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UN-Klimakonferenz:

Zu wenig, zu langsam

Greta Thunberg, Galionsfigur der Fridays-for-Future-Bewegung, hat es in ihrer erfrischenden Art auf den Punkt gebracht. Die diesjährige UN-Klimakonferenz im schottischzen Glasgow hat aus der Sicht der Klimaschützer, der besonders bedrohten Inselnationen und indigenen Gemeinschaften mal wieder herzlich wenig gebracht. Nichts als „Bla, bla, bla“ eben, wie Thunberg es Mitte November auf Twitter zusammenfasste.

(Bild: Das akut von Zerstörung bedrohte Lützerath im Rheinland. Wenn Deutschland seinen fairen Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels leisten wiill, muss die Kohle unter dem Dorf in der Erde bleiben.)

Das ist aus der Sicht der Klimaschutzbewegung sicherlich richtig. Der Fortschritt ist in den nun bereits seit über 30 Jahren geführten Verhandlungen noch immer eine Schnecke. Die Erde erwärmt sich Zusehens, inzwischen ist klar, dass sich der Meeresspiegelanstieg beschleunigt und der letzte Bericht des UN-Klimarates, des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, hat unter anderem festgestellt, dass ein Meeresspiegelanstieg um bis zu zehn Meter bis zum Ende des Jahrhunderts möglich, wenn auch äußerst unwahrscheinlich ist.

Aber um einen Meter wird das Meer wohl auf jeden Fall steigen. Im globalen Mittel. In einigen Region kann es auch etwas mehr sein, da sich die Rotation und Schwerkraftfeld durch das Abtauen der Eismassen verändern. Besonders in den Tropen, dort wo viele flache Inselstaaten liegen, wird das Meer überdurchschnittlich steigen.

Doch werfen wir einen Blick in die Abschlusserklärung, um die hart gerungen wurde. Mehr als 24 Stunden wurden die zweiwöchigen Verhandlungen am 14. November überzogen, solange wie selten zuvor bei ähnlicher Gelegenheit. Und derlei gab es schon viele. Bereits zum 26. Male waren die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention, 195 Staaten sowie die EU, zusammengekommen. Conference of Parties heißt das Spektakel, daher die Abkürzung COP26.

Bekenntnisse

Dort, wo es besonders unverbindlich bleibt, in der Einleitung des Textes, sind durchaus beeindruckende Bekenntnisse zu finden: zu den Menschenrechten, zur Ermächtigung der Frauen, zur Solidarität mit den Entwicklungsländern, zu den Rechten indigener Gemeinschaften, zur Notwendigkeit, die Corona-Pandemie gemeinsam zu überwinden und zum „Konzept der Klimagerechtigkeit“, das „für einige wichtig“ sei. Letzteres ist indes verräterische Sprache, denn offensichtlich ist Klimagerechtigkeit nicht für alle wichtig.

Auch fehlt es nicht an Anerkennung der wissenschaftlichen Fakten. „Beunruhigung und äußerste Besorgnis“ drücken die Vertreter der Regierungen und der EU angesichts der Tatsache aus, dass „menschliche Aktivitäten bereits zu einer globalen Erwärmung von 1,1 Grad Celsius geführt haben und die Auswirkungen in allen Regionen gespürt werden“. Mit ernster Besorgnis nehme man zur Kenntnis, dass mit jedem weiteren Anstieg der globalen Mitteltemperatur auch die extremen Wettereignisse und ihr Auswirkungen für Mensch und Natur zunehmen, wie der IPCC in seinem jüngsten Bericht festgestellt habe.

(Grafik: Schon 1,1 Grad Celsius. Dargestellt ist die globale und übers ganze Jahr gemittelte Temperatur, unabhängig von einander mit unterschiedlichen Methoden berechnet von sechs verschiedenen Forschungsgruppen. Die Temperatur ist relativ zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dargestellt. Man sieht also, dass es seitdem bereits um etwa 1,1 Grad Celsius wärmer geworden ist.)


