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Freiheit statt Angst:

Vorratsdatenspeicherung

Freiheit

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01. Juli 2015 SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel ist zwar knapp einem Waterloo entgangen, vielleicht war es aber doch eher ein Pyrrhussieg, den er am 20. Juni errungen hat. Nach einer über Monate erbittert geführten Debatte gab der handverlesene SPD-Parteikonvent von gut 200 SPD-Funktionären (hinter verschlossenen Türen) in der Willy-Brandt-Parteizentrale in Berlin grünes Licht für die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Es gab 124 Ja-Stimmen, 88 Delegierte lehnten das Vorhaben ab. Allein das Abstimmungsergebnis zeigt, wie zerrissen die Parteiführung in dieser Frage ist. Von der Basis ganz zu schweigen: Gegen die Vorratsdatenspeicherung hatten sich über 100 Grundorganisationen in Anträgen ausgesprochen, auch gibt es in elf SPD-Landesorganisationen Beschlusslagen dagegen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte am 12.Juni im Bundestag die umstrittene Vorratsdatenspeicherung auf den Weg gebracht. Konkret handelt es sich dabei um ein Gesetzesvorhaben, bei dem alle IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten von Telefongesprächen für zehn Wochen gespeichert werden. Auch die Speicherung von Handy-Standortdaten sieht das Gesetz vor. Für diese Daten, die potenziell auch die Erstellung von Bewegungsprofilen über jeden Handy-Besitzers ermöglichen, gelten allerdings kürzere Speicherfristen von vier Wochen. Von Datenschützern, Kirchentag bis Journalistenverbänden gibt es breiten Widerstand gegen das Vorhaben, das vor dem Bundesverfassungsgericht schon einmal gescheitert war. In der Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 9. Juni 2015 heißt es: „Nach Ansicht der Konferenz der Datenschutzbeauftragten ist fraglich, ob dieser Gesetzentwurf den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Anforderungen genügt. Schon vorherige Regelungen waren vom Bundesverfassungsgericht und vom Europäischen Gerichtshof für unwirksam erklärt worden, weil unzulässig in Grundrechte, insbesondere in das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten, eingegriffen wurde. Mit einer Vorratsdatenspeicherung wird massiv in Freiheitsrechte von allen Menschen unabhängig von einem konkreten Verdacht eingegriffen.“ 

Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ fanden am 13. Juni in über 30 Städten in Deutschland Demonstrationen gegen den Überwachungsstaat statt. Anlass der diesjährigen Proteste waren die im Mai vom Bundeskabinett beschlossene Vorratsdatenspeicherung, der Geheimdienstskandal um NSA und BND sowie der allgemeine Trend zur Totalüberwachung der Bevölkerung durch Staat und Wirtschaft. Seit 2006 ruft ein breites Bündnis überwachungskritischer Gruppen alljährlich zu Demonstrationen auf.

In diesem Jahr gingen auch in Kiel 200 Demonstrant_innen auf die Straße um gegen die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung und Perfektionierung der Überwachung zu protestieren. Wenn auch zahlenmäßig überschaubar war doch die politische Breite der Widerständler durchaus ermutigend. Patrick Breyer, Landtagsabgeordneter der Piratenpartei, führte zum Auftakt der Demonstration in seiner Rede noch einmal  anschaulich alle Argumente vor Augen, die eine grundsätzliche Ablehnung von Vorratsdatenspeicherung als demokratischem Widerstandsakt erfordere.„Privatsphäre ist wie Sauerstoff: Erst wenn sie weg ist, werden wir merken, dass sie fehlt.“ Der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, Arfst Wagner, erinnerte an George Orwells 1984. Wer das Buch gelesen habe, habe ein Bewusstsein für die Gefahren des Überwachungsstaats. Bettina Jürgensen vom Bündnis für Versammlungsfreiheit warnte vor dem schleswig-holsteinischen Versammlungsgesetz. Danach dürften Demonstrationen künftig per Hubschrauber, Mini-Drohne oder Kamerawagen gefilmt werden. „Die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht. Wir demonstrieren wann, wo und wie wir es wollen!“

Auf der Abschlusskundgebung lenkte der Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Thilo Weichert den Blick auf die zunehmenden Überwachungspraktiken durch Geheimdienste und die Gefahren von Big-Data-Analysen der Konzerne. Die Politik müsse endlich „die nötigen Schritte für eine freiheitliche informatisierte Weltgesellschaft einleiten, um ein Abdriften zu digitalen Diktaturen und fremdbestimmten Konsumgesellschaften zu vermeiden.“ Beunruhigende Anwendungsgebiete für Big-Data-Analysen gibt schon jetzt massenhaft – für Konzerne, Versicherungen, Banken, Geheimdienste. Diese dienten der Ausspähung, Überwachung und Manipulierung der Bürger. In diesem Zusammenhang hob er die Bedeutung des Whistleblowers Edward Snowden  hervor, der der Debatte über digitale Daten und Überwachung einen wichtigen Impuls gegeben habe. Deshalb erneuerte er seine Forderung: Asyl für Edward Snowden in Deutschland.                         

(gst)

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