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- Created on 03. November 2025

Sozialistische Zeitung für Kiel
Ausgabe vom 01. November 2025

Gegen den Verkauf des MFG-5-Geländes an die Bundeswehr demonstrierten am 18.10.2025 über 200 Menschen und forderten stattdessen den Bau des Stadtteils Holtenau Ost mit bezahlbarem Wohnraum und sozialem Lebensraum.
Inhalt LinX November 2025, Druckausgabe als PDF
• Nach den Friedensdemos in Berlin und Stuttgart: Friedensaktivisten warnen vor Eskalation mit Russland
• Diskussion: Ein Kommentar zur (Sozial-)Staatsdiskussion
• 11-2025: transform:changethesystem „Dass es so weitergeht, ist die Katastrophe.“
Die LinX auf TELEGRAM, Kanal LinX-Kiel: https://t.me/linxkiel
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- Created on 03. November 2025
Demo in Kiel – Kein Verkauf des MFG 5-Geländes an die Bundeswehr!
Kundgebung und Ratsversammlung am 20.11.2025 15.30 Uhr
Über 200 Menschen beteiligten sich an der Demonstration am 18.10.2025 in Kiel gegen den Verkauf des MFG-5-Geländes an die Bundeswehr (ehemaliges Marinefliegergeschwader = MFG). Sie fordern stattdessen mehr Wohnraum in Kiel und eine offene, soziale und lebendige Stadt. „Kieler die kämpfen, sind Kieler die leben – Holtenau Ost nicht der Bundeswehr geben!“ wurde laut gerufen. Eigentlich wollte die Stadt auf dem Gelände einen neuen attraktiven Stadtteil zwischen Holtenau und Friedrichsort direkt am Wasser der Kieler Förde bauen.

Zur Demonstration hatte das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum aufgerufen und viele Organisationen waren dabei. Unter anderem auch die Skater-Gruppe „Laceskate“, die auf dem Gelände eine überdachte Scater-Anlage für ihr Freizeitprojekt nutzt. Von „Lacescate“ ging auch die Initiative für eine Petition aus, um den Verkauf an die Bundeswehr zu stoppen, die auch online unterschrieben werden kann. (https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-mehr-wohnraum-in-kiel-kein-verkauf-des-mfg-5-gelaendes-an-die-bundeswehr)
Auch dabei war das Wohnprojekt „Wagengruppe Schlagloch“, die immer wieder in Kiel von ihren Standorten vertrieben wurde und hier jetzt eigentlich eine längere Aufenthaltsgarantie bekommen sollte. Aber gleich nach dem Bekanntwerden der Bundeswehrpläne haben sie eine Kündigung erhalten.
Nicht nur für die Scater, auch für die Bewohner der zahlreichen Flüchtlingswohnungen auf dem Gelände, wie auch für alle Menschen der umliegenden Stadtteile ist es ein besonderer Ort zur Erholung voller Vielfalt geworden. Sie genießen den Zugang zum Wasser und den schönen Ausblick auf die Kieler Förde. Das MFG-5-Gelände ist ein begehrtes Ausflugsziel für die Kieler Bevölkerung geworden und alle freuen sich über die direkte Verbindung zwischen den Stadtteilen Holtenau und Friedrichsort.
Die Kieler Ratsversammlung will am 20. November 2025 über den Verkauf an die Bundeswehr beraten und abstimmen. Die Unterschriften der Petition (bisher ca. 2.100) sollen der Ratsversammlung übergeben werden und es ist um 15.30 Uhr eine Kundgebung am Rathausplatz Kiel (beim Standesamt) geplant.
Bis auf die Partei DIE LINKE/die PARTEI und die BASIS sind alle Parteien im Kieler Rat ziemlich ratlos und werden möglicherweise dem Verkauf an die Bundeswehr zustimmen. Es wird immer wieder behauptet, die Bundeswehr könne durch Enteignung das Gelände zurückholen, weil es angeblich für die Verteidigung nötig sei. Tatsächlich ist es aber eine Frage des politischen gemeinsamen Willens, ob sich die Bundeswehr damit durchsetzt.
Es ist also wichtig, dass möglichst viele Menschen die Petition bis zum 20.11. unterschreiben und das Anliegen unterstützen. Hier gibt es auch ein Gemeinwohlinteresse der Kieler Bevölkerung für ein soziales Stadtviertel.
Für die Demonstranten war es ein doppeltes Anliegen. Für viele war es wichtig, für bezahlbaren und sozialen Wohnraum einzutreten. Andere richteten sich gegen die zunehmende Militarisierung und Aufrüstung gerade auch in der Stadt Kiel, die im letzten Krieg zu 80% zerstört wurde.
„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns den Wohnraum klaut!“ und „Scaten, Wohnen, Jugendtreff – MFG 5 für uns zu Recht!“ aber auch „Noch mehr Rüstung, noch mehr Waffen, werden keinen Frieden schaffen!“ wurde lautstark gerufen. Das Bündnis trifft sich regelmäßig im Infoladen Hansastr. 48.
Es bleibt zu hoffen, dass der Protest erfolgreich ist, denn es steht das Projekt eines neuen Stadtteils „Holtenau Ost“ mit mind. 2250 geplanten Wohnungen und 50% Sozialwohnungsanteil, Gewerbebetrieben und Freizeit am Wasser auf dem Spiel. Viel Geld wurde bereits in die Planungen seitens der Stadtverwaltung investiert. Eine starke Bürgerbeteiligung mit vielen Anregungen fand statt. Eine Stadtteil-Anbindung mit einer Straße über das Flughafengelände bis zur B 503 mit einer Brücke und einer Verbindungsstraße nach Altenholz ist bereits in Planung. Auch die geplante Stadtbahn soll direkt durch den neuen Stadtteil Holtenau Ost bis nach Friedrichsort führen. Viel zu lange wurde die Umsetzung des Projekts verzögert.
