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Energiewende (Teil 3):

Wärmeversorgung im Gebäudebestand

Wenn CO²-Freiheit bei der Energieversorgung bedeutet, dass in Zukunft auch die Wohnungen und Häuser ohne fossile Energieträger beheizt werden, dann gilt es neben Kohle und Heizöl auch vom Erdgas Abschied zu nehmen.

Für die Gebäudeenergieversorgung bleiben
6 Energieträger:

• Biomasse (Holzheizungen, Biogas)
• Strom (vor allem aus Windkraft und Photovoltaik)
• Wasserstoff (wird aus Strom gewonnen)
• Solarthermie (direkte Umwandlung von Sonne in Wärme)
• Tiefen-Geothermie
• Fernwärme (ist eigentlich kein Energieträger, sondern ein Verteiler von Energie)

Biomasse Holz wird in Großfeuerungsanlagen vor allem für Fernwärmenetze verfeuert, wobei dann in der Regel Holzhackschnitzel zum Einsatz kommen.
Pelletkessel werden wesentlich in Wohngebäuden eingesetzt. Pellets lassen sich gut dosieren und sind (obwohl teurer als Hackschnitzel) in kleineren Kesselanlagen gut zu verfeuern.
Wirkungsgrade von bis zu 95% sind bei Einsatz als Brennwertkessel möglich.
Pelletkessel können direkt die Öl- oder Gasheizung ersetzen, benötigen allerdings viel Platz für das Pelletlager im Haus. Auch sind sie wartungsintensiv u.a. wegen des Ascheaustrags.
Holz sollte nicht importiert werden, da schließlich auch alle anderen Staaten zukünftig CO2-frei werden wollen und dann auch dafür ihre Wälder benötigen.
Wie schon beschrieben, ist Holz ein nachwachsender Rohstoff, der CO² bindet und bei Berücksichtigung des Klimawandels (z.B. Borkenkäferbefall der Fichten) kann es zu einer Verknappung und damit erheblichen Preisanstiegs kommen. Die Sägespäne könnten auch für die Herstellung von Dämmmaterial und Pressplatten verwendet werden. Im Holzbau würden sie dann über lange Zeit genutzt und dann langfristig CO² binden. Somit sind auf diese Art genutzte Holzspäne nachhaltiger, als sie mit Pellets sofort zu verfeuern.

Biogas-Anlagen erzeugen Methan mit Hilfe von Mais, Gülle, Mist. Dabei ist die Erzeugung mit vorrangig Maissilage am effektivsten. Das erzeugte Gas kann mit Hilfe von Gas-Motoren, und daran angeschlossenen Generatoren zu Strom und Wärme gewandelt oder direkt ins Erdgasnetz eingespeist werden, falls eines in der Nähe liegt. Um eine Biogas-Anlage auszulasten, wird in der Regel Mais angebaut. Die Anbaufläche ist für die Nahrungsproduktion verloren.
Vergleicht man nun den Flächenverbrauch für den Maisanbau mit dem Flächenverbrauch für die Fotovoltaik oder die Windkraft, dann ergeben sich ganz erstaunliche Ergebnisse:

Nutzbare Energie pro Hektar und Jahr
Silomais: 55.000 kWh
Fotovoltaik (PV): 500.000 kWh
Windkraft (WK): 1.000.000 kWh

Die oben abgebildeten Zahlen sind je nach Anlage veränderbar, aber die Tendenz ist eindeutig. Die Biogasanlage ist gegenüber Windkraft und Fotovoltaik nicht konkurrenzfähig!
Hinzu kommt, dass für den Mais Pestizide und Dünger eingesetzt werden müssen und der Boden auf die Dauer ausgelaugt wird.
Ganz anders sieht es bei PV und WK aus. Wird die PV-Anlage aufgeständert, dann wird der Boden darunter vor der Entfeuchtung bei zunehmender Dürre geschützt, er kann regenerieren und falls es Grünland wird, können sogar Schafe und Rinder darauf weiden. Aber auch kleinteiliger Ackerbau wäre möglich (z. B. Gemüseanbau). Würden auf der gleichen Fläche WKA stehen, wäre die Bodenbearbeitung noch weniger eingeschränkt. Wertvolles Ackerland zur Nahrungsmittelproduktion wäre auch hier zurückgewonnen.
Bei doppelter Bodennutzung ergibt sich also ein mindestens 10-facher Energieertrag.
Mein Fazit hier: Keine Förderung neuer Biogas-Anlagen, Ersetzen von Biogas-Anlagen durch PVA und WKA.

