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#SaveTheInternet:
Breites Bündnis gegen Internetzensur bringt
in Kiel über 2.000 auf die Straße
Über 2.000 Menschen haben am 23. März in Kiel gegen die EU-Urheberrechtsreform protestiert. Die Demonstranten beklagen einen Einschnitt bei der Meinungsfreiheit und kritisieren das Vorgehen der Europäischen Union als undemokratisch. Diese für Viele auf den ersten Blick als eher sperrig empfundene Thematik mobilisiert - insbesondere junge Menschen – in außerordentlicher Weise. So demonstrierten etwa in München 40.000 Menschen, in Berlin an die 20.000.
Die Kieler Initiative #savetheinternet.info, federführend wohl von der Piratenpartei initiiert, hatte die Jusos, die Grüne Jugend, die Jungen Liberalen, die Linken und die Grünen ins Boot geholt, um gemeinsam am 23.03.2019 um 13.00 Uhr in Kiel vom Landtag aus zum Rathaus zu demonstrieren. Auf den Auftakt- und Abschlusskundgebungen wiesen u. a. Alessandra von Krause und Patrick Breyer auf die Gefahren der Urheberrechtsreform für Nutzer und Kreative hin und kritisierten die weitgehende Intransparenz des Gesetzgebungsverfahrens seitens der EU.
Dass das Urheberrecht geschützt werden müsse, stehe außer Frage, so der allgemeine Tenor der Redner*innen. Allerdings gehe die Reform der EU in die völlig falsche Richtung: Die Uploadfilter seien nicht in der Lage, zwischen Urheberrechtsverletzungen und freien Meinungsäußerungen – etwa bei satirischen Beiträgen – zu unterscheiden. So besteht die Gefahr, dass Veröffentlichungen ungerechtfertigt gelöscht und damit Zensur geübt werde.
Wie anfällig und wenig technisch entwickelt die Filter aber seien, erläutert von Krause am Beispiel des Massakers von Christchurch. Dass der Amokläufer seine Tat live auf Facebook streamte, sei von keinem Programm erkannt worden. „Fehleranfällige Filter-Algorithmen und Abgaben auf Links drohen unser Internet und unser Recht auf digitale Meinungsfreiheit zu zerstören. Wir wollen kein Filternet und keine Maschinenzensur!“, so Patrick Breyer. (gst)
Aufruf der Piratenpartei Schleswig-Holstein
Seit einem Jahr ist Dr. Patrick Breyer, der Spitzenkandidat der Piratenpartei für die Europawahl, aktiv im Kampf gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform, den unsere Europaabgeordnete Julia Reda bereits seit Jahren führt. Unter der Führung von ihm und der Piratenpartei Schleswig-Holstein hat sich in Kiel ein großes Bündnis gebildet, um die Pläne für Internetzensur, Uploadfilter und Linksteuern im Rahmen der EU-Urheberrechtsreform zu stoppen.
Am Wochenende vor der finalen Abstimmung des EU-Parlaments ist der letzte Zeitpunkt gekommen für ein freies Internet und ein faires Urheberrecht auf die Straße zu gehen.
Aus diesem Grund haben die Piraten Schleswig-Holstein, zusammen mit der Initiative #savetheinternet.info, den Freifunk e.V., die Jusos, die Grüne Jugend, die Jungen Liberalen, die Linken und die Grünen ins Boot geholt, um gemeinsam am 23.03.2019 um 13.00 Uhr in Kiel zu demonstrieren. Vom Landtag aus setzte sich der Demonstrationszug dann in Bewegung durch Kiel in Richtung Rathausplatz. Auf der dortigen Abschlusskundgebung wurden Dr. Patrick Breyer und andere Redner über die Gefahren der Urheberrechtsreform für Nutzer und Kreative aufgeklärt und Wege zum Einmischen aufgezeigt.
Kernpunkte der Kritik am Gesetzesentwurf sind die Artikel 11, 12 und 13. Doch worum geht es da genau?
