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Die Zukunftsverweigerer

01. April 2011 Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl meinte Ende März in der „Bild“ zur AKW-Katastrophe in Japan, Risiko gehöre zum Leben. Ein Mann von 81 Jahren will uns sagen, wir möchten uns bitte nicht so anstellen, wir sollen damit leben, dass unsere Kinder und Kindeskinder vielleicht mit einer auf viele Jahrzehnten verstrahlten Umwelt klar kommen müssen, wenn an der Elbe ein AKW hochgeht.

Damit die Stromkonzerne noch mal 100 bis 200 Milliarden Euro mit ihren Meilern machen können, sollen wir es hinnehmen, dass sich die Krebsraten dramatisch erhöhen, dass Dutzende Kraftwerksarbeiter wie demnächst in Japan oder hunderte wie einst nach Tschernobyl in der Sowjetunion an der Strahlenkrankheit sterben.  

 

Zum Glück zeigen die jüngsten Demonstrationen, dass sehr viele Menschen die Nase von einem derartigen Zynismus gestrichen voll haben. Sie wollen den Ausstieg aus der Atomwirtschaft, und zwar hier und heute. Die Stromversorgung kann ohne weiteres umgestellt werden und zwar auf Wind, Sonne & Co. Die technische und industrielle Basis dafür ist vorhanden, es fehlt allein am politischen Willen.

Ganz nebenbei: Der Umbau der Energieversorgung könnte auch eine Reanimierung für die Kieler Wirtschaft bedeuten. Gebäudedämmung, die Installation von Solarkollektoren und vielleicht sogar Komponenten von Windkraftanlagen könnten dringend benötigte Arbeitsplätze schaffen. Die Ausgaben der Stadt für ALG II würden sinken. Erzeugung des Stroms vor Ort aus Wind und Sonne würde Steuereinnahmen generieren, am meisten, wenn die Anlagen von ansässigen Bürgern oder von örtlichen Genossenschaften betrieben werden. Wenn man allerdings seine Stadtwerke verscherbelt, dann wird daraus nichts. Auch das Vermieten von Dachflächen der öffentlichen Gebäude an Unternehmen im fernen Berlin ist wenig hilfreich.

Und dass den Lokalpolitikern zur erwogenen Schließung des Marinearsenals nur rückwärts gewandtes, die Tötungsindustrie nostalgisch verklärendes Gejammer einfällt, lässt nicht gerade auf die dringend benötigte ökonomische Phantasie schließen. Dabei bietet das große Gelände doch mit seiner Lage hervorragende Voraussetzungen, dort Windindustrie anzusiedeln. Dann könnte die Stadt, nach dem man 30 Jahre der Erosion ihrer industriellen Basis tatenlos zugesehen hat, vielleicht doch noch Anteil an dem Wind- und Offshore-Boom haben.

(wop)