Daten/Fakten  

   

Teurer Nahverkehr in SH:

BUND SH und PARITÄTISCHER SH fordern sozial-ökologische Mobilitätswende

Der SH-Tarif ist bereits jetzt teurer als das Deutschland-Ticket, ab dem 1. April sollen die Preise erneut steigen. Dies ist ein Schritt in die völlig falsche Richtung, wenn man Mobilität sozial-ökologisch gerecht ausgestalten will, meinen BUND SH und PARITÄTISCHER SH. Die beiden Verbände fordern umweltfreundlichen, kostenlosen und barrierefreien ÖPNV in ganz Schleswig-Holstein.

Angesichts der geplanten Preiserhöhungen im schleswig-holsteinischen Nahverkehr fordern BUND SH und PARITÄTISCHER SH ein entschlossenes Handeln der Landesregierung für eine sozial- und klimaverträgliche Mobilitätswende.

Nach wie vor ist der Verkehr in Schleswig-Holstein von klimaschädlichem Individualverkehr geprägt. Wem in ländlichen Regionen kein Auto zur Verfügung steht, ist oftmals mangels Alternativen wortwörtlich abgehängt, dies gilt insbesondere für einkommensschwache Haushalte. Die beiden Verbände fordern, dass die sozial- und umweltverträgliche Mobilität schnellstmöglich ausgebaut wird. Auch der angekündigte Klimastreik von Fridays for Future am 1. März stellt in diesem Jahr die klimafreundliche Mobilität in den Mittelpunkt.

„Wir wollen einen kompletten politischen Paradigmenwechsel hin zu nachhaltiger und sozialgerechter Mobilität – umweltfreundlich, ressourceneffizient, leise, barrierefrei und bezahlbar“, sagt Michael Saitner, geschäftsführender Vorstand des PARITÄTISCHEN SH. „Ziel muss sein, einen Zugang zu nachhaltiger, barrierefreier Mobilität für alle Menschen in unserem Land zu schaffen, in den Städten genauso wie im ländlichen Raum. Mobilität muss endlich als Teil der Daseinsvorsorge anerkannt werden, denn sie sichert die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“

„Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn alle Menschen unabhängig vom Einkommen klimaneutral mobil sein können. Das geht nur mit einem bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr“, bestätigt Dietmar Ulbrich, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH).

„Die Landesregierung muss die Verantwortung für den gesamten ÖPNV im Land übernehmen und das ÖPNV-Flickwerk durch ein Gesamtkonzept aus Zügen, Bussen und Rufbussen ersetzen. Nur so wird sie ihr Ziel erreichen, die Emissionen aus dem Verkehrssektor bis 2030 annähernd zu halbieren.“

Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V. ist ein Zusammenschluss freier gemeinwohlorientierter Initiativen, Vereine, Stiftungen und Gesellschaften in Schleswig-Holstein. Seine über 500 Mitgliedsorganisationen mit ihren mehr als 28.000 hauptamtlichen und zahlreichen ehrenamtlich Tätigen stehen für eine gemeinwohlorientierte Soziale Arbeit auf fachlich hohem Niveau. Auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Werte und Vorstellungen von Sozialer Arbeit bilden sie eine Gemeinschaft unter dem Dach des PARITÄTISCHEN SH.
Mehr Informationen unter www.paritaet-sh.org.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH) setzt sich seit mehr als 40 Jahren für den Schutz unserer Erde ein. Der Verband mit über 13.000 Mitgliedern engagiert sich nicht nur in den klassischen Feldern des Naturschutzes, sondern bezieht auch Stellung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen, von der Gentechnik über die Verkehrspolitik und Nachhaltigkeit bis hin zu erneuerbaren Energien. (28.02.2024)

Quelle: Der PARITÄTISCHE Schleswig-Holstein und BUND SH

BILD: Klimastreik, Sept. 2023 (Bildquelle: BUND)

Flüchtlingsrat SH lehnt Bezahlkarte für Geflüchtete ab

S-H ist aufgefordert eine diskriminierungsfreie Umsetzung zu gewährleisten

Geflüchtete, die unter dem Leistungsbezug gemäß Asylbewerberleistungsgesetz stehen, haben einen Rechtsanspruch auf diese Leistungen. Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein lehnt die Bezahlkarte auch deshalb ab, weil sie eine staatliche Gönnerhaftigkeit suggeriert, die der öffentlichen Hand nicht zusteht.

Darüber hinaus hat das  Bundesverfassungsgericht hat 2012 geregelt, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf. Damit ist schon die fortbestehende Schlechterstellung von Geflüchteten nach dem AsylbLG gegenüber Bürgergeld-Beziehern verfassunswidrig.

Die erwartete Abschreckung von Geflüchteten, unter diesen Bedingungen sozialer Diskriminierung mit dem Instrument der Bezahlkarte nicht nach Deutschland zu kommen und hier Asyl zu beantragen, ist ein Trugschluss. Nach allem, was die Menschen in ihren Herkunftsländern und auf den Fluchtwegen an Überlebensrisiken erlebt haben, lassen sie sich nicht durch noch so entwürdigende bürokratische Sachleistungspielchen abschrecken. Die Erfahrung mussten Länder und Kommunen auch schon in den 1990 Jahren machen, als nach kurzer Zeit die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen (Gutscheine) - auch wegen des für die Behörden teuren Verfahrens - wieder zurückgezogen worden ist.

Mit der Bezahlkarte wollen Bund und Länder Geflüchteten den Zugang zu Bargeld kappen. Das wäre ein staatlich zu verantwortender Diskriminierungstatbestand, den das Land Schleswig-Holstein indes nicht gezwungen ist, mitzumachen. Das Sozialministerium Schleswig-Holstein will denn nach Verlauten auch gegenüber dem Flüchtlingsrat die aktuell beschlossene Bezahlkarte weitest möglich diskriminierungsfrei umsetzen. Bargeld soll - wie in Hannover - über Geldautomaten für Bezahlkarteninhaber zugänglich sein. Und es soll beim Einkauf keinen Ausschluss bestimmter Produkte geben. Der Flüchtlingsrat erwartet dazu einen ermessenspositiven Erlass des Landes und eine kommunale Umsetzungsstrategie, die die Menschenwürde und das Verfassungsprinzip der Gleichbehandlung nicht untergräbt.

Geflüchtete brauchen Bargeld, z.B. wenn sie im Asylberfahren - hier ist die Rechtswegegarantie im Grundgesetzt berührt - sich durch einen Fachanwalt vertreten lassen und diesen bezahlen müssen. Der Staat sollte im Übrigen Interesse daran haben, dass Geflüchtete Geld an im Herkunftsland oder einem Transitland zurückgebliebene Angehörige überweisen können. Anderenfalls müssen nämlich auch die sich alsbald ebenfalls auf den Weg und in die Boote machen.

(Pressemitteilung, Kiel, 1.2.2024, gez. Martin Link)

 

Flüchtlinge:

Abschiebeknast Glückstadt schließen

Am 07.02.2024 versammelten sich AktivistInnen aus aktuellem Anlass zu einer Kundgebung vor dem Kieler Landtag, um gegen den Abschiebeknast in Glückstadt zu protestieren. Im Innen- und Rechtsausschuss sollte die aktuelle Situation im Abschiebeknast verhandelt werden.

GegenAbschiebeknastinGlueckstadt 03 24

Am 05.01.2024 hatte sich ein 22-jähriger Inhaftierter in seiner Zelle durch einen Brand selbst zu töten versucht, angesichts seiner verzweifelten Situation in Haft. Von der Gefängnisleitung wurde dieser Suizidversuch geleugnet, der junge Mann wurde nach kurzem Aufenthalt im Krankenhaus gegen ärztlichen Rat wieder ins Gefängnis gebracht und dort mehrere Tage lang in einer Einzelzelle isoliert.

Kurze Zeit darauf gab es erneut einen Brand im Gefängnis. Zudem wurden Besucher:innen am Gefängnis spontan abgewiesen, weil laut dem Sicherheitspersonal die ‚Ordnung und Sicherheit‘ nicht gewährleistet werden könne, da zu wenig Beamt:innen vor Ort waren. Es kann nicht sein, dass Menschen weite Wege, teils aus Mecklenburg-Vorpommern auf sich nehmen, um ihre Lieben, im Zweifel das letzte Mal sehen zu können vor einer Abschiebung, um dann einfach abgewiesen zu werden! 
Die Aktivist:innen fordern die umfängliche Aufklärung des Vorfalls, die Thematisierung der Verzweiflung der Inhaftierten durch die unmenschliche Behandlung im Knast und die Schließung von Abschiebegefängnissen in Glückstadt und anderswo!

Es kann nicht sein, dass solche Vorfälle von der Knastleitung nicht nur hingenommen, sondern aktiv geleugnet und schöngeredet werden.

Es kann nicht sein, dass eine (...) Landesregierung das mit trägt!

(Presseerklärung Kampagne „Kein Abschiebegefängnis in Glückstadt und anderswo!“)

Blog: https://glueckstadtohneabschiebehaft.noblogs.org/

Kommentar

Regionalpläne ohne Plan
Ziel, den Flächenverbrauch zu stoppen, nicht erkennbar

Kiel. „Schleswig-Holstein will bis 2045 klimaneutral sein und bis 2050 keine neuen Flächen mehr verbrauchen – wie das mit den vorliegenden Regionalplänen gelingen soll, bleibt schleierhaft“, sagt Merlin Michaelis vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein (BUND SH). Der BUND SH hat fristgerecht zum 9. November 2023 eine umfangreiche Stellungnahme zu den Regionalplänen verfasst, die für die kommenden 20 Jahre die Entwicklung Schleswig-Holsteins steuern sollen. Joachim Schulz, als ehrenamtliches Mitglied des Ausschusses für Natur und Umweltpolitik im BUND federführend an der Stellungnahme beteiligt, betont: „Flächen, die eine sehr große Bedeutung für die Biodiversität und den biologischen Klimaschutz haben, sind in der vorliegenden Planung nicht als dringend erforderliche Vorranggebiete enthalten oder gar nicht berücksichtigt.“ Die Datengrundlage sei zum Teil veraltet. Zudem werde wirtschaftliche Nutzung noch immer vor den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gestellt. „Es gibt keine klaren Vorgaben, wie Kreise und Kommunen mit ihrer Entwicklung einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels und des Verlusts von Artenvielfalt leisten können. Das führt zur unkontrollierten Bevorratung von Flächen.“

Dies widerspreche dem im Landesentwicklungsplan (LEP 2021) formulierten Gedanken der Nachhaltigkeit und dem Ziel der Flächeneinsparung.
Der BUND SH kritisiert insbesondere die Belegung von Flächen mit mehrfachen Zielvorgaben. „Gebiete, die dem Naturschutz zur Verfügung stehen sollten, werden mit Rohstoffabbau oder Tourismus zusammengeworfen“, erklärt Merlin Michaelis. Es fehle außerdem eine klare Bezeichnung von hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen und solcher, die für Freiflächen-Photovoltaik geeignet wären. „Durch eine geeignete, an der Bodenqualität orientierte Planung ließe sich ein Konflikt zwischen Nahrungsmittelproduktion, Energie-Erzeugung und Naturschutz vermeiden. Nun werden solche wichtigen Entscheidungen jedoch auf die chronisch unterbesetzte Verwaltungsebene der Kommunen weitergereicht, die mit immer weniger Mitteln immer mehr Aufgaben wahrnehmen sollen.“ ...
„Angesichts des Klimawandels halten wir es für dringend notwendig, in Siedlungsbereichen Flächen für Hitzeschutz, also zum Beispiel Grüngürtel und Regenwasser-Auffangmaßnahmen auszuweisen.“

(BUND SH)

Attac Schleswig-Holstein:

Regionalkonferenz macht Mut zum Weitermachen

Am 18. November 2023 trafen sich online mehr als 20 Attacies aus Schleswig-Holstein und Hamburg. Vertreten waren die Regionalgruppen Lübeck, Neumünster, Itzehoe, Flensburg, Kiel und HH.

Das Treffen war geprägt von einer guten Stimmung, wir hörten, was die einzelnen Gruppen derzeit tun und was sie für die nächste Zeit planen. Manche Ideen kamen zur Sprache, durchaus auch verschiedene Standpunkte, aber doch alles in einer ruhigen und konzentrierten Diskussionsatmosphäre.

Kritik gab es an der Verabschiedung eines bundesweiten Positionspapiers als Grundlage der weiteren Attac-Tätigkeit, das auf dem Herbstratschlag von wenig Delegierten beschlossen wurde, ohne dass es in einer breiten Diskussion in den Gruppen besprochen wurde.

Insgesamt wurde festgestellt, dass die Kraft der Attac-Gruppen nachgelassen hat, z.T. wegen Überalterung und Krankheit, aber auch wegen fehlendem Nachwuchs. Auch die spaltenden Diskussionen während Corona-Pandemie und die Hilfslosigkeit bei den zunehmenden Kriegen und der Kriegspropaganda hat einige Gruppen geschwächt oder z. T. wie in Kiel zum Stillstand gebracht. Mit eine Ursache ist möglicherweise auch, dass der globalisierungkritischen Organisation Attac die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde, was zur Demotivierung und Empörung beigetragen hat.

Auch die Erfolglosigkeit bei der Erreichung der Hauptforderung von Attac nach einer „Finanztransaktionssteuer zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger“ oder ähnlichen Forderungen für eine höhere Besteuerung der Konzerngewinne wurden bisher nicht erreicht. Selbst die gemeinsam mit verdi geforderte Erhöhung des kommunalen Anteils an der Einkommensteuer wurde nicht zur Kenntnis genommen, obwohl dies gerade wegen der zunehmenden Aushungerung und Verschuldung der Kommunen für den Erhalt der Daseinsvorsorge wichtig gewesen wäre. Stattdessen wurde weiter kräftig privatisiert, insbesondere im Gesundheitswesen.