Man kann nur hoffen, dass die Kieler Politiker zum richtigen Leben zurückfinden und Kiel zu einer sozialen Stadt umbauen. Auf der Demo wurde gerufen: „Wir haben eure Lügen satt – Her mit der sozialen Stadt“. (uws)


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- Created on 03. November 2025
Kommentar
... verlassen das sinkende Schiff
Es steht kein guter Stern am Himmel für die Zukunft der Stadt Kiel. Die Verschuldung der Stadt hat so stark zugenommen, dass sie jetzt Kürzungsmaßnahmen im Sozialen beschlossen hat. Das Haushaltsdefizit kann 2025 bis zu 220 Mio. Euro erreichen. Bund und Land übertragen immer mehr Aufgaben für die es keinen Finanzausgleich gibt. Immer mehr steigende Kosten aber immer weniger Einnahmen. Ursache ist die finanzielle Aushungerung der Kommunen durch die Bundesregierung. Die tatsächliche Höhe der Gesamt-Verschuldung bekommt man erst wenn man Investitionskredite, Kassenkredite, Ausgaben für Eigenbetriebe, Gesellschaften und kreditähnliche Rechtsgeschäfte zusammenrechnet. Diese lag schon im Haushaltsjahr 2022 bei 1.482 Mio. Euro und steigt möglicherweise auf 1.835 Mio. Euro bis zum Jahresende 2025.
Eigentlich gäbe es viel zu tun in Kiel: Mehr Geld für die Schulen und Kitas, für den sozialen Wohnungsbau, für eine menschen- und umweltfreundliche Entwicklung im geplanten Stadtteil Holtenau Ost, dabei ausreichender sozialer Wohnungsbau und kommunale Wohnungen mit bezahlbaren Mieten. Die Rekommunalisierung der Stadtwerke mit eigener regenerativer Energieerzeugung, gepflegte Wasser-, Strom und Gasnetze in kommunaler Hand. Klimaanpassungsmaßnahmen und Entwicklung der Mobilität hin zum kostenfreien Öffentlichen Nahverkehr mit dem Bau der Stadtbahn ohne ÖPP.
Der richtige Zeitpunkt, das sinkende Schiff zu verlassen? Bürgermeister Ulf Kämpfer, auch gleichzeitig Wirtschaftsdezernent widmet sich Größerem und will als Ministerpräsident zu den nächsten Landtagswahlen kandidieren. Bürgermeisterin Renate Treutel von den Grünen geht in Rente und gibt ihr Magistrat für Bildung auf. Ordnungsdezernent und Stadtkämmerer Christian Zierau, zuständig für Personal und Haushalt hat gekündigt und ist als Bürgermeister im Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel gewählt. Und jetzt häufen sich die Probleme: Nur wenige Großbetriebe zahlen Gewerbesteuer, denn ihr Hauptsitz liegt wie z.B. bei Rüstungsbetrieben meistens nicht in Kiel. Wenn die Bundeswehr das MFG 5 Gelände zurückkauft fehlt Gelände für Wohnungsbau und Gewerbe. Und was wird aus der Stadtbahn? Und wohin entwickelt sich die Klimabilanz bei immer mehr Militär und Rüstungsbetrieben? Die Politiker haben kein Arsch in der Hose wenn es um eine bessere Finanzausstattung für die Kommunen geht. Das haben die Privatisierungen von Stadtwerken, Wohnungsbau und Abfallentsorgung gezeigt. Wir dürfen gespannt sein, was dem neuen Bürgermeister so einfällt. (uws)
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- Created on 03. November 2025
Stoppt den Kürzungswahn – für ein solidarisches Kiel!
Erfolgreiche Demonstration gegen den Kürzungshaushalt
Gegen den Kieler Kürzungshaushalt für 2026 gingen am 11. Oktober 2025 300 Menschen lautstark auf die Straße. Zur Kundgebung und Demo aufgerufen hatte das Bündnis „Stoppt den Kürzungswahn“. Der Kieler Haushalt für 2026 wurde als Kürzungshaushalt geplant und in der Ratsversammlung am 16. Oktober 2025 mit der Ratsmehrheit von Grünen und SPD verabschiedet.
Das Essen in den Schulen und Kitas soll teurer werden, Migrationsberatungsstellen erhalten weniger Zuschüsse, bei der Stadtverwaltung werden Stellen abgebaut, Schulungen für Lehrkräfte werden gestrichen, die Einzelfahrkarten im Bus werden noch teurer, der Verhütungsmittelfonds soll komplett gestrichen werden, Projektmittel für Menschen mit Behinderungen werden halbiert, das Sommerferienprogramm für Kinder in Gaarden soll zusammengestrichen werden und auch Kunst und Kultur werden unter dem Kürzungswahn leiden. (gst)
Rede zum Haushaltsplan 2026 von Björn Thoroe/DIE LINKE/Die PARTEI
Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, liebe demokratischen Ratsmitglieder, der Haushalt, der heute vorliegt, ist ein sozial ungerechter Kürzungshaushalt. Die Einzelfahrkarten im Bus werden teurer, Kulturförderung für den Stadtteil Gaarden wird gekürzt, das Essen in den Kitas und Schulen wird noch teurer werden, bei Kita- Mitarbeiter*innen wird gespart und es wird Personal in der Stadtverwaltung abgebaut. Was heißt das alles real? Leute, die sich ohnehin schon kein Monatsticket leisten können, müssen noch mehr für den Bus bezahlen. Weil auch noch die kostenlose halbe Stunde für die Sprottenflotte wegfällt, müssen sie auch lange Wege zu Fuß zurücklegen oder sind gar nicht mehr mobil.
Auch für die Leute, die in Gaarden zu prekären Konditionen kulturell arbeiten, wird die Zukunft schwieriger werden. Einige kulturelle Projekte, die in der Vergangenheit Menschen in Gaarden zusammengeführt haben, wird es in Zukunft schlicht nicht mehr geben. Der vorliegende Kürzungshaushalt belastet Familien mit Kindern in Kita oder Schule. Das Mittagessen auf einen Schlag um über ein Drittel teurer zu machen, ist ein Skandal. Kiel muss eine Stadt sein, in der Kinder kein verstecktes Armutsrisiko darstellen!
Im vorliegenden Haushalt verstecken sich auch noch einige andere Gemeinheiten. Die Hilfskräfte in den Kitas werden von der Gehaltsstufe S3 auf die Gehaltsstufe S2 runtergestuft. Damit verlieren diejenigen, die ohnehin schon am wenigsten verdienen je nach Erfahrungsstufe 200 bis 400 Euro ihres monatlichen Bruttogehalts. Das ist soziale Ungerechtigkeit pur! So darf nicht mit den Menschen in den Kitas umgegangen werden. Im gleichen Zuge kürzt die Stadt auch noch Extrastunden für Kitas in Mettenhof und Gaarden zusammen. Wir haben nun kurzfristig noch einen Antrag gestellt, um die Kürzungen der Kitastunden in diesen Stadtteilen, die unsere besondere Unterstützung brauchen, rückgängig zu machen!
