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Dokumentation Ostermarsch:

Rede von Bettina Jürgensen, marxistische linke

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Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ostermarsch in Kiel, liebe Zuhörende,

Seit den 60er Jahren gibt es die Ostermärsche.Die Kriege und Kriegsherde auf dieser Welt waren auch nach den Weltkriegen nie ausgelöscht. Die Rüstungsindustrie hat weiter militärische Produktion betrieben und daran immer gut verdient. Doch viele Menschen wähnten sich in einigermaßen Ruhe.

Die Kriege sind weit entfernt, oft ist der Hintergrund des Krieges nicht bekannt, muss sich „erarbeitet“ werden. Nicht alle Menschen nehmen sich dafür die Zeit.

Die Friedens- und Antikriegsbewegungen gehen zu Ostern und zum Antikriegstag, dem 1. September, seit Jahren auf die Straße: Gegen Atomwaffen, gegen den Vietnamkrieg, gegen die Stationierung von Pershing 2 und Cruise Missile, gegen den Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien – um nur sehr wenige Gründe zu nennen, gegen die menschenverachtende Kriegspolitik zu protestieren.

Russland hat in den letzten Jahren immer häufiger mit Beteiligungen an Kriegen seinen imperialen Weltmachtanspruch gezeigt: in Syrien, Mali, Kongo, Sudan, Libyen ….
Wir haben es gesehen und dennoch die dahinter stehenden imperialistischen Ziele Russlands nicht verstanden, vielleicht nicht verstehen wollen.

Nicht für möglich gehalten habe ich selbst, auch als Antifaschistin, dass ein Präsident und die Regierung des Landes, deren Soldaten uns 1945 von Faschismus und Krieg befreit haben, es wagt ein anderes Land zu überfallen.

Aber ich sage deutlich: Den Krieg Russlands gegen die Ukraine verurteile ich! Es gibt keine Erklärung, keine Geschichte, keine Vergangenheit, die diesen Krieg rechtfertigt. Der sofortige Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine ist das Gebot der Stunde!
Wenn das Blutvergießen beendet werden soll, muss der Platz beider Seiten am Verhandlungstisch sein!

• Meine Solidarität gilt der Zivilbevölkerung, die am stärksten vom Krieg betroffen ist!
• Meine Solidarität gilt den Menschen und politischen Kräften in der Ukraine und in Russland, die für den Frieden kämpfen und in beiden Ländern den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine fordern und deren Stimmen in beiden Ländern, teilweise mit Gewalt, an vielen Orten unterdrückt werden.
• Die Solidarität gehört denen, die trotz des völkerrechtswidrigen Putin-Krieges gegen die Ukraine, in beiden Ländern die Forderung nach einer ernsthaften Rückkehr an den Verhandlungstisch stellen und dies als einzige Chance für einen Frieden sehen.

In solchen Verhandlungen muss dann auch die Vorgeschichte und die Ursachen des Konflikts beleuchtet werden. Daraus muss eine Lehre gezogen werden, auch die, die lautet: Wenn Verträge zur Sicherheit der Menschen und der Grenzen geschlossen wurden, dann müssen sie eingehalten werden! Rückblickend zählen dazu der Verzicht der Osterweiterung der NATO und das Minsk II – Abkommen.

„Als marxistische linke setzen wir uns dafür ein, dass die im Entstehen begriffene neue multipolare Weltordnung sich nur auf der Anerkennung der universellen Gültigkeit der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen sowie internationalen Konventionen wie der Schlussakte von Helsinki oder der Charta von Paris vollziehen darf. Wir wenden uns gegen gefährliches Hegemonialstreben und gegen das globale Wettrüsten, das nicht nur reale Kriegsgefahren mit sich bringt, sondern auch Ressourcen bindet, die zur Bearbeitung der globalen Menschheitsfragen – des Hungers und der sozialen Frage, der laufenden Klimakatastrophe – dringend gebraucht werden.“
(Erklärung der marxistischen linke vom 6. März 2022)

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Beispiele, dass Frieden nicht herbeigebombt werden kann, gibt es genug.

• In Afghanistan starben Hunderttausende. Die deutsche Regierung meinte „unsere Freiheit am Hindukush“ zu verteidigen. Hinterlassen wurde ein verwüstetes Land, Menschenrechte dort – Fehlanzeige.
• Das NATO-Mitglied Türkei bombt im Windschatten des Krieges in der Ukraine die selbstverwalteten Gebiete in Nord- und Ostsyrien und im Norden des Irak.
• Im Jemen wird seit 2015 die Zivilbevölkerung von Saudi-Arabien bombardiert – mit Waffen aus den USA und Deutschland. Diese Liste lässt sich fortsetzen:
• Ukraine, Jemen, Syrien, Irak, Afghanistan, Somalia, Südsudan, Mali, ...:

So gesehen ist jeder Krieg ein Weltkrieg für die Menschen, deren Welt zerstört wird.
Deshalb: Wenn wir in kriegerischen Konflikten Partei ergreifen, dann vor allem: für den Frieden.