Was das konkret bedeutet, haben wir dieses Jahr zur Genüge gesehen: Schwere Hochwasser in Rheinland und in Belgien mit zusammen über 200 Todesopfern und etlichen Milliarden Euro an Schäden, Trinkwasserunruhen im Iran, eine Rekordhitzewelle im Westen Kanadas und im Nordwesten der USA, die Hunderte tötete und massive Waldbrände beförderte, über 20 Tote nach schweren Hangrutschen in Japan in Folge von dramatischen Wolkenbrüchen, eine erneut äußerst verheerende Waldbrandsaisons im US-Bundesstaat Kalifornien, eine Dürre im Südwesten der USA, massive Waldbrände in Sibirien und rund ums Mittelmeer, eine schwere Hungerkatastrophe im Süden Madagaskars, ausgelöst durch eine Dürre, schwere Überschwemmungen in Kapstadt, auf Sizilien, in Shanghai, in New York und an Chinas Gelben Fluss, wo U-Bahn-Tunnel und -Züge vollliefen, und über eine Million Menschen ihre Häuser verlassen mussten, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Erklärung betont, dass „dringend die Ambitionen und die Maßnahmen in Bezug auf Vermeidung und Anpassung vergrößert werden müssen“, und zwar in diesem Jahrzehnt. Die Lücke „zwischen der derzeitigen Entwicklung und dem Ziel der Konvention“ müsse geschlossen werden. In der Konvention war vor nunmehr 29 Jahren vereinbart wurden, dass „ein gefährlicher Klimawandel verhindert“ werden soll.

Rote Linien

Die Lücke ist in der Tat groß und bleibt es auch nach Glasgow. Die von den Staaten vor und auf der Konferenz vorgelegten Selbstverpflichtungen führen in ihrer Summe immer noch bestenfalls in eine im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um 2,4 Grad Celsius wärmere Welt, wie der Climate Action Tracker errechnet hat.

Und auch nur dann, wenn alles wie versprochen umgesetzt wird. 2,4 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau wäre erheblich wärmer als alles, was die Erde in den letzten 10.000 Jahren seit der letzten Eiszeit und dem Beginn der menschlichen Zivilisation gesehen hat. Das wäre sogar mehr, als in der letzte Warmzeit vor etwa 126.000 bis 115.000 Jahren, von der wir wissen, dass sie erheblich und der Meeresspiegel sechs bis neun Meter höher war.

Eine Erwärmung um 2,4 Grad Celsius – oder 1,3 Grad Celsius vom heutigen Niveau – würde das Überschreiten einer ganzen Reihe von roter Linien bedeuten, wie der IPCC bereits 2018 festgestellt hatte. Seinerzeit hatte im Auftrag der Staaten den Kenntnisstand der Wissenschaft zu der Frage zusammengetragen, was eine Erwärmung um mehr als 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau bedeuten würde.

Das Ergebnis war unter anderem, dass jenseits von 1,5 Grad Celsius die Korallenriffe kaum überleben können, was schwerwiegende Konsequenzen für die Fischerei hätte. Die Riffe sind nämlich in den Tropen die Kinderstube für viele Speisefische. Irgendwo zwischen 1,5 und 2 Grad Erwärmung, so ein anderes Ergebnis, gibt es auch die rote Linie für den Amazonas Regenwald. Wird sie überschritten, verwandelt er sich unweigerlich zur Savanne. Ein unermesslicher genetischer Schatz an Artenvielfalt und ein großer Kohlenstoffspeicher gingen verloren. Schließlich haben die meisten großen Eismassen auf Grönland und in der Antarktis ebenfalls im Bereich zwischen 1,5 und zwei Grad Erwärmung ihre Kipppunkte, an denen sie sich unaufhaltsam destabilisiert würden.
Immerhin wurde aber nicht nur betont, dass diese 1,5-Grad-Grenze wichtig ist und daher „beschleunigte“ Anstrengungen unternommen werden müssen, die globale Erwärmung auf sie zu begrenzen. Um das zu erreichen wurde erstmals ein globales Ziel gesteckt.

Die globalen Emissionen sollen bis 2030 um 45 Prozent des Niveaus von 2010 also um rund 15 Milliarden Tonnen jährlich reduziert werden. Das wäre in der Tat ein erster gewaltiger Schritt, und mit dieser Festlegung gibt es nun immerhin eine Messlatte, sowohl für jeweiligen Selbstverpflichtungen der Länder, als auch für die Politik der jeweiligen Regierungen.

