)

Nach Ende des “Kalten Krieges“ und der deutschen Wiedervereinigung verschob die NATO ihren militärischen Einflussbereich bis an die Grenzen Russlands.

Das widersprach den Zusagen der USA in den „2+4 Verhandlungen“ zur deutschen Wiedervereinigung und den Sicherheitsinteressen Russlands.

Russische Verhandlungsangebote zu einer neuen Friedensordnung in Europa wurden ignoriert. In einer Gewinner-Euphorie des Westens verkündete der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sogar „das Ende der Geschichte“. Er ging davon aus, dass die Geschichte in der Ausprägung „westlicher Demokratien“ ihre Endgültigkeit erreicht habe. Doch der weitere Verlauf zeigte, dass er sich irrte.
Denn auch danach gab und gibt es Kriege und Systemkonkurrenzen (z.B. in Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Georgien, Ukraine, Jemen, Gaza).

Inzwischen wird die weltweite Vormachtstellung der USA zunehmend durch China infrage gestellt, und große Staaten des globalen Südens (z.B. Indien, Brasilien, Südafrika) entziehen sich immer mehr der postkolonialen „regelbasierten“ Weltordnung des Westens. Es geht wieder um den Erhalt oder um die Neuordnung geostrategischer Einflusssphären, um die „Verteilung des Kuchens“.

In der imperialen Auseinandersetzung spielt in Europa der Krieg in der Ukraine eine zentrale Rolle. Letztlich marschierten russische Truppen in die Ukraine ein, um eine Westbindung der Ukraine mit einem NATO-Beitritt zu verhindern. Umgekehrt setzten die NATO-Staaten vor und in diesem Krieg alles daran, eine Abhängigkeit der Ukraine von Russland abzuwenden.

Die aktuelle Entwicklung, die darauf hinweist, dass sich die USA über einen Waffenstillstandsvertrag aus der Ukraine zurückziehen will, weil Trump dieser Krieg zu teuer und in seinem Sinne als erfolglos erscheint, lässt nicht gerade aufatmen. Denn daraus folgt nach Ansicht der herrschenden Politik in Deutschland und der EU die Notwendigkeit zu einer massiven Aufrüstung, weil „die Europäer im Konflikt mit Russland endlich selbständig werden müssen“ (allgem. EU und NATO-Slogan). Dabei wird dieser Konflikt und die Perspektive eines möglichern künftigen Krieges geradezu als zwangsläufig konstruiert. Wer das hinterfragt, gilt als „Putinversteher“ (vergl. „Vaterlandsverräter“).

Auch wenn Trump in der Ukraine einen Waffenstillstand anstrebt und die Folgen des Krieges den „Europäern“ überlassen will, ist er keine „Friedenstaube“. So erhebt er ungeschminkt und ohne Scheinmoral imperialistische Ansprüche auf Kanada, Grönland und den Panama-Kanal.

Für Gaza sieht er die US-Übernahme und eine ethnische Säuberung vor, um anschließend mit reichen Investoren eine Riviera des Nahen Osten zu bauen. Egal wie realistisch das ist, es wirft ein Schlaglicht auf die politische Gesinnung des Präsidenten der USA, der mit einer einmaligen Machtposition das Land regieren bzw. beherrschen kann.

Dieser Mann ist kein Paradiesvogel, der vom Himmel flog, sondern ein Präsident, der mit einer breiten Mehrheit gewählt wurde, und hinter dem eine gewaltige Wirtschaftslobby u. a. mit den reichsten Männern dieser Welt steht. Bezogen auf Russland wird das gern Oligarchie genannt.

Krieg und Propaganda

Im Verlauf des Ukraine-Krieges hat sich Deutschland nach den USA mit Hilfszahlungen (Waffen und zivile Infrastruktur) von insgesamt 38 Milliarden Euro besonders stark positioniert. Die von Olaf Scholz proklamierte „Zeitenwende“ löste nicht nur eine erhebliche Aufrüstung der Bundeswehr aus, sondern sie wird politisch von der Mehrheit aller Parteien mit einer ständig wachsenden bellizistischen Stimmung untermauert.

