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Öffentlicher Nahverkehr:

Volle Busse, leere Kassen

01. Juni 2011 Es ist morgens 7.15 Uhr, ich stehe an der Haltestelle und warte auf den Bus mit dem ich zur Schule fahren will. Es ist soweit. Der Bus kommt und ist völlig überfüllt mit SchülerInnen, Auszubildenden und allen anderen, die noch vor acht Uhr entweder bei der Arbeit oder in der Schule sein müssen. So muss auch ich diesen Bus nehmen, wenn ich pünktlich in der Schule sein will.

Der nächste fährt nämlich erst in einer halben Stunde – das ist viel zu spät für mich. Einen Sitzplatz werde ich heute mal wieder nicht mehr bekommen. Mist. Eigentlich wollte ich mir die Vokabeln für den Test in der ersten Stunde noch mal anschauen, aber ich hätte es wissen müssen. Die Busse hier sind insbesondere morgens häufig so voll. Es ist der erste Tag im neuen Monat. Ein neues Monatsticket für mich muss her. Mittlerweile zahle ich jeden Monat fast 40 Euro dafür, jährlich werden es mehr. Seit geraumer Zeit werden die Preise für die Fahrten mit dem Bus systematisch hochgeschraubt. Prozentual gesehen sind davon zwar die Einzelfahrscheine am meisten betroffen, aber für mich als Jugendliche macht es auch einen Unterschied, ob ich 5 ? mehr oder weniger zur Verfügung habe. Dazu kommt, dass ich, seit ich die Oberstufe besuche, mein Busticket vollkommen alleine bezahlen muss und keine Unterstützung mehr dafür bekomme, denn Stadt und Land sind nach beispielsweise Firmensubventionen und der Rekommunalisierung der KVG zu pleite, um allen SchülerInnen und Azubis eine bezahlbare Mobilität zu ermöglichen.
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Meiner Meinung nach müsste der öffentliche Nahverkehr für jede und jeden kostenlos sein, denn um an Kultur und generell dem öffentlichen  Leben teilnehmen zu können, muss man auch mobil sein. Die Privatisierung der KVG vor einigen Jahren und der überteuerte Rückkauf durch die Stadt hat die Situation auch nur verschlimmert – Löhne wurde in dieser Zeit gesenkt, Fahrpreise erhöht und einige Buslinien sogar gestrichen. Eine Freundin von mir hat jetzt angefangen bei der Kieler Verkehrsgesellschaft zu arbeiten. Sie war froh überhaupt noch einen Arbeitsplatz zu bekommen, was heute ja schon keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Allerdings sind die Arbeitsbedingungen bei der KVG auch nicht mehr das, was sie einmal waren. So bekommt jemand, der heute anfängt bei dem Kieler Busunternehmen zu arbeiten, häufig nur noch einen Bruchteil dessen, was ein seit 1997 Angestellter im Monat verdient.
 

Aufgrund dieser Ungerechtigkeit und wegen generell schlechten Arbeitsverhältnissen hat die Belegschaft der KVG im März gestreikt. Wenige Tage später hagelte es Kritik in den Zeitungen. Für die Angestellten allerdings hat sich der Streik gelohnt, es wurden bessere Löhne erkämpft und gemeinsam ein Ziel erreicht. Natürlich war es für mich persönlich nicht schön eine Stunde früher aufstehen zu müssen, um trotz des Streiks pünktlich zur Schule zu kommen, aber es war ja nur ein Tag und für die BusfahrerInnen bedeutet dieser Streik eine längerfristige Verbesserung ihrer Situation.

 

Was ich mir wünsche, ist ein kostenloser Zugang zum öffentlichen Nahverkehr für alle, Busse, die häufig genug auch in den Randgebieten Kiels fahren, und eine Verkehrsgesellschaft, in der die Belegschaft nicht mehr mit Lohndrückerei gespalten wird.

 

(Eine Genossin der SDAJ Kiel)