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United We Stand!
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Aktuell fordert Armin Schuster, Obmann der CDU im Innenausschuss, die Prüfung eines Verbots der Roten Hilfe. Das Innen- und Heimatministerium des Ministers Seehofer will sich zwar nicht dazu äußern, lässt jedoch durch eine Sprecherin mitteilen “Die Rote Hilfe sei wie der Großteil der bundesweiten linksextremistischen Szene in die Vorbereitung und Durchführung der Proteste rund um G 20 eingebunden gewesen.“
Und der Verfassungsschutzbericht weiß, das die Rote Hilfe „Straf- und Gewalttätern aus dem linksextremistischen Spektrum politische und finanzielle Unterstützung“ leistet – etwa durch die Übernahme von Anwalts- und Prozesskosten.
Wirkliche Sorgen macht anscheinend jedoch die zunehmende Mitgliederzahl der Roten Hilfe. Waren es 2006 noch 4300 in 35 Ortsgruppen, sind es 2016 bereits 8000 Mitglieder in 51 Ortsgruppen. Und der Staat selbst sorgt mit der Durchführung von G-20-Gipfel, Einschränkungen im Versammlungsrecht, mit der Kriminalisierung von Protest gegen Nazis und Rassisten dafür, dass die Eintritte zunehmen. Dies zeigt das die Mitglieder ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu anderen Organisationen und der daraus resultierenden unterschiedlichen politischen Zielsetzungen, den Verein Rote Hilfe brauchen.
Rote Hilfe und Mitgliedschaft
Die Rote Hilfe und ihre Mitglieder werden aufgrund ihres Eintretens für die Opfer des Repressionsapparates des Staates und der klaren Orientierung auf die Grundrechte, wie das Versammlungs- und Demonstrationsrecht, seit jeher vom Verfassungsschutz beobachtet.
In der Satzung der Roten Hilfe heißt es: „Die Rote Hilfe organisiert nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der ArbeiterInnenbewegung, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische oder gewerkschaftliche Kampf und der Kampf gegen die Kriegsgefahr.“ (aus §2 der Satzung der Roten Hilfe)“.
Die politische Arbeit und die Geschichte der Organisation, werden immer wieder zum Anlass genommen, um den Verein und deren Mitglieder zu kriminalisieren.
Immer wieder: Versuche der Kriminalisierung
Die Welt online schrieb am 01.12.2007
„Die neue Juso-Chefin Franziska Drohsel ist wegen ihrer Mitgliedschaft im Verein Rote Hilfe unter Druck geraten. Unionspolitiker bezeichneten sie als „Aktivistin einer linksextremen Organisation", die die RAF-Morde verharmlose und vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Jetzt zog Drohsel Konsequenzen.“
Dazu erklärten Marco Wanderwitz, Dorothee Bär und Julia Klöckner von der „Jungen Gruppe“ der Unionsfraktion: „Wir haben im Bundestag bereits eine Fraktion, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Wenn die Jugendorganisation der SPD nun auch noch in diese Richtung driftet, ist unsere Demokratie bedroht.“
Aus Solidarität sind am 18. Dezember 2007 Michael Leutert (MdB), Sevim Dagdelen (MdB), Katja Kipping (MdB und stellvertretende Parteivorsitzende), Nele Hirsch (MdB) und die sächsischen Landtagsabgeordneten Julia Bonk und Freya Maria Klinger der Partei DIE LINKE in die "Rote Hilfe" e.V. eingetreten. Sie erklärten dazu.:
„Mit dem Eintritt in die "Rote Hilfe" e.V. wollen wir der Solidaritätsorganisation demonstrativ zur Seite zu stehen. In Zeiten, in denen Teile der Exekutive linkes Engagement kriminalisieren, muss die Unterstützung politisch Verfolgter aus dem linken Spektrum wachsen. Wenn Menschen auf Grund ihres politischen Handelns, wegen kritischer Schriften, spontaner Streiks oder der Unterstützung politischer Gefangener ihren Arbeitsplatz verlieren, vor Gericht gestellt und verurteilt werden, muss Solidarität sichtbar werden.
