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Kieler Gewerkschaft im Schlepptau der Kriegsmarine?

Wir sagen Nein!


01. 09. 2011  Die Beschäftigten in den Marinearsenal-Betrieben in Wilhelmshaven und Kiel sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. Allein im Kieler Betrieb droht der Abbau von 200 bis 300 Stellen. Darüber hinaus wurden Pläne für eine Privatisierung der durch die Arsenale bisher im Öffentlichen Dienst erledigten Arbeiten bekannt.
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Gegen eine Privatisierung öffentlicher Aufgaben haben wir uns immer ausgesprochen, in dieser Hinsicht haben die KollegInnen unsere Unterstützung. Ebenfalls in ihrem Protest dagegen, dass sie im Zuge der Bundeswehrreform nur noch als zu beseitigende Kostenfaktoren gehandelt werden, dass die berufliche Zukunft und das Auskommen Hunderter Kolleginnen und Kollegen und ihrer Familien zur Disposition gestellt wird. Solches Handeln liegt in der Logik kapitalistischen Wirtschaftens; solange wir den Kapitalismus nicht überwunden haben, kann nur solidarischer Widerstand verhindern, dass diese Logik in aller Brutalität zum Tragen kommt.
 

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Waffenpflege im Marinearsenal – Vorzeigestücke beim Tag der Offenen Tür
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Die Marinearsenale sind allerdings keine normalen Industriebetriebe. Die Arbeiten, die dort verrichtet werden, folgen politischen Vorgaben. Den Vorgaben einer Politik, die sich immer mehr kriegerischer Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele bedient. Die Leitlinien dieser Politik entsprechen den Interessen der großen Konzerne nach ungehindertem Zugriff auf Rohstoffe in aller Welt und Besetzung strategisch wichtiger Positionen auf allen Erdteilen. Die Kriegsmarine spielt dabei eine besondere Rolle. „Die See ist eine der wichtigsten wirtschaftlichen Grundlagen Deutschlands. Die Marine stellt die Handlungsfähigkeit Deutschlands auf See sicher.“ (www.marine.de: „Über uns“.) Längst schert sich in der Bundesregierung und in den Führungsstäben der Bundeswehr niemand mehr um die  verfassungsmäßig gebotene Beschränkung des Militäreinsatzes auf die Landesverteidigung.

Die Marinearsenale sind Dienstleister aggressiv betriebener Weltmachtpolitik. Politiker wie den Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) stört das nicht; seine vorgebliche Solidarität mit den Beschäftigten drückt er so aus: „Wenn wir eine einsatzbereite Marine wollen, brauchen wir funktionsfähige Marinearsenale in Kiel und Wilhelmshaven.“ – Das ist der Punkt, Herr Albig:

Wir wollen keine einsatzbereite Kriegsmarine!

Wir wollen keine Bundeswehreinsätze in aller Welt!

Heißt das nun, dass uns der Arbeitsplatzverlust der betroffenen Kolleginnen und Kollegen egal ist? – Keineswegs! Aber wir appellieren an die arbeitenden Menschen im Marinearsenal: Lasst euch in eurer Angst um eure Arbeitsplätze nicht zu ideenlosen Handlangern imperialistischer Politik machen! Kämpft für den Erhalt eurer Betriebe durch öffentliche Aufträge unabhängig von der Bundeswehr! Kämpft zusammen mit Kolleginnen und Kollegen in der Metall- und Schiffbauindustrie für die Umstellung auf Friedensproduktion!

Das ist leichter gesagt, als getan. Aber es muss getan werden. Dieser Kampf muss organisiert geführt werden. Wenn der DGB und die Einzelgewerkschaften ihre Appelle für eine Welt ohne Kriege, wie sie sich im Aufruf des DGB zum Antikriegstag am 1. September finden, ernst meinen, dann muss sich diese Ernsthaftigkeit auch im Kampf für sinnvolle Arbeit im Interesse der arbeitenden Menschen, im Geiste internationaler Arbeitersolidarität beweisen.

Leider ist das nicht der Fall. Gemeinsam mit dem Kieler SPD-Vorsitzenden Rolf Fischer veröffentlichte der Kieler ver.di-Fachbereichsleiter und SPD-Ortsvereinsvorsitzende in Russee, Frank Hornschu, am 27. Juli 2011 eine Erklärung, die bedingungslos die verschwiemelte Sprache der Militaristen übernimmt:

„Die Sicherheit Deutschlands als größte Industrie- und Handelsnation Europas besitzt eine wichtige maritime Dimension. Die Sicherheit im 21. Jahrhundert ist angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen und zunehmender Marktverflechtungen aller Lebensbereiche global angelegt. Unser Globus ist zu 7/10 mit Wasser bedeckt und bildet daher die gewaltige, alles umfassende und unzerstörbare maritime Rollbahn zur Projektion wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Einflussnahme.

Die Bedarfe, Erfordernisse und Herausforderungen der Marine … sind hinreichend bekannt. Zur Bewältigung dieser Bedarfe und Erfordernisse sowie zur Überwindung der Herausforderungen braucht die Marine eine hoch kompetente und zuverlässige Dienstleistung. Diese Dienstleistung stellen und erbringen die Marinearsenalbetriebe an Nord- und Ostsee.“ Und das auch noch kostengünstiger, als Private das könnten.

Diese Position ist in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft nicht unumstritten, hat aber viele Anhänger. Nicht alle aus Überzeugung, viele aus reinem Opportunismus, aber die Folgen sind die gleichen: GewerkschafterInnen und ganze Gewerkschaftsorganisationen im Schlepptau der Marine. Die gegebenenfalls gewaltsame Absicherung bzw. Durchsetzung mit Zustimmung der Gewerkschaft? Sollen wir vielleicht noch mehr Auslandseinsätze der Marine fordern, weil dann die Kriegsschiffe öfter gewartet werden müssen?

Die Militarisierung des öffentlichen Lebens steht auf der Agenda der Bundesregierung. Der Bundespräsident ist ihr eifriger Propagandist. In den Gewerkschaften darf dieser Ungeist keine Verbreitung finden. Auch dafür müssen wir kämpfen.

(D.L.)
 
Ein Beitrag aus der kommenden „backbord“, eine Betriebszeitung der Kieler DKP