Trotzdem muss man auf viele Erfolge der Attac-Gruppen und nützliche Kampagnen in den letzten Jahren hingewiesen. Z.B. die Unterstützung der schleswig-holsteinischen Volksinitiative zum Schutz des Wassers. Aber auch die vergangenen Erfolge wie z. B. in Kiel die Verhinderung des Baus eines neuen Kohlekraftwerkes, die Rekommunalisierung des Kieler Öffentlichen Nahverkehrs und die Neugründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in Kiel müssen erwähnt werden. Große Bündniskonferenzen gegen die neoliberale Politik des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Die TTIP und die CETA-Kampagne, diverse Antikriegsaktionen, die erfolgreiche Verhinderung von Fracking in Schleswig-Holstein, die Unterstützung bei der Gründung einer Solidarischen Landwirtschaft in Kiel und in Neumünster. Ganz aktuell zu nennen sind die Einrichtung eines Bürgerrats in Neumünster und in Flensburg der Gerichtsentscheid den zerstörten Bahnhofswald wieder herzustellen. Bei vielen sozialen Bündnissen war Attac der Initiator und hat zur Vernetzung gegen Privatisierung und Sozialabbau eine treibende Rolle gespielt. Ca. 170 Mitgliedsorganisationen bei Attac-D bieten erhebliche Bündnismöglichkeiten. Insofern ist es von erheblicher Bedeutung ob es gelingt, die Attac-Gruppen zu erhalten oder neu aufzubauen.

Die Attac-Regionalkonferenz hat beschlossen, zu Beginn des nächsten Jahres in Flensburg zu einem Präsenztreffen zusammenkommen, um sich über gemeinsame Themen und Ziele auszutauschen. Zur Planung des nächsten Regionaltreffens soll eine online-Vorbereitungsgruppe gebildet werden, an der sich jede Regionalgruppe mit ein oder zwei Mitgliedern beteiligt.

Ziel ist es, gemeinsam ein ebenso spannendes wie überschaubares Programm für diesen Tag in Flensburg zu entwickeln.

Dazu gibt es schon verschiedene Anregungen zur Vernetzung zu den Themen:
- Die Unterstützung der Volksinitiative für den Erhalt des Bürgerbegehrens in S-H.
- Die Unterstützung der Biolandwirtschaft
- Für Frieden und Völkerrecht
- Sozialabbau, Demokratie, Steuern
- Taxminow und Umverteilen
- Energiewende/Klimageld
- Freihandelsabkommen Mercosur

Wer dabei mitwirken will, kann sich an die örtlichen Attac-Gruppen wenden oder an die Mailingliste: attac-sh(at)listen.attac.de (uws)

Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein:

Bund und Länder legen die Lunte an das Pulverfass einer sozial gespaltenen Gesellschaft

Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein kritisiert den MPK-Beschluss vom 6.11.2023 zur Flüchtlingspolitik

Im Vorfeld der Ministerpräsident*innen-Konferenz (MPK) vom 6. November hat sich eine weniger von Sorge um, als von Hetze gegen hierzulande Schutzsuchende politische Diskussion zugespitzt. Dieser Paradigmenwechsel von einer „Willkommenskultur“ zu einer „Ausgrenzungsunkultur“ schlägt sich auch in der verwendeten Sprache nieder, wenn wider besseres rechtliches Wissen nur noch von „irregulärer Migration“ die Rede ist. Flüchtlinge sind keine „irregulären Migrant*innen“! Sie nehmen ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht in Anspruch, das im Rahmen regulärer Asylverfahren geprüft wird.

„Wer gegen Geflüchtete hetzt und den Eindruck erweckt, ihre Vertreibung und Vergrämung sei oberste Staatsräson, macht übermütigen Rassist*innen noch mehr Mut und legt eine Lunte an das Pulverfass einer ohnehin sozial gespaltenen Gesellschaft“, mahnt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.

Sozialleistungen

Die von Bund und Ländern beschlossene Absenkung der Asylbewerberleistungen ist nicht nur „integrationspolitisch kontraproduktiv und unter Kindeswohlgesichtspunkten bedenklich“, wie die Bundesländer Bremen und Thüringen – leider nicht Schleswig-Holstein – im Beschluss vom 6.11.2023 zu Protokoll gegeben haben. Es ist auch unmenschlich und unvernünftig, Geflüchtete absichtlich über Jahre in Armut und erzwungener Abhängigkeit seitens der öffentlichen Hand zu halten und ihnen erst nach 36 statt wie bisher nach 18 Monaten zumindest Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe zu zahlen. Der Öffentlichkeit wird mit dem Versprechen, dieser Schritt würde die Zahl der Geflüchteten verringern, dreist belogen. Die Behauptung, Sozialleistungen würden einen vermeintlichen Pull-Effekt erzeugen, ist nie bewiesen worden und längst widerlegt.

Leistungseinschränkungen und Sachleistungen für einen Zeitraum von 36 Monaten gab es bis zur Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012 schon einmal. Das Bundesverfassungsgericht ist jetzt einmal mehr aufgefordert, die am Montag beschlossenen Kürzungen als verfassungswidrig zu markieren. Ohnehin zeugt die Strategie der Länder am 6. November von einer grundrechtsfeindlichen und empathielosen Haltung und frappierender Unkenntnis der Lebensrealität und Motivlage flüchtender und geflüchteter Menschen. Schutzsuchende Menschen werden sich nicht von der Flucht aus ihren Höllen abhalten lassen, weil sie 36 statt 18 Monate eingeschränkte Leistungen erhalten. Aber der Beschluss, sollte er so umgesetzt werden, wird nicht zuletzt mit Blick auf die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine die Ungleichbehandlung vergrößern und die soziale Ausgrenzung von Schutzsuchenden aus dem globalen Süden vertiefen.

„Mit dem so verordneten sozialen Prekariat für Asylsuchende als Instrument zur Verhinderung von Fluchtzuwanderung geben Bund und Länder den Wahler*innen – die offenbar ihre Hauptzielgruppe sind – wissentlich ein uneinlösbares Versprechen. Das wird sich bei den anstehenden Wahlen rächen“, ist Martin Link überzeugt.

Zudem wird ihnen im Asylbewerberleistungsgesetz eine angemessene Gesundheitsversorgung verwehrt, die gerade für Asylsuchende, die oft traumatische Gewalt im Herkunftsland oder auf der Flucht erleiden mussten, von erheblicher Bedeutung sind.
Darüber hinaus schließt die Beschlusslage vom Montag asylsuchende Menschen von Maßnahmen zur Vorbereitung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt aus und behindert ihre Vermittlung in Arbeits- und Ausbildungsstellen.

Mit dem Kürzungsbeschluss ignorieren die Ministerpräsident*innen von Bund und Ländern auch die Expertise und einmütige Einschätzung von Fachorganisationen. So hatten 150 Migrations- und Sozialfachdienste sich Anfang November gemeinsam gegen Kürzungen am Existenzminimum ausgesprochen und stattdessen für die sozialrechtliche Gleichstellung Geflüchteter geworben.

Familiennachzug

Für Empörung sorgt beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein auch der beabsichtigte Verzicht auf eine – im Koalitionsvertrag der Ampel fest vereinbarte – Wiederherstellung des Rechts auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK). Es ist verstörend und zeugt von menschlicher Kälte, wenn sich dem Sozialstaat und der grundrechtlich geschützten Familien verpflichtete Politiker*innen und Parteien, die ansonsten keine Gelegenheit auslassen, vollmundig die Bedeutung der Familie für den emotionalen, sozialen und wirtschaftlichen Schutz und ein gedeihliches Zusammenleben zu betonen, den vor oder während der Flucht unfreiwillig getrennten Familien über Jahre oder nun auf Dauer eine Trennung von ihrem Liebsten zumuten.

Exterritoriale Asylverfahren

Doch die grundrechtsfeindliche Schäbigkeit wurde von der MPK endgültig von der Kette gelassen, als auf Betreiben von CDU- und Grün-regierten Ländern ein Prüfauftrag für eine Externalisierung von Asylverfahren in Transitländer beschlossen wurde. Hier wird erschreckend deutlich, wie weit die asylpolitische Diskursverschiebung mittlerweile gediehen ist. Zwar haben die SPD-regierten Länder darauf gedrungen, dass die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention dabei zu achten wären, haben aber damit auch keine deutliche rote Linie gezogen.

Der Organisation PRO ASYL ist zuzustimmen bei ihrer Kritik: Wenn die Bundesregierung diesen Beschlüssen folgt, dann steigt sie ein in die rechtspopulistische Geisterfahrt der britischen, dänischen und neuerdings auch italienischen Regierungen – und wird spätestens vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf den Boden der Tatsachen zurück geholt werden. Den Kommunen hat diese Geld-, Zeit- und Energievergeudung dann jedenfalls nicht geholfen.
Der von den Ministerpräsident*innen gleichzeitig geforderte Fortsetzung und Umsetzung des Flüchtlingsdeals mit der autokratisch regierten Türkei, die weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert hat, verdeutlicht jedoch, dass „achten“ offenkundig nicht „einhalten“ bedeutet.

gez. Martin Link, Tel. 0431-5568 5640 
public[at]frsh.de

Hintergrund zu verringerten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz:

Bei der Erfindung des Asylbewerberleistungsgesetzes vor genau 30 Jahren hielten Bundesregierung und Parlament eine Kürzung des sozialrechtlichen Existenzminimums für zwölf Monate vertretbar, darüber hinaus aber für unzumutbar. Es könne dann mangels „noch nicht absehbarer weiterer [Aufenthalts-]Dauer nicht mehr auf einen geringeren Bedarf abgestellt werden [...]. Insbesondere sind nunmehr Bedürfnisse anzuerkennen, die auf eine stärkere Angleichung an die hiesigen Lebensverhältnisse und auf bessere soziale Integration gerichtet sind.“ (Bundestagsdrucksache 12/5008 vom 24.5.1993). Derlei Überlegungen hielten die Regierungen seither allerdings nicht davon ab, die gekürzten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beständig zu verlängern.

Nach dem Bundesverfassungsgericht (s.o.) hat jeder Mensch das Recht auf ein menschenwürdiges physisches, aber auch soziokulturelles Existenzminimum, das die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll. Ob die gegenüber dem sozialrechtlichen Existenzminimum gekürzten Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes überhaupt mit dem Verfassungsrecht vereinbar sind, ist fraglich. Nachdem das Verfassungsgericht konkrete Leistungssätze des Asylbewerberleistungsgesetzes bereits mehrfach nach oben korrigierte und Kürzungen widersprach, ist aktuell ein weiteres Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

nationalpark logoFür einen Nationalpark Ostsee!

Extrem-Lebensraum in Gefahr

Die Ostsee ist ein einzigartiger Extrem-Lebensraum: Nordsee-ähnlichem Salzgehalt im Westen bis zu fast-Süßwasserbiotopen an der baltischen Küste. Seegraswiesen, Tangwälder, Muschelbänke und Weichkorallenriffe sind einige Beispiele für besonders schützenswerte Lebensgemeinschaften, die Fischen und anderen Meerestieren als Kinderstuben dienen. Sie sind die Basis für die gesamte Nahrungspyramide bis hinauf zu Schweinswalen, Seehunden und Kegelrobben.

Doch diese Lebensräume sind gefährdet. Das hat unter anderem der aktuelle Ostsee Report „State of the Baltic Sea“ der Helsinki-Kommission (HELCOM) gezeigt. Die Gefährdung der Ostsee durch den Klimawandel wird verstärkt durch den Eintrag von Nährstoffen (Eutrophierung), von Giftstoffen, durch Überfischung und weitere wirtschaftliche Nutzung.
Die Entnahme von Steinen hat festen Untergrund entfernt, auf dem sonst Tang, Muscheln und Nesseltiere leben. Baumaßnahmen für Offshore-Windparks oder Tunnel vernichten Lebensräume langfristig. Aber der HELCOM-Bericht macht auch Hoffnung: Maßnahmen gegen die schädlichen Einträge und gegen die Übernutzung haben einen messbaren Effekt, wenn sie konsequent angewendet werden!

Gute Gründe für einen Nationalpark

Wir setzen uns für den konsequenten Schutz der Ostsee ein und sind überzeugt, dass dies am besten mit einem Nationalpark funktioniert.

Warum?
1. Nationalparke wurden dafür geschaffen, einzigartige Naturräume zu erhalten, damit auch unsere Kinder und Enkel hier noch beeindruckende Naturerlebnisse genießen können. Dies war bereits das Ziel des ersten Nationalparks der Welt, Yellowstone in den USA. Es beinhaltet also ganz klar, dass ein Nationalpark sowohl den Menschen als auch der Natur Raum bieten muss – in der Praxis geschieht das durch verschiedene Schutzzonen. Auch eine Wiederherstellung von zerstörten Lebensräumen gehört zum Nationalparkkonzept – genau richtig für unsere gebeutelte Ostsee.

2. Wer hier lebt oder hier Urlaub macht, liebt die Natur und möchte auch im nächsten Sommer noch in der blauen Ostsee baden, möchte Vögel und Seehunde sehen. Deshalb wollen wir die Natur schützen!

3. „Nationalpark“ ist eine international bekannte Schutzkategorie und eine echte Erfolgsmarke. Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen, gerade solche, die außerhalb der Hochsaison Ruhe und Erholung suchen, ihr Urlaubsziel bewusst nach der intakten Natur auswählen. Der Nationalpark kann den nachhaltigen Tourismus ankurbeln und für bessere Auslastung in der Nebensaison sorgen.

4. Ein Nationalpark hat eine eigene Verwaltung, die vom Land finanziert wird und Ressourcen für Tourismus-, Forschungs- und Umweltbildungsprojekte hat. Bisher sind die unteren Naturschutzbehörden von vier Kreisen und drei kreisfreien Städten für die schleswig-holsteinische Ostsee zuständig. Sie müssen zusätzlich viele andere Aufgaben im Binnenland bewältigen und sind von der klammen kommunalen Kassenlage abhängig. Mit einem alleinigen Ansprechpartner wird außerdem die Bürokratie vermindert, indem Anfragen und Maßnahmenvorschläge nicht mehr wie bisher durch zahlreiche Hände und Abteilungen wandern müssen.

5. Eine zentrale Nationalpark-Verwaltung sorgt zudem für passende Regelungen in den verschiedenen Schutzzonen. Dazu wird mit den Interessengruppen ausgehandelt, wo menschliche Aktivitäten Vorrang haben sollen und wo die Natur sich ungestört entfalten darf. Verhandlungspartner können unter anderem Wassersport-, Tourismus- und Fischereiverbände sein.

6. Lebensräume wie Seegraswiesen zu schützen, schützt auch das Klima: Seegraswiesen können große Mengen CO2 speichern. In sogenannten Kernzonen des Nationalparks können sie sich ausbreiten. Dies betrifft auch den Schutz vor zukünftigen Flächennutzungsinteressen wie industriellem Rohstoffabbau oder Offshore-Windkraft.