(Bild unten: Der Meeresspiegel steigt. Seit Anfang der 1990er Jahre kann er global mit  Satelliten vermessen werden. Aus den dargestellten Daten ist der Jahresgang entfernt. Über den ganzen Zeitraum stieg der Meeresspiegel durchschnittlich, wie mit der geraden Linie dargestellt, um 3,51 Millimeter pro Jahr. Doch der Anstieg beschleunigt sich. Zwischen 2013 und 2021 stieg er bereits um 4,4 mm/Jahr. Das war mehr als doppelt so schnell wie in den 1990er Jahren.)

Vor der Verantwortung gedrückt

Ansonsten ging es in Glasgow auch viel um Geld. In der Abschlusserklärung wird mit Bedauern festgestellt, dass die reichen Länder bisher nicht ihr Versprechen erfüllen, jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Anpassung und Klimaschutz in Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen.

Bis 2020 hätte das geschehen soll, war seinerzeit 2015 in Paris vereinbart worden. Nun heißt es, das Ziel solle 2025 erreicht sein, doch zwischenzeitlich wird der Anpassungsdruck und damit der Bedarf größer, häufen sich Dürren und extreme Niederschläge, werden die von Klimawandel bedingten Unwettern angerichtet Schäden größer.

Das wird auch in der Abschlusserklärung hervorgehoben, dennoch gab es um den Punkt „Loss and Damage“ („Verlust und Schaden“) viel Streit. Die reichen Ländern haben sich mit Händen und Füßen gegen eine Verpflichtung gewehrt, hier zu helfen.
Freiwillig sind sie bereit ein wenig zu geben. Nicht genug, aber ein bisschen. Insbesondere, wenn man nebenbei noch ein Geschäft machen kann. Aber um jeden Preis wollten sie einen Präzedenzfall verhindern, der das Verursacherprinzip in die Klimaverhandlungen eingeführt hätte.

Dieser Punkt wird in den kommenden Jahrzehnten sicherlich an Brisanz gewinnen und ist auch ein wichtiger Punkt für die Klimabewegung in den Metropolen. In manchen Ländern mit geringer Wirtschaftskraft können Unwetterschäden, Dürren und Meeresspiegelanstieg sich zu nationalen Katastrophen auswachsen. Daher ist es wichtig, dass das Verursacherprinzip in den internationalen Beziehungen durchgesetzt wird, und dass Deutschland zu seiner historischen Verantwortung einsteht, wie es Fridays for Future von der neuen Bundesregierung einfordert.

(Bild: Garzweiler II. Ein gewaltiges Loch in der Landschaft. Mehrere hundert Meter tief wird hier auf der Suche nach Braunkohle gegraben. Deutschland ist der weltweit größte Verbraucher dieses klimaschädlichsten aller Brennstoffe.)

Was tun?

Wie könnte nun die Reduktion der globalen Emissionen aussehen. Eine wichtige Rolle spielt natürlich die Kohle. Nach langem Streit hat man sich darauf geeinigt, dass ihr Verbrauch schrittweise verringert werden soll („downphasing“). Gegen die Festlegung auf den vollständigen Ausstieg („outphasing“) sollen sich dem Vernehmen nach China und Indien gesperrt haben. Ansonsten haben sich die beiden asiatischen Giganten festgelegt, ihre Wirtschaft bis 2060 (China) bzw. 2070 (Indien) auf Klimaneutralität zu trimmen.

Hierzulande wird man vermutlich versuchen, sich auf den bereits formulierten Klimaschutzzielen auszuruhen. Zieht man von den aktuellen deutschen CO2-Emissionen 45 Prozent des Niveaus von 2010 ab, kommt man in etwa auf die im Klimagesetz für 2030 anvisierten, knapp 440 Millionen Tonnen CO2-Emissionen (2019 waren es noch etwa 720 Millionen). Doch das ist immer noch viel zu viel. (Siehe Kasten.) Deutschland müsste rascher reduzieren, wenn es seinen gerechten Teil zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beitragen will.