Das Land muss wieder „kriegstüchtig“ werden, heißt es, weil spätestens ab 2030, so der Verteidigungsminister Pistorius, wieder einmal der Russe vor der Tür steht. Kaja Kallas, die Außenbeauftragte der EU, verkündete, dass wir uns auf einen Krieg vorbereiten müssen.

In einem Überbietungswettbewerb, der zusätzlich von den USA befeurt wird, fordern CDU/CSU, SPD,GRÜNE und die AfD einen immer höheren Anteil der Rüstung am Sozialprodukt.

Die beliebig von der NATO gesetzten 2 % reichen da nicht mehr aus. Herr Habeck ist inzwischen bei 3,5 % angekommen. Das wären 150 Milliarden oder rund 30 % des jetzigen Bundeshaushalts. Trump fordert sogar 5 % von den Verbündeten. Das käme auch dem US-Rüstungssektor sehr zugute.

Um eine dazu passende Stimmung in der Bevölkerung zu erreichen, greifen die herrschende Politik und die Mainstreammedien auf die klassischen Propagandainstrumente zurück.

Ähnlich wie vor dem ersten Weltkrieg wird ein großes Bedrohungsszenario konstruiert und die Welt in „gut“ und „böse“ aufgeteilt (Wertewesten gegen Despoten nach Wahl). Der Gegner wird völlig entwertet (Dämonisierung von Putin und Russophobie vergl. russische Barbarenhorden).

Dabei wird von einem Bedrohungsszenario ausgegangen, das vor allem auf Mutmaßungen basiert. Es stimmt zwar, dass Russland völkerrechtswidrig in die Ukraine einmarschiert ist und eine Hochrüstung betreibt, um diesen Krieg zu gewinnen. Hunderttausende Tote und die Zerstörung von Städten und wichtiger Infrastruktur in der Ukraine sind katastrophal und nicht zu rechtfertigen. Auch das ist Ausdruck imperialer Politik.

Doch daraus zu schließen, dass Russland nach diesem verlustreichen Krieg auch Staaten der militärisch überlegenen NATO angreifen wird, ist eine absurde propagandistische Konstruktion, für die es keine Belege gibt.

So erweist sich oftmals der Hinweis auf die wachsende Bedrohung durch die hybride Kriegsführung der Russen im wahrsten Sinne des Wortes als ein Schlag ins Wasser.

Die Explosionen von Nord-Stream 1+2 wurden zunächst reflexartig den Russen angekreidet. Nach über 2 Jahren ermittelt die Bundesanwaltschaft immer noch. Inzwischen wird eher davon ausgegangen, dass der Anschlag durch die Ukraine erfolgte.

Auch die angeblichen Zerstörungen von Unterseekabeln in der Ostsee durch Russland sind nicht erwiesen. Nach Berichten der Washington Post gehen selbst mehrere westliche Geheimdienste davon aus, dass es sich dabei um Unfälle gehandelt habe. So gab inzwischen Schweden nach geradezu hysterischen Schlagzeilen in den Mainstreammedien den bulgarischen Tanker Vezhen wieder frei, weil es sich bei der Beschädigung des Unterseekabels nach ausgiebigen Untersuchungen schwedische Behörden nicht um Sabotage gehandelt hat. Diese Nachrichten fielen in den Medien allerdings recht mager aus.

Bei all den Hinweisen auf die Bedrohung der NATO durch Russland ist „mutmaßlich“ die zentrale Vokabel. Natürlich wird Russland verstärkt Geheimdienstaktionen auf NATO-Gebiet durchführen. Das ist bei der Aufrüstung der NATO und der damit verbundenen Kriegsrhetorik nicht erstaunlich. Umgekehrt werden auch die CIA, der MI6 und der BND mit Sicherheit in Russland hoch aktiv sein, doch das ist geheim und business as usual.

