Daten/Fakten  

   

Beiträge

Griechenland:

Die Rentenlüge und der Rechtspopulist

01. Juli 2015 Bei G. Jauch wurde vor kurzem über Griechenland und dem möglichen "Grexit" diskutiert. W. Bosbach wiederholte seine Vorwürfe Griechenland lebe auf Kosten anderer Staaten und begründete dies mit zwei Zahlen: „Der Griechische Ministerpräsident hat jetzt angeboten, das reale Renteneintrittsalter in Griechenland, das bei uns bei fast 64 Jahren liegt, auf 56 Jahre anzuheben.“ Das ist klar gelogen, wird aber weiter in Teilen der Profitpresse (Bild und FAZ) und in den öffentlich- rechtlichen Fernsehanstalten unwidersprochen verbreitet.

 

Die Zahl 56,3 ergibt sich aus einer Tabelle der griechischen Regierung. Es geht um das reale Renteneintrittsalter für die KollegInnen im öffentlichen Dienst und soll bis 2020 auf 58,5 Jahre angehoben werden. In der Privatwirtschaft soll das reale Renteneintrittsalter 2016 60,6 betragen und wird bis 2020 auf 63,1 Jahre angehoben. Übrigens die Zahl 64 gibt auch nicht das reale Renteneinstiegsalter der Deutschen wieder. In Deutschland gehen die KollegInnen im Schnitt, laut der OECD, mit etwa 61,8 Jahren in die Rente. In Griechenland gingen die Männer mit 61,9 Jahren und die Frauen mit 60,3 Jahren, in der Privatwirtschaft, in Rente.

Auch der Vorwurf, in anderen EU Ländern erhalten die Menschen weniger Rente als in Griechenland, berücksichtigt nicht die Konsumausgaben der privaten Haushalte in den einzelnen Ländern. In Griechenland liegen die Konsumausgaben der privaten Haushalte um sieben Prozent unter dem Durchschnitt der europäischen Länder. In Tschechien, Slowakei, Polen und Bulgarien liegen die Konsumausgaben bis zu unter 50 Prozent des Durchschnitts in den europäischen Ländern. D.h. man kann mit erheblich geringerer Rente in diesen Ländern besser leben als z.B. In Griechenland.

Während Union die neue Regierung in Griechenland u.a. mit den Rentenlügen zu diffamieren versucht überholt SPD Chef Gabriel jetzt mit seinem nationalistischen Bauchgefühl sogar die CDU/CSU. "Das Manöver gelang mit einem Satz ihres Vorsitzenden Sigmar Gabriel: 'Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen.' Das sind drei Standards aus dem ideologischen Arsenal der Rechten und Faschisten in einem Atemzug: die Anrufung des 'deutschen Arbeiters', der Antikommunismus und der Schutz eines imaginierten nationalen 'Wir' gegen angeblich geldbezogen-gierige Gelüste aus dem Ausland." (ND) Die bayrischen Jusos warfen Gabriel wegen dessen Kritik an Griechenland Rechtspopulismus vor. „Wir erwarten mehr von einem Vorsitzenden der SPD, als unreflektiert Stammtischparolen zu wiederholen und im trübbraunen Wasser zu fischen“, hieß es in einem offenen Brief, „Lieber Sigmar, in der Tat: Es reicht“, schreiben Juso-Landeschef Tobias Afsali und seine Mitautoren. „Es reicht ganz Europa der deutsche Chauvinismus und die süffisante Überheblichkeit, mit der du und andere VertreterInnen der deutschen Regierung gegenüber Griechenland und anderen krisengebeutelten Staaten auftreten.“

IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban hat vor nicht allzu langer Zeit mit Blick auf die Berichterstattung über Griechenland gefordert: „Wenn Blätter wie die Bild-Zeitung hetzen und die Wahrheit verdrehen, dann muss die Gesellschaft reagieren.“ Gabriel hat reagiert - die Hetze gegen die demokratische gewählte griechische Regierung geht weiter.        

(hg)