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Hartz-IV-System in Kiel:

Verfestigung der Armut

Hartz

01. Januar 2014  Die Bevölkerung in Kiel ist nach einer Analyse des DGB weit stärker von Hartz IV betroffen als in der Mehrzahl der anderen Großstädte. Zugleich gelingt es den Hilfeempfängerinnen und -empfängern in der Stadt im Schnitt weit seltener, den Hilfebezug längerfristig oder auch nur zeitweise zu überwinden. Die Verfestigung der prekären Lebensverhältnisse ist bedrückend. Mehr als die Hälfte der Hartz-IV-Bezieher in Kiel ist mindestens vier Jahre auf staatliche Fürsorge angewiesen.

Fast 14 Prozent der erwerbsfähigen Menschen in Kiel waren Ende 2012 auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Damit mussten 18.186 der Kieler/innen im Alter von 15 – 64 Jahren auf staatliche Fürsorge zurückgreifen. Das Hartz-IV-Risiko in Kiel liegt damit höher als in den anderen westlichen Großstädten. Lediglich in den östlichen Großstädten sind anteilsmäßig noch mehr Menschen im Hilfebezug. Besorgniserregend ist zugleich, dass Hartz-IV-Empfänger und -empfängerinnen in Kiel zugleich länger auf staatliche Fürsorge angewiesen sind als in vielen anderen Regionen. Gut drei Viertel der erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieherinnen und -bezieher der Stadt sind bereits im Langzeitbezug und haben in den letzten zwei Jahren mindestens 21 Monate Hartz-IV bezogen. Mehr als die Hälfte aller Empfängerinnen und Empfänger im Alter von 15 bis 64 Jahren sind sogar seit mindestens vier Jahren auf Hartz-IV angewiesen. „Dem Hartz-IV-System ist es bisher nicht gelungen, eine Verfestigung prekärer Lebenslagen zu verhindern“, so Frank Hornschu, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes Kiel Region. Auch hier stelle sich die Situation noch ungünstiger dar als in vielen anderen Großstädten. „Die Anzahl dieser hilfsbedürftigen Menschen in Kiel geht weit über die der Arbeitslosen hinaus. Viele Hartz-IV-Bezieher/Bezieherinnen befinden sich in Fördermaßnahmen oder gehen einer Beschäftigung nach, die durch niedrige Löhne, eine geringe Stundenzahl oder durch eine kurzfristige Dauer nicht existenzsichernd und prekär ist. Andere haben Betreuungspflichten oder befinden sich noch in Ausbildung“, so Hornschu weiter. Trotz der Verhärtung im Hilfebezug gibt es auch im Hartz-IV-System relativ viel Bewegung. Ständig kommen Menschen hinzu, während andere doch immer wieder den Hilfebezug beenden können. Erstmals hat der DGB in Kiel differenzierte Daten zum Eintritts- und Verbleibsrisiko im Hartz-IV-System vorgelegt.

Ihnen zufolge liegt das Eintrittsrisiko in Hartz-IV für Erwerbsfähige im vergangenen Jahr in Kiel bei 4,5 Prozent. Das heißt, 4,5 Prozent der Bevölkerung von 15 bis 64 Jahren musste innerhalb eines Jahres Hartz-IV beantragen.

Bei dem Risiko, hilfsbedürftig zu bleiben, lässt sich für Kiel festhalten, dass weit mehr als einem Drittel der Hartz-IV Beziehenden im ersten Jahr die Überwindung der Hilfsbedürftigkeit gelingt. Aber auch dieser Anteil ist niedriger als in anderen Großstädten. Angesichts der besonders prekären Situation in Kiel fordert der DGB Jobcenter und die Stadt zu mehr Anstrengungen zur Vermeidung und zum Abbau von Langzeitbezug auf. „Dazu braucht es eine stärkere Professionalisierung der Betreuung. Stabilisierungs-, Unterstützungs- und Eingliederungsmaßnahmen müssen stärker am Ziel der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Zudem müssten die sozialintegrativen Maßnahmen der Stadt – wie Schuldnerberatung, etc. – sowie abschlussorientierte Qualifizierungen für diese Zielgruppe ausgebaut werden. Ebenso sollten Menschen bei einer Jobvermittlung noch längere Zeit nachbetreut werden, um ein neues Arbeitsverhältnis möglichst stabilisieren zu können. Auch die Bundesregierung ist gefordert: Durch die Kürzung der Arbeitsförderung in den vergangenen Jahren haben sich die Förderchancen für Hartz-IV-Empfänger/Empfängerinnen massiv verschlechtert; dies hat dazu beigetragen, dass viele Menschen längerfristig auf staatliche Fürsorge angewiesen sind. Aber auch die Unternehmen sollten mehr tun und Hartz-IV-Empfängern und Empfängerinnen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt geben“, so Hornschu aus dem Kieler Gewerkschaftshaus.

gst