Wenn man mit den Menschen in unserer Stadt redet, hat man auch (nicht?) das Gefühl, dass in der Stadtverwaltung zu wenig Personal sitzt. Die Wartezeiten für einen Termin bei den sozialen Hilfen betragen Monate, das Sportamt ist schwer zu erreichen für die Sportvereine und über die Unterbesetzung in der Ausländerbehörde haben wir hier schon oft gesprochen und im Jugendamt arbeiten die Mitarbeiter*innen an der absoluten Überlastungsgrenze. Nun auch noch Personal abzubauen ist absolut der falsche Weg! Nichts wird besser werden, mit weniger Personal bei der Stadt. Im Gegenteil! Wir konnten auch einige Kürzungen verhindern. Die kleineren Vereine und Institutionen, bei denen pauschal gekürzt werden sollte, haben sich gewehrt. Und die geplanten Kürzungen wurden nicht in den Haushalt eingestellt. Wie man hört, soll nun auch auf den letzten Metern noch das Sommerferienprogramm in Gaarden gerettet werden. Das zeigt: Frühzeitig aufpassen lohnt sich und kämpfen lohnt sich. Ich bedanke mich bei allen, die sich in den letzten Wochen gegen diesen sozial ungerechten Kürzungshaushalt engagiert haben!
In diesem Haushalt fehlt auch etwas ganz Entscheidendes. Nämlich eine Idee dazu, wie wir aus der Wohnungskrise kommen.
Wie bitte schön soll es mit diesem Haushalt mehr bezahlbaren Wohnraum geben? Wie soll die Kieler Wohnungsgesellschaft gestärkt werden, wenn in den Haushalt nur eine Million Euro für die Kiwog eingestellt wird? Drei Millionen Euro weniger als geplant? Das kann doch nicht wahr sein! Wir von der Fraktion Die Linke / Die Partei wollen das ändern. Wir wollen die Kieler Wohnungsgesellschaft fit machen, um 600 Wohnungen pro Jahr zu bauen oder zu kaufen. Wer unserem Antrag zur Stärkung der Kieler Wohnungsgesellschaft nicht zustimmt, sollte in Zukunft von der Stärkung der Kiwog lieber schweigen. Denn dafür braucht es Geld und politische Rückendeckung. Beides will die Mehrheit der Ratsversammlung der KiWOG nicht geben. Das ist extrem bitter für die Menschen in unserer Stadt, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.
Wir haben auch Gegenfinanzierungsvorschläge vorgelegt. Zuvorderst ist da die Kreuzfahrtabgabe.
Alle Leute, die aus Kiel eine Kreuzfahrt machen, sollen einen Zehner in die Stadtkasse zahlen. Über 10 Millionen Euro würden so zusammenkommen. Wenn schon die Kreuzfahrtschiffe die Luft verpesten und die Passagiere die Züge verstopfen, sollte zumindest ein wenig Geld bei den Leuten in Kiel ankommen. Über eine Sache freue ich mich in diesem Haushalt. Die Einführung der Bettensteuer kommt! Unser jahrelanges Engagement hat sich gelohnt und ich freue mich darüber, dass zumindest dies in Zukunft den Kieler*innen zugutekommen wird. In der Gänze lehnen wir von der Fraktion die linke/die Partei diesen sozial ungerechten Kürzungshaushalt allerdings ab!
Rathaus Fleethörn 9 – 13, 24103 Kiel, Tel.: 0431 – 901 2542, e-mail: dielinke-diepartei@kiel.de, web: www.die-linke-die-partei.de – Kiel, 16.10.2025

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- Created on 03. November 2025
Novemberrevolution 1918 in Kiel:
Zur Erinnerung an die mutigen Arbeiter*innen und Soldaten!
Einladung zum Gedenken auf dem Friedhof Eichhof in Kiel am So., 9.11.2025 um 10.30 Uhr

So wie auf dem Bild werden wir es sicher am 9. November 2025 nicht hinbekommen -– aber ein Versuch ist es wert. Die Zeiten müssen wieder „gewendet“ werden:
„Kriegstüchtig“ ? Da machen wir nicht mit !
Nutzt jede Gelegenheit aus der Geschichte zu lernen – die arbeitenden Menschen, die Soldaten und inzwischen auch Soldatinnen zahlen immer zweimal:
• in Form von Einsparungen bei Sozialleistungen und Daseinsvorsorge
• und im Krieg mit dem Leben
Deshalb freuen wir uns auf zahlreiche Beteiligung mit euren Beiträgen (Reden, Lieder, Gedichte), Transparenten und Fahnen am 9.11.2025 auf dem Friedhof Eichhof. Wir treffen uns um 10.30 Uhr am Haupteingang Friedhof Eichhof, Eichhofstraße.
Für diejenigen, die lieber einen kürzeren Weg nutzen möchten: Vom Eingang Kronshagen, Kopperpahler Allee, sind es nur ein paar Schritte zur Ruhestätte der Opfer der Revolution. gleich hinter dem Friedhofseingang ist eine Tafel, auf der das Gräberfeld eingezeichnet ist. Ansonsten wendet ihr euch nach ca. 30 m am großen Stein nach links und geht am Rand des Friedhofs auf dem Weg, bis rechts der Hinweis auf die Gedenkstätte kommt. Wir sehen uns!
Eva Börnig (ehem. AK Novemberrevolution – DKP Kiel)
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- Created on 03. November 2025
„...gerade Dich, Arbeiter, wollen wir.“
Ausstellung im Kieler Gewerkschaftshaus zum Thema Nationalsozialismus und freie Gewerkschaften im Mai 1933
FINISSAGE
Gewerkschaftshaus Kiel, Legienstraße 22, 24103 Kiel
am 6. November, 18.00 Uhr
Das Unbegreifliche begreifbar und anschaulich zu machen, dem Unglaublichen Wahrheit zu geben.
Dieser Anspruch zieht sich durch diese Ausstellung mit der Fragestellung: Wie war es möglich, dass die in der Weimarer Republik starken Gewerkschaften binnen weniger Monaten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 2. Mai 1933 vollständig zerschlagen werden konnten?
Neben der Vorgeschichte werden auf den 25 Ausstellern vier Erklärungsansätze dargestellt, die als Diskussionsgrundlage einen Zugang zum Thema bieten sollen.
06. November - 18.00 Uhr
Feierliche Abschluss mit Vortrag von Eckhard Colmorgen
(vom Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein (AKENS e.V.)
Freier Zugang zur Ausstellung
Mo - Do.: 9.00 Uhr - 18.00 Uhr
Fr.: 9.00 Uhr - 12.00 Uhr

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- Created on 02. November 2025
Arbeitskreis Frieden - ver.di Kiel/Plön – Kommentar:
Wir wollen für den Frieden arbeiten!
