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Griechenland:

Rettung der Finanzindustrie

Athen 2012

01. Juni 2016 Nach einer Studie der European School of Management and Technology wurden mit den Milliarden in den vergangenen Jahren vor allem Banken und private Gläubiger gerettet. Von den knapp 216 Mrd. Euro der ersten beiden Kreditprogramme sind nicht einmal zehn Mrd. Euro in den Staatshaushalt der Griechen geflossen. Das sind nicht einmal fünf Prozent der Gesamtsumme , das der Bevölkerung zugute kam. Der überwiegendeTeil wurde zur Bedienung der Schulden und Zinszahlungen aufgebracht. 86,9 Milliarden Euro waren für die Ablösung alter Schulden, 52,3 Milliarden Euro wurden für Zinszahlungen verbraucht und 37,3 Milliarden Euro wurden für die Rekapitalisierung , der durch die kapitalistische Finanzkrise angeschlagenen griechischen Banken, benötigt.

Der Präsident der ESMT, Jörg Rocholl, der als Wissenschaftler auch das Bundesfinanzministerium in dessen Beirat berät, „Mit den Hilfspaketen wurden vor allem europäische Banken gerettet“. „Die europäischen Steuerzahler haben die privaten Investoren herausgekauft.“ Rocholl bestätigte, dass ein Schuldenschnitt für Griechenland gleich zu Beginn der Krise sinnvoller gewesen wäre. (Handelsblatt) Auch eine 2013 von Attac Österreich vorgelegte Berechnung hatte ergeben, dass die meisten Gelder aus den Kreditprogrammen direkt (über Bankenrekapitalisierung) oder indirekt (über Staatsanleihen) an den Finanzsektor geflossen sind.

Ziel der europäischen Imperialisten ist und war nie die Rettung der griechischen Bevölkerung, sondern nur die Rettung ihres Finanzsektors. 2010 war Griechenland zu 94 Prozent bei privaten Gläubigern verschuldet. 2015 lag deren Anteil bei nur noch 11 Prozent. Die große angelegte Bankenrettung hat über den Umweg des griechischen Staatshaushaltes, und auf Kosten der griechischen Bevölkerung , stattgefunden.

Der giftigste Zahn im Rachen des imperialistischen Monsters, das Millionen Menschen für das Gedeihen von Bankprofiten, in Griechenland , in Hunger und Krankheit stürzt, Finanzminister Schäuble, plant Zeitungsberichten zufolge, Schuldenerleichterungen für Griechenland auf das Jahr 2018 zu verschieben. Damit will die schwarze Null offensichtlich einen Parlamentsbeschluss vor der Bundestagswahl vermeiden. "Mit der Schuldenerleichterung soll Griechenlands Schuldenlast auf ein tragfähiges Niveau gebracht werden" laut Schäuble. Der Internationale Währungsfonds (IWF) pocht schon länger darauf, dass Griechenland bei den Schulden entlastet wird.

Syriza, Tsipras und die europäische Linke

In Griechenland finden fast täglich Demonstrationen gegen die beschlossenen Sparpakete der europäischen Institutionen und des IWF statt. Die griechische Regierung (Syriza und ANEL) sind gezwungen diese menschenverachtende Vorgaben umzusetzen. Viele Linke, haben deshalb Syriza verlassen und neue Organisationen gegründet. Nicht nur die bürgerliche Opposition auch viele Linke werfen Tsipras vor „das griechische Volk belogen und vollständig seine Glaubwürdigkeit verloren zu haben.“

Das sieht auch der Länderrat der Parteiströmung Antikapitalistische Linke so. Sie stehe an der Seite von “Gruppierungen, die sich gegen das Diktat der EU und der Institutionen wenden und für ein Ende der Kürzungspolitik einsetzen”. Eine Unterstützung für Tsipras bei den Wahlen sei „damit nicht mehr vereinbar“, heißt es in einer Erklärung. Seine Regierung habe die Politik umgesetzt, „die von Schäuble und Co. per Erpressung und Ultimaten gefordert wurde“. Es werde auch nicht dadurch besser, „dass dieses neoliberale Schockprogramm durch eine linke Regierung umgesetzt wird“. Tsipras habe „zudem die innerparteiliche Demokratie ausgehebelt und die Zerstörung seiner Partei in die Wege geleitet“, heißt es in dem Beschluss. Stattdessen unterstütze man bei den Wahlen die SYRIZA-Abspaltung Laiki Enotita („Volkseinheit“).