Insgesamt führen die Unterstellung, dass Russland ab 2030 einen Krieg gegen NATO-Staaten beginnen könnte und die Annahme einer zunehmenden hybriden Kriegsführung durch mutmaßliche Anschläge dazu, Hochrüstungsprogramme durchzusetzen und eine bellizistische Stimmung in diesem Land zu propagieren, die seit dem „Kalten Krieg“ einmalig ist.

Wir leben also wieder in einer Zeit, in der es einen Krieg in Europa gibt, in der hochgerüstete Imperien um geostrategische Einflusssphären und Grenzverschiebungen kämpfen. Wir leben wieder in einer Zeit, in der Hochrüstung und Drohgebärden eine Situation schaffen können, in der ein Funke reicht, der das Fass zur Explosion bringt.

Eine Politik, die eine militärische Eskalationsspirale vorantreibt und diese Risiken in Kauf nimmt, ist gefährlich und verantwortungslos. Ein Krieg zwischen Russland und der NATO kann nur in einem atomaren Inferno enden. All das ist nicht im Interesse der Bevölkerung Europas.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die folgende Aussage Rosa Luxemburgs gut auf die heutige Zeit übersetzen:

„Wenn uns zugemutet wird, die Mordwaffen gegen unsere französischen oder anderen ausländischen Brüder zu erheben, so erklären wir: Nein, das werden wir nicht tun!“
(Rosa Luxemburg in ihrer Frankfurter Rede 1913).

(Andreas Meyer)

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*) Als imperialistisch werden hier Staaten oder Bündnisse bezeichnet, die durch Kriege, militärische Drohungen oder Sanktionen ihre Interessen und ihren politischen Einfluss auf andere Staaten ausdehnen oder danach streben.

Wir dokumentieren: IMI-Standpunkt 2025/009

Kursverschärfung:

Militarisierung nach der Wahl

Angesichts der Tatsache, dass davon auszugehen ist, dass die nächste Bundesregierung unter einem CDU-Kanzler Friedrich Merz agieren wird, „lohnt“ sich ein kurzer Blick darauf, welche militärpolitischen Vorstellungen in der Union kursieren. Im Wesentlichen deutet dabei alles auf eine Art verschärfte Kontinuität hin: Die zentralen Projekte der Ampel-Regierung dürften in noch militarisierter Form fortgesetzt werden.

CDU-Enquete:
Langfristige Konfrontation

Ende Januar 2025 wurde der Bericht der von CDU/CSU ins Leben gerufenen Enquetekommission „Frieden und Sicherheit in Europa“ veröffentlicht. Russland wolle „die Geschichte zurückdrehen“, heißt es darin: „Putins Vorbild ist offenkundig die Sowjetunion, für die er 14 Jahre lang, von 1975 bis 1989, als KGB-Offizier arbeitete, die vier letzten Jahre in der DDR, in Dresden.“ Doch auch China und der Iran werden mit in eine „Achse der Autokratien“ verortet – bei den zunehmenden Konflikten mit diesen Ländern handele es sich „nicht um eine vorübergehende Krise […], sondern um eine neue, langfristige Konfrontation, die unser außen- und sicherheitspolitisches Handeln prägen wird.“

Vorbereitet 2012 und 2013 im Projekt „Neue Macht – Neue Verantwortung“ und dann vor allem beim Auftritt des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2014, wird seit Jahren gefordert, Deutschland müsse die vermeintliche Kultur der militärischen Zurückhaltung abstreifen und mehr (militärische) Führungsverantwortung übernehmen (siehe IMI-Studie 2015/2).

Die diesbezüglichen Passagen aus dem Bericht der Enquetekommission waren fast identisch schon im Bericht Neue Macht – Neue Verantwortung zu finden. Im Enquetebericht liest sich das folgendermaßen: „Aufgrund seiner Wirtschaftskraft, seiner zentralen geographischen Lage […] hat Deutschland ein Potenzial wie kein anderes europäisches Land, eine Führungsrolle zu übernehmen. Daraus entsteht auch eine Verpflichtung zur Verantwortung“.

