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Auf dem Weg zum Superstaat

01. November 2012 Es war eigentlich abzusehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nutzte Mitte Oktober die Eurokrise um sein Lieblingsprojekt, die verstärkte Integration der Europäischen Union, voran zu treiben. Schon der EU-Gipfel im Dezember solle einen Konvent einberufen, der weitgehende Änderungen der EU-Verträge vorbereiten könnte. Schäuble, der für seinen Vorstoß von der Bundeskanzlerin Rückendeckung bekam, bleibt sich damit selbst treu.
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Schon in den 1980ern Jahren gehörte er zu den Verfechtern eines Kerneuropa-Konzepts, mit dem die Bildung eines europäischen Superstaates voran getrieben werden soll, in dem die Interessen deutscher Konzerne dominieren. Allerdings ist diese Idee kein schäublesches Privat-Steckenpferd, sondern spukt bereits seit gut hundert Jahren in der unterschiedlichsten Gestalt durch die Köpfe der deutschen Eliten.
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Die Krise scheint uns dem EU-Superstaat näher zu bringen. Oder wie es der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ ausdrückte: „Ich bin zuversichtlich, dass wir dann [auf dem EU-Gipfel im Dezember] eine Debatte führen, an deren Ende wir uns auf eine Exekutive einigen können, die Spielregeln durchsetzt.“ Nun mag man aus Abneigung gegen Nationalismus und Nationalstaat die Vereinigten Staaten von Europa für eine gute Idee halten, aber was hier geplant ist hat wenig mit einer demokratischen Republik zu tun und auch wenig mit einer friedensstiftenden Einrichtung, die den Nobelpreis verdient hätte. Nach außen führt dieses Europa schon jetzt allerlei kleinere Kriege und lässt mit ihrem barbarischen Grenzregime jährlich Dutzende, wenn nicht hunderte Menschen im Mittelmeer ertrinken.
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Und nach innen wird eine ultra-zentralistische Exekutive aufgebaut, die einer effektiven öffentlichen Kontrolle weitgehend entzogen ist, aber tief in die Rechte der nationalen Parlamente eingreifen kann. Deren wichtigste Funktion in den kommenden Jahren: ein massiver Abbau von Arbeiterrechten, Löhnen und Sozialleistungen nicht nur in Griechenland, sondern im ganzen Euroraum. Und der Nationalismus, das sehen wir an der Hetze gegen Griechenland, wird durch dieses real existierende EU-Projekt nicht überwunden, sondern ist ein ganz nützliches Instrument, um die Bevölkerungen der verschiedenen Teile des künftigen Superstaates gegeneinander auszuspielen.     
(wop)