7. Umweltbildung spielt in jedem Nationalpark eine zentrale Rolle: Kinder- und Jugendgruppen, Labore und Ausstellungen für junge und erwachsene Naturinteressierte, Schnorcheltouren und Seehund-Safaris können von Nationalpark-Ranger*innen oder Nationalpark-Partnerbetrieben umgesetzt und durch die gemeinsame Marke „Nationalpark Ostsee“ beworben werden.

8. Durch einen Nationalpark könnten mehr Fördergelder für die Region zur Verfügung stehen, um zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den küstennahen landwirtschaftlichen Betrieben zu stärken und ihnen ein Auskommen mit umweltschonender Landwirtschaft zu ermöglichen. Fördermittel könnten auch für nachhaltige Tourismus-Projekte, eine Umstrukturierung der Fischerei und Umweltbildung eingesetzt werden.

9. Munitions-Altlasten in der Ostsee müssen so früh und so umfassend wie möglich geborgen werden – aber das ist völlig unabhängig von der Einrichtung eines Schutzgebiets und kann auch in einem Nationalpark geschehen.

Wie geht es der Ostsee jetzt?

Welche Maßnahme auch immer wir zuerst anpacken – klar ist: Wir müssen die Ostsee besser schützen! Dorsch, Hering und Co. werden immer seltener und Todeszonen breiten sich aus. Todeszonen sind lebensfeindliche Wasserschichten ohne Sauerstoff, die sich vor allem im Sommer am Grund der Ostsee bilden. Durch den übermäßigen Nährstoffeintrag wachsen viele Algen, die auf den Meeresgrund sinken und dort von Bakterien zersetzt werden, die dabei Sauerstoff verbrauchen. Ohne Sauerstoff sterben Fische, Muscheln und viele andere atmende Lebewesen.

Fake News zum geplanten Ostsee-Nationalpark

Ein Nationalpark bedroht unsere traditionelle Küstenfischerei in ihrer Existenz.

Die Fischerei ist vor allem dadurch bedroht, dass die Fische immer seltener werden. Dies liegt an der jahrelangen schlechten Bewirtschaftung durch zu hohe Fangquoten, an der schlechten Wasserqualität, an der Vernichtung von Lebensräumen und auch am Klimawandel. Beispielsweise kommt der Dorsch mit den höheren Wassertemperaturen nicht zurecht.
Ein Nationalpark trägt dagegen zum Schutz der Fischpopulationen bei: Die Wiederherstellung von Lebensräumen sowie fischereifreie Kernzonen ermöglichen es vielen Arten, sich zu erholen und Schutz zu finden. Erholte Fischbestände kommen der Küstenfischerei zu Gute. Eine Umstrukturierung der Fischerei hin zur Stärkung der kleinen Küstenfischerei mit schonenden Fanggeräten wäre dafür dringend nötig.

Im Nationalpark ist kein Wassersport möglich.

Wo welcher Sport möglich ist, wird zusammen mit den Verbänden ausgehandelt. Für Kite-Surfer wird es ausgewiesene Spots geben, sogar der Bau von Unterständen für Winter-Wassersportler ist denkbar. Segeln und Paddeln, was ruhiger abläuft und die Vögel weniger aufschreckt, wird fast überall erlaubt sein, ebenso das Baden an den bekannten Badestränden. Aber es muss auch Bereiche geben, in denen Tiere und Pflanzen völlig ungestört sind, denn im Gegensatz zu Menschen können sie nicht einfach ein paar hundert Meter weiter ihr nicht vorhandenes Wohnmobil aufstellen.
Entgegen vieler Behauptungen ist es übrigens allein im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer an 22 Stellen erlaubt, jeden Wassersport zu betreiben, der nicht auf Motor-Antrieb angewiesen ist. Dies bedeutet, auch Wingsurfen etc, ist in diesen Wassersport-Spots erlaubt! Motorboote können trotzdem zum Einsatz kommen, z. B. als Regatten-Begleitboote oder für Rettungsübungen und –Einsätze. Dies wird in der Befahrensverordnung klar geregelt!

Der BUND fordert
• Ausweitung der nutzungsfreien Zonen im Nationalpark sowie den marinen Naturschutzgebieten!
• Schutzgebiete mit Nullnutzungszonen im Meer einrichten!
• Verbindlicher Zeitplan für den zeitnahen Ausstieg aus der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer!
• Flüsse für Aal & Co. wieder durchgängig machen!
• Illegale Fischerei durch strenge Kontrollen verhindern!
• Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Entwicklung von Alternativen zu Stell- und Schleppnetzen!

(Quelle: https://www.bund-sh.de/meere/)

 

Volksinitiative „Rettet den Bürgerentscheid“:

27595 Unterschriften erfolgreich eingereicht


Seit dem 21. April 2023 hatte die Volksinitiative „Rettet den Bürgerentscheid!“ Unterschriften gegen die vom Landtag Ende März beschlossenen Einschränkungen von Bürgerbegehren gesammelt. Dem Bündnis gehören mehr als 50 Oppositionsparteien, Umweltverbände und Demokratieorganisationen an.

Am 26. September hat die Volksinitiative 27.595 Unterschriften beim Schleswig-Holsteinischen Landtag eingereicht. In nicht einmal der Hälfte der zulässigen Zeit, in nur fünf Monaten, hat die Initiative die Hürde der nötigen 20.000 Unterschriften deutlich übersprungen. Eigentlich wären für die Sammlung zwölf Monate Zeit gewesen. Mit der Einreichung beantragt die Initiative die Behandlung ihrer Forderung und Gesetzesänderung im Landtag.
Die drei Vertrauenspersonen des Bündnisses Serpil Midyatli (SPD), Claudia Bielfeldt (BUND SH) und Claudine Nierth (Mehr Demokratie) haben heute, unterstützt von zahlreichen Aktiven, mehr als 30 Kartons mit Unterschriftenlisten beim Landtag eingereicht.
„Die Menschen wollen mehr, nicht weniger politische Beteiligung! Das zeigen unsere Erfahrungen in den letzten Wochen beim Sammeln der Unterschriften“, erklärt Claudine Nierth.
„Die Demokratie lebt vom dauerhaften Dialog und der konstruktiven Auseinandersetzung. Dies ist in den heutigen Zeiten besonders wichtig. Auch das erklärt den großen Zuspruch für die Volksinitiative. Schwarz-Grün wäre gut beraten, die Chance zu nutzen und den Demokratieabbau rückgängig zu machen“, sagt Serpil Midyatli.
„Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern trägt zu guten Lösungen für die Probleme vor Ort bei. Diese Überzeugung wurde in vielen Gesprächen von den Unterzeichnenden der Volksinitiative vertreten. Dieses Potential sollte die Landesregierung nutzen, nicht abwürgen“, ergänzt Claudia Bielfeldt.
Der Landtag hat nun vier Monate Zeit, die Gültigkeit der Initiative zu prüfen und zu entscheiden, ob er die Einschränkungen für Bürgerbegehren zurücknimmt. Wird die Initiative nicht angenommen und kein Kompromiss gefunden, kann das Bündnis ein Volksbegehren starten. Dafür müssten dann 80.000 Unterschriften gesammelt werden, um einen Volksentscheid über die Forderungen herbeizuführen.

Mehr Infos: https://rettet-den-buergerentscheid.de

Neuer Regionalplan für S-H:

Der Kampf für Erhalt von Naturflächen und Ackerland

Vormarsch der Gewerbegebiete verdrängt Natur und Landwirtschaft

Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat im Mai Entwürfe für die neuen Regionalpläne vorgelegt. Nur noch bis zum 9.11.2023 findet ein öffentliches Beteiligungsverfahren statt, wo sich alle Menschen, Vereine und Verbände, Städte und Gemeinden mit Stellungnahmen und Änderungsvorschlägen einbringen können.

In drei Planungsräumen in Schleswig-Holstein werden die Ziele und Grundsätze der Raumordnung verbindlich vorgegeben, d. h. wie sich die Siedlungsstruktur, Freiräume und Infrastruktur in Zukunft entwickeln soll. Genau genommen ist es ein Kampf um die Fläche; wer darf was mit dem öffentlichen Land machen. Dabei ist ziemlich klar, dass es um die Aufteilung geht, wo es noch Naturland und landwirtschaftliches Land geben soll und wie stark sich Siedlungsgebiete und Gewerbegebiete ausbreiten dürfen.

Regionale Grünzüge und Landschaftsschutzgebiete sind seit Jahren auf dem Rückzug. Bei Kernbereichen für Tourismus werden noch Bedenken angemeldet. Über den Rückzug der Landwirtschaft wird gar nicht mehr geredet.

Die öffentliche Beteiligung und Einsicht in die Raumordnungspläne ist möglich über die Internetseite der Landesregierung: https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/themen/planen-bauen-wohnen/regionalplaene/regionalplaene_node.html
Die Pläne und Karten kann man hier anschauen oder runterladen: https://www.bolapla-sh.de/

Städte und Gemeinden haben sich mit ihren Wünschen schon eingebracht. Dabei geht es meistens um die Erweiterung der Siedlungsgebiete für den Wohnungsbau und um neue Gewerbegebiete. Hierfür gibt es ausreichend Lobbyverbände bzw. Wirtschaftsausschüsse der Gemeinden, die die Notwendigkeit der Erweiterung der Flächen mit der wachsenden Bevölkerung und den notwendigen Einnahmen aus der Gewerbesteuer begründen. Hintergrund ist hier meistens die Unterfinanzierung der Kommunen, die aus der Einkommenssteuer von der Bundesregierung max. 12-13 % erhalten, weswegen sich immer mehr Gemeinden und vor allem die großen Städte stark verschuldet haben. Und dies trotz eines immer weiter wachsenden Anteils an Gewerbe- und Industrieflächen.

Auf der Seite der Natur sieht es schwierig aus. Der BUND versucht in S-H ein Gegenpol für den Erhalt der Schutzgebiete, der grundlegenden Grünzüge und der Erholungsgebiete zu bilden und sammelt landesweit die Einwendungen gegen den zunehmenden Flächenverbrauch der Zivilisation.

Der BUND schreibt dazu:
„• Die Menschen und ihre Organisationen in SH beanspruchen Raum für die unterschiedlichsten Zwecke.
• Die sehr unterschiedlichen Raumnutzungsinteressen sollen eine überörtlichen Koordination und Planung erfahren, um durch die Regionalpläne
- drohende Nutzungskonflikte im Vorfeld zu vermeiden,
- verletzliche Nutzungen vor Inanspruchnahme zu schützen,
- ausreichend Fläche für zukünftige Bedarfe zu sichern,
- den Raum im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu ordnen,
- zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse beizutragen.“

Ob diese Einordnung der aktuellen Gefahr des immer stärken Rückdrängens der Natur gerecht wird, sei dahingestellt. Aber die Hoffnung besteht, dass die Einwendungen des BUND gehört werden und keine Verschlechterungen gegenüber den alten Regionalplänen von 2020 und den Vorgaben aus dem Landesentwicklungsplan 2021 stattfinden.

Dazu die Pressemitteilung des BUND S-H vom 29.06.2023:

BUND Schleswig-Holstein: Klimaschutz, Biodiversität und Flächenverbrauch müssen stärkere Priorität in den Regionalplänen haben
„Die Regionalpläne für die drei Planungsräume in Schleswig-Holstein müssen Antworten auf die globalen Megatrends der nächsten Jahrzehnte geben. Hierzu zählen der Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, der Schutz und die Förderung der Biodiversität und eine deutliche Verminderung des Flächenverbrauchs“, erläutert Dietmar Ulbrich, der seit Mai neuer Landesvorsitzender des BUND SH ist. Und weiter: „Die Weichen müssen jetzt richtig gestellt werden. Die Regionalpläne legen die raumordnerischen Vorgaben für die nächsten 15 Jahre fest“.
Gemäß der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie soll der Flächenverbrauch bis 2030 auf unter 1,3 Hektar pro Tag reduziert werden. In Schleswig-Holstein steigt der Wert dagegen ungebremst. Der Flächenverbrauch liegt im langjährigen Durchschnitt inzwischen sogar bei 3,5 Hektar pro Tag. „Die Regionalplanung muss deshalb durch konkrete Vorgaben für die Planungsräume einen Beitrag leisten, um den Zuwachs des Flächenverbrauchs innerhalb weniger Jahre auf 1,3 Hektar pro Tag zu begrenzen“, ergänzt Merlin Michaelis, Projektleiter Regionalpläne beim BUND SH.
Um die Biodiversität zu erhalten, hat sich die Europäische Kommission das Ziel gesetzt, 30 Prozent der Land- und Meeresflächen zu schützen. Laut aktueller Biotopkartierung stehen in Schleswig-Holstein bisher jedoch nur etwa 11 Prozent der Landesfläche unter Schutz. Deshalb fordert der BUND SH, die Vorranggebiete für den Naturschutz zu vergrößern und auch die Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft besser zu schützen. „Diese naturschutzrelevanten Flächen müssen großflächig und verbindlich ausgewiesen werden. In ihnen muss dem Schutz und der Entwicklung der Biodiversität unbedingt Vorrang eingeräumt werden,“ so Bini Schlamann, Referentin für Agrar- und Biodiversitätspolitik beim BUND SH.
Mit der Darstellung von Vorranggebieten für den Küstenschutz und die Klimafolgenanpassung im Küstenbereich wird in den Regionalplänen lediglich eine Maßnahme als Reaktion auf den Klimawandel verankert. „Dringend erforderlich ist es aber auch, Maßnahmen zum biologischen Klimaschutz auf dem Festland zu formulieren, beispielsweise durch Vorgaben zum Umgang mit den Böden, die in den Landschaftsrahmenplänen ausgewiesen worden sind. Ebenso wären Flächen zur Waldaufforstung, zur Grünlandausweitung und solche zu gezielten Grundwasserstandsanhebungen in die Regionalpläne aufzunehmen, um Kohlendioxid zu binden und dauerhaft festzulegen“, so Michaelis abschließend. Soweit die Presseerklärung des BUND SH.