Strom lässt sich äußerst vielfältig z. B. für Licht, Betankung von E-Fahrzeugen, industrielle Prozesse, aber auch für die Beheizung von Wohngebäuden sinnvoll einsetzen.
Für die Wärmeerzeugung bedarf es der Wärmepumpe. Hier wird der Strom in erster Linie dafür verwendet, Energie aus der Umwelt auf ein höheres Temperaturniveau zu befördern und dann zur Gebäudeheizung, aber auch zur Warmwasserbereitung zu verwenden.
Mit einem Teil Strom lassen sich heute etwa 3 bis 5 Teile nutzbare Wärme gewinnen. Das macht die Wärmepumpe zu dem effizientesten „Heizkessel“ überhaupt. Während alle anderen Heizkessel die Energie im besten Fall nur 1/1 umsetzen, haben wir hier durch Einbeziehen der Umweltwärme eine wesentlich größere Ausnutzung des Energieträgers. Für die Nutzung der Umweltwärme lässt sich die Umgebungsluft, Erdwärme, Grundwasser, aber auch Fluss oder Seewasser anzapfen.

Das Funktionsprinzip:
Jeder, der schon mal einen Fahrradreifen aufgepumpt hat und die Funktion der Luftpumpe überprüfen wollte, hat den Ventilansatz mit dem Daumen verschlossen und ordentlich Druck aufgebaut. Dann passierte es, dass der Daumen den Druck nicht mehr halten konnte und etwas Luft seitlich entwich. Diese Luft war dann deutlich wärmer, als die Umgebungsluft.
Das bedeutet, ein Gas in einem verschlossenen Behältnis, das komprimiert wird, erhöht seine Temperatur. Dieses Verhalten des Gases nutzt man auch für die Wärmepumpe, den Kühlschrank, allgemein die Kompressionskältemaschine.
Ein Gas wird mit Hilfe eines Kompressors verdichtet (komprimiert) und anschließend durch ein Rohrsystem geschickt, wobei es die erhöhte Temperatur an die Umgebung abgibt. Unter diesem erhöhten Druck und der abgegebenen Temperatur (korrekter heißt es dann „abgegebene Energie“) verflüssigt das Gas. Die Flüssigkeit gelangt durch eine Düse, kann bei dann niedrigerem Druck entspannen, verdampft und kühlt dabei weiter ab. Dann wird dieses Gas (Dampf) bei niedrigem Temperaturniveau durch ein Rohr geleitet, was mit einem Medium Kontakt hat, das eine höhere Temperatur aufweist, als die zuvor verdampfte Flüssigkeit. Dabei nimmt es Energie auf und wird weiter zurück zum Kompressor geleitet, womit dieser „Kreisprozess“ von neuem beginnt:

waermepumpe web

Bild: Kreisprozess der Wärmepumpe
Schaubild des Wärmeflusses (große Pfeile) und des Kältemittels (kleine Pfeile) einer Kompressionswärmepumpe (vgl. Kompressionskältemaschine): 1) Kondensator, 2) Drossel, 3) Verdampfer, 4) Kompressor Dunkelrot: Gasförmig, hoher Druck, sehr warm Rosa: Flüssig, hoher Druck, warm Blau: Flüssig, niedriger Druck, sehr kalt Hellblau: Gasförmig, niedriger Druck, kalt
(Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3216789)

Damit eine Wärmepumpe ihr Arbeit auch wirklich effizient verrichtet, sollte die Energiequelle (Luft, Wasser, Erdreich) eine möglichst hohe Temperatur (z.B. 0°C) und andererseits die Energiesenke (Heizkörper, Fußbodenheizung …) eine möglichst niedrige Temperatur (z. B. 40°C) aufweisen.
Zwar kann z. B. eine Luft-Wasser-Wärmepumpe heute schon Eingangstemperaturen von -15°C auf ein Heiztemperaturniveau von 70°C bringen, allerdings leidet die Effizienz dann extrem und es wäre wohl schon sinnvoller, hier mit einem Heizstab das Wasser direkt elektrisch zu erwärmen. Hat man aber ein gut gedämmtes Haus mit einer großzügig dimensionierten Heizungsanlage, dann passt die Wärmepumpe perfekt.

