Daten/Fakten  

   

Beiträge

‘s ist Krieg! ‘s ist Krieg!

Im Wochenend-Journal der „Kieler Nachrichten“ (17.1.15) wird des 200. Todestages Matthias Claudius' auf einer ganzen Seite gedacht (geboren am 15. August 1740 in Reinfeld/Holstein , gestorben am 21. Januar 1815 in Hamburg). Er wird dort als frömmelnder und unpolitischer Zeitgenosse dargestellt, der der Nachwelt allein als Autor des berühmten Abendliedes ( „Der Mond ist ufgegangen...“) im Gedächtnis geblieben ist. Neben dieser Seite gibt es aber auch einen Matthias Claudius, der auch heute durchaus aktuell ist.

Mit dem von ihm herausgegebenen „Wandsbeker Boten“ war er einer der Väter des modernen Journalismus, indem er erstmals in Deutschland Nachrichten mit Unterhaltung (Gedichte) kombinierte. Die Zeitschrift war finanziell zwar ein Fiasko, war zu seiner Zeit aber die angesehenste Zeitschrift Deutschlands und machte die Ideen der französischen Aufklärung und des deutschen Sturm und Drang bekannt, indem dort Texte von Goethe, Schiller, Herder, Lessing und Voß veröffentlicht wurden. Und Claudius warb für Toleranz unter den Religionen und sein anklagendes "Kriegslied" , 1778 verfasst, ist vor dem Hintergrund der aktuellen Politik von höchster Aktualität.

 Kriegslied

‘s ist Krieg! ‘s ist Krieg!

O Gottes Engel wehre,

Und rede Du darein!

‘s ist leider Krieg –

und ich begehre

Nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen

Und blutig, bleich und blaß,

Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen,

Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,

Verstümmelt und halb tot

Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten

In ihrer Todesnot?

Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute,

So glücklich vor dem Krieg,

Nun alle elend, alle arme Leute,

Wehklagten über mich?

Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten

Freund, Freund und Feind ins Grab

Versammelten und mir zu Ehren krähten

Von einer Leich herab?

Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?

Die könnten mich nicht freun!

‘s ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein!