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Atommüll:

Aus für Zwischenlager in Brunsbüttel

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01. Februar 2015 Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 16.1.2015 letztinstanzlich entschieden, dass die Genehmigung für das atomare Zwischenlager am Atomkraftwerk Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) nichtig ist. Damit dürfen hoch radioaktive Brennelemente dort nicht gelagert werden. Das Gericht bestätigte damit die Aufhebung der Genehmigung durch das Oberverwaltungsgericht Schleswig (OVG) vom Juni 2013.

In dem Verfahren vor dem OVG vor knapp zwei Jahren ging es um eine bereits 2003 erteilte Genehmigung, dort abgebrannte Brennelemente zwischenzulagern. Gleich hinter dem Reaktorgebäude des AKW steht das Zwischenlager am Rand des Werksgeländes. Ein senffarbener Block mit Wänden aus 1,20 Meter dickem Stahlbeton. Ab 2006 wurden hier die ersten Behälter eingelagert. Die Genehmigung war vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erteilt worden. Dagegen hatte ein Anwohner geklagt – und vor dem OVG Recht bekommen. Die Richter urteilten damals, dass nicht ausreichend geprüft wurde, ob das Lager am AKW Brunsbüttel sicher vor terroristischen Angriffen ist. Außerdem kritisierten sie, dass die Risiken eines gezielten Absturzes eines großen Flugzeuges wie des Airbus A380 ausgeblendet worden seien. 

Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) bewertete den Leipziger Urteilsspruch als „kleines Erdbeben“ für die Atomdebatte. „Wir haben jetzt ein nicht genehmigtes Zwischenlager“, sagte er. „Aber eine genehmigte Lagerstätte, an welcher der Kernbrennstoff sicherer gelagert werden kann als im Zwischenlager Brunsbüttel, gibt es nicht.“ Deshalb dulde er die weitere Lagerung. Dies sei notwendig, damit es keinen rechtlosen Raum gebe. Die Atomaufsicht habe keine Erkenntnisse, dass das Lager in Brunsbüttel unsicher wäre. Er entschied per Anordnung, dass die weitere Einlagerung der neun Castoren in Brunsbüttel für drei Jahre geduldet wird, weil es keinen Alternativstandort gebe. Bis dahin müsse der Betreiber Vattenfall eine rechtlich einwandfreie Lösung finden.

Doch damit nicht genug. Neben den Schwierigkeiten bei der Suche nach Zwischenlagern, fehlt in Deutschland auch nach wie vor ein Standort für ein mögliches Atommüll-Endlager. Mit dem Beschluss des Bundesgerichts dürfen auch die sich derzeit in den Reaktordruckbehältern der AKWs befindlichen Brennelemente - ihre Menge entspricht der Kapazität von elf bis zwölf Castoren - nicht in das Zwischenlager gebracht werden. Gleiches gilt für die 26 Castoren, die Deutschland in den nächsten Jahren aus Großbritannien und Frankreich aufnehmen muss.

Nach Habeck sei jetzt der Bund in der Pflicht, für jeden Zwischenlager-Standort in Deutschland aktuelle Untersuchungen zum Risiko von Flugzeugabstürzen oder Terrorangriffen in die Wege zu leiten. In Deutschland gibt es an zwölf AKW-Standorten bauähnliche Zwischenlager.

Immer deutlicher wird, dass die von der Atomindustrie verursachten Atommüllprobleme der Politik über den Kopf wachsen. Fast 2.000 entdeckte Fälle von verrosteten oder anderweitig beschädigten Behältern verzeichnen die Behörden in den vergangenen Jahren deutschlandweit. Die zuletzt im AKW Brunsbüttel entdeckten durchgerosteten Fässern mit Atommüll sind demnach nur die Spitze des Eisberges. Insgesamt lagern rund 85.000 Behälter mit schwach- und mittelradiaktiven Abfällen in deutschen Kernkraftwerken, Zwischenlagern und Landessammelstellen. Über ihren Zustand gibt es keine offizielle Übersicht.

Im Mai 2014 ging die Atommüllkommission der Bundesregierung an den Start. Das Gremium soll Empfehlungen für die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Abfall erarbeiten. Bislang hat sich die Kommission aber vor allem mit sich selbst beschäftigt. Die meisten Gruppen aus der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung hatten eine Mitarbeit in der Kommission ohnehin abgelehnt. Die Endlagersuche dürfe nicht auf eine Lagerstätte für die stark strahlenden Abfälle verengt werden, argumentierten sie. Das Atommüllproblem sei viel umfassender - in einer im Herbst 2014 veröffentlichten Bilanz machten Aktivisten rund 100 Standorte in Deutschland bekannt, an denen Atommüll lagert oder produziert wird. In der kommenden Woche will die Atommüllkommission nun im Lichte des Leipziger Urteils beraten, wie es mit der Erarbeitung eines Entsorgungskonzepts weiter gehen soll.

Zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die endgültige Aufhebung der Genehmigung für die Castor-Lagerhalle am AKW Brunsbüttel erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt: „In die Lagerhalle in Brunsbüttel hätten niemals Castor-Behälter eingelagert werden dürfen, weil das Gebäude nicht ausreichend gegen Flugzeugabstürze gesichert ist. Deshalb hat das Urteil nicht nur Folgen für diesen einen Standort. Die Zwischenlager an den anderen Atomkraftwerken sind baugleich und damit genau so gefährdet wie Brunsbüttel.

Damit ist das ganze Entsorgungskonzept für die deutschen AKW in sich zusammengebrochen. Es gibt weder einen sicheren Platz für die langfristige Lagerung noch einen sicheren Platz für die Zwischenlagerung. Als Konsequenz aus dem Urteil muss der Betrieb der neun noch laufenden Atomkraftwerke endlich eingestellt werden, damit nicht noch weiterer Atommüll produziert wird, von dem niemand weiß, wohin damit.“

text/foto: gst