„Lokführerstreik droht Deutschland ins Chaos zu stürzen. Gewerkschaft
läuft Amok“
Dies titelte am 18.10. eine bundesweit verbreitete Zeitung über den Streik der Lokführer. Doch es ist nicht die BLÖD-Zeitung, die diese Schlagzeile liefert sondern die „seriöse“ Frankfurter Allgemeine (FAZ) und sieht in dem Streikaktionen eine nationale „Bedrohung“. Als Konsequenz des unbotmäßigen Verhaltens von Lokführern und Bahn-Begleitpersonal wird gefordert, dass „das Streikrecht einer Eingrenzung bedarf, die sich an den Aufgaben und den Auswirkungen auf die Allgemeinheit orientiert.“ Ähnliches hat Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im Sinn: Sie kündigte an, Anfang November ein Gesetz zur Tarifeinheit vorzulegen, damit künftig Arbeitskämpfe wie die der GDL (Gewerkschaft der Lokführer) und von Cockpit (Gewerkschaft der Piloten und Flugingenieure) verhindert werden können. Unterstützt wird dies Vorhaben auch von Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD). Er habe das Gefühl, „dass das Augenmaß verloren geht“. Wenn die Konkurrenz zwischen Gewerkschaften für derart weitgehende Streikaufrufe genutzt werde, sei das „kontraproduktiv“. Das Bundesarbeitsministerium müsse grundsätzlich eine Regelung finden, die im Arbeitskampf dem Mehrheitsprinzip Geltung verschaffe.
Der Streik der Lokführer hat am Mittwoch und von Samstagmorgen (2 Uhr) bis Montagmorgen (4 Uhr) bundesweit für massive Behinderungen im Zugverkehr gesorgt. Insgesamt seien 80 Prozent der Züge ausgefallen, sagte Hartmut Petersen vom GDL-Bezirk Nord. Die Privatbahnen (u.a. Nord-Ostsee-Bahn, AKN) sind vom Streik nicht betroffen.
Die GDL fordert fünf Prozent mehr Lohn und eine kürzere Arbeitszeit. Außerdem strebt sie die Federführung bei Tarifverhandlungen auch für Zugbegleiter und andere Bahnmitarbeiter an, die bislang von der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten werden. Zum aktuellen Angebot der Bahn heißt es in der Presserklärung der GDL vom 17.10.: „Die DB verweigert nach wie vor, inhaltliche Verhandlungen für das gesamte Zugpersonal in der GDL. Sie bietet lediglich unverbindliche Gespräche und will weiterhin an der Tarifeinheit festhalten. Fakt ist aber, dass seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts 2010 Tarifpluralität in Deutschland gilt. Die GDL vertritt mit 51 Prozent die Mehrheit der 37.000 Beschäftigten des Zugpersonals in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB. Wir werden nicht zulassen, dass es in unserer Gewerkschaft Mitglieder erster und zweiter Klasse gibt. Somit streikt das gesamte Zugpersonal weiterhin für inhaltliche Verhandlungen in gemeinsamen Tarifvertragsstrukturen. Die DB bietet für Lokomotivführer auf den ersten Blick scheinbar massive Verbesserungen, die sie aber gleichzeitig den Zugbegleitern verweigert. Auch beim Angebot für die Lokomotivführer lohnt sich ein genauer Blick. Die DB bietet zwar eine fünfprozentige Entgelterhöhung - Es kommt aber nicht darauf an, was draufsteht, sondern was drin ist. Betrachtet man die 2,5-jährige Laufzeit, bleiben lediglich 2,1 Prozent im Jahr übrig, also nicht mehr, als die bisherige Stillhalteprämie für Lokomotivführer.“
text/fotos: gst