Das würde bedeuten, dass bis 2030 nicht nur der Kohleausstieg vollzogen sein müsste, was im Vergleich zu 2019 etwa 160 Millionen Tonnen im Jahr weniger an CO2 bedeuten würde. Es müssten auch noch die Emissionen des Verkehrs und der Industrie binnen zehn Jahren deutlich mehr als halbiert werden, wobei die Reduktion danach rasch weiter gehen muss.

(Bild: Ein riesiger Bagger frisst sich auf Lützerath zu, das RWE unbedingt abreißen will. Demos und ein Protestcamp versuchen, dies zu verhindern. Ein Bauer klagt, weil RWE seinen Hof bekommen soll, noch bevor das Enteignungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.)

Vergesellschaften

Das ist nicht nur organisatorisch eine Mammutaufgabe, die ohne weitgehende staatlich Eingriffe kaum möglich sein wird. Das wird auch auf erhebliche Widerstände seitens der Energiekonzerne und weiter Teile der Industrie stoßen, die zudem versuchen werden, die Zukunftsängste vieler Menschen für sich auszunutzen.

Natürlich wird an diesem Punkt so klar wie selten, dass es in der kapitalistischen Ökonomie immer nur um den Gewinn geht und Gesundheit und Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung keine Rolle spielt. Auch nicht das Leid, dass schon heute durch die Klimakrise verursacht wird.

Aber statt darüber lang zu lamentieren, sollte die Linke sich schleunigst Gedanken über eine Gegenstrategie machen. Natürlich müssen die erneuerbaren Energieträger und auch Bahn und ÖPNV massiv ausgebaut werden. Die Energieversorgung muss möglichst dezentral gestaltet werden, aus Gründen der Versorgungssicherheit, der demokratischen Kontrolle und um in den Kommunen Einkommen und Steuereinnahmen zu schaffen. Tatsächlich kann die Energiewende einen wichtigen Beitrag zur Hebung der Lebensqualität auf dem Land liefern.

Aber was ist mit den Unternehmen. Eigentlich sind Mobilität und Energieversorgung Teil der Daseinsvorsorge und gehören ohnehin in die öffentliche Hand. Leag und RWE halten schon jetzt die Hand auf und sollen für den Ausstieg auch noch entschädigt werden. Außerdem werden sie sicherlich versuchen, die sogenannten Ewigkeitskosten der Braunkohle – Renaturierung, Sicherung der Bergbauseen etc. – der Allgemeinheit zu überlassen. Da kann man sie doch auch gleich verstaatlichen, zerlegen, für die Energiewende umbauen und allen Beschäftigten dabei eine Arbeitsplatzgarantie aussprechen.

Ähnlich sollte zumindest ein Teil der Automobilindustrie verstaatlicht werden, damit Betriebe im Zuge der Umrüstung auf Elektroautos nicht zerschlagen werden, sondern ihre Infrastruktur und das wertvolle Know-how der Beschäftigten für die Energiewende und den massiven Bau von Schienenfahrzeugen und Bussen genutzt wird. Statt wieder und wieder in Krisen den Konzernen Dutzende Milliarden Euro zu schenken, könnte das Geld auch genutzt werden, um die Mitarbeiter direkt abzusichern, ihre Arbeitszeit zu verkürzen und die Unternehmen unter öffentlicher Kontrolle umzubauen.

Der Berliner Volksentscheid DW-Enteignen hat gezeigt, dass die Vergesellschaftung von Konzernen durchaus mehrheitsfähig sein kann und es wäre nachdenkenswert, wie diese Erfahrung für die Klimaschutzbewegung nutzbar gemacht werden könnte. Die gemeinsamen Aktionen von Fridays for Future mit der Belegschaft eines von der Schließung bedrohten Betriebs von Bosch in München war in diesem Zusammenhang ein erfreulicher Anfang. (wop)