Mit Wasserstoff lässt sich CO²-frei ganz einfach aus Strom von Windkraft- oder Fotovoltaik-Anlagen und Wasser herstellen und dann z. B. in Gasthermen verfeuern. Zur Herstellung von Wasserstoff (H²) wird die Elektrolyse eingesetzt. Die Erzeugung von Wasserstoff aus Strom erzeugt Abwärme (ca.30%). Die Abwärme aus Großanlagen ließe sich in Fernwärmeanlagen einspeisen und ggf. zur Hausheizung nutzen. 70% des Stroms wird in Wasserstoff (H²) umgewandelt.
Ein energetisch saniertes Haus ließe sich z. B. mit Wasserstoff und einer Gastherme beheizen.

Wie steht es dann um die Effizienz und damit den Kosten?
Mit Wasserstoff, aus Strom gewonnen und in einer Brennwerttherme eingesetzt hätte einen Gesamtwirkungsgrad von 0,7 (Elektrolyse) X 0,95 (Brennwerttherme) * 100% = 66,5%.
Die Strom getriebene Wärmepumpe wäre mit einem „Wirkungsgrad“ von 1 * 4 * 100 = 400% dabei. (Zur Erinnerung: Die Wärmepumpe hat keine Wirkungsgrad von 400%, sondern nimmt z. B. einen Teil Strom, um damit zusätzliche
3 Teile Energie aus der Umwelt zu holen.) Wir haben es also mit einem Verhältnis von 4 / 0,6665 = 6 / 1 zu Gunsten der Wärmepumpe zu tun. Mit andren Worten – die heute noch dominierende Gas-Brennwerttherme gehört schon morgen der Vergangenheit an. Dänemark hat die Konsequenz gezogen und verbietet schon heute den Einbau neuer Öl- und Gas-Wärmeerzeuger.
Wie zuvor beschrieben wird Wasserstoff trotzdem erzeugt werden. Dann aber nicht zur Hausheizung, sondern für die Industrie, die Stahlgewinnung und den Verkehrssektor (insbesondere zur Herstellung von Flug- und Schiffskraftsoffen. Außerdem kann es in Erdkavernen eingelagert werden, um dann bei Dunkelflauten für die Stromgewinnung zur Verfügung zu stehen.

Solarthermie, die Wärmeenergie aus der Sonne, kann direkt zur Brauchwassererwärmung und bei entsprechender Größe auch zur Heizungsunterstützung genutzt werden. Der Umwandlungswirkungsgrad von der Sonnenstrahlung zu Wärmeenergie schwankt jahreszeitlich bedingt, kann aber mit etwa 50% angenommen werden. Die Fotovoltaik schafft zzt. eine Umwandlung in Strom nur mit knapp 20% Wirkungsgrad mit langsam steigender Tendenz.
Setzt man aber den Strom der Fotovoltaikanlage zum Antrieb einer Wärmepumpe ein, dann verschiebt sich das Verhältnis zu Gunsten der Fotovoltaik.
Die Solarthermie sehe ich eher bei anderen Anwendungen. Es gibt schon einige Jahre Großanlagen, die Wärme für das ganze Jahr produzieren, indem sie einen großen Warmwasserspeicher dazu gestellt bekommen, der im Sommer mit Wärmeenergie befüllt wird und so die Energieversorgung in den Winter retten kann. Eingesetzt werden solche Anlagen in Nah- und Fernwärmenetzen. Eine solche Anlage findet sich beispielsweise auf der Insel Aerö in dem Ort Marstal. Sie wird durch einen Hackschnitzel-Kessel und eine Wärmepumpe unterstützt.
Auch zur Einspeisung ins Fernwärmenetz der Stadt Kiel wären Solarthermieanlagen dieser Art denkbar.