Die Gefahr des Rückdrängens der Natur ist groß. Hier einige Beispiele:

• Die Gemeinde Dänischenhagen plant die Erweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets Lehmkaten (Dänischenhagen-Altenholz-Kiel) um 19 ha und es wurde bereits im neuen Regionalplan aufgenommen. Die Fläche wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Ackerland wird aber als geringwertiger eingeordnet und soll dem Gewerbegebiet weichen. Das geplante Gewerbegebiet liegt in einem historischen Grünzug, der mit dem östlich der B 503 gelegenen Landschaftsschutzgebiet Heischer Tal bis hin zur Förde verbunden und Teil eines im Landesentwicklungsplan ausgewiesenen Grünzuges ist und grenzt die bestehende Grünzäsur Richtung Ostsee weiter ein. Der Erhalt von unzerschnittenen Räumen, wie es im Landschaftsrahmenplan vorgegeben wird, ist wichtig. Die Fläche ist eine typische Kulturlandschaft die zukünftig naturverträglicher genutzt werden könnte, um sie als Übergang in ein zukünftiges Landschaftsschutzgebiet mit einer besonderen Erholungseignung zu entwickeln. Es geht mit der Gewerbegebietserweiterung wertvolles Ackerland unwiederbringlich verloren, das zukünftig für die wohnortnahe Nahrungsversorgung wichtig sein könnte. Durch den Flächenverbrauch für Gewerbe- und Wohnungsbau entsteht eine zunehmende Flächenkonkurrenz zur Landwirtschaft und eine immer stärkere Verdrängung von Naturlandschaft.

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Wozu gibt es regionale Grünzüge:
6.3.1 Regionale Grünzüge – Grundsätze und Ziele der Raumordnung
- In den Ordnungsräumen (Kapitel 2.2) kommt dem langfristigen Schutz unbesiedelter Freiräume eine besondere Bedeutung zur Sicherung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Siedlungsansprüchen und ökologischer Qualitätssicherung des Raums zu. Daher sind in den Regionalplänen außerhalb der Siedlungsachsen und besonderen Siedlungsräume (Kapitel 3.3 Absatz 5) regionale Grünzüge auszuweisen. Diese dienen als großräumig zusammenhängende Freiflächen
• der Gliederung der Ordnungsräume (Kapitel 2.2),
• dem Schutz der Landschaft vor einer großräumigen Zersiedelung (Kapitel 3.9),
• der Sicherung und Entwicklung wertvoller Landschaftsbereiche (Kapitel 6.2),
• dem Biotopverbund und dem Gewässerschutz (Kapitel 6.2),
• dem Geotopschutz (Kapitel 6.2),
• dem Grundwasserschutz (Kapitel 6.4),
• der Klimaverbesserung und Lufthygiene (Kapitel 6.1) sowie
• der siedlungsnahen landschaftsgebundenen Erholung (Kapitel 4.7).

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• Die Gemeinde Altenholz plant die Erweiterung städtischer Siedlungsbereiche im Nahbereich der Stadt Kiel, hier das Wohnungsbaugebiet „Brammerkamp“. Es beeinträchtigt den bestehenden Grünzug und sollte eher als Schutzgebiet, aber nicht als Siedlungsgebiet ausgewiesen werden. Hinzu kommt, dass die direkt am „Brammerkamp“ befindlichen Moorflächen gefährdet sind, weil durch ein neues Baugebiet das Wassersystem des Moores geschädigt werden könnte. Auch dies Gebiet wurde bereits im neuen Regionalplan als Siedlungsgebiet aufgenommen. Die Gemeinde Altenholz möchte zusätzlich noch einen bestehenden Grünzug zwischen den Stadtteilen Klausdorf und Stift für zukünftige Baumaßnahmen freistellen lassen. Auch hier ist zu betonen, dass Grünzäsuren in der Gemeinde Altenholz unangetastet bleiben müssen. Grünzüge dürfen nicht unterbrochen werden und sind zu erhalten, um die Biotopvernetzung zu ermöglichen.

• Besonders schwierig wird es mit der Stadt Kiel. Sie wenden sich in einer Stellungnahme zum neuen Regionalplan auf der Ratsversammlung am 21.9.2023 gegen zu wenig Freiraum für Wohnungsbau und Gewerbe- und Industriebetriebe und berufen sich auf den Landesentwicklungsplan wo in Kap.2.2 2 G festgehalten wird: „Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe sowie für Wohnungsbau sollen in ausreichendem Umfang vorgehalten werden.“
„Die Landeshauptstadt Kiel hält somit eine Überarbeitung des Regionalplans mit einer räumlich und nach Wohnungsmarktsegmenten differenzierten Bedarfsermittlung sowie eines Abgleichs mit dem durch den Regionalplan ermöglichten Siedlungserweiterungen für erforderlich, um den Wohnungsmarkt in Kiel und im Kieler Umland zu entspannen, somit auch bezahlbares Wohnen zu ermöglichen und die Siedlungstätigkeit auf mit einer nachhaltigen Mobilität Standorten und Bereichen zu fokussieren. Es ist voraussichtlich angeraten, dass das Land dann auch aktiver in die Kommunikation mit Gemeinden treten, die potenziell einen signifikanten Beitrag zum Wohnungsmarkt leisten könnten, um unter Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit eine gute Entwicklung der Region zu befördern.“
Als Konsequenz fordert die Stadt Kiel deshalb z.B. für die Wohnungsbaumaßnahmen in Suchsdorf im Regionalplan auf die Ausweisung eines regionalen Grünzugs zu verzichten:
„In regionalen Grünzügen darf planmäßig nicht gesiedelt werden, daher fordert die Landeshauptstadt Kiel, auf die Festlegung eines regionalen Grünzuges im Bereich westlich von Suchsdorf-West zu verzichten. Die Landeshauptstadt Kiel wird gemäß der Stellungnahme zum Entwurf des Landschaftsrahmenplans und gemäß der kommunalen Beschlusslage dafür Sorge tragen, dass den Erfordernissen von Natur und Landschaft in diesem Bereich Rechnung getragen wird.“

Und zu den Interessen der Wirtschaft: „Die Landeshauptstadt Kiel merkt mit Verweis auf die Ergebnisse des regionalen Gewerbeflächenmonitorings des Planungsdialogs Kiel Region und Neumünster an, dass fast im gesamten Planungsraum, aber besonders in Kiel und Umland, bereits heute eine Knappheit an verfügbaren und in Vorbereitung befindlichen Gewerbeflächen besteht.
Gleichzeitig vermisst die Landeshauptstadt Kiel ähnlich des Abgleichs Bedarf und Angebot im Wohnungsbau auch hier ein Abgleich der Ziele im Flächensparen mit den erwarteten Siedlungszuwächsen. Der Landeshauptstadt Kiel ist hier sehr wohl bewusst, dass ein großes Spannungsfeld zwischen dem Bedarf nach neuen Bauflächen und dem Flächensparziel besteht. Dieses Flächensparziel kann aber letztlich nur erreicht werden, wenn mit großer Flächeneffizienz und an den richtigen Orten auch neue, attraktive Entwicklungspotenziale geschaffen werden, auf die sich neben dem vorrangigen Flächenmanagement auf Bestandsflächen die Entwicklung konzentrieren sollte.“

Mit der gefragten Flächeneffizienz ist es allerdings bei der Stadt Kiel nicht weit her, denn bestehende Gewerbeflächen werden garnicht oder unzureichend genutzt (Flughafengelände, ehem. MFG5-Gelände, Industriebrachen in Friedrichsort, Werftgelände). Sogenannte Innenverdichtung findet nicht statt. Stattdessen wurden ohne Not historisch gewachsene Landschaften zerstört und als Gewerbegebiete verschleudert (Bölckestraße Nord). In schlechter Erinnerung ist immer noch die Vernichtung von Kleingartenanlagen für die Ansiedelung von Möbel Kraft. Dass am Stadtrand und entlang der B76/Olaf-Palme-Damm /Theodor-Heuss-Ring ein Gewerbegebiet und Einkaufzentrum nach dem anderen die Stadtflächen besetzen und den Grüngürtel verdrängen, fällt den Stadtplanern in ihrer eigenen Bedarfsanalyse gar nicht mehr auf. Es zählt nur das Interesse der Wirtschaft und die ersehnte Einnahmequelle durch die Gewerbesteuer. Leider sind sich in dieser Frage, wie schon immer in Kiel, alle bürgerlichen Parteien, bis hin zu den Grünen, einig.

Jüngst wurden von der Kieler Wirtschaftsförderung (KiWi) für 80 Mio. das Industriegebiet „StrandOrt Kiel“ mit 34 ha aus der Industriebrache Friedrichsort gekauft, um ein sog. grünes Industriegebiet mit Aufenthaltsqualität zu bauen und man rechnet später mit Einnahmen durch Vermietung und Verkauf der Flächen. Es geht also, aber ob es sich für die Stadtfinanzen lohnt, bleibt fraglich. (Nachtrag Red.: Und wäre dies nicht besser ein Gelände gewesen, wo die Stadt Kiel durch Renaturierung ihre Naturvernichtung durch das neue Gewerbegebiet Bölckestraße Nord hätte ein wenig ausgleichen können?)

Der tatsächliche Bedarf für Industrie und Gewerbe wird nicht offengelegt. Maßlos werden Gewerbegebiete entwickelt ohne die gesellschaftliche Notwendigkeit, den Bedarf an Produkten oder die Klimafreundlichkeit der Produktion zu prüfen. Die CO2-fressende und menschenverachtende Rüstungsproduktion kommt schon gar nicht auf den Prüfstand.
Eine Konversion von Autohäusern in Wohnhäuser könnte z.B. Wohnraum schaffen. Gewerbegrundstücke sollten in öffentlicher Hand bleiben, um zukünftige Umnutzungen oder Renaturierung im öffentlichen Interesse zu ermöglichen.
Wir dürfen gespannt sein, in wie weit der neue Regionalplan SH den Flächenverbrauch eingrenzt und unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhält. (Uwe Stahl)

Karte unten (Quelle: https://www.bolapla-sh.de/ ):
Ausschnitt aus dem Entwurf des Regionalplans 2023 mit dem Kieler Bereich.
Die dicke Linie kennzeichnet die Abgrenzung der Siedlungsachsen. Die senkrechte Schaffur stellt die Regionalen Grünzüge dar.

Karte RegPlan PR II Kiel 2023

Schleswig-Holsteinische Landesregierung:

Bürgerbegehren und Volksinitiative abgeschaltet

Die Landesregierung von CDU und Grünen will die Hürden für das Bürgerbegehren und den Volksentscheid so hoch setzen, dass es praktisch unmöglich wird. Im Innen- und Rechtsausschuss wurde am 15.3.2023 eine letzte Änderung der Gesetzesvorlage zu kommunalrechtlichen Vorschriften (Drucksache 20/377) vorgelegt, die voraussichtlich schon am 22./23. März 2023 im Schleswig-holsteinischen Landtag beschlossen wird.

BUND SH, Mehr Demokratie e.V., attac und weitere 21 Initiativen und Parteien haben in einer gemeinsamen Stellungnahme die Landesregierung zum „Erhalt der politischen Teilhabemöglichkeiten“ aufgefordert. Sie verlangen die Rücknahme der Gesetzesänderungen weil sie erhebliche Verschlechterungen für zivilgesellschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten mit verheerender Wirkung für Umwelt, Natur- und Klimaschutz befürchten.
Wenn die Regierung ihre Gesetzesänderung nicht zurücknimmt, erwägt das Bündnis eine Volksinitiative zu starten, die dann aber auch unter den erschwerten Bedingungen stattfinden müsste.
Am 1.3.2023 haben Mehr Demokratie e.V. und vor allem der BUND SH mit 30 Menschen vor dem Kieler Landeshaus anlässlich der Anhörung am Landtag protestiert und es gab eine überregionale Berichterstattung zu dem Thema. Kai Dolgner (SPD), Lars Harms (SSW) und Jan Kürschner (GRÜNE) stellten sich öffentlich den Fragen des Bündnisses.
Regierung und kommunale Spitzenverbände stützen ihre Begründung für das Änderungsgesetz nicht auf empirisch belegte Begründungen, sondern nur auf „Wahrnehmungen“ nach denen die ehrenamtliche Arbeit der Gemeindevertretungen zukünftig nicht durch Bürgerbegehren behindert werden soll. Auch die Einschätzungen der Juristen in der Anhörung, allen voran des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Verfassungsgerichts Prof. Brünig, lässt darauf schließen, dass die Änderung rechtlich im Rahmen als Zulässigkeit anerkannt wird. Alle drei Oppositionsvertreter Kai Dolgner (SPD), Frank Buchholz (FDP) und Lars Harms (SSW) haben sehr fundiert im Gegensatz zu den fünf CDU-Vertretern die Anhörung genutzt, um die Widersinnigkeit der Änderung hervorzuheben. Die Regierung unter Daniel Günther machte allerdings einen sehr beratungsresistenten Eindruck.

Das Bündnis will jetzt erstmal die Verabschiedung des Gesetzes abwarten. Juristen und Staatsrechtler raten von einer rechtlichen Klage ab, da ein negatives Urteil zu erwarten sei, was ein erhebliches Misstrauen in die bürgerliches Rechtsprechung erahnen lässt. Es wird eine Volksinitiative erwogen, die die Rücknahme der Gesetzesänderungen verlangt oder auf die Landtagswahlen 2027 mit geänderten Mehrheiten gehofft. Insgesamt eine deprimierende Situation in einem Land das nun mit den Stimmen der Grünen den Demokratieabbau betreibt.
Nach Meinung von Mehr Demokratie e.V. gebe es keinen sachlichen Anlass, die Verfahrensregeln bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden einzuschränken. Weder gebe es zu viele Bürgerbegehren noch verlangsamten sie Planungsprozesse. Im Gegenteil: Fast alle Entscheidungen in den Kommunen werden von der Gemeindevertretung gefällt. Bürgerentscheide sind die Ausnahme. In sehr seltenen Fällen kommt es zu Konflikten, die per Bürgerentscheid geklärt werden. „Bürgerbegehren sind ein geordnetes, rechtsicheres Verfahren, um Streit in den Gemeinden schnell beizulegen. Sie schaffen Planungssicherheit. Wer Schlichtungswege abschafft, verhindert keine Konflikte“, heißt es in einer Pressemitteilung von Mehr Demokratie e.V. „Die Landesregierung vergrößert nur die Kluft zwischen Bürgern und Politik mit ihrem Vorhaben. Wenn die Bürger der Politik vertrauen sollen, muss die Politik auch den Bürgern vertrauen“.
Nach ihrem Faktencheck sind seit April 1990 Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Schleswig-Holstein möglich. Bis Oktober 2022 (dem Ende des Untersuchungszeitraums) wurden 520 Bürgerbegehren und 68 Ratsentscheide gestartet. 347 mal kam es zu einem Bürgerentscheid. Die Abstimmungsbeteiligung lag im Schnitt bei 56,3 Prozent.