Auf der Veranstaltung am 19.9.2025 mit dem Titel „Wir wollen für den Frieden arbeiten!“ am sprach Norbert Heckl, stellvertretender Vorsitzender des Bezirks Stuttgart von ver.di im gut besuchten Emma Sorgenfrei-Forum zum Thema Gewerkschaft und Frieden.
(Weitere Infos siehe: https://friedensvernetzung-suedwest.de/2025/06/)
Ein Zitat aus einem der Blätter, das einer Aussage des DGB von 2019 entnommen wurde:
„Demokratie, Frieden und Freiheit sind keine Selbstverständlichkeit, sondern müssen entschlossen verteidigt werden. Das weiß niemand besser als wir Gewerkschaften. Deshalb waren wir von Anfang an zentraler Teil der Friedensbewegung und haben zu ihren Erfolgen beigetragen. Wir wissen aber auch: Unser Kampf gegen Faschismus, nationalistische Kriegstreiberei und besinnungsloses Wettrüsten ist längst nicht vorbei. Im Gegenteil: Wir leben heute in einer Welt, in der unser gewerkschaftlicher Einsatz für eine starke Friedensbewegung besonders gefordert ist.“
Nun, dem DGB ist es zum diesjährigen Antikriegstag nicht gelungen, einen Aufruf zur Unterstützung der Friedensbewegung zu erstellen. Das zeigt wohl das Wegducken vor der letzen, wie auch der derzeitigen Regierung, was zu fatalen Folgen führen kann. Ein offensichtliches Hinterherlaufen hinter der Regierung löst Unmut bei den Arbeitenden aus und trägt zur Erstarkung der AFD bei. (Nach neuesten Umfragen im „Deutschland-Trend“ liegt die AFD vor der CDU).
Dabei wäre es wichtiger denn je, sich gerade in der heutigen Zeit einen unabhängigen Kopf zu machen. Uns kann das nicht kalt lassen. Wir müssen uns eine fundierte Position zur Friedensfrage erneut erarbeiten (s.o./Berliner Appell...) und dafür sorgen, dass Positionen dazu, die sich unsere Gewerkschaften seit dem zweiten Weltkrieg erarbeitet hatten, nicht schon wieder mit einem Federstrich über den Haufen geworfen werden. Man bedenke auch im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, dass nicht dieser den „Sündenfall“ in Europa auslöste, sondern der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA und Deutschlands gegen Serbien. Das wird allzu oft unter den Teppich gekehrt. Die Stellungnahmen der Bundesregierung zum nun UNO-amtlichen Genozid in Gaza sind ein weiteres Beispiel für die Politik einer Regierung, der die Interessen der Rüstungsindustrie wichtiger sind, als die humanitäre Lage in Gaza. Die Staatsräson mag für den Holocaust gelten, ist jedoch ein Feigenblatt bezüglich einer in Teilen faschistischen Regierung in Israel.
Die Bundesregierung nutzt nun den Krieg in der Ukraine dazu, die Bundeswehr in einem nie gekannten Maß aufzurüsten und zugleich bei der sozialen Daseinsvorsorge zu kürzen. Auf Rentnerinnen und Rentner bezogen arbeitet das Finanzministerium bereits an einer „Aktienrente“ (ähnlich wie die Riester-Rente, nur eben nicht auf privater Versicherung beruhend, sondern auf Basis von Aktien). Weiter ist im Gespräch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters, ein „soziales Jahr“ für Rentner, eine Streichung/Kürzung der Mütterrente und vieles mehr. Wenn Friedrich Merz behauptet, dass WIR uns den Sozialstaat so nicht mehr leisten können, dann meint er damit nicht sich und seinesgleichen, sondern zielt direkt auf die Ärmsten der Gesellschaft ab.
Liebe Kolleg*innen, Ich werde aus den o.g. Gründen meine IGM-Fahne nehmen und zur Friedensdemo am 3.10. nach Berlin fahren. Ich bin überzeugt, dort eine gegenüber den bisherigen Demonstrationen wachsende Zahl von Gewerkschaftsfahnen zu sehen. Allen, die nicht hinfahren wollen oder können, wünsche ich einen friedlichen Tag der Deutschen Einheit.
(Rainer J.)
Der Arbeitskreis Frieden bei ver.di Kiel-Plön trifft sich monatlich jeweils am ersten Mittwoch im Gewerkschaftshaus in Kiel um 18 Uhr.
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- Created on 02. November 2025
Nach den Friedensdemos in Berlin und Stuttgart:
Friedensaktivisten warnen vor Eskalation mit Russland
Die Friedensbewegung setzt ein deutliches Zeichen gegen die zunehmende Kriegsgefahr und Militarisierung der Gesellschaft. Vereint gegen Völkermord, soziale Verrohung und Sozialabbau und für das Ende von Kriegen und Hass.
20.000 Menschen in Berlin und 15.000 in Stuttgart haben am 3. Oktober 2025 ihr Bekenntnis für Frieden und Diplomatie, gegen Krieg und Hochrüstung auf die Straße getragen.
Der Vorbereitungskreis „Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden“ vereinte erfolgreich eine gewachsene soziale und politische Opposition gegen die Hochrüstungspläne und die Verschuldungspolitik der Bundesregierung.
Eine Widerstandsbewegung, die sich gegen den sozialen Kahlschlag wehrt, der mit der hochgefährlichen Aufrüstung der Bundesregierung einhergeht, weil das Geld für marode Schulen, den Öffentlichen Nahverkehr, das Gesundheitswesen, die Kultur sowie Klimaschutz und globale Entwicklung gebraucht wird.
Die Rednerinnen und Redner stellten sich entschieden gegen die Aufrüstungspläne der Bundesregierung, verurteilten die Mitschuld Deutschlands am israelischen Völkermord in Gaza, sprachen sich gegen die Wehrpflicht aus, lehnten die erwartete Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ab und forderten Diplomatie statt Waffenlieferungen. Und sie äußerten ihre Befürchtung, dass der Druck des Schuldenmachens dieses Land zwangsläufig noch unsozialer machen wird.
Die 500 unterstützenden Organisationen, Initiativen und Gruppen haben mit ihrer Mobilisierung diesen Erfolg möglich gemacht. Dem gemeinsamen Engagement von Friedensbewegten, jung und alt, von Gewerkschaftern und Parteimitgliedern ist es zu verdanken, dass in Berlin und in Stuttgart Tausende Menschen ihr Bekenntnis für eine andere Politik friedlich auf die Straße getragen haben.
