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Jagel405

GEHT DOCH!

60 Jahre Ostermarsch!

Das Corona-Virus und der Schutz vor einer zu schnellen Verbreitung hat in den Bundesländern zu einschränkenden Maßnahmen bis hin zum Verbot von Kontakten in Kleingruppen geführt. Der Förderalismus der BRD führt dazu, dass die Einschränkungen sehr unterschiedlich sind.

Weil in einigen Bundesländern das öffentliche Leben fast zum Erliegen gekommen ist, mussten die Friedensaktivist*innen andere Möglichkeiten zur Darstellung ihrer Forderungen finden. Der „virtuelle Ostermarsch“ wurde von vielen Initiativen als Alternative genutzt. Damit werden jedoch nur diejenigen erreicht, die mit der entsprechenden Computertechnik ausgerüstet und mit den dafür notwendigen PC-Programmen vertraut sind. Trotz allem: es ist eine Form der gemeinsamen Aktion, ist ist in einigen Regionen momentan eine Art der Kontaktaufnahme und die Möglichkeit die Forderungen der Friedensbewegung öffentlich zu machen und zu verbreiten.

Auch in Schleswig-Holstein gibt es Auflagen und Beschränkungen, auch hier dürfen maximal Familien, WG´s oder Lebenspartner*innen mit einer zusätzlichen Person in die Öffentlichkeit. Unter dem Eindruck der Verordnungen der Bundes- und Landesregierung und auch der Unsicherheit mit dem neuen Virus wurden geplante Ostermärsche von Veranstalter*innen in abgesagt. Teilweise wurde von den Initiativen zu anderen Aktionsformen eingeladen wie z. B. in Wedel zu einem virtuellen Ostermarsch mit Musik, Fotos, einem Videorundgang durch die Stadt.

Aber es geht auch anders. Jedes Jahr am Karfreitag findet eine Friedensdemonstration von Schleswig nach Jagel statt, mit Abschlusskundgebung vor dem Drohnen- und Tornado-Standort der Bundeswehr in Schleswig-Holstein.
Auch für 2020 war die Demo und Kundgebung geplant. In Folge der Corona-Pandemie wurde die Demonstration untersagt, da es nach Auffassung der Ordnungsbehörde „nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der (für die Verhinderung von Coronavirusübertragungen) vorgeschriebene Abstand (von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern) marschbedingt ungewollt verringert und weitere Personen hinzukommen.“
Für die Kundgebung in Jagel wurde die Einhaltung eines 1,5 m Abstandes vorgeschrieben, mit dem diese stattfinden konnte. Gemäß Behördenschreiben „sind Teilnehmer mit erkennbaren Symptomen einer COVID19-Erkrankung oder jeglichen Erkältungssymptomen auszuschließen.“

Das im Versammlungsgesetz Schleswig-Holstein festgelegte „Vermummungsverbot“ wurde wie folgt relativiert:
„Das Vermummen der Teilnehmer in Form von Tüchern, Schals oder Atemschutzmasken ist erlaubt und wird aufgrund der aktuellen Pandemie zur Verringerung der Ansteckungsgefahr begrüßt. Ich weise darauf hin, dass Vermummungen zur Verhinderung der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gem. § 17 Abs.1 Nr. 1 VersFG SH weiterhin verboten sind.“

Unter Einhaltung dieser Auflagen hat die Kundgebung als Osterfriedensaktion stattgefunden. Gefordert wurde im 60. Jahr der Ostemarschbewegung von den bis zu 70 Teilnehmer*innen:

• Die nukleare Teilhabe der Bundeswehr an dem NATO-Aufrüstungsprogramm sofort zu beenden !
• Die umgehende Schließung kriegsrelevanter Standorte wie Jagel !
• Kein Einsatz von Drohnen !
• Die Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr !
• Abrüsten statt aufrüsten !

Diese Forderung der bundesweiten Friedensbewegungen war auch vor dem Haupttor zum Fliegerhorst in Jagel unüberhörbar.

 

ostern kiel1878
Ostermahnwache in Kiel

Oster-Mahnwache in Kiel

Der Ostersonnabend ist in Kiel seit einigen Jahrzehnten für Friedensbewegte immer der Tag des Ostermarsches. Auch für dieses Jahr gab es einen Aufruf, der von einem breiten Unterstützer*innenkreis, darunter auch die marxistische linke, getragen wurde. Darin hieß es unter anderem:


Die Ostsee – ein Meer des Friedens !

Überall auf dem Kontinent demonstrieren Menschen gegen die lebensbedrohende Umweltzerstörung und für die Eindämmung des Klimawandels. Während die Jugend ihre Zukunft einfordert, praktiziert das Militär, einer der größten Umweltvernichter, unbeeindruckt seine Rituale. Die regelmäßigen Manöver in unserer Ostseeregion sind gegen Russland gerichtet und machen eine Entspannungspolitik unmöglich.