Aber die Tatsachen sprechen natürlich auch für sich, denn Bürgerbegehren und Volksentscheide haben in der letzten Zeit schon erheblich für Druck auf verfehlte Politik ausgeübt.

Zu erwähnen sei die Volksinitiative zum Schutz des Wassers, die ausgerechnet während der Bundestagswahlen stattfand und erheblich Aufsehen erregte mit landesweiten Plakaten für den Erhalt der Wasserqualität und das Verbot von Fracking in S-H zum Ziel hatte. Der Grüne Umweltminister Habeck fühlte sich schon ziemlich auf den Schlipps getreten, denn er hatte in seiner Regierungszeit in S-H einigen Energiekonzernen die Aufsuchungserlaubnis für Fracking erteilt. Wie schwer es ist, trotz des brisanten Themas in dem Zeitraum von einem Jahr die erforderlichen Unterschriften zu sammeln, haben alle Beteiligten erfahren. Die Initiative schaffte es nicht ganz die erforderlichen 80.000 Unterschriften zu sammeln. Aber der Druck war stark genug, so dass die Landesregierung die wesentlichen Gesetzesänderungen im Wassergesetz übernommen hat. Der Zweck der Volksinitiative das Fracking in S-H zu verhindern wurde zumindest bis heute erreicht.
Das aktuelle Beispiel war das Bürgerbegehren zum Erhalt der Notaufnahme und der Geburtenhilfe der Imland-Klinik in Eckernförde. 67,5% stimmten im Kreis RD/ECK dafür, in Eckernförde und Amt Schlei sogar über 90%. Eigentlich wollte der Kreis RD/ECK das Bürgerbegehren nicht zulassen, weil sich die Bürger angeblich nicht so gut mit den Dingen auskennen. Jetzt hat der CDU-Kreistag RD/ECK das Bürgerbegehren hintergangen indem er die Klinik in Insolvenz gehen ließ und nun die kommunale Einrichtung an einen privaten Klinikkonzern verkauft, der die Notaufnahme und Geburtenhilfe in Eckernförde abschafft.
Jüngstes Beispiel war der Verkauf der Strom- und Gasnetze bei den Stadtwerken Neumünster. Hier hat der Stadtrat unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Privatisierung an E.ON beschlossen, und um ein Bürgerbegehren der Initiative „Unsere SWN – Unsere Netze“ zu verhindern, wurde schnell der Verkauf abgewickelt. Dies nachdem die Initiative 2021 mit einem erfolgreichen Bürgerbegehren den Verkauf die lukrativen Müllverbrennungsanlage an Remondis verhindern konnte. So geht Entdemokratisierung auch und wir dürfen gespannt sein, was die Zukunft bringt. (uws)

Themenbereiche Buergerbegehren SH

Quelle Grafik: „Bericht Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein 2022“, Mehr Demokratie e.V., Landesverband S-H, S. 21, Themenbereiche und Bauleitplanung
www.sh.mehr-demokratie.de (Neuer Bürgerbegehrensbericht Schleswig-Holstein, 6.3.2023)

BUND SH, Mehr Demokratie e. V. und viele andere:

Forderung an die Landesregierung zum Erhalt der Bürgerbeteiligungsrechte

• Koalition hat Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften eingebracht
• Bündnis befürchtet erhebliche Verschlechterung für zivilgesellschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten
• Verheerende Wirkung für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz gefürchtet

Bürgerbeteiligung ist Chance, nicht Störfaktor

Kiel. Zahlreiche Verbände treten nach ihrem Offenen Brief vom Dezember 2022 nun mit Stellungnahmen an die Regierungskoalition heran und fordern sie erneut nachdrücklich auf, von den geplanten Einschränkungen der Bürgerbeteiligungsrechte abzusehen. Die Stellungnahmen stimmen darin überein, dass das Ergebnis desaströs wäre: Bürgerbegehren würden in den Kommunen zukünftig weitgehend verhindert. Da viele dieser Verfahren in der Vergangenheit klimaschutz- und flächenverbrauchsrelevante Themen betrafen, wäre diese Entscheidung von besonderer Brisanz. Auch der Kreistag Nordfriesland hat sich mit den Stimmen von SPD, Grünen, SSW, FDP und der Wählergemeinschaft Zukunft als erste Kommunalvertretung gegen das Gesetz ausgesprochen.
Das Bündnis fordert die Regierungsfraktionen daher auf, ihren Gesetzentwurf zurückzuziehen oder weitgehend neu zu formulieren, um Bürger*innen in Schleswig-Holstein zu ermutigen, ihre Beteiligung an demokratischen Prozessen wahrzunehmen. Falls dies nicht geschieht, erwägt das Bündnis eine Volksinitiative zu starten.

Demokratischer Vorreiter bleiben

„Notwendig ist eine kommunale Beteiligungskultur, bei der Einwände aus der Bevölkerung nicht als störend empfunden, sondern als Teil der Lösung begrüßt werden“, so Dr. Claudia Bielfeldt, Landesverbands-Vorsitzende des BUND SH. „Bürgerbegehren bieten die Möglichkeit für eine frühzeitige, ergebnisoffene und transparente Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe.“ ... „Dass die CDU nun mit Macht dieses Instrument zerstören möchte, passt nicht in eine Zeit, in der ohnehin viele Bürger*innen nicht mehr an eine funktionierende Demokratie glauben. Es ist bedauerlich, dass die Grünen hier nachgegeben haben“, so Bielfeldt weiter. In den letzten Jahren haben dagegen andere Bundesländer die Gesetzgebung zu Bürgerbegehren durchweg bürgerfreundlicher gestaltet. Auch in Niedersachsen und NRW wurde dies in den aktuellen Koalitionsverträgen vereinbart.
Jochen Rathjen, Sprecher von Attac e.V., sieht die Entwicklung ebenfalls kritisch: „Der echte Norden will und soll ein Vorbild der politischen Teilhabe bleiben und kein Negativbeispiel für Demokratie sein.“


Drohende Verschlechterung der Demokratie in Schleswig-Holstein

Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin vom Verein Mehr Demokratie e.V., sieht in den bisherigen Beteiligungsmöglichkeiten kein Problem für die Politik: „Bürgerbegehren sind die Lösung für Interessenskonflikte und nicht das Problem. Im Durchschnitt werden nur 22 Begehren in Schleswig-Holstein pro Jahr eingereicht von denen wiederum mehr als die Hälfte vorab beendet werden, weil ein Konsens zwischen Initiator*innen und Gemeinde- bzw. Stadtrat erzielt werden konnte. Das heißt, es kommt regelmäßig zu einem Dialog und die Zufriedenheit der Bürger*innen mit der Gemeindepolitik verbessert sich.“
Nach den Plänen der Regierung sollen Bürgerbegehren bei Beschlüssen der kommunalen Selbstverwaltung in Zukunft untersagt werden, sofern sie mit Zweidrittelmehrheit gefasst wurden. Dies ist jedoch gerade in den kleineren Gemeinden die Regel und würde zukünftig die allermeisten Begehren formal verhindern. Darüber hinaus sollen die zu sammelnden Unterschriften gegen Gemeinderatsbeschlüsse innerhalb von drei – anstatt wie bisher sechs – Monaten zusammengetragen werden. Dies führt zusammen mit dem zukünftig höheren Unterschriftenanteil und der verpflichtenden kommunalen Kostenprüfung vorab zu einer kaum zu bewältigenden Erschwernis. Außerdem soll eine Sperrfirst von drei Jahren eingeführt werden, in der kein erneutes Bürgerbegehren durchgeführt werden darf. Dies steht im absoluten Missverhältnis dazu, dass die Gemeinde- oder Stadtvertretung ein Bürgerbegehren nach nur zwei Jahren mit einfacher Mehrheit kippen darf.

Teilnehmende Verbände und Institutionen
Aktionsgruppe KLIMA Flensburg, attac, Betreuungsverein Liether Moor, BI Zukunft Eiderstedt, BUND Landesverband Schleswig-Holstein e. V., Bündnis fossilfreies Flensburg, BürgerBegehren Klimaschutz, Bürgerinitiative für Naturschutz im Speicherkoog, Fraktion Solidarische Stadt, Klimabegehren Flensburg, Mehr Demokratie, Merret reicht´s - Aus Liebe zu Sylt, Merret reicht‘s Föhr, Naturfreunde SH, Open Petition, Parents for Future Nordfriesland, SPD, SSW, VCD Landesbüro SH, Zero Waste Itzehoe e.V.

Kontakt für weitere Informationen
Dr. Claudia Bielfeldt, Landesvorstandsvorsitzende BUND Schleswig-Holstein, Mobil: 0152 08 813 592
Claudine Nierth Bundesvorstandssprecherin Mehr Demokratie, Mobil 0178 8 377 377

Gemeinsame Pressemitteilung mit Mehr Demokratie e.V. und  anderen Verbänden und Initiativen vom 31.01.2023

Weitere Informationen
www.bund-sh.de/publikationen/detail/publication/stellungnahme-zum-entwurf-eines-gesetzes-zur-aenderung-kommunalrechtlicher-vorschriften-2023/
www.mehr-demokratie.de/fileadmin//pdf/2023/2023_01_31_MD_Stellungnahme_Bu__rgerbegehren_Landtag.pdf
www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2023/2023_01_31_Stellungnahme_des_Kreises_Nordfriesland_Buergerbegehren_Schleswig-Holstein.pdf

Insolvenz Imland-Klinik:

Städtisches Krankenhaus Kiel will übernehmen

Eigentlich ein unglaublicher Vorgang: Der CDU geführte Kreistag Rendburg-Eckernförde lehnt die Finanzierung und den Erhalt ihrer eigenen kommunalen Klinik in Rendsburg und Eckernförde ab. Und dies obwohl sich in einem Bürgerentscheid die Mehrheit ganz klar für den Erhalt der Klinik in Rendsburg und Eckernförde ausgesprochen hatte. CDU-Landrat Schwemer war der Meinung: „Brauchen wir nicht! Kann privatisiert werden!“

Sie hätten 47 Mio. Euro-Verlust der Klinik aus der vergangenen Unterfinazierung tragen sollen. Aber so ist das eben bei der CDU: Das christliche im Namen, aber in der Praxis menschenfeindlich, wenn es um den Erhalt der gesundheitlichen Daseinvorsorge geht.
Selbst der Wirtschaftskreis Eckernförde, normalerweise eher der CDU nahestehend, appellierte an die ignoranten Kreispolitiker: „Wir sind mehr denn je davon überzeugt, dass wir in Eckernförde ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit Innerer Medizin, Chirurgie und Zentraler Notaufnahmen brauchen.“ (Die Klinikleitung wollte wegen Finanzeinsparungen die Eckernförder Klinik reduzieren.) Rettung- und Transportwege von bis zu 50 km zum nächstgelegenen Krankenhaus seien für die Menschen der Region inakzeptabel und gefährdeten Leben und Gesundheit der Bevölkerung, so der Wirtschaftkreis. Was für eine Erkenntnis, die aber offensichtlich einigen Politkern fern liegt.
Allerdings fordert der Wirtschaftskreis die Privatisierung, denn es sei für jeden Klinikbetreiber sehr attraktiv das Geschäft zu übernehmen. Logisches Unternehmerdenken und die Landesregierung soll dafür investieren. Ca. 700 Kliniken in ganz Deutschland stehen vor diesem Problem, aber wegen Corona konnte die Privatisierung noch nicht überall durchgesetzt werden. Dazu kann man nur sagen: „Gesundheit ist keine Ware!“ Oder doch?
Die Rettung kam am 19.1.2023 aus Kiel. Aus der Kieler Verwaltung wurde der Vorschlag gemacht, dass das Städtische Krankenhaus Kiel (SKK) die Imland-Kliniken in Rendsburg und Eckernförde voll übernehmen und damit in kommunaler Trägerschaft erhalten. Die Kliniken sind bereits jetzt in dem 6-K-Klinikverbund zusammengeschlossen, wo die Einrichtungen in Kiel, Itzehoe, Heide und Brunsbüttel, Neumünster, Bad Bramstedt, Rendsburg und Eckernförde zugehören.
Man darf gespannt sein, ob es dabei zu einem Konsenz im Kreis RD/ECK und der Stadt Kiel kommt. Landrat Oliver Schwemer soll erstmal alle Privatisierungsgespräche abgesagt haben, auch die dazu geplante Sondersitzung am 20.2.2023. Nach einer Meldung der Kieler Nachrichten befürworten alle Kieler Parteien diese Fusion und fordern, dass alle Beschäftigten übernommen werden und sie genauso wie in der SKK-Service-Gesellschaft nach Tarif zu bezahlen. Nur die kriegstreibenden Grünen wollen sicherstellen, dass die Übernahme für den 6-K-Verbund auch profitabel ist. Da sind sie wieder, mit ihrer Gesundheit als Ware. Sollen sie sich doch lieber darum kümmern, dass unsere Gesundheitsversorgung in Zukunft ausreichend finanziell ausgestattet wird. Vielleicht doch ein bischen was aus der Rüstung in die Gesundheit? Wir dürfen gespannt sein, ob die Rettungsbemühungen erfolgreich sind. (uws)

LNG-Terminalschiff in Brunsbüttel:

Landesregierung geht fossilen Irrweg ohne Rücksicht auf Anwohner*innen

Die Landesregierung plant nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe, das schwimmende LNG-Terminalschiff „Höegh Gannet“ noch vor Weihnachten ohne Genehmigung in Betrieb gehen zu lassen.
Der Landessprecher der LINKEN, Luca Grimminger, meint dazu: „Ein LNG-Terminal ohne störfall- und umweltrechtliche Prüfungen in Betrieb gehen zu lassen, ist unverantwortlich. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich das stillgelegte Kernkraftwerk, ein Zwischenlager für hochradioaktive Atomabfälle, ein Chemiepark und eine Müllverbrennungsanlage. Die schwarz-grüne Landesregierung spielt mit der Sicherheit der Anwohner*innen, um ihren fossilen Irrweg durchzupeitschen.“
Die Landesregierung verweist nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe auf eine spätere Verlegung des Schiffes um 80 Meter. Eine Genehmigung sei bis dahin nicht notwendig. Diese Begründung hält auch Landessprecherin Spethmann für einen „Witz“: „Die Landesregierung will verdecken, dass die notwendigen Prüfungen zehn Monate verschleppt worden sind.“
DIE LINKE Schleswig-Holstein positioniert sich seit Jahren gegen den Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel. „Der Überfall Russlands auf die Ukraine hätte einen Schub in Richtung erneuerbarer Energien auslösen müssen. Stattdessen wurden Lieferverträge mit Katar abgeschlossen, die bis 2041 laufen“, meint Grimminger. „Wer solche Infrastruktur baut, hat sich vom Ziel des Landes, 2040 klimaneutral zu werden, verabschiedet. Mit diesen Fehlinvestitionen, die Milliarden in die Kassen der Öl- und Gaskonzerne spülen, muss Schluss sein! Wir brauchen ein massives Investitionsprogramm in erneuerbare Energien und Energieerzeuger in öffentlicher Hand!“

(Presseerklärung DIE LINKE, 6.12.2022)

Offener Brief an Minister Dr. Habeck wegen der Evaluierung des KSpG

Gegen CO2-Endlager: Das Klima lässt sich nicht belügen!