Frieden schaffen ohne Waffen – das war die Losung, unter der Petra Kelly und Gerd Bastian mit Mitgliedern der Grünen in den 80er Jahren demonstriert haben. Gemeinsam mit Hunderttausenden für Abrüstung.
Und heute? Die Grünen Annalena Baerbock und Robert Habeck fordern „schwere Waffen“ für die Ukraine. Ich bin dagegen!

Ich war und bin keine Pazifistin. Aber ich bin gegen die Geschäfte und den Profit, der mit Kriegen gemacht wird. Ich bin für das Leben und Überleben der Menschen. Deshalb bin ich gegen Militarisierung und Krieg.

Die Ampelregierung hat für 2022 mehr als 50 Milliarden für die Rüstung eingeplant und will dies nun mit 100 Milliarden „Sondervermögen“ aufstocken. Besonders brisant: für die jährlichen 2% des Bruttoinlandproduktes soll das Grundgesetz geändert werden.
Da gibt es nur eins: Sagt NEIN!

Die Erhöhung des Rüstungsetat und Rüstungsexporte werden keinen Frieden schaffen! Die Aktienkurse der Waffenindustrie gehen in die Höhe. Internationale Spannungen verschärfen sich, die Gefahr eines Weltkrieges rückt näher.

Dem müssen wir gemeinsam begegnen. Nicht mit Waffen, sondern mit gemeinsamen Forderungen, gemeinsamen Aktionen dem Wahn der Aufrüstung, der Forderung nach „schweren Waffenlieferungen“ Einhalt gebieten.
Wir sollten auch denen zuhören und gemeinsame Sache für den Frieden machen, die vielleicht nicht zu den ersten politischen Freund*innen gehören.

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Mich überrascht, die seit langer Zeit gar nicht mehr von mir geschätzte, Alice Schwarzer:
„...Die Bilder der zerstörten Städte und Massaker (…) kaum zu ertragen. Wer sind die Täter? Wohl neben russischen Soldaten ebenso tschetschenische Söldner. Aber auch ukrainischen Soldaten wurde schon die gezielte Tötung russischer Gefangener nachgewiesen. Krieg ist Krieg.“ weiter: „Schon jetzt bastelt auch Deutschland an einem militärischen „Sicherheitsschirm“, (...) gleichzeitig hören forsche, so genannt kritische JournalistInnen nicht auf, von den PolitikerInnen zu fordern: Mehr Waffen für die Ukraine! (…)
Heute scheint Putin nicht mehr erreichbar. Und das ist nicht nur für die Ukraine der Horror. Es zieht auch Russland in den Abgrund. Und es bedroht den Westen. Es gibt darum nur einen Weg: Verhandeln. Jetzt!“

Auch Ralf Stegner, SPD, mahnt angesichts der Forderung nach Lieferung schwerer Waffen seine Parteifreund*innen: „Diese Position entspricht nicht dem, was in der SPD oder der Ampel bislang vereinbart worden ist.“ Und er stellt auch fest: „Was Reinhard Bütikofer oder Volker Beck sagen, es gehe jetzt nicht mehr um die besseren Argumente, sondern darum, auf der richtigen Seite zu stehen, halte ich für gefährlich. Wir schlittern in eine Kriegsrhetorik hinein, wo es für alles nur noch militärische Lösungen gibt.“ Stärken wir die Vernunft und die Zweifel gegen Rüstung, die es bei vielen Menschen gibt. Suchen wir die Zusammenarbeit gegen den Krieg!

• Mit Kriegsrhetorik wird die Solidarität mit allen Geflüchteten weiter gespalten nach deren Herkunftsland, Geschlecht, Alter.
• Mit Kriegsrhetorik werden Verhandlungen der Regierungen der Ukraine und Russlands zum Scheitern verurteilt sein.
• Kriegsrhetorik stärkt die faschistischen Organisationen in Deutschland, in Russland, in der Ukraine.
• Mit Kriegsrhetorik profitiert die Rüstungsindustrie, wie hier in Kiel und Bundeswehrstandorte wie in Schleswig-Holstein werden noch tiefer in die Kriege verwickelt.
• Mit Kriegsrhetorik wird das Grundgesetz geändert, werden die Milliarden in die Rüstung gesteckt, die besser für ein Gesundheitssystem, eine Reform der Renten- und Sozialleistungen, den sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft, dem Stopp des Klimawandels und der Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen sowie zur Überwindung der globalen Armut eingesetzt werden sollten.

Widersetzen wir uns!

Heute geht es darum gemeinsam zu sagen:
Die Waffen nieder! Nein zum Krieg! Verhandeln jetzt!