Daten/Fakten  

   

Beiträge

Waffen aus Kiel:

Rüstungswerft TKMS auf Shoppingtour

Der Schritt war erwartet worden, nun sind die Weichen gestellt: Die Kieler Rüstungswerft TKMS geht nach „erfolgreichem“ Börsengang und einer offensichtlich gut gefüllten Kriegskasse ausgestattet auf Shoppingtour. TKMS hat im Oktober einen fulminanten Börsenstart hingelegt, der Börsenwert überschritt mit mehr als sechs Milliarden Euro zeitweise den des Mutterkonzerns Thyssenkrupp.

German Naval Yards Kiel

Erstes Objekt der Begierde soll German Naval Yards Kiel (GNYK) sein. Gespräche über eine Übernahme stünden laut dem Fachportal „hartpunkt.de“ kurz vor dem Abschluss. Gerüchten zufolge soll mindestens eine weitere Werft aus dem Sektor zum Verkauf stehen, an dem TKMS Interesse zeigt.

Bekannt ist, dass es schon seit einiger Zeit Gespräche zwischen TKMS und der französischen GNYK-Mutter CMN über eine Übernahme gibt. Durch die Übernahme von GNYK würde TKMS neben der MV-Werft in Wismar eine zweite große Werft mit modernen Anlagen für den Großschiffbau in Blockbauweise für den Bau von Marineschiffen bekommen. So könnten in Kiel künftig Fregatten und Korvetten gefertigt werden.

Die 400 Mitarbeiter:innen von GNYK kämen dann zur Werft TKMS, die damit am Standort Kiel rund 4.000 Beschäftigte hätte. Beide Unternehmen entstammen der Kieler HDW (Howaldtswerke-Deutsche Werft), die 2005 von Thyssen-Krupp übernommen wurde. GNYK wurde zunächst als HDW Gaarden ausgegliedert, 2011 wurde daraus Abu Dhabi Mar und 2015 GNYK. das mittlerweile Bestandteil der europäischen Schiffbaugruppe CMN Naval ist.

Während TKMS sich am Standort auf den Bau von U-Booten konzentriert, verfügt GNYK vor Ort über mehrere Hallen sowie große Trockendock- und Krankapazitäten. Zuletzt war GNYK in Schieflage geraten, nachdem aufgrund des bereits Jahre im Verzug befindlichen Fregattenprojekts der Klasse F126 die vereinbarten Bauleistungen für das Vorhaben nicht bei GNYK abgerufen wurden. Bereits in der Vergangenheit hatte GNYK deshalb Personal und Hallen-Kapazitäten zeitweise an TKMS „vermietet“.

F126: Bundesregierung stellt Weichen für einen Kurswechsel in Richtung TKMS

TKMS Logo Kiel

Unklar ist, was eine schnelle Übernahme für das von Krisen blockierte Fregattenprojekt F126 der Deutschen Marine bedeuten würde. GNYK war bei der Produktion der sechs Fregatten durch den Generalunternehmer Damen Naval für den Bau der Vorschiffe und den Zusammenbau der Rümpfe ausgewählt worden. Doch das Projekt steckt seit mehr als einem Jahr in der Krise. Seit 2024 gibt es einen Baustopp beim Typschiff „Niedersachsen“. Damen müsste sich bei einem Verkauf von GNYK an TKMS einen neuen Partner für das Projekt mit einem ausreichend großen Dock suchen.

Die Fregatte F126 galt als Prestigeprojekt der deutschen Marine – und wird nun zu einem rüstungspolitischen Desaster. Der niederländische Auftragnehmer Damen Naval war mit Entwicklung und Bau des größten Kriegsschiffs der Marine so überfordert, dass die Bundesregierung ihm den Auftrag nach mehr als fünf Jahren entzieht. Stattdessen soll die künftige Rheinmetall-Tochter NVL (Naval Vessels Lürssen) übernehmen. Doch auch dieser Rettungsplan könnte scheitern. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen Damen, dem BMVg und NVL zur Übertragung der Projektverantwortung. Die Prüfung könnte bis zu sechs Monate dauern.

BMVg (Bundesministerium der Verteidigung) hat ein erhebliches Interesse an der Fortsetzung des Projektes. Etwa 1,8 Milliarden Euro sind bereits investiert, erste Sektionen stehen. Ein Abbruch würde für Minister Pistorius zum politischen Risiko. Das Parlament hingegen treibt eine Alternativlösung voran, um die Marine nicht weitere Jahre auf ein Projekt mit ungewissem Ausgang warten zu lassen.
Die Haushälter des Bundestags halten sich daher schon Alternativoptionen offen. So kann das Verteidigungsministerium nach einem Beschluss des Haushaltsausschusses in den kommenden Haushaltsjahren etwa 7,8 Milliarden Euro gegebenenfalls auch in die Beschaffung alternativer Schiffe investieren, wie das Fachportal „Europäische Sicherheit & Technik“ am 14.11.25 meldete.

Als Alternativplattform gilt die MEKO A200 von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) als favorisiert. Danach würde TKMS garantieren, dass die ersten Schiffe 2029 geliefert werden. Ob Pistorius und sein Ministerium den Notausgang aus dem Deal am Ende wirklich nehmen, ist offen. Die Option besteht aber nun.

Die Fregatten der Klasse F126 werden 166 Meter lang und haben eine Besatzung von jeweils bis zu 198 Soldatinnen und Soldaten. Sie werden zur dreidimensionalen Seekriegführung befähigt sein – können also Ziele unter Wasser, auf dem Wasser und in der Luft bekämpfen. Ihre wichtigsten Aufgaben werden die Seeraumüberwachung, das Durchsetzen von Embargos, die Unterstützung von Spezialkräften sowie Evakuierungsoperationen sein. Durch die Einrüstung von speziellen Missionsmodulen können die Mehrzweckkampfschiffe flexibel an unterschiedliche Einsatzszenarien angepasst werden.

Was sagt die IG Metall dazu?

Von der IG Metall ist bisher nichts über den angekündigten Deal zu vernehmen. Ihr Mantra lautet seit dem Börsengang von TKMS: Der „Staat“ muss mit mindestens 25,1 Prozent bei der TKMS einsteigen. „Es sei die Aufgabe der Bundesregierung, bei besonders schützenswerten Schlüsseltechnologien wie dem Marineschiffbau auch auf die Aktionärsstruktur von TKMS zu achten,“ so Stephanie Schmoliner, Geschäftsführerin der IG Metall Kiel-Neumünster, die auch stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei TKMS ist. Die Gewerkschaft befürchte, dass nach dem Börsengang ein Aktienpaket in „falsche Hände“ geraten könnte (FAZ 9.8.25). Für den Bund ist eine Beteiligung allerdings vorerst nicht geplant. Eine Sicherheitsvereinbarung sichert jedoch Vorkaufs- und Zustimmungsrechte bei sensiblen Projekten, zudem „kann“ die Bundesregierung ein Aufsichtsratsmitglied benennen. 

Bedenke!
Karl Kraus, der österreichische Antimilitarist, mahnte nach den Ersten Weltkrieg: „Alles was gestern war, wird man vergessen haben; was heute ist, nicht sehen; was morgen kommt nicht fürchten. Man wird vergessen haben, dass man den Krieg verloren, vergessen haben, dass man ihn begonnen, vergessen, dass man ihn geführt hat. Darum wird er nicht aufhören.“

Günther Stamer

 

TKMS gst web

IsraelischesU Boot Dragon Kiel 2025 web

Bild: Israelisches U-Boot „Dragon“ von TKMS auf Probefahrt vor dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel im September 2025.