Neupack-"Streik"
Mit neuer Warteschleife sollen KollegInnen zermürbt werden
Ralf Becker hat schon vor Wochen die Forderung der örtlichen, betrieblichen Streikführung (die keine ist, weil sie nichts zu sagen hat), zugesandt bekommen, daß die Streikenden die Führung ihres Streikes selbst übernehmen wollen. Sie wurden nicht mal einer Antwort für würdig befunden. Im Streikinfo 52 teilt die IG BCE mit, daß sie die Rücknahmen für die "legalen" Streiker in das Verhandlungspaket aufgenommen hat und die vom Arbeitgeber angeschuldigten "illegalen" Streiker nicht. Damit wird auf den Betriebsratsvorsitzenden Murat Günes und fünf andere StreikaktivistInnen gezielt.
Die Rechnung von Krüger und der IG BCE-Führung wird aber nicht aufgehen: Die gesamte kämpfende Belegschaft steht einig hinter Murat und den anderen "illegalen" StreikaktivistInnen. Murat hat zehn Jahren nach dem Motto gekämpft: EINER FÜR ALLE. Jetzt sagen die KollegInnen: ALLE FÜR EINEN! Das sind der IG BCE-Führung fremde Worte. Sie kennt nur die eine Vokabel: SOZIALPARTNERSCHAFT!
Am 1. Mai wird Michael Vassiliadis Hauptredner in Hamburg sein. Er wurde vor einem halben Jahr dafür ausgewählt, weil DGB und Vassiliadis damals noch glaubten, "an Krüger ein Exempel statuieren zu könnnen - koste es was es wolle". Vassiliadis war also für eine Siegesrede vorgesehen. Eine Siegesrede wird er trotzdem noch halten wollen: Den Streikenden ob ihres Kampfeswillens kiloweise Honig um den Bart schmieren, das bisher Erreichte loben (siehe die bisherigen Streikinfos der IG BCE). Kaum eine Streikinfo, in der nicht das bisher Erreichte hervorgehoben wurde - ohne es je konkret zu benennen: Eine weitere Verarschung per Streikinfo.
Wer bei der Rede von Vassiliadis wohl klatschen wird? Jedenfalls keiner der Streikenden, die ihre Peiniger Hoeck/Krüger hassen und die Zuarbeiter Vassiliadis/Becker verachten.
IGM-Kollege: IG BCE-Führung begeht Verrat!
Der Kollege H., jahrzehntelanges Mitglied der IGM, Betriebsrat und Arbeitsrichter hat einen empörten Brief an die IG BCE in Hamburg geschrieben. Hier ein Auszug:
Aus Ihrer Streikinfo geht hervor, dass sich Streikende in zulässiger Weise und Streikende in unzulässiger Weise beteiligt haben. Diese Kategorisierung wurde doch wohl vom Arbeitgeber und nicht von Ihnen vorgenommen.
Ich nehme mal an, dass es allen Streikenden darum ging, die nicht menschengerechten Arbeitsbedingungen bei Neupack zu beenden und nicht willentlich gegen irgendwelche Gesetze zu verstoßen?
Deswegen ist es ungeheuerlich, dass Sie die Rücknahme der Maßregelungen für die „legalen Streiker“ in das Verhandlungspaket mit aufgenommen haben und für die vom Arbeitgeber angeschuldigten „illegalen Streiker“ explizit nicht. Eine Gewerkschaft darf eine solche Kategorisierung bei Streikbeteiligungen nicht akzeptieren.
Sie erwecken den Anschein, dass sie die Meinung des Arbeitgebers teilen und die Betroffenen somit dem zufälligen Urteil eines Arbeitsgerichtes, im schlimmsten Fall der Strafjustiz, überlassen.
Kann sich überhaupt ein Richter oder auch jemand anders, der nicht die ganze Zeit an diesem Arbeitskampf teilgenommen hat, in die Lage der Streikenden und insbesondere derer, denen eine besondere Verantwortung während des Streikes zukommt, versetzen? Eigentlich nicht.
Das habe ich während meines 23jährigen Ehrenamtes als Arbeitsrichter beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht beobachten müssen.
Ein enormer psychischer Druck lastet auf den Kollegen in diesem Spannungsfeld von Streikbrechern, Arbeitgeber Propaganda und Sicherheitsdienst mit Wachhunden am Werktor, also die gesamte aufgefahrene gesetzlich geschützte Übermacht des Arbeitgebers.
Deswegen ist eine Solidargemeinschaft wie die Gewerkschaft verpflichtet, solange es irgendwie möglich ist, seine Mitglieder nicht in die Klauen des Arbeitgebers zu geben, sondern sich schützend vor sie zu stellen. Es wäre im Rahmen der Verhandlungen eine wunderbare Gelegenheit dazu gewesen und nicht nur die Selbstgänger, die „legalen Streiker“ zu verhandeln. Das noch als Erfolg zu vermarkten ist beschämend.
Mit Ihrer Haltung haben Sie die Kolleginnen und Kollegen bei Neupack und darüber hinaus nicht gerade ermutigt, sich in Zukunft an Streikaktionen zu beteiligen, zumal die Kolleginnen und Kollegen erleben mussten, dass ihnen arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen können und dass sie nicht in jedem Fall den Schutz ihrer Gewerkschaft genießen.
Zuzulassen, dass der Arbeitgeber über eine Gruppe von Streikenden herfällt, ist ein Verrat.
Ich habe alle Hochachtung vor den Kolleginnen und Kollegen der Firma Neupack und freue mich, dass sie dazu beigetragen haben, dass der schamlosen Ausnutzung der Arbeitsmarktsituation durch die Arbeitgeber, zumindest bei Neupack, etwas entgegengesetzt wurde...
Mit freundlichen Grüßen
H.
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Protest von Attac Hamburg
Attac ist ja kein ausgesprochen betrieblich oder gewerkschaftlich orientierter Zusammenschluß. Um so mehr freuen wir uns über ein Schreiben der Attac Sozial AG an die IG BCE Hamburg.
Hier ein Auszug ihres Schreibens:
Jetzt erreicht uns das Streikinfo 52.
Wir schreiben Euch, weil Ihr in einer extrem sensiblen Sache den Elefant im Porzellanladen abgeben wollt.
Es ist der Unternehmer, der die Streikenden in genehme und nicht genehme Arbeitnehmer einteilt. Eine Gewerkschaft teilt in aktive und weniger aktive Streikteilnehmer ein.
Es ist keinesfalls Sache der Gewerkschaften, Streikteilnehmer ans Messer zu liefern!
Kein einziger darf dem Unternehmer zur Maßregelung vorgeworfen werden!
Überlegt Euch das noch mal und verwerft solche Gedanken!
Wir wünschen, dass die Gewerkschaften wieder erstarken!
Mit bangen Grüßen
Attac Sozial AG