Hierfür bedürfe es deutlich mehr Personals: „Das bedeutet nicht nur eine enorme materielle Kraftanstrengung, die keiner Bundesregierung leichtfallen wird, sondern auch die Ausweitung der Personalstärke der Bundeswehr auf bis zu 270.000 Männer und Frauen [von derzeit rund 180.000]. Beides ist im Sinne unserer Bündnisfähigkeit und damit unserer Sicherheit in Europa unausweichlich.“
Und natürlich brauche es für all die Ansprüche mehr Geld: Zwar „befürwortet die Hälfte der Bevölkerung Verteidigungsausgaben in Höhe von 3-3,5% des Bruttosozialprodukts“, also Steigerungen von aktuell rund 52 Mrd. Euro (Einzelplan 14) auf rund 120 Mrd. bis 150 Mrd. Euro, „allerdings nicht, wenn dies auf Kosten der Sozial-, Umwelt- oder Entwicklungsbudgets geht.“ Aufgrund solcher „ambivalenter Einstellungen ist eine ständige politische Kommunikation vonnöten“, um derlei Erhöhungen durchdrücken zu können.

CDU-Wahlprogramm

Etwas vorsichtiger wurde die Frage nach der Höhe der Militärausgaben im CDU-Wahlprogramm „Politikwechsel für Deutschland“ formuliert: „Wir verstehen das aktuelle Zwei-Prozent-Ziel der NATO als Untergrenze unserer Verteidigungsausgaben.“ Da aber dort gleichzeitig gefordert wird, die Bundeswehr müsse eine – kostspielige – „Vollausstattung und materielle Reserven für die Truppe bilden“, ist – in Kombination mit anderen Aussagen führender CDU-Politiker*innen, darunter Merz selbst – mit weiteren deutlichen Ausgabensteigerungen zu rechnen (siehe auch den Beitrag Rüstung statt Rente bei IMI Standpunkte 2025/009).

Personell setzt die CDU in ihrem Wahlprogramm auf einen Aufwuchs der Bundeswehr von aktuell rund 180.00 auf mindestens 203.000 Soldat*innen. Um dies zu erreichen, wird eine „aufwachsende Wehrpflicht“ gefordert: „Wir setzen perspektivisch auf ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, das wir mit der aufwachsenden Wehrpflicht zusammendenken. So werden wir dem Personalbedarf zur Stärkung unserer Verteidigungsfähigkeit gerecht. Aus dem Kreis der Gemusterten sollen diejenigen benötigten Tauglichen kontingentiert und zum Grundwehrdienst einberufen werden, die ihre Bereitschaft zum Wehrdienst signalisiert haben.“

CSU: Masterplan Bundeswehr

Konkreter wurde die CSU, die im wahrscheinlichen Falle eines Wahlsieges der Union auf das Verteidigungsministerium zu schielen scheint. Was die Partei dann so im Auge haben dürfte, lässt sich in einem „Masterplan Bundeswehr“ nachlesen, der Mitte Februar 2025 veröffentlicht wurde.
Hier wird noch klarer der Anspruch formuliert, an der Zeitenwende anzusetzen, dann aber deutlich darüber hinausgehen zu wollen: „Die ‚Zeitenwende‘ wurde bisher nur unzureichend umgesetzt. Es braucht neuen Schwung und neuen Schub. Der notwendige Dreiklang: mehr Geld, mehr Technologie und mehr Effizienz.“
Dies beinhaltet für die CSU u.a.: „Vollausstattung aller Kampfverbände und Aufbau schlagkräftiger Reserve; dafür zusätzlich 300 Kampfpanzer, 500 Schützenpanzer, 2.500 Fahrzeuge.“

Ferner will die CSU eine „Drohnen-Armee mit 100.000 Drohnen“ sowie die „Entwicklung neuer Marschflugkörper mit 2.500 km Reichweite (Deep Precision Strike)“, die mit kurzen Vorwarnzeiten bis tief nach Russland reichen würden. Was die „Finanzierung“ anbelangt, enthält es die Forderung nach einem „Zehn-Jahres-Plan für Aufwuchs auf 3 Prozent des BIP.“

Angepeilt werden „500.000 einsatzbereite Soldaten und Reservisten“ und hierfür auch eine „Wiedereinführung der Wehrpflicht“ – aktuell steht die Bundeswehr bei 230.000 Soldat*innen (180.000 Aktive und 50.000 Reserve).