Sehr geehrter Herr Dr. Habeck,
die Evaluation des Kohlendioxidspeichergesetzes ist laut Gesetz bis Ende 2022 vorgeschrieben. Wir wundern uns sehr , dass wir bisher keine Einladung zum Dialog erhalten haben, obwohl wir die maßgebliche Umweltorganisation sind, die seit 2009 den Widerstand gegen die CCS-Technik anführt. Stattdessen nehmen wir mit Erstaunen wahr, dass Ihr Wirtschaftsministerium ohne die gesetzlich vorgeschriebene Evaluation Fördergelder für den Einsatz der CCS-Technik zur Verfügung stellt. Wie Sie aus eigener Erfahrung in Schleswig-Holstein bei der Planung der Stromtrassen wissen, führt nur der Dialog mit der betroffenen Zivilgesellschaft zu Akzeptanz und einer erfolgreichen Umsetzung von Projekten. Mit Ihrem Versäumnis, die Zivilgesellschaft angemessen zu beteiligen, schaden Sie dem Miteinander und der Demokratie in Deutschland.

Laut Auskunft der Bundesregierung zur Verabschiedung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes regelt dieses:
• die Untersuchung des Untergrundes auf seine Eignung zur dauerhaften Speicherung,
• die Errichtung und den Betrieb des Kohlendioxidspeichers,
• die Stilllegung und die Nachsorge des Kohlendioxidspeichers,
• die Übertragung auf die öffentliche Hand nach Ablauf einer 30jährigen Frist.
Inwieweit CCS eines Tages tatsächlich kommerziell und großtechnisch zur Anwendung kommen kann, hängt vom Erfolg der Demonstrationsprojekte ab.

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Offener Brief an die Regierungskoalition in Schleswig-Holstein:

BUND SH und „Mehr Demokratie“ machen sich für ein Bündnis für Bürgerbeteiligung stark 

Kiel. 24 Verbände treten mit einem Offenen Brief an die Regierungskoalition heran und fordern sie nachdrücklich auf, von den geplanten Einschränkungen der Bürgerbegehren abzusehen. Aus Sicht des Bündnisses werden die geplanten Änderungen in Zukunft Bürgerbegehren weitestgehend verhindern – ein wichtiges Element direkter Demokratie wäre damit gefährdet. Die Verbände hoffen auf einen konstruktiven Dialog mit den Gesetzgebern.

„Notwendig ist eine Beteiligungskultur, bei der Einwände nicht als störend empfunden, sondern als Teil der Lösung begrüßt werden,“ so Dr. Claudia Bielfeldt, Landesverbands-Vorsitzende des BUND SH. „Bürgerbegehren bieten die Möglichkeit für eine frühzeitige, ergebnisoffene und transparente Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe.“

In der Vergangenheit haben Bürgerbeteiligungen Verfahren oft beschleunigt, Planungssicherheit gegeben und Konflikte frühzeitig minimieren können. Besonders verheerend wären Einschränkungen für den Bereich Klimaschutz, da die eingereichten Bürgerbegehren speziell hier in den letzten Jahren stark anstiegen.
Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin vom Verein Mehr Demokratie e.V., sieht in der Beteiligung kein Problem für die Politik: „Bürgerbegehren sind die Lösung für Interessenskonflikte und nicht das Problem. Im Durchschnitt werden nur 22 Begehren in Schleswig-Holstein pro Jahr eingereicht. Das heißt, es kommt nur selten vor, dass die Bürger nicht mit der Gemeindepolitik zufrieden sind.“ 

Das Bündnis kritisiert drei Sachverhalte in der Planung: Grundsätzlich sollen Bürgerbegehren bei Beschlüssen der kommunalen Selbstverwaltung untersagt werden (sofern sie mit Zweidrittelmehrheit gefasst wurden). Desweiteren sollen die zu sammelnden Unterschriften innerhalb von drei und nicht mehr sechs Monaten zusammengetragen werden. Zuletzt soll eine Sperrfirst von drei Jahren eingeführt werden, in der kein erneutes Bürgerbegehren durchgeführt werden darf. Im krassen Gegensatz steht dazu, dass die kommunale Selbstverwaltung ein Bürgerbegehren nach nur zwei Jahren mit einfacher Mehrheit kippen darf.
Das Bündnis betont, dass die Devise lauten muss, Verfahren zu vereinfachen und bürgerfreundlicher zu gestalten, nicht die zivilgesellschaftlichen Beteiligungsmöglichkeiten einzuschränken. Der Demokratieverdrossenheit darf nicht noch mehr in die Karten gespielt werden.

Falls die von der Regierung geplanten Änderung so durchgesetzt werden, erwägt das breite Bündnis, eine Volksinitiative einzureichen. Selten bildete sich in so kurzer Zeit ein Bündnis des Widerstands als Reaktion auf ein Änderungsgesetz. Weitere Organisationen, Verbände, Parteien und Privatpersonen wollen sich dem Bündnis anschließen. Der Vorstoß der Landesregierung hat bereits bundesweit Aufmerksamkeit erregt.  (Gemeinsame Pressemitteilung vom 06.12.2022)

Kontakt für weitere Informationen

Ole Eggers, Landesgeschäftsführer BUND Schleswig-Holstein,
Mobil: 0178 63 50 719

Claudine Nierth Bundesvorstandssprecherin Mehr Demokratie,
Mobil 0178 8 377 377

In der letzten Ausgabe haben wir in der LinX bereits den Entwurf des Offenen Briefes veröffentlicht. Hier jetzt der Link zur finalen Version des Offenen Briefes an die Landesregierung.

Kliniken:

Voller Erfolg beim Imland-Bürgerentscheid

Beim Bürgerentscheid am 6.11.2022 für den Erhalt der Notaufnahme und der Geburtshilfe in der Klinik Eckernförde stimmten 67,5 % der Abstimmungsbeteiligten im Kreis Rendsburg-Eckernförde mit JA. Das ist ein großer Erfolg. Noch überwältigender war das Abstimmungsergebnis in den am meisten betroffenen Ämtern Eckernförde (90,3 % Ja-Stimmen) und Amt Schlei-Ostsee (90,1 % Ja-Stimmen). Aber selbst in den Wahlkreisen von Altenholz, die eigentlich schon im Versorgungsbereich des Städtischen Krankenhauses Kiel liegen, gab es 78 % JA-Stimmen.

Bei einer beachtlichen Wahlbeteiligung von 29,5% im Kreis war das für die Kreisverwaltung ein klares Zeichen: „Das hat zur Folge, dass der Bürgerentscheid die Wirkung eines Beschlusses des Kreistages hat. Dieser kann innerhalb von zwei Jahren nur durch einen Bürgerentscheid abgeändert werden. Nun sind verschiedene Maßnahmen zu treffen. Insbesondere die Stellung eines Antrags auf Änderung des Krankenhausplanes sowie die Abänderung des Feststellungsbescheides beim Gesundheitsministerium des Landes Schleswig-Holstein ist nun durch die Imland gGmbH zu veranlassen.“

Dies ist ein großer Erfolg der Bürgerinitiative „JA! im Land! Rette unser Krankenhaus“ (www.buergerentscheid-imland.de):
„Wir erwarten nun, dass die Politik nicht mehr den Willen der Bürger ignoriert, sondern alles daran setzt, dass hier im Altkreis Eckernförde die Grund- und Regelversorgung mit Zentraler Notaufnahme und Chirurgie erhalten bleibt und bereits geschlossene Abteilungen wieder geöffnet werden.“ (Jasmin Wenger, Vertretungsberechtigter der Bürgerinitiative)

Kurz vor der Wahl hatte die Klinik-Leitung noch versucht, die Wahl zu beeinflussen, indem sie für das kommende Jahr mit einem 46-Mio.-Euro-Defizit drohten. Auch die CDU hatte mit einer demagogischen Plakatkampagne versucht die Bürger:innen zu einem NEIN zu drängen, mit Parolen wie: „Weil ein JA zur Schließung der Klinik in Eckernförde führt.“

In einem Brief des Kreistages (mehrheitlich CDU!), der mit den Wahlunterlagen allen Wählern zugeschickt wurde, wurde argumentiert, dass die Klinik nur zukunftsfähig sei, wenn die Kürzungsmaßnahmen in Eckernförde durchgeführt werden. Dies würde angeblich die Arbeitsplätze sichern und mehr Ausgaben für die Klinik würden zur Kürzung im sozialen Bereich führen und beim Klimaschutz fehlen. Erstaunlich, dass ein Kreistag überhaupt das politische Recht hat, die Wahl bei einen Bürgerentscheid zu beeinflussen.

Glücklicherweise haben sich die Wähler nicht von dieser Demagogie aufhalten lassen und sich für den Erhalt der Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen entschieden.

Der Kreis RD/ECK muss im nächsten Jahr mehr als die bereits geplanten sechs Mio. Euro an Zuwendungen bereitstellen, um die Kliniken gut auszustatten und eine evtl. Insolvenz verhindern. Die Ursachen für die Verschuldung der Kliniken liegt vor allem bei der Unterfinanzierung der Kliniken, an der unzureichenden Fallpauschalen-Finanzierung, die sich jetzt verschärfende Situation durch die gestiegenen Energiepreise und dem Mangel an Fachkräften.

Eine Finanzierung über eine Kreisumlage, wie vom Kreistag besprochen, wird hier nicht reichen. An einer ausreichenden Finanzierung der Kliniken durch Bund und Land führt kein Weg vorbei. Auch wenn der Kreis RD/ECK mit Rücklagen von 12 Mio. Euro zu den besser gestellten Kreisen gehört, eine bessere Finanzierung des Gesundheitswesens durch den Bund ist nötig. Insgesamt ist die Unterfinanzierung der Gemeinden und Kommunen eine Ursache für zunehmende Privatisierungen und Einsparungen. Dies ließe sich verbessern, wenn die Kommunen und Gemeinden einen größeren Anteil an der Einkommensteuer (derzeit nur ca. 10-12 %) erhalten würden, auch weil immer mehr Aufgaben den Kommunen (Flüchtlinge, Energiekrise, Klimaanpassungen, Armut) zuschoben werden. Ein Anteil von 20 % an der Einkommensteuer wäre besser, aber dafür müsste auch eine stärkere Besteuerung von Konzernen und Vermögenden durchgesetzt werden.

Der „KlinikVerbund Schleswig-Holstein 6K“ berät jetzt auf einem Kongress in Damp über die Zukunft des Gesundheitswesens. Die Kliniken stehen massiv unter Druck durch die hohen Energiekosten und die Inflation, noch geprägt durch die Einnahmeausfälle durch Corona und der Hoffnung auf zugesagte finanzielle Mittel. Der Vorstandsvorsitzende wies eindeutig darauf hin, dass „die Gesellschaft“ die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen muss, wenn sie eine gute Gesundheitsversorgung für wichtig hält, sonst gäbe es spürbare Einschnitte. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass in Zeiten des Fachkräftemangels Mediziner und Pflegekräfte mit der Dokumentation in ineffizienten EDV-Systemen beschäftigt sind, statt sich um die Versorgung der Patienten zu kümmern. Ein älteres Problem, das sich immer weiter verschärft. „Außerdem ist die Struktur der Krankenhauslandschaft nicht mehr zeitgemäß. Statt durch immer mehr Vorgaben Kliniken auf kaltem Wege aus dem Markt zu drängen, sollte die Politik eine klare Planung vorlegen, welche Leistungen wo erbracht werden sollen.“ Der Verband wünscht sich eine partnerschaftliche Kooperation mit benachbarten Krankenhäusern, um für die Menschen weiterhin wohnortnah eine hohe Qualität in der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Zu dem Verbund gehören neben den Imland-Kliniken, das Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster, das Klinikum Bad Bramstedt, das Klinikum Itzehoe, das Städtische Krankenhaus Kiel und die Westküstenkliniken mit ca. 12.000 Mitarbeiter*innen.

Wir dürfen gespannt sein, ob die Politik das Zeichen der Kliniken und den Einsatz der Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt einer guten Gesundheitsversorgung wahrnimmt und für eine ausreichende Finanzausstattung sorgt.

Das positive Ergebnis und die gute Wahlbeteiligung des Bürgerentscheides ist ein erfreuliches und eindeutiges Warnsignal an die Politik. Im Vorwege gab es eine lange Diskussion über die Zulassung des Bürgerentscheids, weil sich die Bürger ja angeblich nicht so gut mit den Dingen auskennen. Jetzt ist sogar eine Abschaffung des Bürgerentscheids auf Landesebene im Gespräch. Einige Politiker möchten keine demokratische Einmischung in ihre Entscheidungen. Hoffentlich regt sich dazu bald Widerstand. (uws)

Entwurf eines Offenen Briefs an die Regierungskoalition in Schleswig-Holstein:

Bürgerbegehren in Gefahr!

