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Stadtteile wachsen zusammen:

Neue Perspektiven für Holtenau und Friedrichsort

01.September 2014 Nach über 100 Jahren ist für viele Kielerinnen und Kieler ein Traum in Erfüllung gegangen, als am 22.8.2014 das ehemalige Gelände des Marinefliegergeschwaders (MFG 5) geöffnet wurde und eine direkte Wegverbindung für Fußgänger und Radfahrer zwischen Holtenau und Friedrichsort wieder möglich war. Für sie verkürzt sich die Strecke zwischen den beiden Stadtteilen von 4,6 auf 2,5 km. Mit einem Festakt feierte die Stadt Kiel die Freigabe mit vielen Menschen, die seit Jahrzehnten darauf gewartet haben. In der Eröffnungsrede durch den OB Kämpfer wurde auf die Entwicklungsmöglichkeiten des Geländes hingewiesen die allen BürgerInnen den freien Zugang sowie eine Zukunft am Wasser mit Wohnen und Gewerbe möglich machen soll. Mehrere Tausend Menschen nutzten an dem Wochenende die Gelegenheit eine bislang durch Militär und Flughafen zerschnittene Verbindung zu genießen. Die oftmals unerträgliche Lärmbelastung, die die Bewohner der Stadtteile Wik, Holtenau, Altenholz und Friedrichsort durch die militärischen Ausbildungsflüge der Seaking-Hubschrauber ertragen mussten, sind schnell vergessen. Auch der geplante Flughafenausbau der die Stadt ca. 70 Mio. gekostet hätte und mit einer Investitionruine geendet wäre, ist vergessen. Aber welche Kraft und Ausdauer der Widerstand gegen das Prestigeobjekt durch die über 1000 Mitglieder der Bürgervereinigung nötig war, wurde vielen wieder bewusst.

So kam es auch, dass die Flughafenausbaugegner bei der Öffnungsveranstaltung auf sich aufmerksam machten. Und leider ist das Thema „Airport“ in der Stadtpolitik nicht beendet.

Noch gehört auch das MFG 5-Gelände der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) und die Stadt muss es erst noch erwerben. Um die Zukunft des Geländes gibt es allerdings schon Auseinandersetzungen und auch Planungsideen seitens der Stadt. Bisher gab es schon Bürgerdialoge und am 20./21.9.2013 eine Perspektivenwerkstatt mit mehr als 200 Bürgerinnen und Bürgern, die in mehreren Gruppen zu verschiedenen Themen Ideen entwickelten. Als Zusammenfassung finden wir auf der Internetseite folgendes:

„Erstaunlich war, dass die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen trotz der unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte und Besetzung zu Ergebnissen kamen, die sehr nahe beieinander lagen: alle wünschen sich ein Mischung verschiedener Nutzungen, wobei der Anteil an Wohnbebauung höher liegen soll, als bei den bisherigen Planungsüberlegungen.

Insbesondere der Plüschowhafen wird für eine rein gewerbliche Nutzung als zu attraktiv bewertet. Gewerbe wurde von den Teilnehmern aber nicht generell abgelehnt, sondern muss nach Einschätzung der Bürger nur verträglich mit andern Nutzungen sein. Ein zentraler Wunsch, der mehrfach genannt wurde, ist ein öffentlicher Weg entlang der Wasserkante. Auch Blickachsen auf das Wasser sollen bei einer Bebauung erhalten bleiben, ebenso wie Waldflächen. Aus der Gruppe der Jugendlichen kam der mutige Vorschlag, dass am Rande des Waldgebietes besondere Wohnformen und Wege – beispielsweise Häuser auf Stelzen und ein Baumwipfelpfad – möglich wären.

Was darf nicht passieren?:

•        Nicht nur für Reiche

•        Keine Monostruktur

•        Keine ungeordnete Verkehrsentwicklung

•        Keine einseitige Erschließung über Holtenau/Friedrichsort

•        Keine großflächige Industrie

•        Keine befristeten Gewerbe (z. B. Offshore)

•        Keine Industrie/Schwerindustrie

•        Keine unattraktive Bebauung an der Wasserkannte

•        Verlagerung des Einzelhandels von Alt-Holtenau

•        Wasserkante nicht öffentlich zugänglich

•        Ausbau des AirParks

•        Verschlechterung der bestehenden ÖPNV-Angebote

•        Zerstörung des Baum- und Grünbestands (insbesondere Solitärbäume)

•        Nichts!

•        Konzeptlose Stück für Stück Vermarktung.“

         Zitate und weitere Infos auf der Diskussionsseite unter: www.kiel.de/mfg5

 

Sep09

MFG 5-Areal, Kiel-Holtenau. Aus der Präsentation der Stadt Kiel, „Vorbereitende Untersuchungen“ vom 21.2.2012

Ausgerechnet die IG Metall Kiel war es, die am Tag der Öffnung des MFG 5-Geländes in der örtlichen Presse als Fürsprecher der Industrie auftrat und verlangte, dass die Flächen ausschließlich der Industrie zu Gute kommen sollen. Sie machen sich um den Wirtschaftsstandort Kiel Sorgen und fürchten, dass zu viel für den Wohnungsbau getan wird.

„Für uns kommt erst schöner arbeiten und dann schöner wohnen“ lassen sie verlauten. Für eine Gewerkschaft in der heutigen Zeit ist das ziemlich peinlich.

Einige Gewerkschaftssekretäre wollen nun, dass „ihre“ Arbeiter „schöner“ arbeiten, ohne zu sagen wie denn Arbeit in der Industrie „schön“ sein kann. Wo sie doch wissen, dass Arbeit unter den heutigen Bedingungen Ausbeutung, zunehmender Stress und Lohndumping bedeutet und dann gönnen sie „ihren“ Arbeitern nicht einmal, dass sie sich in „schönen“ Wohnungen erholen, um ihre Arbeitskraft wiederherzustellen? Ist es etwa nicht im gleichwertigen Interesse sich als Gewerkschafter für gutes Wohnen einzusetzen?

Sie fordern mehr Gewerbeflächen für die Industrie, die gerade in Friedrichsort durch Entlassungen und Betriebsstillegungen Arbeitsplätze vernichtet und große Industriebrachen hinterlässt. Als wenn es in Kiel nicht genügend Gewerbeflächen gäbe. Allein auf dem Gelände des Flughafens Kiel stehen 68 Hektar ungenutzt zur Verfügung.

Die Ursache, dass immer mehr Industriebetriebe Kiel verlassen, liegt doch nicht an zu wenig Gewerbeflächen und auch nicht an zu wenig „schöner“ Arbeit. Warum werden nicht die Verantwortlichen in Konzernzentralen an den Pranger gestellt, die die Produktionsstandorte nur danach wählen, wo sie die geringsten Löhne und die dicksten Gewinne machen. Wäre es nicht an der Zeit, sich für eine zukunftsfähige und nachhaltige Produktion einzusetzen, die von den Arbeitern selbst organisiert wird? Ist gute Arbeit nicht auch mit sinnvoller Produktionsweise und mit besserem Leben verbunden?

Für den ehemaligen Militärstandort MFG 5 wäre es sehr wünschenswert, wenn das Gelände den Menschen für Wohnen, Freizeit und Erholung zur Verfügung steht und nicht wieder mit Industriebrachen und schon gar nicht mit Rüstungsproduktion vollgebaut wird.

 (uws)