In der Summe sind die Pläne der CSU ein unverhohlenes Programm zur ungehemmten Aufrüstung, ein Wunschzettel des Militarismus. Wie nebenbei werden Grundrechte zur Disposition gestellt und auch offensive militärische Aktionen ins Feld geführt, geht es um „deutsche Interessen“ und „Wertepartnerschaften“.

Wie auch schon im bayerischen Bundeswehrstützungsgesetz (siehe IMI-Analyse 07/2024) wird ein militärbezogener Bürokratieabbau gefordert, der unter dem Deckmantel der Effizienzsteigerung vor allem die etablierten Kontrollmechanismen bei Rüstungsprojekten und in der Beschaffung abschafft – dass Bayern als größter Rüstungsstandort massiv profitiert, bleibt unerwähnt: Selbstlos.

Vorgeschmack

Einen Vorgeschmack auf das, was CDU und CSU sich in Punkto Sicherheitspolitik vorstellen, mag auch der im Februar 2024 erneut gescheiterte Antrag im Bundestag illustrieren. In den Medien vor allem auf die Frage der Taurus-Waffenlieferung an die Ukraine reduziert, ist der Antrag, der „Für eine echte [!] Zeitenwende in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik“ wirbt, ein nahezu entgrenzter Katalog von 28 Punkten, lediglich einer davon bezieht sich auf die Ukraine und die zu liefernden Waffen.

Der erste Punkt schreibt das Feindbild fest und fordert, dass dieses auch in den Köpfen der Deutschen fest verankert wird: Russland – und vielleicht jeder andere (diffuse) „systemische Rivale“, der unseren Wohlstand herausfordert. Das implizite Feindbild China und der Anspruch zur Gestaltung Afrikas und natürlich des Balkanraumes sind hier ergänzt und nach dem Willen der Fraktionen auch militärisch zu denken.

Zur Absicherung der militärischen Kapazitäten sind nicht nur alle Mittel der Industrieförderung aktiv zu benutzen, sondern auch mögliche Störfaktoren zu eliminieren (z.B. Zivilklauseln, die angeblich eine militärische Forschung an den Hochschulen unterbinden). Entscheidend an dem Antrag sind neben den Aufrüstungsfantasien vor allem auch – wie der Verweis auf die Zivilklauseln auch deutlich macht – die Eingriffe in die Gesellschaft selbst, die zu ihrem eigenen Schutz mit Überwachung überzogen wird und aufgefordert wird, sich aktiv auf einen kommenden Krieg einzustellen. Darüber wird auch die Stärkung der nachrichtendienstlichen Kapazitäten und Befugnissen gerechtfertigt.

Fast jeder der hier nur beispielhaft angerissenen Punkte verdient mehr Aufmerksamkeit und in der Summe zeigen sie: Hier werden die europäischen oder deutschen „Werte“ nicht verteidigt, sie werden ad absurdum „geschützt“.