Nun geht die Friedensbewegung mit ihren Partner:innen mit gestärktem Vertrauen weiter in einen heißen Herbst, um einen nuklearen Winter zu verhindern. ...
Die Friedensbewegung wird sich der verantwortungslosen Politik der Konfrontation weiter entgegenstellen und Alternativen aufzeigen zu Krieg und Hochrüstung. Wir wollen nicht kriegstüchtig sein, sondern friedensfähig. Wir brauchen Diplomatie und Entspannungspolitik statt Eskalation und Kriegsvorbereitung. Das ist das Fazit dieses Tages.

Bilder Demo 3.10.2025 in Berlin (uws)
Redebeiträge in Berlin:
Özlem Demirel (MdEP Die Linke), Ralf Stegner (MdB SPD), Christian Leye (GenSek. BSW), Andrea Hornung (Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“, SDAJ-Bundesvorsitzende), Basem Said (engagiert in der palästinensischen Community in Berlin), Kriegsdienstverweigerer Andrii Konovalov (Ukraine), Kriegsdienstverweigerer Artem Klyga (Russland), Jürgen Grässlin (Publizist, Bundessprecher der DFG-VK), Jeffrey Sachs (per Video, ehemaliger Sonderberater von drei UN-Generalsekretären, Wirtschaftswissenschaftler, Columbia University), Ghassan Abu-Sittah (per Video, Plastischer Chirurg, Universität Glasgow, leistete medizinische Hilfe in Gaza für „Ärzte ohne Grenzen“)
Redetexte und Videos gibt es hier:
https://friedensdemo0310.org/berlin
https://friedensdemo0310.org/stuttgart

Bild oben: Demonstration am 3.10.2025 in Stuttgart. Quelle: Presseerklärung: Vorbereitungskreis „Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden“

HINWEIS:
Am 08. / 09.11.2025 tagt der bundesweite Friedensratschlag in Kassel:
12 Uhr in Kassel, Philipp-Scheidemann-Haus
Programm unter:
https://friedensratschlag.de/friedensratschlag-2025/
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- Created on 02. November 2025
Diskussion:
Ein Kommentar zur (Sozial-)Staatsdiskussion
Aktuell beherrscht ein Thema die großen politischen Medien: Den Sozialstaat „einschränken“, weil der „nicht mehr finanzierbar“ sei usw.; „Totalverweigerer“ und „Migrantenbanden“ als neue Hauptfeinde – das mag in der Linken noch wenig ziehen; wenn die aber bündnisfähig zur Mittelklasse sein und verstehen will, warum gerade am unteren Mittelklasse-Rand so scheinbar unaufhaltsam viele auf die Sache reinfallen und den Blick zu Unrecht nach unten statt nach oben richten und sogar zunehmend „das Original“ (die AfD) wählen, wenn es um‘s Nach-Unten- und -Außen-Treten geht, müssen auch mal ein paar trockene finanzpolitische Argumente her gegen die neuherrschenden Narrative:
1970, also vor dem Start jeglicher Sozialreform-Politik, lag der Spitzensteuersatz bei 56 Prozent, die Kapitalertragsteuer auf thesaurierte (in Unternehmen verbleibende) Gewinne bei 51 Prozent, die (jährliche, nicht einmalige!) Vermögensteuer bei 0,6 (gewerbliche juristische Personen) bzw. 1 (natürliche Personen) Prozent (und die wurde – seit 1923 und bis 1997 – auch erhoben!). Die Steuerquote (Steuern zu BIP) lag insgesamt aber „nur“ bei rund 23 Prozent – wie heute!
Und weil auch das Argument noch häufig kommt: „Aber die Sozialabgaben (RV/KV/PV) ...!“ Ja, die sind heute höher, weil die Menschen ja auch viel länger gesund leben dadurch. Allerdings ist auch da die Belastungsspitze bei relativ gut verdienenden, z. B. in größeren Unternehmen schicht-arbeitenden Facharbeitern erreicht, die aber gar nicht so alt werden wie die, die auf hohe Einkommen und Vermögen (nicht nur relativ, sondern sogar absolut) nicht mehr zahlen. So dass letzteren von der unteren Hälfte neben den anderen Mehrwerten auch noch das längere Leben bezahlt wird – wo die Steuerquote deshalb erdrückt, weil auf praktisch alles Verfügbare (nämlich den Konsum) trotz niedrigster Einkommen noch die Verbrauchsteuern bei jedem Einkauf gezahlt werden -> übrigens auch eine „Doppelbesteuerung“, die Vermögende bzgl. eVermögensteuern so skandalisieren.
Weil insbesondere auch die Kapitalertragsteuer für thesaurierte (in Unternehmen verbleibende) Gewinne halbiert wurde, ist entsprechend insgesamt die quotale Gesamtbelastung hoher und vor allem sehr hoher Einkommen (und erst recht Vermögen, die ja vornehmlich betriebliche sind, wo eben der Mehrwert geschaffen wird) deutlich niedriger – und das perpetuiert sich insbesondere per erbschaftsteuerlicher Verschonungsregeln für betriebliche Vermögensteile (wie das Mrd.-Aktienpaket, das Springer-Boss Döpfner steuerfrei von Friede Springer erhielt – und BILD pflegt das o.a. Narrativ natürlich besonders und hetzt die Armen gegeneinander ...).
Und das Verrückte: Nachdem all *dies* zur heutigen Lage klammer Kassen führte, gewinnt der Mainstream gerade die Unteren dafür, sich vornehmlich gegen die noch darunter (Bürgergeld-Empfangende, Flüchtlinge) zu wenden, obgleich dort selbst bei Kürzungen ins Existenzminimum hinein insgesamt viel weniger zu holen ist als es bei einer bei weitem gegenüber früher noch niedrigeren Besteuerung der (zudem mit höchstem CO2-Footprint und auch insofern noch auf Kosten der Welt-Allgemeinheit lebenden) Wohlhabendsten wäre!
Dass heute das Narrativ „überbordender Staat“/Steuer/Sozialausgaben etc. greift, liegt also am gar nicht falschen Gefühl der Mittelklasse, die damals den Spitzensteuersatz noch bei weitem nicht zahlen musste (der griff erst beim ca. vierfachen Durchschnittseinkommen, heute grob beim doppelten) und anders als heute noch regelmäßig (insbesondere Wohn-) Eigentum bilden konnte. Aber „schuld“ sind nicht Arme und Flüchtlinge, sondern profan herrschende (Steuer-)Politik. So hatte selbst die untere Hälfte der Gesellschaft damals noch ca. 5% des Vermögens, heute nur noch ca. 2% und beschreibt „Proletarisierung“ (kein nach Arbeitskraftreproduktion verbleibendes „Vermögen“ außer Kindern) die Lebenswirklichkeit auch mit weniger schmutzigen Blaumännern durchaus bis hinein in Kreise, die früher ihr Häuschen und den jährlichen Urlaub (ca. einem Viertel hier inzwischen nicht mehr möglich) noch als „Uns geht‘s doch besser als denen drüben“ empfinden konnten.