 

 

8. Mai 1945: Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus !

Der Überfall deutscher Truppen auf die Sowjetunion darf nicht vergessen werden. Dieses Verbrechen forderte Millionen Tote, Elend und Zerstörung. Wir empfinden es als Provokation, dass gerade zu Beginn des Gedenkjahres 2020 (75 Jahre Befreiung des KZ Auschwitz, 75 Jahre Befreiung von Krieg und Faschismus) im Baltikum und an der russischen Westgrenze die von NATO-Staaten unterstützte amerikanische Großübung Defender 2020 stattfindet. Deutschland übernimmt dabei die Funktion einer logistischen Drehscheibe auf der Grundlage des Truppenstationierungsabkommen. Es ist höchste Zeit, dieses Abkommen zu kündigen.“

Wir erinnern uns: Viele Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie waren bereits durchgesetzt, das Defender2020 Manöver war jedoch zu dem Zeitpunkt noch in voller Aufrüstung. Dies macht die notwendige, mindestens mahnende und inhaltliche Aktivität gegen die Hochrüstung und das Säbelrasseln auch in Zeiten der Corona-Pandemie deutlich.


Der Ostermarsch 2020 in Kiel wurde bereits Mitte März wegen der Maßnahmen gegen die Pandemie und mit Blick auf die Gesundheit der Aktivist*innen alternativlos abgesagt. Mit Blick auf die Entwicklungen in Kiel selbst – die Rüstungswerft der Thyssen-Krupp-Marine Systems (TKMS) hat am 9.4.2020 ein U-Boot an die ägyptische Armee übergeben – ergriff die örtliche DFG-VK die Initiative und meldete eine Mahnwache für den Frieden an. Da die meisten Geschäfte wegen der Auflagen geschlossen sind, blieb der Zuspruch der Bevölkerung überschaubar, trotzdem wurde die Aktion interessiert wahrgenommen. Zwei Stunden Mahnwache, mit dem notwendigen Abstand der Aktivist*innen zueinander, statt Ostermarsch waren eine wichtige Alternative.

Der Motorradclub Kuhle Wampe Kiel hatte sich entschlossen in kleinen zweier Gruppen mit Motorrädern über Ostern zu touren. Das die Kuhle Wampe dabei nicht die Probleme und das Geschehen in der Welt außer acht lässt, erstaunt nicht, denn die Mitglieder stehen für Frieden, Antifaschismus und Demokratie. „Macht von euren demokratischen Rechten weiterhin Gebrauch“ waren dann auch die nach außen sichtbaren an den Motorrädern angebrachten Forderungen.
Auf der Kieler Gablenzbrücke wurden innerhalb von 5 Minuten fünf Fahrer*innen von der Polizei zur Kontrolle angehalten. Außerdem gab es die Aufforderung die Transparente zu entfernen. Von zwei Mitgliedern der Kuhlen Wampe wurden die Personalien aufgenommen. Insgesamt wurde die Tour von den Teilnehmenden als positiv eingeschätzt.

Das Aktivitäten dieser Art in Schleswig-Holstein möglich sind, liegt nicht nur an den, gegenüber anderen Bundesländern, noch nicht so scharfen Einschränkungen und Kontaktauflagen. Die Durchführung dieser Aktionen zur Wahrnehmung der Demonstrations- und Versammlungsfreiheit war nur durch das aktive Einfordern der Anmelder*innen möglich. Es ist auch kein, wie einige Außenstehende geäußert haben, sorgloser Umgang von Aktivist*innen mit der Gefahr einer möglichen Infektion für sich und andere Menschen. Immerhin wurde bei beiden Aktionen mehr Abstand gewahrt und Mund-Nase-Schutz genutzt, als es oft in Super- und Baumärkten durch Kund*innen geschieht. Erwähnt werden sollte, dass auch die anwesende Polizei nur mit wenig Personal und „begleitend“ erschienen ist. Es ist bekannt, dass an anderen Orten in den letzten Wochen Aktionen für die Aufnahme Geflüchteter, sowie anderer notwendiger Protest, Widerstand und Informationen per Kundgebungen, mit Polizeigewalt verhindert wurden. Die Solidarität mit denen, die derart repressiv an ihrer Meinungsäußerung gehindert werden, ist gefordert und notwendig!

Die Kundgebung in Jagel, die Mahnwache in Kiel und die Aktion der Kuhlen Wampe waren ermutigende Zeichen, dass auch in Zeiten der Corona-Pandemie das Demonstrationsrecht, wenngleich mit Einschränkungen, wahrgenommen werden kann.


Bettina Jürgensen, marxistische linke

kuhle wampe kiel162501

Osteraktion Kuhle Wampe in Kiel