Sehr geehrte Abgeordnete,
mit großer Sorge haben wir die Passage in Ihrem Koalitionsvertrag zur Einschränkung von Bürgerbegehren in den Kommunen Schleswig-Holsteins gelesen. In einer Zeit, in der inzwischen jeder Zweite in Deutschland an der Demokratie zweifelt, ist das genau das falsche Signal. Das Vorhaben der Landesregierung stößt auf großes Befremden, da es dafür nach unserer Kenntnis keine sachlich belegbaren Gründe gibt.
Seit über dreißig Jahren wird die direkte Demokratie in den Kommunen und Ländern kontinuierlich ausgebaut. Von bundesweit 8800 kommunalen Bürgerbegehren wurden in Schleswig-Holstein 590 Begehren seit 1991 eingeleitet. Von diesen kamen nur etwas mehr als die Hälfte auch zum Entscheid. Sollte die Regierung ihr Vorhaben der Einschränkung von Bürgerbegehren umsetzen, wäre das bundesweit eine Wende in der Geschichte des Ausbaus der Beteiligungsrechte. Diese Entwicklung erzeugt daher bundesweit alarmierende Aufmerksamkeit. Deshalb hat sich dieses Bündnis zusammengeschlossen. Wir bitten Sie, von den Einschränkungen der Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein abzusehen.

Anpassung an andere Bundesländer
Die Innenministerin Sütterlin-Waack sprach im November ’22 von einer „Anpassung“ der Regelung an andere Bundesländer. Tatsächlich orientiert sich diese Anpassung aber nicht an Bundesländern mit vorbildlichen Regelungen, sondern an Ländern, welche über sehr restriktive Regelungen verfügen. In den letzten Jahren wurden die Bürgerbegehren in vielen Bundesländern erleichtert – so gab es größere Reformen in Schleswig-Holstein (2013), Baden-Württemberg (2015) und Thüringen (2016). Kleinere Reformschritte gingen Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und – in den Jahren 2018 und 2019 – Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Diese Veränderungen haben durchweg dazu geführt, dass die Zahl der Bürgerbegehren gestiegen ist und die Zahl der unzulässigen Bürgerbegehren abgenommen hat. Während im Saarland zuletzt noch 56,3% unzulässig waren, waren es im vorbildlichen Bayern nur 17,5%!
Der bundesweite Trend geht also zu mehr Verfahrenserleichterung. Gerade haben die unterschiedlichen Koalitionen in NRW und Niedersachsen erhebliche Erleichterungen von Bürgerbegehren in ihre Koalitionsverträge geschrieben.
Erfreulicherweise stieg Schleswig-Holstein nach den Reformen 2013 auf Platz 3 auf im Bundesvergleich der beteiligungsfreundlichen Verfahren. Doch jetzt soll in Schleswig-Holstein die Anpassung nach „unten“ erfolgen?

Zu viele Bürgerbegehren?
In über 1000 Gemeinden in Schleswig-Holstein wurden in den letzten Jahren ca. 25 Bürgerbegehren jährlich eingeleitet. Von diesen Begehren kam nur ungefähr die Hälfte bis zum Bürgerentscheid, weil man sich bereits im Vorfeld einigte, der Antrag vom Gemeinderat übernommen wurde, oder weil das Begehren unzulässig war. Von den tatsächlich zur Abstimmung geführten Begehren gingen etwa die Hälfte im Sinne der Initiatoren aus, so dass insgesamt nur ein Viertel der Initiativen der Bürger dazu führte, dass die Mehrheit im Gemeinderat von den Bürgern überstimmt wurde. Das sind im Jahresschnitt also nur 6-8 Begehren bei über 1000 Gemeinden! Das kann kein Argument für zu viele Bürgerbegehren sein.
Insgesamt spricht diese Praxis in Schleswig-Holstein ein Lob für die Kommunalpolitik aus: In Schleswig-Holstein überwiegt die politische Konsenskultur und es kommt eher selten zu Konfrontationen in den Gemeinden. Wenn allerdings Interessenskonflikte zu Widerständen führen, dann sind Bürgerbegehren ein hilfreiches Rechtsmittel für die Gemeinden, weil sie Konflikte rechtssicher kanalisieren und so zur Klärung und Planungssicherheit beitragen.

Bürgerbegehren und Planungsbeschleunigung
Bürgerbegehren sind durch Fristen zeitlich begrenzt und können binnen weniger Monate zur schnellen Entscheidungsfindung und damit zur Planungssicherheit beitragen. Es gibt viele Beispiele, in denen Bürgerentscheide langwierige Planungsprozesse gerade beschleunigt haben. Aber die beste Planungsbeschleunigung ist die frühe informelle Öffentlichkeitsbeteiligung. Wer früh die Bürger an Planungsvorhaben beteiligt (z.B. durch losbasierte Bürgerräte) verhindert Frust und Protest und damit überhaupt das Entstehen von Widerständen. Frühe Beteiligung verbessert die Planung und bezieht die Kompetenz der ganzen Gemeinde mit ein.
Die von der Regierung gezielt eingesetzte Bürgerbeteiligung ermöglichte beispielsweise Schleswig-Holstein eine erhebliche Verkürzung um Jahre beim Bau der Stromtrassen.

Klimaschutz und Bürgerbegehren
Insbesondere für die Klimaschutzpolitik ist eine Verschlechterung der Bürgerbeteiligung kontraproduktiv. Denn viele Bürgerbegehren in Deutschland drehten sich in den letzten Jahren um das Thema Klimaschutz. Dazu gehörten zunehmend Forderungen z. B. nach einem kommunalen Klimaschutzplan, für zügige Klimaneutralität der Kommune, für den Ausbau des ÖPNV und von Fahrradwegen, aber natürlich auch für und wider den Bau von Windkraftwerken und Solarparks. Die deutliche Mehrzahl dieser Bürgerbegehren hatte nach der Auswertung der bundesweiten Bürgerbegehren-Datenbank der Uni Wuppertal zum Ergebnis, dass sich die Bürgerinnen und Bürger für mehr Klimaschutz ausgesprochen haben.
In Schleswig-Holstein wurden in den letzten fünf Jahren insgesamt nur 8 Bürgerbegehren zur Energiewende eingereicht, von denen sich 6 auf den Bau von PV-Anlagen, bzw. auf deren Umfang und Standorte bezogen. Von einer relevanten Behinderung der Klimaschutzpolitik kann also nicht die Rede sein.

Bauleitplanungen und die geplante 2/3-Regelung
In 6 Bundesländern sind Bürgerbegehren zu Bauleitplanungen ohne Einschränkungen zulässig, in 4 Bundesländern – dazu gehört Schleswig-Holstein – sind sie nur eingeschränkt zulässig, in 6 Bundesländern sind sie gar nicht zulässig. Die Bundesländer mit der aktivsten Bürgerbeteiligung sind Hamburg und Bayern. Grund dafür sind die moderaten Regelungen mit geringer Themeneinschränkung für die Durchführung von Bürgerbegehren.
In Schleswig-Holstein beziehen sich drei Prozent der Bürgerbegehren auf Vorhaben der Bauleitplanung. In den meisten Begehren zur Bauleitplanung geht es nicht um das Ob, sondern um das Wie der geplanten Vorhaben. Leider dürfen in Schleswig-Holstein zur Zeit nur Bürgerbegehren zum Aufstellungsbeschluss, der ersten Stufe der Bauleitplanung initiiert werden. Daher kann nur über die Aufstellung, also das Ob abgestimmt werden, aber nicht über die Ausgestaltung von Vorhaben. Damit werden konstruktive Änderungen durch Bürgerbegehren verhindert. Es wäre also viel sinnvoller, die gesamte Bauleitplanung wie in Bayern und Hamburg für Bürgerbegehren zu öffnen. Das würde die Akzeptanz erhöhen und die Debatten konstruktiver gestalten.
Die geplante 2/3-Regelung dagegen ist keine Verbesserung, sondern eine erheblich Verschlechterung der Situation. Gerade in den kleinen Kommunen wird die Aufstellung der Bebauungspläne meist einstimmig oder mit großer Mehrheit beschlossen, da es meist nur darum geht, wo ein B-Plan aufgestellt werden soll – und noch nicht, wie er aussieht. Die von der Ministerin vorgeschlagene Regelung wäre daher eine erhebliche Verschlechterung und keine Verbesserung.

Einschränkung der Unterschriftenhürden und Abstimmungsquoren
Die heutigen Quoren für die Anzahl der zu sammelnden Unterschriften und die Zahl der Stimmen bei Bürgerbegehren basieren auf den Erfahrungen, dass das Sammeln von Unterschriften und die Beteiligung an Bürgerbegehren in den Städten und Landkreisen schwieriger ist als in den Dörfern und Kleinstädten. An den bisherigen Regelungen gab es bislang keine Kritik – sie haben sich durchweg bewährt.
Wenn jetzt die Koalition die Zahl der zu sammelnden Unterschriften in Neumünster, Flensburg und Norderstedt um 33 Prozent (von 6% auf 8%) und in den meisten Landkreisen sowie Kiel und Lübeck um 25 Prozent (von 4% auf 5%) anheben will, so entbehrt dies jeglicher Begründung. In keiner Kommune gab es eine Vielzahl von Bürgerbegehren, die dazu einen Grund liefern könnte.
Auch die geplante Erhöhung des Zustimmungsquorums für Neumünster, Flensburg und Norderstedt um 33 Prozent (von 12% auf 16%) und in Kiel und Lübeck sowie den meisten Landkreisen um 20 Prozent (von 8% auf 10%) ist unbegründet.

Zu den sonstigen Änderungen
Die Einführung einer Frist von drei Monaten für die Einreichung von kassatorischen Bürgerbegehren (Begehren zu Beschlüssen der Kommunalvertretung) erscheint dem Bündnis vertretbar. Die Bürger haben in der Regel selbst ein Interesse, den Antrag so schnell wie möglich zu stellen, damit die Sperrfrist für Maßnahmen der Gemeinde beginnt. Nicht akzeptabel wäre es, wenn nicht nur das Begehren innerhalb von drei Monaten angezeigt, sondern auch eingereicht werden müsste. Die Unterschriften für ein Begehren innerhalb von drei Monaten zu sammeln wird in größeren Gemeinden und Städten in dieser Zeit kaum möglich sein.
Die Einführung einer Sperrfrist von drei Jahren für Wiederholungsbegehren ergibt dagegen keinen Sinn, da sich innerhalb von drei Jahren die Sachlage erheblich verändern kann. Gar nicht zu akzeptieren ist es, wenn die Sperrfrist nur für Bürgerbegehren gilt, aber nicht für den Gemeinderat. Nach der bisher geltenden Regel können Bürgerentscheide innerhalb von zwei Jahren nur durch einen erneuten Entscheid geändert werden, dieser kann sowohl von den Bürgern als auch von der Kommunalvertretung eingeleitet werden. Das Bündnis würde hier empfehlen auf Sperrfristen jeglicher Art zu verzichten. Die Sachlage kann sich ändern, sodass Bürger wie Kommunalvertretung jederzeit handlungs- und entscheidungsfähig sein sollten.
Wenn Bürgerbegehren zukünftig zur Planungsbeschleunigung beitragen sollten, würde es sich empfehlen auf die Kostenschätzung durch die Kommunalaufsicht für die Einreichung von Bürgerbegehren zu verzichten. Die Erstellung von Kostenschätzungen hat in der Vergangenheit in vielen Fällen zu Verzögerungen von bis zu zwölf Monaten geführt, weil die Verwaltungen diese nicht erbrachten. Viel besser wäre es, wenn in Zukunft die Kostenschätzung durch die Verwaltung erst nach der Unterschriftensammlung und erst zur Abstimmung vorliegen müsste oder sie ganz entfallen würde wie in einigen anderen Bundesländern. Heute ist es so, dass es teilweise monatelang dauert, bis endlich die Kostenschätzung erstellt wird und damit die Unterschriftensammlung in Einzelfällen um bis zu einem Jahr verzögert wird – mit nachteiligen Folgen für die Planungssicherheit der Kommune.
Eine Verlängerung der Frist für die Zulässigkeitsentscheidung durch die Kommunalaufsicht von 6 Wochen auf 2 Monate ist nur dann akzeptabel, wenn sichergestellt wird, dass in der Zwischenzeit keine Fakten durch die Gemeinde geschaffen werden. Deswegen sollte klargestellt werden, dass die Handlungssperre bereits mit der Einreichung des Bürgerbegehrens beginnt und nicht erst mit der Zulässigkeit. Das wäre dann eine Verbesserung.

Fazit
Die vorgeschlagenen Änderungen der Gemeinde- und Kreisordnung sind nach gründlicher Prüfung der Sachlage nicht begründet und führen zu deutlichen Verschlechterungen der Bürgerbeteiligung. Damit würde Schleswig-Holstein im Ranking der Beteiligungsfreundlichkeit bundesweit um mehrere Plätze zurückfallen. Die Landesregierung verfolgt mit den geplanten Änderungen aus unserer Sicht nicht das Ziel, die Verfahren zu vereinfachen und bürgerfreundlicher zu gestalten, sondern sie will die Bürgerbeteiligung einschränken. Dabei übersieht sie die Chancen, die Bürgerbegehren zur Konfliktlösung in den Kommunen und Städten eröffnen. Daher bitten wir Sie eindringlich, auf die geplanten Änderungen zur Einschränkung von Bürgerbegehren zu verzichten. Schleswig-Holstein würde weit über die Landesgrenzen hinaus eine eh schon unter Druck stehende Demokratie mit den falschen Signalen belasten. Nach den uns bereits vorliegenden Reaktionen ist mit einem Widerstand von vielen Menschen und Verbänden, nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern wegen des historischen Wendecharakters auch bundesweit zu rechnen.
Lassen Sie uns gemeinsam bessere Lösungen finden!
Über einen offenen Austausch würden wir uns freuen.

Mit besorgten Grüßen


Liebe Bündnispartner*innen,
zur Unterstützung und Diskussion des Entwurfs des Offenen Briefes lädt der BUND, Landesverband S-H zu einer Videokonferenz am Mittwoch, 23. November 2022, um 19 Uhr ein. Anlass ist der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen vom 9.11.2022 zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften, womit vor allem eine Be- und Verhinderung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Schleswig-Holstein beabsichtigt ist. Das Gesetz soll am 1. Juni 2023 in Kraft treten und würde zukünftig ein Bürgerbegehren erheblich erschweren und in baurechtlichen Dingen unmöglich machen. Der BUND SH konferenz@bund-sh.de lädt zu einem Zoom-Meeting zum Thema Bürgerbegehren ein.