Weil man wenig (Aufstiegsoptionen in Deutschland im OECD-Vergleich extrem düster) bieten kann, bleibt nur Emotionalisierung gegen „Faulpelze“, „Fremde“ ... – und gern zum dritten Mal als Gemeinschaftshoffnung das „bedrohte Vaterland“, das ja nun auch ganz viel Geld für Aufrüstung benötigt, damit die Westwerte-Expansion – anders als in den 90ern gegenüber Russland behauptet – ungestört weitergehen kann. So müssten Auseinandersetzungen um Sozialstaat, neofaschistische Tendenzen und Kriegsmobilisierung zusammengeführt und auch möglichen Bündnispartnern verständlicher gemacht werden, gerade wo sie heute aus szenesoziokulturellen Gründen kaum vermutet werden. Sozialkälte, Faschisierung und Ostexpansion haben schon mal (fast) alles zerstört, es sind so wenige ganz Reiche, die auch daraus noch Nutzen ziehen konnten ... – so dass „wir dagegen“ eigentlich ganz viele sein müssten.
(uga)
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- Created on 02. November 2025
Newsletter 11-2025:
transform:changethesystem
„Dass es so weitergeht, ist die Katastrophe.“
(Walter Benjamin)
Zitat des Monats
„Das politische Mandat der Gewerkschaften wahrnehmen heißt heute, sich einem „autoritären Liberalismus“...zu widersetzen, der ökonomisch Stagnation, ökologisch eine Rolle rückwärts und politisch einen Generalangriff auf Gewerkschaften, Mitbestimmung und die demokratische Zivilgesellschaft insgesamt bedeutet.“
(Dörre, https://ogy.de/rlr3)
Rückblende
Konrad Wolf zum 100. Geburtstag
https://ogy.de/lfh4
Gespräch mit Judith Scheytt (Global Sumud Flotilla)
https://ogy.de/02qk
Antifaschismus
Milch-Milliardär Theo Müller und AfD
https://ogy.de/1uam
Deutscher Bundestag Drucksache 21/2221
Antifa-Verbote umsetzen (Antrag fcka:d)
https://ogy.de/nut3
Heute schon rechte Netzwerke aufgedeckt?
https://ogy.de/4i5o
CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung mahnt Union:
https://ogy.de/q5ij
Bürgerrechte / Demokratie
Kampagnen gegen die Zivilgesellschaft
https://ogy.de/7suo
Chatkontrolle – ausführlich (Patrick Breyer, Kiel)
https://ogy.de/wcft
„Als würde man jeden Brief öffnen“ (Marco Buschmann)
https://ogy.de/myc5
Frieden / Internationales
Heckler & Koch. Mir gebet nix
https://ogy.de/hcob
Gaza. Israels Wirtschaftsinteressen (Prof. Adam Tooze)
https://ogy.de/bdtr
Gewerkschaften / Transformation
KI bedroht mehr als nur Arbeitsplätze
https://ogy.de/ck67
ver.di-Bundesvorstand
Kein Vermittlungsangebot zu O. Akman
https://ogy.de/vdua
Verdi-Betriebsgruppe (FU) für Antimilitaristische Praxis
https://ogy.de/9vkg
Links
Vermögensverteilung in Deutschland
https://ogy.de/maek
Bürgergeld im Realitätstest
https://ogy.de/ixzh
Abschaffung Bürgergeld – Spaltung
https://ogy.de/kba3
Afrika im 21. Jahrhundert
https://ogy.de/m0q3
Ökologie
Greenpeace: Speisefische PFAS belastet
https://ogy.de/h7rs
Radke. Erderwärmung und Folgen
https://ogy.de/9r1q
Wer das Essen kontrolliert
https://ogy.de/ajjb
Lesenswertes
Österreich Frauenstreik
https://ogy.de/6s07
Amlinger / Nachtwey
Zerstörungslust. Elemente des demokratischen Faschismus
https://ogy.de/zdw2
+++++
(Abruf aller Links: 19.10.2025)
Mit solidarischen Grüßen, Roland
(ver.di Mitglied, Kiel)
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- Created on 02. November 2025
Kiel muss wählen!
Ein Beitrag von Bettina Jürgensen
Seit 1998 werden in Schleswig-Holstein Bürgermeister*innen und Oberbürgermeister-*innen direkt gewählt. Vorher haben die Abgeordneten in den Rathäusern entschieden, wer diesen Job machen soll. Bei der letzten OB-Wahl 2019 teilten sich die Stimmen auf vier Kandidaten. Über 65 % holte der SPD-Kandidat Dr. Kämpfer. Vor sechs Jahren galt Kiel noch als eine Hochburg für die SPD, die Grünen unterstützten die Kandidatur.
Für die Wahl am 16. November 2025 als Kiels Oberbürgermeister bewerben sich diesmal neun Kandidierende. So viele wie noch nie bei einer Oberbürgermeisterwahl. Das wird den amtierenden OB freuen, liebt er doch jede Superlative in seiner Amtszeit, egal ob Kieler Woche Besuchszahlen, Luftreinigungssysteme, Velorouten – ob auch von Kiel aus stattfindende NATO-Manöver und Rüstungsproduktion ist nicht bekannt.
Er tritt nicht wieder an und bewirbt sich in seiner Partei gegen die Vorsitzende Serpil Midyatli um die Spitzenkandidatur für die nächste Landtagswahl.
„Wohin des Weges, Bursch?“
möchte man in Anlehnung an Brösels „Werner“ fragen und wird wenig konkrete Antworten bekommen. Eine Riege von selbst ernannten Brückenbauern und Manager*innen tritt gegeneinander an, um die Geschicke der Landeshauptstadt zu führen.
Ulf Daude hatte sich als einziger Kandidat in der Aufstellungsversammlung der SPD beworben. Aber: „Ulf Daude ist ein richtig guter Kandidat,“ sagt Gesine Stück (SPD). Daude selbst meint: „Ich kann Brücken bauen“. (KN 16.3.25)
Gerrit Derkowski wollte zunächst als parteiloser Bewerber für die SPD antreten, die wollten ihn nicht, er stellte sich der CDU vor und wurde mangels Bewerbungen der CDU-Mitglieder als Kandidat gewählt, die FDP unterstützt diesen Vorschlag. Derkowski hat Moderations-Erfahrungen durch seine Arbeit beim NDR.
