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Ausblick auf die Tarifkämpfe 2016

IG Metall

01. Februar 2016 In diesem Jahr stehen zahlreiche Tarifkämpfe an, in denen die Auseinandersetzung über Lohnhöhe, Arbeitszeit  und Sozialstandards geführt werden wird. Den Anfang macht der Öffentliche Dienst bei Bund und Gemeinden (ÖD), bei dem der bestehende Tarifvertrag schon zu Ende Februar gekündigt wird, die Metall- und Elektroindustrie folgt dann im März. Wichtige Bereiche, in denen 2016  ebenfalls eine neue Tarifrunde ansteht, gehören die Deutsche Telekom, die Deutsche Bahn, die Chemieindustrie, das Bauhauptgewerbe, das Bankgewerbe sowie die in ver.di organisierte Druckindustrie.

Öffentlicher Dienst (Bund und Gemeinden)

Im ÖD-Bereich, wo - anders als in der Industrie - Streiks für die Bevölkerung oftmals schnell spürbar sind und somit unmittelbar zum Politikum werden können, rüstet man sich bei ver.di auch inhaltlich auf den vorprogrammierten „Konflikt“. So wird der vermeintliche „Sach- und Sparzwang“ knapper öffentlicher Kassen mit Sicherheit für die öffentlichen Arbeitgeber das Hauptargument gegen kräftige Lohnzuwächse sein. Dem hält ver.di entgegen: Die Bundesregierung müsse endlich für bessere Kommunalfinanzen sorgen was angesichts der sprudelnden Mehreinnahmen im Bundeshaushalt 2015 ein Leichtes wäre. Sozial angemessen wäre zudem die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Für weiteren Konfliktstoff in der Tarifrunde dürfte auch die Absicht der kommunalen Arbeitgeber bilden, die Betriebsrenten zu kürzen. Der Öffentliche Dienst der Länder bildet seit Jahren einen separaten Tarifbereich mit unterschiedlicher Laufzeit. Hier ist der nächste Kündigungstermin erst in einem Jahr - am 31. Dezember 2016. Jahrzehntelang wurden die ÖD-Tarifverhandlungen für Bund, Länder und Gemeinden sowie die einstigen Bundesbehörden Bahn, Post und Telekom zentral geführt, was die gewerkschaftliche Gegenmacht erheblich gestärkt hatte.

IG Metall (Metall- und Elektrobranche)

Für die IG Metall (IGM) gehe es in der Metall- und Elektrobranche mit ihren rund 3,8 Millionen Beschäftigten aller Voraussicht nach ausschließlich um mehr Geld, sagte unlängst der neue IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann. Zwar hatte er beim Gewerkschaftstag im Oktober 2015 auch eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung zu einem Schwerpunkt erklärt – doch darüber werde man 2016 zunächst in der Organisation diskutieren und einen tarifpolitischen Zielkatalog aufstellen. So setzt sich bei der IGM offenbar auch in der kommenden Tarifrunde der Trend der letzten Jahre fort, sich eher zurückhaltender zu geben. Die letzte offensiv geführte westdeutsche IGM-Streikbewegung für den Einstieg in die 35-Stunden-Woche liegt gut drei Jahrzehnte zurück. 2003 musste der ostdeutsche Streik für die 35-Stunden-Woche abgebrochen werden, weil die gesamtgewerkschaftliche Solidarität fehlte.

Tarifflucht

2015 verzeichneten die Statistiker in Deutschland Rekordwerte bei Streiktagen und Streikenden wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Überragend waren dabei die Arbeitskämpfe in den Sozial- und Erziehungsdiensten und bei der Deutschen Post sowie Streiks beim Versandhändler Amazon, der Deutschen Bahn und der Lufthansa. Den Löwenanteil der Streikbewegung erbrachte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass quer durch nahezu alle Branchen seit den 1990er Jahren die anhaltende Tarifflucht der Betriebe den Gewerkschaften zu schaffen macht. Jüngstes Beispiel ist der  angekündigte Austritt der -real-Warenhäuser aus dem Flächentarifvertrag. Für Millionen Arbeitnehmer bringt dies in aller Regel schlechtere Einkommen, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und Sozialleistungen. Mit dieser Erosion ist schleichend teilweise eingetreten, was der damalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, 2003 verkündet hatte: „Man müsste Lagerfeuer machen und die ganzen Flächentarifverträge verbrennen.“ Allerdings konnten in etlichen Betrieben durch einen zähen „Häuserkampf“ auch Tarifflucht verhindert und der Flächentarif erhalten werden. Ob das von der Mehrheit im DGB begrüßte neue Tarifeinheitsgesetz der Bundesregierung das Streikrecht und die Kraft der DGB-Gewerkschaften zur Aushandlung guter Flächentarifverträge tatsächlich auf Dauer verteidigt, darf bezweifelt werden.

 

(gst)