Das kleine Deutschland

„Deutschland kann mit seinen lediglich zwei Prozent Anteil an den Treibhausgasemissionen doch nicht das globale Klima retten.“ So lautet eines der bei Zauderern und Gegnern des Kohleausstiegs, bei Menschen, die mit ihrem Auto verwachsen scheinen, beliebten Argumente. Selbst von FDP-Politikern, den Profis, denen wir den „technologieoffenen“ Klimaschutz überlassen sollen, ist derlei noch in jüngster Zeit zu hören gewesen.
Natürlich ist das Argument, wie so viele andere in dieser seit mindestens 30 Jahren geführten Debatte, vorgeschoben, dient lediglich dazu, die wirtschaftlichen und politischen Interessen zu kaschieren. Zu groß ist noch immer die Macht der mit der Landespolitik verwobenen Konzerne wie RWE oder noch größer des Automobilsektors, der durch die Ausrichtung aller Verkehrswege auf die Nutzung des privaten Pkw, einen erheblichen Teil der Bevölkerung in Geiselhaft genommen hat.
Dennoch lohnt es sich kurz einen Blick auf die vielen Aspekte zu werfen, unter denen das oben angeführte Scheinargument falsch ist. Zum einen ist Deutschland innerhalb der EU der größte Treibhausgasemittent. Mehr als doppelt so viel CO2 wie in Polen, Italien oder Frankreich wurden hierzulande 2019 in die Luft geblasen. Auch im weltweiten Vergleich stoßen nur sehr wenige Staaten mehr Klimagase aus. Soll die Klimakrise eingedämmt werden, müssen die Emissionen weltweit eingestellt werden. Nicht nur die der aller größten Emittenten.
Zum zweiten werden in Deutschland jährlich pro Kopf 8,7 Tonnen CO2 in die Luft gepustet. Im globalen Durchschnitt sind es hingegen nur 4,6 und in China und Indien, auf die so gerne mit dem Finger gezeigt wird, 7,6 bzw. 1,4 Tonnen pro Kopf und Jahr. Zum Dritten importiert Deutschland sehr viele Lebensmittel und Konsumgüter. Die bei deren Produktion anfallenden Emissionen werden anderen Ländern zugerechnet, gehen aber eigentlich auf unser Konto.
Zum vierten schließlich ist das „kleine Deutschland“ historisch betrachtet der sechstgrößte Treibhausgassünder. Nur die USA, China, Russland haben in ihrer Geschichte mehr CO2 verursacht. Rechnet man diese historischen Emissionen auf die Bevölkerung um, so kommen auf jeden heute lebenden Deutschen etwas mehr als Tausend, auf jeden Chinesen jedoch nur rund 150 Tonnen CO2.
Dazu muss man wissen, dass nur rund die Hälfte des durch die Verbrennung von Kohle, Erdgas und Erdölprodukten sowie in der Zementproduktion und durch Entwaldung freigesetzte CO2 von den Ozeanen und der Biosphäre aufgenommen wird. Der Rest verbleibt hingegen für einige Jahrtausende dort. Mit anderen Worten: Das Klimagas reichert sich dort an. Von 270 ppm (parts per million, Teile pro Million) ist der CO2-Gehalt der Luft inzwischen auf rund 415 ppm angestiegen.
Nun ist in Glasgow vereinbart worden, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent des Niveaus von 2010 also um rund 15 Milliarden Tonnen jährlich reduziert werden sollen. Für Deutschland würde eine solche prozentuale Reduktion in etwa dem im Frühjahr im Klimaschutzgesetz fixierten entsprechen. Wir würden damit also lediglich einen durchschnittlichen Beitrag leisten und außer Acht lassen, dass Deutschland als Industrieland eigentlich Platz für Entwicklungsländer lassen müsste, wie es 1992 in der Klimarahmenkonvention vereinbart worden war.
Wenn wir uns mit unserem bestehenden Klimaschutzziel begnügen, bliebe unberücksichtigt, dass für den hiesigen Konsum im erheblichen Umfang Treibhausgase in anderen Ländern freigesetzt werden. Außerdem würden die Emissionen eines zum Brötchen kaufen genutzten SUV mit denen eines für die Bewässerung in der Sahel-Zone oder für die Versorgung einer Dorfambulanz in Kenia genutzten Dieselgenerator gleichgesetzt. (wop)