Ist das die Umsetzung des Beschlusses vom CDU-Landesparteitag 2018 den „Bürgermeisterwahlkampf professionalisieren“ und „vor allem einen Kandidatenpool aufbauen“?
Björn Thoroe von DIE LINKE hat bereits eine Kandidatur zum OB-Amt 2019 bestritten. Seit der letzten Kommunalwahl ist er Fraktionsvorsitzender die gemeinsame Fraktion von DIE LINKE/DiePARTEI. Mit einem Antrag im Sommer 2024 wurde sich gegen die Nutzung des Kieler Hafens für Waffenlieferungen und Ausgangspunkt für Manöver in der Ostsee eingesetzt hat. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Ob diese Fragen im Wahlkampf eine Rolle spielen, liegt auch an den Wähler*innen, die jetzt bereits mit 16 Jahren die Stimme abgeben können.
Mit Florian Wrobel von Die PARTEI stellt sich auch der andere Teil der Fraktion zur Wahl. Auch Wrobel hatte bereits 2019 kandidiert und macht nun noch einmal sich und seine Partei wählbar.
Der Kieler SSW hat sich entschieden Marcel Schmidt aufzustellen. Der Ratsherr und in vielen Ortsbeiräten umtriebige, pensionierte Polizeibeamter, hatte in der von der KN durchgeführten Talkshow die Nase auf gleicher Höhe wie der SPD-Kandidat.
Auf der Veranstaltung konnte sich auch Viola Ketelsen von der Partei Volt vorstellen. Entsprechend ihrem Beruf als „Projektmanagerin“ sieht sie sich als Oberbürgermeisterin anscheinend auch überwiegend als Managerin im Rathaus. Sie meint: „Ich trete an, weil ich daran glaube, dass Kiel mutig und kollaborativ Zukunft gestalten kann“. Ob das in einem Rathaus mit den Beschäftigten und der Ratsversammlung erfolgreich in eine Richtung gehen kann?
Der wissenschaftsferne Klimawandelleugner Ansgar Stalder von die Basis und Hubert Pinto de Kraus von der rassistischen bis faschistischen Höcke-Partei AfD werden auch auf dem Stimmzettel stehen. Der Protest gegen deren Wahlveranstaltungen sollte sich fortsetzen: Keine Stimme!
Last but not least:
Zweimal erst wurden Frauen zur Oberbürgermeisterin in Kiel gewählt. Das brachte wohl die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anke Oetken, kurz nach der Kommunalwahl zur Aussage: „Wir brauchen in zwei Jahren einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten, vorzugsweise eine Frau.“ (KN 15.5.23)
Das war wohl nicht abgesprochen mit ihrem Kreisverband. Denn auch der jetzt ehemalige Ratsherr Dirk Scheelje (er stolperte über Vorwürfe gegen Förderungsbedingungen für den Anscharcampus verstoßen zu haben) hatte eine Meinung dazu. In der KN konnten wir lesen: „In zweieinhalb Jahren ist OB-Wahl. Deshalb ist es Zeit, dass Ulf Kämpfer sich dazu bekennt, ob er Ambitionen in der Landespolitik hat.“ Einen eigenen OB-Kandidaten baue man schließlich nicht von heute auf morgen auf. (KN 15.5.2023)
Yilmaz selbst meinte bereits vor zwei Jahren, von dem Redakteur der Kieler Nachrichten zu den Ambitionen für eine Kandidatur als Oberbürgermeister befragt: „Ich bin für viele Dinge offen.“ Und weiter: „Mir fehlt diese politische Erfahrung noch. Aber ich habe mich ja bewusst für diesen Weg entschieden.“
Den eingeschlagenen Weg ist Ratsherr Yilmaz dann schnurstracks weitergegangen: er wurde Vorsitzender des Hauptausschusses. Der Ausschuss, über den gesagt, durch ihn sei die engste Zusammenarbeit des OB gegeben. Dies bietet nun, Zufall oder nicht, die beste Möglichkeit für einen Überblick der Aufgaben eines OB. Ein Wissensvorsprung, mit dem nach zwei Jahren Abgeordnetentätigkeit im Rat, ein OB-Kandidat glänzen kann.
Die Kieler Grünen stellten nun nicht „vorzugsweise eine Frau“ sondern Samet Yilmaz als OB-Kandidat auf. Ihm kann man also nicht nachsagen „seinen Weg“ nicht konsequent geplant und bis zur Kandidatur umgesetzt zu haben. Und wer den hier oft zitierten Artikel aus 2023 mit dem Titel „Nach Sieg der Grünen in Kiel: Kann Samet Yilmaz auch Oberbürgermeister?“ heute liest, kann sich angesichts der Entwicklung bis zum am 15.10.2025 erschienenen Interview mit angehängter „Homestory“ nur die Augen reiben.
Verwiesen wird überall darauf, dass er ist ein promovierter Politologe und Mitglied im Rotary Club ist und Referent in der Landesregierung, außerdem „Yilmaz’ Lebenslauf liest sich wie eine Muster-Biografie für einen, der die Brücken bauen kann zwischen zwei Welten“. (KN 2023)
Weshalb bei dieser Nähe zu einem Kieler Politiker und Referatsleiter im Landeshaus der schwarz-grünen Regierung nicht besser informiert oder recherchiert wurde, bleibt das Geheimnis der einzigen Tageszeitung in der Landeshauptstadt.
Erst die taz hat am 8.6.2025 online in einem Artikel über den OB-Kandidaten Samet Yilmaz in einem Kasten hervorgehoben: „Im Innenministerium ist Yilmaz Referatsleiter im Bereich Verfassungsschutz“.
Was bisher wie ein gut gehütetes Geheimnis schien, aber in Kiel nicht ganz unbekannt war, konnte nun gelesen werden. In der Berichterstattung der KN und schon gar nicht in den Wahlkampfnews der Grünen wurde es weiter nicht erwähnt.
Erst ein Artikel am 15.10.2025 im Spiegel und nachfolgend in anderen Zeitungen stellt die Frage, weshalb es von Yilmaz „Hilfe für extremistisches Frühlingsfest“ im Kieler Werftpark gegeben hat.