Unsere Unterstützung der Roten Hilfe soll zugleich ein Beitrag zur Stärkung der außerparlamentarischen Bewegung sein. …....Die staatliche Verfolgung zielt darauf ab, diejenigen, die gemeinsam auf die Straße gehen, durch das Herausgreifen und Bestrafen Einzelner voneinander zu isolieren. Abschreckung und Vereinzelung sollen Kritik und Widerstand im Keim ersticken. Dem stellt die Rote Hilfe das Prinzip der Solidarität entgegen und ermutigt dadurch, sich weiter zu Wort zu melden und zu protestieren. Die Rote Hilfe unterstützt damit die Wahrnehmung verfassungsmäßiger Rechte wie der Versammlungs- und Meinungsfreiheit und macht Demokratie erlebbar. ….... Deshalb werden wir die Botschaften der politisch Verfolgten, den Widerstand gegen Ausbeutung, den Kampf gegen Abschiebung und gegen den Aufbau europaweiter Repressionsstrukturen auch weiterhin in die Öffentlichkeit tragen.“
In der Süddeutschen Zeitung steht am 29.4.2013 über die damalige Vorsitzende der Jungen Grünen, Sina Doughan: „Doch nun steht die 26-Jährige, die in Bayern für den Bundestag kandidiert, selbst in der Kritik. Seit vier Jahren ist sie zahlendes Mitglied in der 'Roten Hilfe' - einer Gefangenenhilfsorganisation, die laut Verfassungsschutz die 'finanzielle und politische Unterstützung von linksextremistischen Straf- und Gewalttätern' zum Ziel hat. Philipp Mißfelder, der Chef der Jungen Union, forderte die Grünen auf, 'gegen extremistische Tendenzen in den eigenen Reihen vorzugehen'.“
Die 20er/30er Jahren des vorigen Jahrhunderts
Das gemeinsame Handeln und der Widerstand gegen politische Repression ist seit der Ggründung in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts eines der Ziele der Roten Hilfe. In ihren Vorständen waren politische und gesellschaftliche Mitglieder wie den Worpsweder Künstler Heinrich Vogeler, Julian Marchlewski, Wilhelm Pieck und Clara Zetkin vertreten. Der Schwerpunkt der Roten Hilfe Deutschland (RHD) lag auf der Unterstützung der politischen Gefangenen. Schon damals gab es ein – für diese Arbeit wichtiges – Netzwerk von Jurist*innen wie Hans Litten und Felix Halle, die die politische Arbeit juristisch unterstützten.
Doch auch die internationale Solidarität war Teil der Arbeit und fand ihren wesentlichen Ausdruck in dem 1923 beschlossenen und jährlich am 18. März (Pariser Commune) stattfindenden „Internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen“.
Die Geschichte der Roten Hilfe in den 20er und 30er Jahren ist auch beeinflusst von den Fragen der Zusammenarbeit oder eben auch der Konkurrenz zwischen SPD und KPD. Viele der Mitglieder der Rote Hilfe wurden aufgrund ihrer politischen Aktivitäten bereits zu Beginn des Faschismus in Deutschland verfolgt, inhaftiert und ermordet. Wie z.B. Heinrich Jürgensen, der als Kassierer der Roten Hilfe in Eckernförde und als Mitglied der KPD einige Jahre im faschistischen Zuchthaus eingekerkert war.
