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1914 Reloaded

Man kann es sich ganz einfach machen: Wer zu Friedensdemonstrationen aufruft, ist ein Anhänger Putins, zumindest teilweise, war letzten Monat im Gegenwind-Editorial zu erfahren. Also Migrantenorganisationen wie DIDF und ATIF, die jüdischen Stimmen für einen gerechten Frieden, die DFG/VK, die IPPNW. Und wenn sie vielleicht auch nicht Anhängerinnen Putins sind, so sind sie doch angeblich alle als alte Antiimperialisten der Ansicht, dieser sei ein (willkommenes) Gegengewicht zu den USA.

Gegen derart simple Weltbilder ließe sich manches sagen. Doch während sich hier mancher blind nicht nur für Farben, sondern auch noch für Grautöne wie dazumal 1914 wohlig im Burgfrieden einrichtet, sterben in der Ukraine Menschen. Hunderttausende. Während hierzulande mit moralischen Schuldzuweisungen und äußerst selektiver Wahrnehmung die Frage nach Interessen und Ursachen unterdrückt werden soll, werden in der Ukraine Welle über Welle junge Männer in den Tod geschickt. Auf beiden Seiten. Für einen Krieg, der ein Verbrechen ist. Auf beiden Seiten. Selbst wenn der Westen so unheimlich großherzig wäre, wie es die Bellizisten von der Union bis zu den Grünen uns weiß machen wollen, wenn es ihnen allein um die ukrainische Souveränität und nicht etwa um ihr überaus fruchtbares Ackerland, die Bodenschätze, die gut ausgebildete Arbeitskräfte und Raketen-Stützpunkte möglichst nahe der russischen Grenzen ginge, selbst dann müsste dieses Sterben so schnell wie möglich beendet werden. Doch stattdessen wird immer weiter an der Eskalationsschraube gedreht. Und, nein, auch ein Verweis auf den extrem repressiven Charakter der russischen Regierung hilft nicht weiter. Schon gar nicht, wenn man zur Unterdrückung der Opposition in der Ukraine, zu den Zwangsrekrutierungen, zu dem Massaker an Antifaschisten im Gewerkschaftshaus von Odessa, zum Völkermord mit deutschen Waffen in Gaza, zu den – laut Reporter ohne Grenzen – Dutzenden dort gezielt getöteten Journalisten, zu den mit Waffenlieferungen des NATO-Mitglieds Türkei ermöglichten Vertreibungen der Armenier aus Aserbaidschan schweigt.

Was wir erleben, sind die Vorboten eines großen Krieges um die Aufteilung der Welt zwischen Großmächten, die sich in Grausamkeit und Skrupellosigkeit in nichts nachstehen. Man möge mal im Irak oder in Afghanistan nachfragen. Wer meint, sich in dieser Lage auf die Seite „seines“ Imperialismus schlagen zu müssen, hat schon verloren. Könnte man seit 1914 wissen. (wop)