Trübe Aussichten

Ob sich die CSU nach der Wahl tatsächlich des Verteidigungsministeriums wird bemächtigen können, ist zwar fraglich, die recht konkreten Vorschläge ihres Masterplans dürften aber einen Einblick geben, was insgesamt in den Köpfen der Unions­-Verteidigungspolitiker*innen herumgeistert – und das verheißt leider nichts Gutes!

von: Andreas Seifert und Jürgen Wagner | Veröffentlicht am: 18. Februar 2025

Quelle: https://www.imi-online.de/2025/02/18/kursverschaerfung-militarisierung-nach-der-wahl/

Kieler Institut für Weltwirtschaft:

Europa braucht Kriegswirtschaft und Milliarden-Aufrüstung

Sollten sich die USA zurückziehen, müssten die Europäer die Verteidigung selbst in die Hand nehmen. Dafür bräuchte es laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft 300.000 weitere Soldaten und 250 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr.
In dem Bericht des Brüsseler Forschungsinstituts Bruegel und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gehen die Autoren davon aus, dass die europäischen Staaten etwa 50 zusätzliche Brigaden mit insgesamt 300.000 Soldaten aufstellen müssten. Hierfür seien mindestens 1.400 neue Kampfpanzer und 2.000 Schützenpanzer erforderlich, was die derzeitigen Bestände der gesamten deutschen, französischen, italienischen und britischen Landstreitkräfte übersteige. Und jährlich ca. 2.000 Langstreckendrohnen produzieren.

Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa-verteidigung-ukraine-studie-100.html

Schön-Klinik Rendsburg:

Abfindungen für die gekündigten Beschäftigten

Die von der Landesregierung und vom Kreis Rendsburg-Eckernförde unterfinanzierte und dadurch insolvente kommunale Imland-Klinik an den Standorten Rendsburg und Eckernförde wurde im Sommer 2023 privatisiert und von der Schön-Klinik-Gruppe übernommen. Wir berichteten in der LinX.

Die Schön-Klinik-Gruppe hatte versprochen, auch den Standort Eckernförde zu erhalten.
Am 21. November 2024 platzte die Firmenleitung damit heraus, dass sie 250 MitarbeiterInnen entlassen will. Gekündigt werden sollen die Beschäftigten in nicht-medizinischen Bereichen, wie Bau, Technik, Buchhaltung, Catering, Reinigung, Einkauf, Personal und Transport. Es soll in eine eigene Holding der Schön-Gruppe outgesourced werden um Kosten zu sparen.

Vor Weihnachten hatte die Firmenleitung damit gedroht, wer jetzt krankspielt, kommt vors Arbeitsgericht. Die Gewerkschaft ver.di hatte sich darüber empört: „... Dann das Ganze mit Securitypersonal an der Seite kurz vor Weihnachten zu verkünden, kommt einer Riesensauerei gleich und zeigt welche Geisteshaltung bei SCHÖN herrscht“.

Der Wirtschaftsförderungsverband des Kreises RD-ECK wollte sich dann hilfreich zeigen und hat versucht möglichst vielen KollegInnen in anderen Bereichen unterzubringen, also eine Jobbörse einzurichten. Aber bei den Stellenangeboten meldete sich nur eine geringe Zahl, die meisten wollten in der Klinik bleiben. Am 24. Februar 2025 wollte SCHÖN die Kündigungen aussprechen. In harten Verhandlungen hat nun der Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan ausgehandelt, um die Betriebsteilschließung für die betroffenen Beschäftigten abzumildern.

Die Schön-Klinik muss jetzt 4,99 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Abfindungen zu finanzieren. Die Abfindungen bemessen sich nach dem Bruttomonatseinkommen und der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Nach 30 Jahren kommt schon mal eine Abfindungssumme von über 29.000 Euro heraus, wenn die Beschäftigten dafür auf eine Kündigungsschutzklage verzichten.

