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Kiel:
Gegen Verschwörungsideologien, Querfront und Faschismus!
Etwa 50 Antifaschist*innen demonstrierten am Samstagnachmittag, den 9.5.2020 in der Kieler Innenstadt gegen eine die Corona-Pandemie verharmlosende Querfront-Allianz aus „Demokratischer Widerstand“ und „Widerstand 2020“. Ab 15 Uhr fand eine Kundgebung des „Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus“ auf dem Europaplatz statt.
Ein Großteil der Teilnehmer*innen begab sich nach einem kurzen Redebeitrag zum Asmus-Bremer-Platz, um dort gegen eine weitere rechtsoffene Mahnwache wegen der Corona-Maßnahmen zu protestieren. Bereits in den zwei Wochen zuvor hatte hier ein lokaler Ableger der durch die Berliner „Hygienedemos“ bekannt gewordenen Initiative „Demokratischer Widerstand“ Präsenz gezeigt. In dieser Woche schlossen sich zudem erstmals offiziell Anhänger*innen der in Niedersachsen gegründeten virtuellen Parteieninitiative „Widerstand 2020“ an, die z. B. als Veranstalter der verschwörungsideologischen Großdemos in Stuttgart fungiert. Kurz zuvor hatte bereits eine zumindest fragwürdige Kunstaktion mit ähnlichem Tenor am Asmus-Bremer-Platz stattgefunden.
Das bisher prägende Bild esoterischer Hippies, die auf Yoga-Matten meditieren, wurde entsprechend erweitert durch eine etwas kleinere Gruppe mittelalter, größtenteils männlicher Personen, die sich als dicht gedrängter Pulk daneben platzierte. Insgesamt beteiligten sich etwa 50 Menschen an der skurrilen Zusammenkunft. Der politische Ausdruck blieb weiterhin schwach: Es dominierten ein paar unkonkrete wie unproblematische Pappschilder gegen Grundrechtseinschränkungen, es wurde das Grundgesetz verteilt, aber auch verantwortungslose und im Kern sozialchauvinistische Forderungen wie „Gegen alle Corona-Maßnahmen“ wurden gezeigt. Vereinzelt nahmen Teilnehmer*innen auf Verschwörungsideologien Bezug, in ausliegenden Flugblättern wurden die Gefahren von Covid19 bagatellisiert. Offen antisemitische oder andere klar rechte Positionen wurden nicht zu Schau gestellt, mit der Parole „Gegen Faschismus“ bemühte man sich um formale Abgrenzung.
In diversen Diskussionen zwischen Mahnwachenteilnehmer*innen und Gegendemonstrant*innen offenbarte sich jedoch die gesamte Palette an unterschiedlichen Graden politischer Verwirrung und Verdorbenheit. Redebeiträge gab es nicht, das Absingen der Nationalhymne wurde erfolgreich durch lautstarke „Alerta antifascista“-Rufe abgebrochen.
Wenn auch in deutlich kleinerem Ausmaß als anderswo sehen sich Antifaschist*innen derzeit auch in Kiel mit den schwierigen Auswüchsen der rechtsoffenen Corona-Mobilisierung konfrontiert, die berechtigte Existenzängste und Unbehagen gegenüber den staatlichen Eingriffen in die Grundrechte mit Esoterik, verschwörungsideologischer Verblödung, neoliberalem Sozialchauvinismus und offen antisemitischer bis neofaschistischer Hetze verbindet. Rechte Akteure spielen bundesweit mittlerweile führende Rollen.
Die politische Antwort von links muss insofern zweigleisig agieren: Einerseits den Widerstand gegen die realen Folgen des Ausnahmezustands in Form des nächsten großen kapitalistischen Krisenschubs vorantreiben, sowie Grundrechte wie Versammlungsfreiheit verantwortungsvoll verteidigen. Andererseits darf es keine falschen Zugeständnisse geben, wenn solidarisches Handeln zum Schutze von gefährdeten Personen von Sozialchauvinist*innen negiert und bewusst angegriffen wird, wenn irrationaler Aberglaube diskursfähig wird, wenn Antisemitismus als legitime „Meinung“ gilt und wenn Faschist*innen mit- oder voranmarschieren.
Auch in den nächsten Wochen wird daher antifaschistischer Widerspruch nötig sein. Diesen gemeinsam den vereinigten „Corona-Skeptiker*innen“ entgegenzusetzen und politisch sinnvoll zu vermitteln, wird die Aufgabe aller Kieler Antifaschist*innen sein.
(Quelle: Revolutionsstadt Kiel,
https://de-de.facebook.com/RevolutionsstadtKiel/)