Im Zuge der politischen Entwicklung und des Versuches einer gemeinsamen Organisation der Einheitsfront mit sozialdemokratischen Kräften, wurde die Rote Hilfe 1935 aufgelöst. „Ende 1936 gründeten sieben deutsche Hilfsorganisationen den überparteilichen Hilfsausschuß für die Opfer des faschistischen Terrors in Deutschland. Zu den Gründern gehörten neben der Roten Hilfe Deutschlands die Liga für Menschenrechte, die Arbeiterwohlfahrt Deutschlands und andere bereits entstandene Hilfskomitees und Vereinigungen.“ (Gisela Jähn, 60 Jahre Rote Hilfe in Deutschland, Berlin 1984)
Neugründung
Mit den Ende 60er Jahre beginnenden großen Demonstrationen, die sich auch gegen die politischen Zustände und Entwicklungen in der BRD richteten, mit dem repressiven Vorgehen der Polizei und den Versuchen des Staates per Gesetz gegen Widerstand vorzugehen, wurden erste Solidaritätsgruppen für die Betroffenen gegründet. Ab 1970 gab es erste Gründungen von autonomen Rote-Hilfe-Gruppen, die sich auf die Arbeit für politische Gefangene konzentrierte. In den Folgejahren wurden die Organisationsentwicklungen von den Auseinandersetzungen über die unterschiedlichen politischen Positionen bestimmt.
Dies hielt an, bis im Januar 1975 die Wiedergründung der RHD folgte, die sich als in der Tradition der 1924 gegründeten RHD stehend sah und sieht.Mit ihrem Programm richtete sie sich gegen politische Unterdrückung in Betrieb, Bundeswehr, Schule und Hochschule, gegen die damals bestehenden Unvereinbarkeitsbeschlüsse in den DGB-Gewerkschaften, gegen die Notstandsgesetze und forderte Freiheit für alle politischen Gefangenen. Laut Statut war die Rote Hilfe eine „revolutionäre Massenorganisation zum Kampf gegen die politische Unterdrückung der Werktätigen durch die Bourgeoisie“. Jedes Mitglied musste Programm und Statut anerkennen, dieses war jedoch maßgeblich von der politischen Linie der KPD/ML, die die Gründung der RHD initiiert hatte, bestimmt.
Damals wurde deshalb von vielen Mitgliedern anderer Organisationen und Parteien, wie auch aus der DKP, die Rote Hilfe nicht als Nachfolgeorganisation gesehen, eine Mitgliedschaft in ihr als sektiererisch abgelehnt. Was zu einer Änderung der Satzung führte, dies jedoch den Weg für DKP-Mitglieder in die Rote Hilfe nicht einfacher machte, denn jetzt wurde in der Satzung auch „die Solidarität mit denen, die in der Deutschen Bundesrepublik, in Westberlin oder in der Deutschen Demokratischen Republik verfolgt und unterdrückt werden“ festgeschrieben. Ein No-Go im Verhältnis der DKP zur DDR.
1980 wurde wiederum die Satzung geändert, die Solidarität mit den politisch Verfolgten in der DDR blieb, für Kommunist*innen in der DKP änderte sich nichts an ihrem Fernbleiben aus der Roten Hilfe Arbeit.
Mitte der 80er Jahre gab es, nach einem Rückgang des Einflusses der die Rote Hilfe tragenden kommunistischen Gruppen in der politischen Bewegung, zu – nicht mehrheitsfähigen - Diskussionen über die Auflösung der Roten Hilfe. Gearbeitet wurde danach daran, das Spektrum der Mitgliedschaft zu erweitern. Dies gelang zuerst in Kiel, als 1985 neue Mitglieder aus der Hausbesetzer*innenbewegung und dem autonomen Umfeld, aus AWO-Jugend und Ermittlungsausschuss kamen.
Auf der Bundesversammlung 1992 wurde eine neue Satzung verabschiedet, die einen klaren Rahmen der demokratischen Beteiligung der Mitglieder beschlossen hat, der über eine informelle Struktur hinausgeht.
Die gemeinsame Mitgliedschaft von Linken, Sozialdemokrat*innen, Grünen, Kommunist*innen, gewerkschaftlich oder anders Organisierten und Autonomen in der Roten Hilfe ist seit langer Zeit Praxis.
Bettina Jürgensen, marxistische linke und seit vielen Jahren Mitglied der Roten Hilfe