Bisherige Unterstützer*innen:
Claudine Nierth, Mehr Demokratie e.V. Bundesverband
Michael Efler, Bürgerbegehren Klimaschutz e.V.
Claudia Bielfeldt, BUND Schleswig-Holstein
Hermann Schultz, NABU Schleswig-Holstein
Hans-Jörg Lüth, Naturfreunde Schleswig-Holstein
Jochen Rathjen, für die Attac-Gruppen Kiel, Lübeck, Itzehoe, Neumünster und Flensburg
Serpil Midyatli, SPD Schleswig-Holstein
Christian Dirschauer, SSW Schleswig-Holstein
Maybrit Venzke, Kianusch Stender, Jusos Schleswig-Holstein

 

Die finale Version des Offenen Briefes an die Landesregierung am 6.12.2022 siehe hier.

Tarifauseinandersetzungen:

Fünf Tage Warnstreiks im privaten Busgewerbe

Vom 10.10. bis 14.10.2022 streikten die Busfahrer*innen landesweit in Schleswig-Holstein.

„Wir haben den Arbeitgebern acht Verhandlungstermine seit der letzten Verhandlungsrunde angeboten, die alle abgelehnt wurden. Ganz offensichtlich versuchen die Arbeitgeber, auf Zeit spielen und die Nutzer*innen des OVN zum unbeteiligten Spielball zu machen. Das ist inakzeptabel“, so Sascha Bähring, Verhandlungsführer von ver.di Nord. „Wir haben bewusst entschieden, die Ferienzeit für diesen Warnstreik zu wählen, um die Schülerverkehre nicht zu treffen. Für die Zukunft können wir dies aber nicht mehr ausschließen.“

Am 20.09. waren rund 600 Mitarbeitende privater Busunternehmen in Kiel auf die Straße gegangen, um für ihre Forderungen zu demonstrieren.

Die Forderung: 1,95 Euro pro Stunde mehr

Ver.di fordert, dass die Arbeitgeber den Stundenlohn um 1,95 Euro erhöhen. Die Busunternehmer bieten für dieses Jahr 8,5 Prozent mehr an. Was das bedeutet, kann man anhand eines Beispiels deutlich machen: Der aktuelle Einstiegs-Tariflohn für einen Busfahrer im privaten Busgewerbe liegt laut ver.di bei 15,99 Euro pro Stunde. Die Gewerkschaft fordert 1,95 Euro mehr - das entspricht einer Erhöhung von 12,2 Prozent. Fahrer, die schon länger dabei sind, bekommen etwas mehr Geld, da würde die prozentuale Erhöhung etwas geringer ausfallen. Die Arbeitgeber würden, Stand jetzt, aber nur 8,5 Prozent mehr zahlen. ver.di will zudem eine Tariflaufzeit von zwölf Monaten, die Arbeitgeber für 30 Monate. (gst)

JA! im Land – Rette unser Krankenhaus!

JA im Land logo

Szenario 1 garantiert eine hochwertige, wohnortnahe medizinische Versorgung der Region! Deshalb bitten wir Sie um Ihr JA beim Bürgerentscheid am 6. November !

„Gesundheit ist ein hohes Gut. Vermeidung von Krankheit und die Wiederherstellung von Gesundheit gehören zur Daseinsvorsorge des Kreises. Dies gilt es wohnortnah zu bewahren.“ Jasmin Wenger und Olaf Carstensen – Vertretungsberechtigte des Bürgerbegehrens

Erfüllt Szenario 1 die medizinischen Qualitätskriterien? – Klares JA!
- In der imland gGmbH wurde in der Vergangenheit und wird auch gegenwärtig eine hervorragende und qualitativ hochwertige Arbeit geleistet. Beide Standorte erhalten regelmäßig Auszeichnungen.
- Alle Fachbereiche in Eckernförde halten die vom Bundesausschuss vorgeschriebenen Mindestanforderungen ein. Mit über 500 Geburten pro Jahr gilt die Geburtshilfe als erfahren.
- Zentralisierungen erfolgen meist aus betriebswirtschaftlichen Gründen und führen zu einer Verdichtung des Arbeitsvolumens durch Personalabbau und damit Verminderung der Qualität.
- Nur mit einer chirurgischen Abteilung vor Ort wird die Qualität einer Zentralen Notaufnahme und einer 24/7-Versorgung aller Patienten erhalten.
- Die Grund- und Regelversorgung in der Fläche entlastet die Zentren der Spezialisierung. Das trägt zur Qualitätssteigerung und Kostensenkung bei.
- Kurze Wege ermöglichen den Besuchern an der Heilung ihrer Angehörigen mitzuwirken.

„Weg ist weg! Die geplante Amputation des Standortes Eckernförde wäre ein nicht rückgängig zu machender Verlust für die Region. Die von uns geforderte und durch Mitglieder bereits erarbeitete Weiterentwicklung des Status quo (Verknüpfung von ambulanter und stationärer Versorgung; Rotation auf den ärztlichen Weiterbildungsstellen) stärkt die imland gGmbH.“ Ärzteverein Eckernförde mit 170 Mitgliedern

Steigert Szenario 1 die Lebensqualität im Kreis? – Klares JA!
- Die Notaufnahme und Röntgenabteilung in Eckernförde entlastet Rendsburg! Deren Wegfall verschärft die bereits jetzt angespannte Situation für alle Bürger im gesamten Kreis.
- Schul-, Arbeits- und Wegeunfälle müssen wohnortnah versorgt werden. Ein D-Arzt gehört nach Eckernförde.
- Längere Wegstrecken für Patienten, Besucher, Pflegekräfte, Rettungsdienste und Ärzte sind kostenintensiv, anstrengend, umweltbelastend und können vermieden werden.

Die Beibehaltung des Standortes Rendsburg sichert die qualitativ hochwertige psychiatrische Versorgung im Kreis – Klares JA!
- Psychiatrische Patientinnen und Patienten profitieren von den Netzwerkstrukturen, welche sich in und rund um Rendsburg über 30 Jahre hinweg gebildet haben. Diese werden bei einer Verlegung nach Eckernförde durchtrennt und somit die Qualität der psychiatrischen Behandlungen verschlechtert.
- Betroffene haben sich mehrfach an die Presse gewandt und ihre Sorgen, Ängste und Nöte mitgeteilt. Sie fühlen sich im Stich gelassen.
- Der kostspielige Neubau einer psychiatrischen Abteilung in Eckernförde ist unnötig. Das speziell ausgebildete Personal (Ärzte und Pflege) ist in Eckernförde nicht vorhanden.

Kann der Kreis sich Szenario 1 überhaupt leisten? - Klares JA!
- Die Haushaltsexperten des Innenministeriums haben dies geprüft und bestätigt.
- Im KPMG-Gutachten erwirtschaftet Szenario 1 ab 2025 Gewinne in Millionenhöhe.
- Der Kreis Rendsburg-Eckernförde ist für eine solide Haushaltsführung bekannt, hat die letzten Jahre Überschüsse zum Schuldenabbau nutzen können und ist aktuell nahezu schuldenfrei.

„Durch den Koalitionsvertrag und seine Umsetzungen ändern sich die finanziellen Rahmenbedingungen: Zentrale Notaufnahme, Geburtshilfe und Pädiatrie werden finanziell fundiert aufgestellt, um die Krankenhausversor-gung „in der Fläche“ nachhaltig zu gewährleisten. Dies hat Gesundheitsminister Prof. Lauterbach bestätigt, als er in Eckernförde war.“ Dr. Lars Chr. Kyburg – International tätiger Krankenhausplaner und Gesundheitsökonom

Dezentrale wohnortnahe Krankenhausversorgung – Klares JA!
- Zentralisierung geschieht auf dem Rücken der Bürger und Mitarbeiter, die längere Wege hinnehmen und die steigenden Kosten der Wegstrecken in Kauf nehmen müssen.
- Erhöhter Arbeitsdruck durch die Schließung kleiner Krankenhäuser verschlechtert die medizinische Versorgung.
- Die Pandemie hat uns gelehrt, auf Ausweichstandorte nicht verzichten zu können.
- Andere Bundesländer (Thüringen und Sachsen) finanzieren bewusst dezentrale Krankenhäuser als Grund- und Regelversorger.

Kleine, gut geführte Krankenhäuser sind attraktiv für medizinisches Personal – Klares JA!
- Ein auf Jahre ausgelegtes und konsequent verfolgtes Ziel schafft Vertrauen für zukünftige Bewerberinnen und Bewerber. Ein positives Image der Klink verbessert die Personalsituation.
- Im Januar 2022 waren nahezu alle Vollzeitstellen der Gynäkologie in Eckernförde besetzt.
- Durch Rotation zwischen den Krankenhäusern - z.B. der Uni-Klinik Kiel, Rendsburg und Eckernförde - ist eine Ausbildung von medizinischem Personal gesichert.
- Gerade für angehende Hausärzte ist die Weiterbildung in einem örtlichen Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit seinem Netzwerk zum Niedergelassenenbereich von großer Attraktivität.

Brauchen wir eine Gynäkologie und Geburtshilfe in Eckernförde? – Klares JA!
- Akute, unklare Unterleibsschmerzen bei Frauen können ohne eine fachgynäkologische Untersuchung nicht zweifelsfrei diagnostiziert werden. Eine zeitliche Verzögerung durch eine notwendige Verlegung kann lebensbedrohlich sein.
- Frauen mit Inkontinenzproblemen wünschen sich eine wohnortnahe Diagnostik und Behandlung
- Szenario 1 und Szenario 5 erfüllen gleichermaßen den Bedarf an 46 Betten für die Geburtshilfe und Gynäkologie im Kreisgebiet. Szenario 5 benötigt ein „Boarding Konzept“, das jedoch von vielen Frauen und ihren Familien so nicht angenommen werden kann. Sie werden vor große Probleme gestellt und Schwangere ggf. unnötig zum Kaiserschnitt gedrängt.

Boarding Konzept: Aufgrund der Gefahren der langen Anfahrtswege sollen Schwangere zwei Wochen vor Entbindung nach Rendsburg ziehen, um auf den Beginn der Geburt zu warten.

„Wir sind in großer Sorge über den Wegfall der Gynäkologie und Geburtshilfe in Eckernförde! Alltäglich erleben wir, was das bedeutet. Das Boarding Konzept funktioniert nicht und ist keine Alternative. Weite Wege in große überfüllte Zentren bieten nicht mehr Sicherheit, ungeplante Geburten auf der Straße gefährden Mutter und Kind und binden Rettungskräfte. Jede werdende Mutter hat das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt und das Recht, den Geburtsort ihres Kindes frei und informiert zu wählen!“ Eckernförder Beleghebammen

Aus all diesen Gründen bitten wir Sie um Ihr JA beim Bürgerentscheid am 6. November !

Aufruf der Initiative JA! im Land – Rette unser Krankenhaus
(www.buergerentscheid-imland.de)

Außen- und Militärpolitik:

„Zeitenwende on tour“ und „nachhaltiges“ Kriegsgerät

Der Vorteil der unterschiedlichen Redaktionsschlüsse von „Gegenwind“ und „LinX“ ist, dass die Möglichkeit eines Updates besteht. Hier folgt jetzt der Nachtrag zu „Im Zeichen der ‚Zeitenwende‘: „Germans to the Front“ (Siehe S. 12 im „Gegenwind“).

Wie aktuell bekannt wurde, will die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) mit einer neuen bundesweiten Kampagne um Akzeptanz für die aktuelle Außen- und Militärpolitik der Bundesregierung werben. Die Kampagne knüpft an die „Zeitenwende-Rede“ an, die Kanzler Olaf Scholz am 27. Februar gehalten hatte. Unter dem Motto „Zeitenwende on tour“ wirbt die Kampagne für eine noch schnellere Militarisierung und eine internationale Führungsrolle Deutschlands. Die Organisatoren planen Veranstaltungen in sämtlichen Bundesländern, in strategisch wichtigen Betrieben und auf der Frankfurter Buchmesse. Regelmäßig auftreten wird, soweit bislang bekannt, Christoph Heusgen, Leiter der MSC, von 2005 bis 2017 und außen- und sicherheitspolitischer Berater von Kanzlerin Angela Merkel.

Die Rüstungsindustrie möchte als „nachhaltig“ anerkannt werden um zusätzliche „Übergewinne“ einzufahren

Die EU will mit neuen Regeln (und damit verbundenen Subventionen) Konzernen Anreize für „nachhaltige Investitionen“ schaffen, genannt „Sozialtaxonomie.“ Den Laien fallen dabei Umwelt, Gesundheitswesen oder Infrastruktur als zu fördernde Bereiche ein.

Diese Befürchtung hat offensichtlich auch die Rüstungsindustrie und meldet - vorauseilend – schon Bedarf an. Der „Arbeitskreis Wehrtechnik Schleswig-Holstein“ im aktuellen Jahresbericht: „Die geplanten (...) Bestimmungen der EU-Kommission (...) stufen die Verteidigung und die Rüstungsindustrie als ‚nicht nachhaltig‘ und ‚sozial schädlich‘ ein. Das hat bereits jetzt zur Folge, dass darauf Bezug nehmend, den Unternehmen vermehrt der Zugang zum Kreditmarkt erschwert oder verwehrt wird.“

Der ehemalige Wirtschaftsminister und FDP-Landtagsabgeordnete Bernd Buchholz fordert daher, dass die Landesregierung sich beim Bund für die Rüstungsindustrie als nachhaltig und sozial einsetzen soll. Denn: „Ob wir in der Lage sind, unsere Bundeswehr richtig auszustatten, hängt im Wesentlichen davon ab, ob unsere Unternehmen in Schleswig-Holstein die entsprechenden Produkte auch herstellen können oder nicht. Und das können sie nicht, wenn sie sich nicht finanzieren können.“
Von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) fordert er ein „Machtwort“ - denn die Landesregierung sei uneins: Die Grünen sind (noch?) dagegen, Wehrtechnik als nachhaltig einzustufen.

Claus Ruhe Madsen (parteilos) will „schnelle und pragmatische Lösungsansätze“ finden. Er will auf Bundesebene dafür werben, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW – die Förderbank von Bund und Ländern – Projekte vorfinanziert. Aber Madsen will auch mit den regionalen Banken sprechen und dabei den Wehrtechnik-Unternehmen den Rücken stärken, wie ndr-online am 12.10.2022 mitteilte. (gst)