Fernwärme ist eigentlich kein Energiewandler, sondern ein Energieverteiler. Es wird dabei an verschiedenen Stellen des Wärmenetzes z. B. in Gasmotoren-Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen, Solarthermieanlagen oder von Wärmepumpen die benötigte Wärmeenergie erzeugt und dann in das Wärmenetz, die Fernwärmerohre, eingespeist und bei den zu beheizenden Häusern entnommen. Fern- Nahwärmenetze spielen ihren Vorteil vor allem in urbanen Räumen aus. Dort stehen die Häuser oft eng beieinander und der Boden drum herum ist meistens versiegelt. Insbesondere wenn das Netz mit hohen Temperaturen gespeist wird, benötigt man in den Häusern nur kleine sogenannte Übergabestationen und kann die Wärme direkt nutzen. Das hat aber auch den Nachteil, dass das angeschlossene Wärmenetz sehr aufwendig gegen Wärmeverluste gedämmt werden muss. Trotzdem – man rechnet mit Wärmeverlusten von etwa 10% in Wärmenetzen, die bei Temperaturen über 90° betrieben werden. In Kiel haben wir ein sogenanntes Heißwassernetz, das mit max. 115°C betrieben wird. Anteile davon werden aber „nur“ mit einer Vorlauftemperatur von max. 90°C gefahren. Das ist nicht mehr Stand der Technik.
Neu errichtete Wärmenetze werden häufig auf Vorlauftemperaturen von 20°C bis 40°C ausgelegt. Man spricht hier von „Kalter Fernwärme“. Da sind gut gedämmte Häuser vorteilhaft, die auch jeweils eine Wärmepumpe integrieren müssen, um die Netztemperatur auf die benötigte Temperatur für Heizung und Warmwasser anzuheben. Energie wird dann also nicht mehr zentral, sondern dezentral am Ort der Verwendung auf das benötigte Temperaturniveau gebracht.
Vorteilhaft sind nicht nur die geringen Verluste im kalten Wärmenetz, sondern auch die Möglichkeit, die Abwärme von Industriebetrieben, Bäckereien, Rechenzentren und anderen Betrieben mit Wärmeüberschuss ins Netz einzuspeisen und in Wohnhäusern zu nutzen. Auch Solarthermie-Anlagen (STA) könnten besonders vorteilhaft genutzt werden, während sie in Hochtemperatur-Netzen nicht zum Zuge kämen, weil sie schlicht bei z. B. 90°C nicht mehr effektiv wären. Es ist sogar vorstellbar, mit noch niedrigeren Temperaturen in die dann nicht mehr gedämmten Wärmenetze zu gehen. Dieses alles in Kiel umzusetzen, könnte eine wichtige Aufgabe zukünftiger Planungen sein, zumal im Zuge der Energiewende viele Häuser energetisch saniert werden müssen.

Tiefen-Geothermie:
An der Erdoberfläche überwiegt die Strahlung der Sonne. Im Erdinneren hat die Erde einen heißen Kern. Bohrt man nun in die Erde, dann steigt die Temperatur der Umgebung mit etwa 30°C pro 1000 m Tiefe. Eine solche Bohrung würde in Kiel eine Salzlösung aus einer Tiefe von ca. 2000-2500 m mit etwa 60-80°C zutage fördern. Dieser Temperaturbereich ist ausreichend für Teile des Kieler Fernwärmenetzes.
Man benötigt dafür eine Bohrung, welche die Sole zutage fördert und eine Bohrung, welche die abgekühlte Sohle wieder in das Erdreich in gleicher Tiefe einbringt.
Der Abstand dieser Bohrungen beträgt etwa 1 km und das Erdreich dazwischen muss ausreichend porös sein, damit die Sole wieder zum Saugbrunnen gelangt und sich dabei erwärmen kann.
Die Kosten so eines Brunnenpaares betragen mehr als 10 Mio. €. (Zum Vergleich: Das Küstenkraftwerk hat etwa 290 Mio. € gekostet.) Damit eine Tiefen-Brunnenanlage wirtschaftlich betrieben werden kann, muss sie fast das ganze Jahr durchlaufen. Es wird aber mehr Energie im Winter, als im Sommer benötigt. Deshalb muss so eine Tiefenbohrung auf die Grundlast ausgelegt werden. Die Spitzenlast kommt dann von anderen Energiequellen.
Da es in Kiel und Umgebung bisher keine Tiefenbohrung dieser Größenordnung gibt, ist auch das Risiko einer fehlgeleiteten Bohrung nicht zu unterschätzen. Die Kosten sind damit u. U. noch wesentlich höher.

Fazit: Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, eine Stadt mit Energie für die Gebäude zu versorgen. Um z. B. Kiel in den nächsten 10-15 Jahren auch in dieser Hinsicht CO2-frei zu gestalten, bedarf es eines Entwicklungsplans, der die Zielvorgaben fest im Auge behält und nachsteuert, wenn angepasst werden muss.
Damit das gelingt, ist es erforderlich, dass die Stadtwerke Kiel unter der Kontrolle der Stadt Kiel sind. Gelingt es der Stadt nicht, die Stadtwerke zu kontrollieren, dann wird es wahrscheinlich so sein, dass das Privatinteresse der Stadtwerke den Klimazielen der Stadt Kiel entgegensteht.

Rainer Jansen