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Erfolgreiches Volksbegehren in Hamburg:

Unser Netz

01. 09. 2011  Nur drei Wochen hatten die Hamburger Initiatoren der Kampagne „Unser Hamburg – Unser Netz“ Zeit, um die nötigen Unterschriften für die Rekommunalisierung der Versorgungsinfrastruktur in der Hansestadt zu sammeln. Dennoch schafften sie das Ziel mit Bravur. 116.000 Menschen unterschrieben, am 19. Juli gab das Landeswahlamt bekannt, dass damit das Soll von 62.732 gültigen Unterschriften erreicht ist. Nun hat die Hamburger Bürgerschaft bis Ende des Jahres Zeit, entweder das Anliegen des Volksbegehrens zu übernehmen oder einen Volksentscheid einzuleiten.
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Worum geht es? Um die Versorgung mit Gas, Strom und Fernwärme wieder unter öffentliche Kontrolle zu bekommen und um eine ökologische Energiewende zu ermöglichen, sollen die Netze im Zuge der anstehenden Konzessionsverhandlungen den Konzernen abgenommen werden. Wörtlich lautete der Text des Begehrens: „Senat und Bürgerschaft unternehmen fristgerecht alle notwendigen und zulässigen Schritte, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen. Verbindliches Ziel ist eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien.“
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Bild Internetseite: www.unser-netz-hamburg.de
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Die Initiatoren weisen in der Begründung des Begehrens darauf hin, dass sich eine Gelegenheit zur Übernahme nur etwa alle 20 Jahre bietet, wenn die Konzessionen neu vergeben werden. Auch in Schleswig-Holstein ist das in diesem Jahrzehnt in vielen Kommunen und Kreisen der Fall. Derzeit sind in Hamburg die Netze im Besitz von Vattenfall (Strom und Fernwärme) sowie E.on (Gas). Beide Konzerne gehören mit ihren Atom- und Kohlekraftwerken zu den großen Bremsern, wenn es um den Umstieg auf erneuerbare Energieträger geht. E.on verschleppt zum Beispiel in Schleswig-Holstein seit vielen Jahren den Netzausbau, der für eine bessere Integration der vielen Windkraftanlagen an der Westküste notwendig wäre. Vattenfall baut derzeit trotz erheblicher Proteste in Hamburg Moorburg ein 1600-Megawatt-Kohlekraftwerk.

Die Initiatoren hatten die Panikmache von Vattenfall, von der CDU und auch von der alleinregierenden SPD zurückgewiesen, eine Übernahme würde den Hamburger Haushalt zu sehr belasten. Sie verweisen darauf, dass bereits zahlreiche Kommunen die lokalen Netze mit Gewinn bewirtschaften. Auch zwei im Auftrag des Senats erstellte Gutachten hätten die Übernahme empfohlen. Selbst wenn diese vollkommen durch Kredite finanziert werden müsse, ließe sich mit den Netzen noch ein Gewinn erwirtschaften. Derzeit werden in Hamburg für Strom und Gas eine knappe halbe Milliarde Euro an Netzentgelten bezahlt, der Wert der Netze wird hingegen auf 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro taxiert.

Die Initiatoren des Begehrens weisen darauf hin, dass durch die Rekommunalisierung künftig die nicht unerheblichen Einnahmen aus den Netzen in der Stadt blieben. Für das Fernwärmenetz gebe es anders als für Strom und Gas noch nicht einmal eine Aufsichtsbehörde, die die Profite der Konzerne begrenzen würde. Von Bürgermeister Scholz wird gefordert, den politischen Druck auf Vattenfall und E.on zu erhöhen, damit diese die Daten über den Netzbetrieb herausrücken. Diese werden nämlich bisher von den Unternehmen als Geschäftsgeheimnis behandelt wird. Das gleiche gilt übrigens auch für die Höchstpannungsnetze, weshalb die Behauptungen der Betreiber nur schwer überprüf- und einschätzbar sind, durch den Ausbau von Solaranlagen und Windkraftwerken würde die Netzstabilität gefährdet.

Auch die Angstmache in Sachen Arbeitsplätze wird von den Initiatoren, zu denen unter anderem auch ATTAC gehört, zurückgewiesen. Hamburg könne einfach die Betriebe und damit auch die Beschäftigten übernehmen. Bürgermeister Olaf Scholz wird aufgefordert, den Beschäftigten eine verbindliche entsprechende Zusage zu machen. Auch solle er keine Verträge eingehen oder anderweitig vollendete Tatsachen schaffen, die dem Volksbegehren widersprechen. Die Befürchtung ist nicht ganz unbegründet. Scholz hatte bisher den Erwerb eine Minderheitsbeteiligung an den Netzgesellschaften angestrebt.

Alles in allem eine Aktion, die sich zur Nachahmung empfiehlt. In Kiel laufen die Konzessionen 2014 aus.

(wop)
Weitere Infos und Videos zum Volksbegehren in Hamburg: www.unser-netz-hamburg.de