Für einen Teil der Beschäftigten bietet die Schön-Klinik eine Ausbildung zum Krankenpflegehelfer oder zur Pflegefachfrau an, wobei die Schön-Klinik dann ein Jahr lang das alte Gehalt weiterzahlt. Ab März ist mit den Kündigungen zu rechnen. Die Gewerkschaft ver.di will dann die Betroffenen Kolleginnen und Kollegen beraten. Eine unschöne Geschichte ist das mit der Privatisierung.
(uws)

Newsletter 03-2025:

transform:changethesystem

Zitat des Monats

„Wenn Menschen als ‚unerwünschte Ausländer‘
bezeichnet werden oder als ‚Parasiten‘,
muss ich Alarm schlagen.
Denn eine enthumanisierte Sprache ist das erste Indiz
für eine enthumanisierte Gesellschaft.“ (Amos Oz)

Rückblende

„Auch die Gleichgültigen sind eine Gefahr“
(Gerhart Baum)
https://ogy.de/66br

Antifaschismus

Neue Richtervereinigung.
Missbrauch der Sperrminorität:
AfD blockiert Richterwahlausschuss in Thüringen
https://ogy.de/iuhq

Netzpolitik:
Wir veröffentlichen das 1.000-seitige
Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD
https://ogy.de/k262

Die Rechtstreiber der CDU
Einige Wirtschaftslobbyisten und Denkfabriken untergraben aktiv die Brandmauer.
https://ogy.de/vaep

Eltern machen Front gegen Lehrkräfte, die sich für die Demokratie einsetzen
https://ogy.de/q1ay

Claus Leggewie.
Ist Antifaschismus noch mehr als ein Schlagwort?
https://ogy.de/fxsc

Demokratie / Grundrechte

Einwanderung in Deutschland gilt als konfliktreich
https://ogy.de/dcnn

10-Punkte-Plan: Hardliner Habeck im Law-and-Order-Strudel
https://ogy.de/w3ep

Unabhängige und unparteiische Justiz unter Druck
des autoritären Populismus
https://ogy.de/n08s

Gewerkschaften / Transformation

Immer weniger Betriebsräte in Deutschland
https://ogy.de/61jo

Herausforderungen für Gewerkschaften
https://ogy.de/hvpj

Zeitenwende für Gewerkschaften
https://ogy.de/nfb8

Links

Trumps Triumph
https://ogy.de/rj1x

US-Forschung
„Wir arbeiten plötzlich in einem Zustand der Bedrohung“
https://ogy.de/755g

Lesenswertes

Das Deutsche Demokratische Reich
Wie die extreme Rechte Geschichte und Demokratie zerstört
https://ogy.de/8rk6

Gebildet, aber leichtgläubig?
Wer auf Fehlinformationen hereinfällt und warum
https://ogy.de/eudj

Jakob Springfeld
Der Westen hat keine Ahnung, was im Osten passiert
https://ogy.de/kwf0

Vorschau

Kapitalstrategien nach dem Scheitern der Ampel
Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Nr. 141 (März 2025)
https://ogy.de/fklb

Mit Merz droht eine radikale Deregulierungsagenda
https://ogy.de/rik0

(Abruf aller Links: 21.02.2025)
Mit solidarischen Grüßen, Roland
(ver.di Mitglied, Kiel)

TERMINE

• So., 16.03.2025, 14 Uhr, Platz der Matrosen, Kiel Hbf

Fahrraddemonstration gegen den Ausbau der A21 und für saubere Luft in Kiel – Fahrrad fahr’n statt Autobahn!
www.klimaguertel-kiel.de

• Sa., 22.03.2025, 14 Uhr, Dreiecksplatz/Holtenauer Str., Kiel

Demonstration: Deutscher Kriegskurs – ohne uns!
NETZWERK KIEL ENTWAFFNEN

• Di., 25.03.2025, 19 Uhr, Die Pumpe, Haßstr. 22, Kiel

Unsere Politik & Autonomie
Können wir gemeinsam regionale Lebensmittelproduktion gestalten?
Mit Klaus Strüber, Landwirtschaftl. Projektberater. Veranstalter: Solidarische Landwirtschaft Schinkeler Höfe und Wurzelhof
www.schinkeler-hoefe.de

• Sa. 19.04.2025, 12 Uhr, Vinetaplatz, Kiel-Gaarden

Kieler Ostermarsch
Kieler Friedensforum gegen Mittelstreckenraketen, Kriegsgefahr und Wehrpflicht
www.kieler-friedensforum.de