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Das Kieler Griechenland-Soli-Komitee zur Bundestagswahl

01. September 2017 „Wie geht’s den Griechen?“ lautete die Überschrift einer ganzseitigen Reportage der „Kieler Nachrichten“ am 3. August 2017. Ihr Fazit: „Sieben Jahre Sparkurs und Rezession haben die Menschen in die Knie gezwungen. Sie verspüren keinen Hauch von Aufschwung.“ Am Beispiel von Einzelschicksalen wird die desaströse Lebenslage griechischer Bürger geschildert. Über die Gründe, die dazu geführt haben, erfährt der Leser leider wenig.

Neoliberale EU-Krisenpolitik zu Lasten der Bevölkerung

Die immer weitere Verelendung großer Teile der griechischen Bevölkerung ist das Resultat einer Politik der EU unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesregierung und ihres Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU). An dem EU-Mitglied Griechenland wird seit nunmehr sieben Jahren exemplarisch eine „Schockstrategie“ der EU zur Anwendung gebracht: Als Warnung an all jene EU-Staaten, deren Volkswirtschaften ebenfalls infolge der durch Lohndumping und Sozialabbau erzielten Wettbewerbsvorteile und hohe Exportüberschüsse der reichen EU-Mitglieder (allen voran Deutschland) „ausgeplündert“ wurden, ja den „guten Ratschlägen“ zu folgen und in ihren Ländern „freiwillig“ Politik nach Art der Agenda 2010 durchzusetzen.

Durch die Auflagen der sogenannten „Troika“ (Internationaler Währungsfond, Europäische Zentralbank, EU-Kommission) wurden in Griechenland wesentliche soziale Standards außer Kraft gesetzt: Das Recht auf tarifliche Kollektivverhandlungen wurde ausgesetzt, Massenentlassungen wurden leichter möglich gemacht, neue Rentenkürzungen wurden durchgesetzt - für viele Rentner und ihre Familien etwa 25 Prozent des Einkommens.

Deutschland macht durch die „griechische Finanzkrise“ 1,34 Milliarden Euro Kasse

Die sogenannten „Rettungsmilliarden für Griechenland“, die öffentlich so gerne für eine angebliche EU-Solidarität gegenüber Griechenland herhalten müssen, flossen zu über 90 Prozent in den Schuldendienst Griechenlands gegenüber international agierenden Banken. Darüber hinaus ist besonders beschämend, dass der deutsche Fiskus mit Hilfe von Darlehen und Staatsanleihen einen Milliardengewinn aus der griechischen Schuldenkrise zieht. Demnach belaufen sich die deutschen Profite aus Finanzgeschäften mit Griechenland mittlerweile auf rund 1,34 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass deutsche Firmen vom in der Krise erzwungenen Ausverkauf griechischen Staatseigentums profitieren. Wichtige Privatisierungsobjekte in den Augen deutscher Investoren sind Häfen, die Post, die Telekommunikationsgesellschaft, der Athener Flughafen, die Gaswerke, die Bahn, Autobahnen und die Athener Wasserwerke. Nicht nur, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Poker um Kredite für Athen einen Privatisierungsfonds durchsetzte. Auch Hessens Landeschef Volker Bouffier intervenierte schon mal höchstpersönlich, damit die Flughafenbetreiber von Fraport sich 14 griechische Flughäfen unter den Nagel reißen konnten. Denn die Forderungen der Kreditgeber nach einer rigorosen Privatisierungspolitik waren nicht allein von „allgemeiner“ neoliberaler Ideologie getrieben, sondern auch von massivem Eigeninteresse, dem eigenen Kapital das eine oder andere Schnäppchen zuschanzen zu können.

Deutschland schuldet Griechenland 269,5 Milliarden Euro Entschädigungszahlungen

Die Frage nach Entschädigungszahlungen für die Zeit der Besatzung Griechenlands durch die faschistische Wehrmacht betrifft seit Langem die deutsch-griechischen Beziehungen. Die griechische Regierung bezifferte ihre Forderung zuletzt auf 269,5 Milliarden Euro. In den 1940er Jahren besetzte das faschistische Deutschland Griechenland und verübten zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung.

Kaum fassbar ist der Zynismus, mit dem die Politiker der Bundesrepublik auf die berechtigten Reparationsforderung Griechenlands, aber auch anderer Länder (wie Jugoslawien, Polen, Italien usw.) reagierten: Zunächst hieß es bis 1990: man müsse erst einen Friedensvertrag abwarten, vorher könne man nichts regeln. Nach 1990, als mit dem 2+4-Vertrag ein völkerrechtlich als Friedensvertrag (unter Ausklammerung der Reparationsfragen) zu wertendes Abkommen abgeschlossen worden war, erklärte man dann frech: Nun sei es zu spät für Reparationsforderungen. Als dennoch z. B. aus Griechenland und Polen die berechtigten Reparationsansprüche geltend gemacht werden sollten, wurden diese Länder von der Bundesrepublik massiv erpresst.

Schluss mit der weiteren Erpressung der griechischen Regierung

Die griechische Regierung hat den jüngsten von Berlin und Brüssel erzwungenen Kürzungsprogramme notgedrungen zugestimmt. Diese sehen u.a. vor: Das ohnehin auf nur zwölf Monate beschränkte Arbeitslosengeld wird gekappt. Die Renten werden weiter reduziert – um bis zu 18 Prozent. Griechische Rentner hätten dann seit 2010 in etwa die Hälfte ihrer Einkommen verloren. Willkürliche Massenentlassungen werden dafür vereinfacht.

Dabei zeigt die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, dass die von Berlin dominierte EU-Krisenpolitik nicht nur gescheitert ist, sondern das Land immer mehr in den Ruin treibt: Das griechische Bruttoinlandsprodukt ist von rund 226 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf rund 176 Milliarden Euro im Jahr 2016 abgestürzt; gleichzeitig ist die Verschuldung von 125 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2010) auf 184 Prozent (2016) gestiegen. Die Lasten tragen all jene, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen, die Rentner und die Migranten, die in Griechenland Zuflucht gefunden haben.

• Eine Verbesserung der Lebensverhältnisse dieser Menschen wird es nur mit dem Ende der Griechenland-Rettung in Form dieser unsäglichen neoliberalen Sozialabbruch-Politik geben.

• Griechenland braucht einen Schuldenschnitt.

• Deutschland muss endlich Entschädigungszahlungen für die Zeit der faschistischen Besatzung leisten.

An diesen Forderungen messen wir als Griechenland-Solikomitee die Parteien im Bundestagswahlkampf.