Artikel 13 der Reform sorgt dafür, dass Plattformbetreiber künftig für Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer haften. Da eine manuelle Überprüfung von Millionen Videos und Bildern schlichtweg nicht umsetzbar ist, zwingt es die Betreiber dazu, Uploadfilter einzubauen, die ihnen garantieren, dass ein solcher Verstoß nicht vorkommen kann. Solche Filtersysteme sind häufig fehleranfällig und führen schnell zum Overblocking, da sie zulässige Zitate, Parodie und Satire kaum erkennen können. Außerdem sind die einzigen Unternehmen, die vermutlich solche Filter bauen und dann auch verkaufen könnten große Unternehmen wie Google oder Amazon. Man stärkt durch Artikel 13 also die ohnehin schon großen Konzerne. Und was ist mit den Urhebern? Die Künstler im Netz werden z.T. ihre bisherige Arbeit nicht mehr umsetzen können, wenn sie auf urheberrechtlich geschütztes Material angewiesen sind. Denn wer hat noch die Energie Videos hochzuladen, wenn diese ohnehin von vornherein geblockt werden, um dann mit Glück Tage oder Wochen später nach manueller Prüfung veröffentlicht zu werden? Und welcher Urheber profitiert noch durch Lizenzen, wenn sein Content nicht – z.B. von Kreativschaffenden im Internet – genutzt wird?
Artikel 11 beruht auf der Annehme der Verleger, dass Internetnutzer allein durch eine Vorschau in Form von Aufmacherfotos und Teaser-Texten bereits “gesättigt” seien und den eigentlichen Artikel nicht mehr lesen würden. Dadurch würden Google & Co. an einer fremden Leistung verdienen, ohne dass die Verleger etwas dafür bekommen. Artikel 11 schreibt nun allen “information society service providern” wie z.B. Google vor, mit den Zeitungen, etc., auf die sie verlinken wollen, über eine angemessene Entschädigung zu verhandeln. Das Problem: Google sitzt am längeren Hebel und kann die Presseverleger erpressen, sodass diese auf eine Entschädigung verzichten, da ihre Artikel sonst nicht mehr verlinkt werden. Diese “Nachrichten-Steuer” könnte die Freiheit der Information und somit auch unsere aufgeklärte Demokratie sehr gefährden.
Artikel 12 führt die sog. “Verlegerbeteiligung” wieder ein. Wieder? Ja, die wurde in den 1950ern schon mal eingeführt. Danach sollen die Einnahmen von Verwertungsgesellschaften (z.B. GEMA, VG-Wort) zwischen den Urhebern und den Verleger aufgeteilt werden. Da das Kopieren von Werken mit der fortschreitenden Digitalisierung immer einfacher wurde, wurde die sog. “Privatkopieabgabe” eingeführt. Diese bezahlt man immer zu einem kleinen Teil mit, wenn man einen Laptop, einen USB-Stick, einen CD-Rohling oder einen Kopierer kauft. Dadurch sollten eigentlich die Urheber für private Kopien entschädigt werden. Die Verwertungsgesellschaften konnten jedoch selbst entscheiden, wie viel die Urheber und wie viel die Verleger bekommen. Dadurch erhielten die Urheber z.T. nur noch die Hälfte der Einnahmen durch die Privatkopieabgabe, sodass der EUGH das Gesetz schließlich (zu Recht) kippte. Derzeit bekommen Urheber die gesamten Pauschalabgaben. Es steht Verlegern nur dann ein Anspruch auf Anteile an diesen Abgaben zu, wenn der Urheber dem ausdrücklich zustimmt. Und das sollte so auch bleiben. Die Urheber bekämen mit Einführung dieses Artikels sonst noch weniger vom Kuchen ab, als im Moment.
„Fehleranfällige Filter-Algorithmen und Abgaben auf Links drohen unser Internet und unser Recht auf digitale Meinungsfreiheit zu zerstören. Wir wollen kein Filternet und keine Maschinenzensur!“ – Dr. Patrick Breyer
Die Reform wird damit beworben, dass sie die Künstler stärken soll. Das einzige was sie wirklich tut ist, die Kreativschaffenden auf YouTube, Twitch und überall im Internet zu unterdrücken, zu belasten und zu demotivieren. Gleichzeitig gewinnen die Verleger doppelt.
Wir dürfen es dazu nicht kommen lassen!
(Aus dem Aufruf der Piratenpartei Schleswig-Holstein, 19.3.2019)