Beiträge
Kommentar zum neuen Vergabegesetz:
Ein fatales Signal gegen die Zukunft!
01. März 2019 Es war ein schwarzer Donnerstag (24.10.2019 red.) für das Vertrauen in die Zukunftsorientiertheit unserer derzeitigen politischen Landesführung. Wenn nicht einmal mehr die – per Definition für die Gemeinschaftsinteressen zuständige – Kommune bei ihrer Auftragsvergabe die Kriterien für Nachhaltigkeit beachten muss, wie soll dann der verdutzte, alleingelassene Bürger sich umweltbewusster verhalten? Vorbildfunktion? Fehlanzeige!
Mit dem neuen Vergabegesetz wurde jetzt – gemäß dem Koalitionsvertrag – die Umwandlung der Nachhaltigkeitsverpflichtung in eine windelweiche Kann-Bestimmung beschlossen. Das ist ein herber Rückschlag für alle ‘Ökos‘ und die Ökologie selbst, der umso schwerer wiegt, als der Wettlauf mit der unerbittlichen Zeit Rückschritte überhaupt nicht mehr gebrauchen kann.
Warum also dieses Gesetz, das im selben Atemzug gleich auch noch die bisher gesicherte Tariftreue ‘variabler‘ regelt? Angeblich soll es entbürokratisieren und den lokalen, üblicherweise kleineren Firmen bessere Chancen auf erfolgreiche Angebote verschaffen. Beides gute Vorsätze (wenngleich Entbürokratisierung ja auch immer Bürostellen kostet, also dem ‘Totschlagsargument‘ mit den bedrohten Arbeitsplätzen zuwiderläuft).
Unstrittig ist die vielfältige Bedeutung der örtlichen Wirtschaft, die deshalb politische Unterstützung v. a. gegen die übermächtigen, oft weniger umweltsensibel und sozial motivierten, zunehmend international operierenden (also kaum noch greifbaren) Konzerne verdient.
Eine derartige ‘konzertierte‘ Aktion zwischen unterschiedlich motivierten Partnern braucht gegen – mit bloßen Absichtserklärungen allein nicht immer zu verhindernde Unarten wie – Eigennützigkeit und Willkür ein irgendwie doch wieder ‘bürokratisch‘ fixiertes, möglichst klares und einfach handhabbares Regelwerk. Das gilt für die Landesebene genauso, wie in der Kommune.
Da die Spielregeln für Schleswig-Holstein aber gerade geschleift wurden, müssten – wohl oder übel – entsprechende Ersatzrichtlinien vor Ort geschaffen werden, damit das aus Kiel verteilte ‘Trostpflaster‘ (die Politik in den Gemeinden könne ja jetzt für die Einhaltung der öko-sozialen Beschaffungsnormen Sorge tragen) auch wirkt.
Wenn dieser (unerwartete) Kompetenzzuwachs für die Kommune tatsächlich ernst gemeint wäre, würde er also ohne neu zu schaffende, lokal verankerte, verbindliche Regeln nicht auskommen. Warum wurde dann nicht einfach das alte Landesgesetz entbürokratisiert und für alle betroffenen handhabbarer und sachdienlicher gemacht. Der Konkurrenz zwischen den einzelnen Gemeinden um die niedrigsten Beschaffungskosten wäre der Boden entzogen. Arbeit, Umwelt, die kleineren, lokalen Gewerbetreibenden und letztendlich auch die Gemeinden selbst könnten gemeinsam die Gewinner sein.
Zusammengefasst ist, außer dass die lokale Wirtschaft leichter Geld verdienen kann und das Stadtsäckel bei den Beschaffungskosten ein wenig einspart, aus dem neuen Gesetz nichts nennenswert Gutes herauszulesen.
Logischer Weise wird es die (nur hypothetisch gedachten,) verbindlichen, lokalen Beschaffungsregeln nicht geben. Also werden Ökologie und Nachhaltigkeit im Zweifel auf der Strecke bleiben. Die Bedingungen für den Faktor Arbeit werden zumindest unsicherer werden.
Die Gemeinden, die schon jetzt in einer scharfen Konkurrenz um die steuerträchtige Gewerbeansiedlungen stehen, werden sich einem weiteren Wettkampf um die billigste Beschaffung ausgesetzt sehen. Politik und Verwaltung sind einer möglichen und dringend benötigten öko-sozialen Vorbildfunktion beraubt. Die ohnehin schon weit verbreitete, Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nimmt weiter zu und die bereits angekratzte Demokratie hat auch diesen, vermeidbaren Folge-Schaden zu tragen.
Wo bleibt die Hoffnung? Was ist die Botschaft?
Sobald gesamtwirtschaftlich nichts mehr vernünftig sein wird, was öko-sozial unvernünftig ist, also wenn die Ökonomie (gemäß unserer Verfassung!) dem möglichst guten Leben für Alle dient (dem Gemeinwohl), wird sich der ersehnte Silberstreif am Horizont abzeichnen.
jochen rathjen, neumünster