„Ich habe zwar Fehler gemacht, aber nicht das Volk verraten“, sagte Tsipras . Er und SYRIZA hätten seit ihrem Wahlsieg am 25. Januar „hart gekämpft, damit die harten Sparauflagen der Kreditgeber abgeschwächt würden“. Dies sei „uns zwar nicht gelungen, ich habe aber eine zweite Chance verdient“, so der SYRIZA-Vorsitzende. „Wollen wir ein Europa der Sparpolitik oder eines der Solidarität und Demokratie?“, hatte Tsipras bei seinem Wahlkampfauftritt . Ein Sieg für SYRIZA wäre eine „wichtige Botschaft für Europa“. Er rief erneut dazu auf, „nein zu diesem alten System der Korruption, nein zur Aufrechterhaltung des Oligarchen-Establishments“ zu sagen.

Der größte Fehler Syrizas , da waren noch alle an Bord, war das Referendum. Syriza wollte damit die europäischen Institutionen „beeindrucken“ in der Hoffnung ihre Verhandlungspositionen zu verbessern. Natürlich hatte sich das griechische Volk gegen die Spardiktate ausgesprochen. Gleichzeitig war aber eine Mehrheit auch für den Verbleib Griechenlands in der EU und dem Euro! Die Institutionen waren erwartungsgemäß nicht beeindruckt. Tsipras hat trotzdem Verantwortung übernommen und sich nicht vom Acker gemacht.

Ein Genosse von Syriza zu den gesamten Kürzungsprogrammen, "es gebe nichts zu beschönigen. Dieses Papier sei das Ergebnis einer brutalen Erpressungspolitik der Troika. Die Troika habe klipp und klar gesagt, wir lassen ab Montag alle Banken und Eure Wirtschaft kollabieren, wenn Ihr nicht beidreht. Wir hatten die Wahl zwischen einer schnellen Massenverelendung , einem totalen Kollaps der Wirtschaft oder der Akzeptanz des Diktats, ein wenig aufgehübscht durch den französischen Einfluss. Diese Entscheidung sei – egal wie sie ausfiele – eine Katastrophe. Auch habe Tsipras gesagt, entweder wir tragen das alle gemeinsam oder wir treten alle gemeinsam zurück. Die Institutionen hätten bereits ihre Suppenküchen zur Inszenierung vorbereitet, um Hilfe zu heucheln und die Regierung vorzuführen. An diesem Tag sei EU- Europa nicht mehr dasselbe, es sei ein undemokratisches Gebäude, dass nunmehr mit anderen Augen gesehen werden müsse.“

Die Extreme Linke hat für die griechischen "Tagesfragen" kein erfolgversprechendes, alternatives Programm erarbeitet. Sie hat nie verstanden, wie groß der Druck auf die griechische Regierung, „Wir lassen eure Banken kollabieren:“, war. In Erinnerung sind uns doch noch die Bilder, von weinenden RentnerInnen, vor den geschlossenen Geldautomaten. Der Austritt aus dem Euro wäre wahrscheinlich eine größere Katastrophe für das griechische Volk, da Griechenland über 65 Prozent der Lebensmittel und landwirtschaftlichen Produkte importiert. Die „neue“ Währung würde im freien Fall abgewertet werden und der größte Teil der Schulden wäre immer noch da.

Wo blieb eigentlich die Solidarität der europäischen Arbeiterklasse? Die Demütigung der griechischen Bevölkerung, durch die EU-Imperialisten wird weitergehen. Solidarität mit dem griechischen Volk und kritische Unterstützung auch für Tsipras ist deshalb weiterhin notwendig.

(hogri)


PS. Erwartet auch nicht zu viel von Podemos, Bernie Sanders und Jeremy Corbyn.