Im Zuge dieser Berichterstattungen wird deutlich, dass Samet Yilmaz nicht nur „irgendein“ Referatsleiter seiner Landesregierung ist, sondern beim Verfassungsschutz Leiter des Referats Auswertung für Extremismus mit Auslandsbezug, auch zuständig für Aktivitäten türkischer Rechtsextremisten und der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK.
Eben solche türkischen Rechtsextremisten der Ülkücü-Bewegung und Graue Wölfe haben das Frühlingsfest ausgerichtet und sich an Yilmaz gewandt mit der Bitte, das Fest wegen Schlechtwetters später abzubauen. Diesem Wunsch hat Yilmaz entsprochen mit der Weiterleitung an Verantwortliche im Rathaus.
In diesem Zusammenhang wurde laut Berichterstattung im Spiegel und später der Kieler Nachrichten, Samet Yilmaz aus dem Referat des Verfassungsschutz versetzt und soll nun im Sportreferat u.a. für die Olympiabewerbung arbeiten.
Yilmaz selbst weist alle Verdächtigungen einer Zusammenarbeit mit türkischen Faschisten zurück. Nachdenklich macht:
Nach einigen Berichten innerhalb weniger Tage scheint das Thema nun auf Eis gelegt zu sein. Zumindest medial gibt es keine neuen Berichte oder Informationen. Dies genau haben die Grünen aus dem Landeshaus und dem Kreisverband Kiel wohl auch bezweckt. Sie sind quasi Sturm gelaufen gegen die Berichterstattung über Yilmaz. Unisono gab es permanente Hinweise der Grünen-Spitze auf den „Demokraten“ und die Vermutung eines Komplotts gegen ihren Kandidaten.
Die Landesvorsitzende Anke Erdmann sagte am 15.10.2025 der KN, die Stimmung sei „kämpferisch“. Der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Lasse Petersdotter meinte Yilmaz „ist Demokrat durch und durch“. Insgesamt sehen die Grünen anscheinend keinen Grund, ihrem Kandidaten nicht die Treue zu halten. Das mag auch daran liegen, dass es keine Möglichkeit gibt, die Kandidatur zu wechseln.
Oder, wenn die Grünen von Komplott gegen sich reden darf auch dies erlaubt sein, die Grünen nehmen diesen medialen Aufschwung für ihren Kandidaten einfach mit. Nach dem Motto: „Eine schlechte Presse ist besser als keine Presse.“
Fakt ist, der Spiegel brachte seine Meldung wenige Tage nach dem Start der Briefwahl. Ob das alles einen Einfluss auf den weiteren Wahlkampf hat werden die nächsten Wochen zeigen. Alle anderen Kandidaten halten sich zurück mit Äußerungen, machen es nicht zu einem Wahlkampfthema.
Thema werden sollte doch aber die Frage: Wie halten wir es mit dem Verfassungsschutz? Was bedeutet es, wenn höhere Beamte des Inlandsgeheimdienstes sich in die Parlamente wählen lassen?
Losgelöst von der Frage, dass der Kandidat Yilmaz sich mit seinem Agieren und der geleisteten Hilfe für ultrarechte Gruppen als OB-Kandidat verbrannt haben dürfte, zeigt seine Aussage er dürfe sich als Beamter nicht äußern, nicht nur Intransparenz (gewollt oder dienstlich verordnet ist egal) sondern lässt Vermutungen in alle Richtungen zu.
Der Verfassungsschutz steht ja auch nicht zwingend für Demokratie, Freiheit und Schutz der Meinungsfreiheit. Der VS hat in seiner und der Geschichte des ganzen Landes oft genug bewiesen, das er selbst dazu beiträgt demokratische Regeln auszuhöhlen, über Bord zu werfen und bis hin zur immer noch nicht endgültig aufgeklärten Beteiligung an der NSU-Mordserie. Nicht ohne Grund wird von vielen Aktiven in Bündnissen und Initiativen gefordert: Auflösung des Verfassungsschutz!
Abschließend:
Noch stehen neun Bewerber*innen auf dem Stimmzettel. Und vielleicht zeigt es sich diesmal besonders: Wer die Wahl hat, hat die Qual! Der Termin für eine Stichwahl von zwei Bewerbern mit den meisten Stimmen ist bereits für den 7. Dezember vorgesehen.
Bettina Jürgensen
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- Created on 02. November 2025
Termine
• Mi., 05.11., 18 Uhr, Hansa48, Infoladen
Bündnistreffen Kein Verkauf des MFG5-Geländes an die Bundeswehr!
Infostände zum Flyer verteilen und Unterschriften sammeln:
Sa., 01.11.25, Europaplatz, Kiel, 12-15 Uhr
Do., 13.11.25, Blücherplatz, Kiel, 9-12 Uhr
• Do., 06.11., 18.00 Uhr
Gewerkschaftshaus Kiel, Legienstraße 22, 24103 Kiel
FINISSAGE Feierliche Abschluss mit Vortrag von Eckhard Colmorgen
„...gerade Dich, Arbeiter, wollen wir.“
Ausstellung im Kieler Gewerkschaftshaus zum Thema Nationalsozialismus
und freie Gewerkschaften im Mai 1933
• 08. /09.11., 12 Uhr, Kasseler Friedensratschlag, Philipp-Scheidemann-Haus
https://friedensratschlag.de/friedensratschlag-2025/

• So., 9.11.2025, 10.30 Uhr, Kiel,
Friedhof Eichhof, Haupteingang
Gedenken an die Novemberrevolution 1918 in Kiel: Zur Erinnerung an die mutigen Arbeiter*innen und Soldaten!
• So., 16. November 2025
Wahl des neuen Oberbürgermeisters in Kiel
• So., 16. Nov., 18 Uhr
Redaktionsschluss der LinX
• Di., 18.11., 18.00 Uhr, Eivind-Berggrav-Zentrum (Kirche), Altenholz-Stift
Komm den Frieden wecken – auf jeden Fall! Aber wie?
Politisches Abendgespräch mit
- Flottenadmiral Christian Walter Meyer
- Dr. Ralf Stegner (SPD)
- Pastor Dr. Wilko Teifke, Nordkirche
• Di., 18.11., 18.00 Uhr, Gewerkschaftshaus, Andreas-Gayk-Raum (4. Stck.)
Treffen des Kieler Friedensforums
www.kieler-friedensforum.de
• Do., 20. Nov. 2025, 15.30 Uhr,
Rathausplatz Kiel/Standesamt
Kundgebung: Kein Verkauf des MFG 5-Geländes an die Bundeswehr
– Übergabe der Petition an die Kieler Ratsversammlung


