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Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

Griechenland vor neuer Privatisierungs- und Entlassungswelle

Derzeit wird den Griechen tröpfchenweise bekannt gegeben, worauf sich die Regierung von Konservativen, Sozialdemokraten und Linksdemokraten Anfang August mit den Kontrolleuren der Troika von EU, EZB und IWF geeinigt hat: auf ein weiteres Ausgabenkürzungs- und Privatisierungsprogramm über insgesamt 11,5 Milliarden Euro.

Die Troika-Kontrolleure hatten nach dem Abschluß ihres letzten Kontrollbesuchs in Athen am 5. August verkündet, daß es »produktive Diskussionen « und »Übereinstimmung über die Notwendigkeit, die Anstrengungen zu verstärken«, mit der griechische Regierung gegeben habe.

Im September wollen die Kontrolleure erneut nach Athen kommen, um zu prüfen, was die Regierung inzwischen davon in Gang gebracht hat. Davon wird abhängig gemacht, wie der Troika- Bericht an die EU- und IWFEntscheidungsgremien im September aussehen wird.

Eine »positive« Bewertung der Troika ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem EU- »Rettungsschirm« an Griechenland zur Bezahlung fällig werdender Kredite von in- und ausländischen Banken und Finanzkonzernen und der dabei aufgelaufenen Zinsen. Andernfalls müßte der griechische Staat seine Zahlungsunfähigkeit erklären.

Um dies zu vermeiden, werden jetzt offenbar von der griechischen Regierung alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Troika zufriedenzustellen. Als erstes gab Finanzminister Stournaras am 6. August bekannt, daß in Kürze ein neues Gesetz im Parlament beschlossen werden soll, das derzeit noch bestehende »Hindernisse« für die Privatisierung öffentlicher Unternehmen beseitigen soll.

Damit würden 77 Verwaltungsakte zur Erleichterung von Privatisierungen für öffentliche Unternehmen im Bereich des Finanzministeriums, des Infrastruktur-Ministeriums und des Energieministeriums legitimiert.

Laut Angaben der griechischen Nachrichtenagentur ANA gehören zu den zehn ersten Unternehmen, die neu zur Privatisierung vorgesehen werden, der ehemalige internationale Flughafen »Hellenikon « in Athen, die Gas-Vertriebsunternehmen DEPA und DESFA, das für die Olympiade 2004 geschaffenen Olympischen Pressezentrums sowie 48 weitere Immobilien, die sich derzeit noch in öffentlicher Hand befinden, ferner die sehr profitabel arbeitende staatliche Lotteriegesellschaft OPAP und der staatliche Anteil an dem Sportwettenanbieter OPAK. Die Landwirtschaftsbank ATE wurde bereits in zwei Teile zerlegt und der gesunde Teil für 95 Millionen Euro an die Bank von Piräus verkauft. Vorgesehen ist ferner die Privatisierung von Eisenbahnen, der Elektrizitätsgesellschaft DIE und der Sparkassen.

Am 9. August wurde aus Regierungsquellen bekannt, daß neben dem Privatisierungsprogramm auch das Programm zur Entlassung von Staatsbediensteten wieder aufgenommen werden soll, das vor den Wahlen im Mai und Juni aus wohlüberlegten Gründen zeitweise eingestellt worden war. Demnach sollen in diesem und dem nächsten Jahr mindestens 40.000 staatliche Angestellte in die »Arbeitsreserve« versetzt werden, in der sie ein Jahr lang 40 Prozent ihres bisherigen Gehalts bekommen, bevor sie dann endgültig entlassen werden.

Es fällt auf, daß in allen Berichten über die Ergebnisse des Troika-Kontrollbesuchs in Athen nichts mehr zu hören ist von einer »Neuverhandlung« der Sparauflagen für Griechenland, obwohl alle drei derzeit an der Regierung beteiligten Parteien im Wahlkampf erklärt hatten, daß sie sich, wenn se gewählt werden, bei der EU um eine »Erleichterung« bzw. »Streckung« der Sparauflagen bemühen werden.

Dirk Grobe

Donnerstag 23. August 2012