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Offener Brief an Oberbürgermeister Dr. Albig:

U-Boote für Israel oder Bürgermeister für den Frieden?

Sehr geehrter Herr Dr. Albig,

als Mitglieder der Kieler Gruppe der IPPNW (Internationale Ärztinnen und Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges/ÄrztInnen in sozialer Verantwortung) sind wir entsetzt, mit welcher Selbstverständlichkeit in der Presse über die Lieferung von – bei HDW gebauten U-Booten – an Israel berichtet wird. Insbesondere empört uns, dass die Ausstattung dieser U-Boote für Nuklearraketen in keiner Weise problematisiert wird.
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Kiel ist Mitglied der Mayors for Peace, worauf wir stolz sind und erleichtert, weil sich damit Kiel dem Grundsatz dieser Vereinigung verpflichtet, „der Bedrohung durch Atomwaffen ein Ende zu bereiten und sich weltweit für deren Ächtung und Abschaffung einzusetzen“. Wir können verstehen, dass es für Sie als Stadtoberhaupt und für die Beschäftigten bei HDW erleichternd ist, dass durch diese U-Boot-Aufträge Arbeitsplätze vorerst gesichert sind.

Wie aber können Sie damit umgehen, dass Arbeitsplätze und Wohlstand bei uns durch die Produktion von derartigen Vernichtungswaffen gesichert werden. Das muss doch ein schwerer moralischer Konflikt für Sie und alle damit Befassten sein.
Diese Lieferung von Waffen in das hochexplosive Spannungsgebiet Nahost verstößt gegen das Grundgesetz (Art. 26) und trägt zur weiteren Eskalation der akuten Kriegsgefahr bei. Denn auch der Iran rüstet seinerseits weiter auf und hat U-Boote bei anderen Ländern bestellt.

Wir wissen, wie leicht Kritiker dieser Waffenlieferungen an Israel sich mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert sehen. Wir wehren uns gegen diese Unterstellung und die Funktionalisierung des Holocaust zur Unterdrückung von Kritik. Wir werden in unserer kritischen Haltung durch die israelische Friedensbewegung unterstützt.

Es ist ein fatales Missverständnis, aus der besonderen Verantwortung Deutschlands nach dem Holocaust unhinterfragt aus falsch verstandener Loyalität, die selbstmörderische Expansionspolitik Israels zu unterstützen. Gerade aus unserer besonderen Verantwortung erwächst die Pflicht, alle Möglichkeiten der Deeskalation zu nutzen. Und gerade im Sinne echter Freundschaft zu Israel sollte versucht werden, die israelische Regierung von ihrem gefährlichen Kurs abzubringen.

Deutschland als „Europameister im Waffenexport“ ist wieder dabei, in der Welt als Kriegstreiber wahrgenommen zu werden. Als weltweit drittgrößter Waffenexporteur heizt die Bundesrepublik mit ihren in den letzten Jahren massiv gestiegenen Rüstungsexporten erneut auf unverantwortliche Weise das weltweite konventionelle Wettrüsten an und hintertreibt dadurch die Bemühungen der Vereinten Nationen, den Waffenhandel mit einem Waffenhandelsvertrag einzuschränken. Der Einfluss der Waffenlobby auf unsere Politik und Wirtschaft ist besorgniserregend. Zum Erhalt von Arbeitsplätzen macht Kiel sich abhängig von der Waffenlobby und mitschuldig an der Gefahr, Krisen durch Kriege lösen zu wollen.

Wir möchten Sie deshalb um eine Stellungnahme zu unseren Bedenken bitten sowie um eine Beantwortung der Frage, welche Anstrengungen Sie unternehmen wollen, um im Sinne von „Schwerter zu Pflugscharen“ eine ernsthafte Rüstungskonversion in allen für die Rüstungsindustrie arbeitenden Betrieben in Kiel – im Falle Ihrer Wahl zum Ministerpräsidenten – und in Schleswig-Holstein anzustreben, wie es Ihrer Verantwortung als „Bürgermeister für den Frieden“ entspricht.

Ihrer Antwort entgegensehend, verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen
im Namen der Kieler Gruppe der IPPNW
Dr. med. Barbara Saul-Krause


Kritiker Günther Grass musste viel ertragen, weil er den Mut besaß, zu den Waffenlieferungen an Israel nicht länger zu schweigen.   

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Foto: Pewe R-Mediabase