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Nachruf auf Charly Braun
3. Juli 1938 bis 11. August 2017
01. September 2017 Charly haben alle, seit seiner Zeit bei der Bundesmarine in Kiel, zu ihm gesagt. Charly, weil er schon immer so wenig Haare auf dem Kopf hatte wie die Comicfigur Charly Braun. Charly, der gelernte Feinmechaniker, hieß mit richtigem Namen Dieter und zog 1956 aus der Schwäbischen Alp nach Kiel, um bei der Marine eine Deckoffizierslaufbahn zu starten. Seine Grundausbildung absolvierte er noch ohne große Zwischenfälle, doch bei den Deckoffizierslehrgängen kam es immer wieder zu Diskussionen zwischen den Ausbildern und Charly über den Sinn, die Aufgaben und den hierarchischen Aufbau der Bundesmarine. So dauerte es dann auch nicht lange bis drei Herren vom MAD (Militärischer Abschirmdienst) ihn besuchten und in ein Gespräch verwickelten. Woher haben Sie ihre Kenntnisse? – Wer sind ihre Freunde? – Haben sie Kontakte zur DDR? – und anderes waren die Fragen, dessen ehrliche Beantwortung: „Nein, ich lese nur den SPIEGEL“ zum Ausschluss aus der Bundesmarine führte.
Das war gut, denn Charly fand sofort wieder eine Anstellung in einer Kieler Maschinenfabrik. Dort war er nicht nur ein sehr fachkundiger und verlässlicher Arbeiter, sondern bald auch ein guter Freund seiner neuen Kollegen. Wenn es Probleme mit der Betriebsleitung gab, kam man zu Charly. Bei Hell in Kiel wurde Charly Vertrauensmann und hielt auch Ausschau nach anderen, die ähnlich dachten wie er.
Linke Sozialdemokraten und Kommunisten wurden seine Freunde und Berater und bald merkte er, dass man nicht unorganisiert, als Einzelperson für die Kollegen und bessere Arbeitsbedingungen eintreten konnte. Nach einem Besuch in der sozialistischen Volksrepublik Albanien Anfang der 70er-Jahre schloss er sich der KPD/ML (später KPD) an, dessen Mitglied er mit Unterbrechungen bis in die 90er Jahre war. Später trat er in die Organisation für den Aufbau der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (ARBEIT ZUKUNFT) ein, dessen Mitglied er bis zu seinem Tode war.
Charly war Roter Betriebsrat bei Homedica, einem Werk für medizinische Implantate und vertrat dort mehrere Jahre lang unermüdlich die Interessen seiner Kollegen. Dass die Geschäftsleitung es letztlich doch schaffte, den Roten Betriebsrat Charly aus dem Betrieb zu klagen, war dem Verrat durch die Leitung der IG-Metall Kiel zu verdanken.
Das bewirkte ein Berufsverbot und Charly wurde mehrere Jahre lang arbeitslos und da die „staatlichen Almosen“ nicht ausreichten, war er gezwungen zusätzlich auch noch als Taxifahrer zu arbeiten. Er wurde erwischt und musste viele Jahre lang das überbezahlte Arbeitslosengeld zurück bezahlen.
Die letzten Jahre arbeitete Charly in der Kieler Feinmechanikmanufaktur Andresen & Klein, in der die berühmte Strathmann-Flöte gefertigt wurde.
Die 1990er Jahre prägten seinen unermüdlichen Einsatz für die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe in SH e. V., als Gruppen- und Seminarleiter. Charly war oft der „Liebling der Jugendlichen“, die sich wunderten, dass so ein „alter Knochen“ ihre Probleme und Ängste so gut verstand.
Charly ist in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag, nach kurzem Leiden, im Hospiz Kieler Förde an Nierenkrebs verstorben. Seiner Lebenspartnerin und allen seinen Genossen und Freunden spreche ich meine aufrichtige Anteilnahme aus.
Er war bis zu seinem Tode ein unermüdlicher Kämpfer für den Sozialismus. Als revolutionärer Kommunist hat er stets den Revisionismus aller Schattierungen kritisiert. Seine Meinung, sein Rat und seine Erfahrungen wurden allseits geschätzt und dienten vielen auch als Ansporn nicht aufzugeben im Kampf für eine bessere und sozialistische Gesellschaftsordnung.
Fiete Jensen, 12. August 2017