Beiträge
Mobilisierung gegen G20 in Hamburg:
Kein Bett für Trump
01. Mai 2017 Donald Trump ist auf Zimmersuche. Die angefragten Hotels möchten den Präsidenten der USA während des G20-Treffens am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg nicht beherbergen. Ob dies mit den gestellten Anforderungen zur Sicherheit und persönlichem Wohlergehen zu tun hat, oder die mangelnde Werbewirkung durch diesen Präsidenten ausschlaggebend ist, darüber wird spekuliert. Für das Bündnis „Grenzenlose Solidarität statt G20“ spielt es keine Rolle, wo Trump sein Haupt bettet: ob in seinem Florida-Zweitwohnsitz mit 118 Zimmer (darunter 58 Schlafzimmer), im Hamburger Hotel oder in Berlin.
Die Solidarität des Bündnis richtet sich auf die von Auswirkungen der Politik und Wirtschaft betroffenen Menschen. Der Bündnisaufruf legt dar, dass solidarisches Handeln notwendig ist gegen Kriege und bewaffnete Konflikte, gegen Rüstung und Rüstungsexporte, gegen die Abschottung der Grenzen Europas und Deutschlands, gegen Rassismus, gegen den menschengemachten Klimawandel, der eine unbestreitbare und bedrohliche Realität ist, gegen die soziale Spaltung, die dramatische Ausmaße erreicht hat. „Anstatt diese Probleme anzugehen, werden sie mit Freihandelsabkommen wie EPA, CETA, TISA oder TTIP noch verschärft.“ (http://g20-demo.de/de/aufruf/)
Initiativen und Bündnisse haben sich gebildet, die über die geplante Großdemonstration am 8. Juli 2017 hinaus Aktionen organisieren oder zu inhaltlichen, politischen Fragen konkretere Forderungen entwickeln. Viele der teilnehmenden Gruppen sind gleichzeitig Unterstützer*innen des Aufrufs „Grenzenlose Solidarität statt G20“. Weitere Aktionen werden nicht als Gegensatz verstanden, sondern als Ergänzung und sollen den gemeinsamen Protest stärken.
Die Kampagne „Gemeinsam statt G20“, an der u. a. auch DiEM25 Hamburg will Unterschriften unter dem Motto „G20 stoppen – Demokratisch wirken: für Frieden und Gerechtigkeit“ sammeln und in Form einer Volkspetition an die Bürgerschaft der Hansestadt übergeben. Ramo Menda, vom Demokratischen Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Hamburg – NAVDEM, meint: „Auch die gesellschaftspolitischen Entwicklungen der letzten Tage zeigen, dass es richtig ist, wenn wir statt G20 für friedliche und demokratische Entwicklungen demonstrieren. Nachdem Bombenabwurf der USA in Afghanistan und dem Ergebnis der Polarisierung beim Referendum in der Türkei hat unser Engagement gegen den G20-Gipfel in Hamburg neu an Bedeutung gewonnen: Die Welt braucht dringend Alternativen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung.“
(http://www.gemeinsam-statt-g20.de)
Die Interventionistische Linke erinnert im März 2017 auf ihrer Internetseite nicht nur an die Proteste gegen das G-Treffen 2007 in Heiligendamm, sondern auch an die Oktoberrevolution 1917. „An die Idee einer menschengemachten Zukunft ohne Not, Ausbeutung und Krieg. 100 Jahre Oktoberrevolution stehen für die Hoffnung auf eine Welt jenseits von autoritärem Kapitalismus. Mit der Gewissheit, dass Rebellion möglich ist, werfen wir den Blick auf das Aktuelle, auf den Wahnsinn der Gegenwart. Die gesellschaftliche Situation spitzt sich zu: Spaltung statt solidarischem Zusammenhalt sind alltäglich. Der neoliberale Konsens verliert an gesellschaftlicher Legitimität, eine rechte Internationale hat ihre Kinderschuhe verlassen und wächst heran.“ (http://www.interventionistische-linke.org/beitrag/anstelle-eines-aufrufs)
Ein Bündnis aus 65 Organisationen und Initiativen bereiten mit Attac in Hamburg den Alternativgipfel vor, der am 5. und 6. Juli, in Hamburg stattfinden wird. (www.attac.de/kampagnen/g20-in-hamburg)
Der Alternativgipfel zeigt die Breite des zivilgesellschaftlichen Bündnisses, aber auch dessen vielfältige Perspektiven und Themen. Erwartet werden die Globalisierungskritikerin Vandana Shiva, die Ökonomin Jayati Gosh, der kurdische Politiker Salih Muslim aus Rojava in Nord-Syrien oder Alberto Acosta, Präsidentschaftskandidat 2013 für die indigene Partei Pachakutik aus Ecuador, der Generalsekretär der Gewerkschaft IndustryALL Valter Sanchez aus Brasilien sowie die Friedensaktivistin Ann Wright aus den USA zur Diskussion über Gegenentwürfe zum Neoliberalismus und dessen ungehemmter Ressourcenausnutzung, wachsende Kriegsgefahr und erstarkendem Nationalismus und Rassismus.
Was bereits bei vielen Aktionen z. B. bei Blockupy, Umwelt-, Friedens- und Antifa-Aktivitäten erfolgreich organisiert wurde, soll auch in Hamburg möglich sein: „Für die Protesttage gilt das Konzept des „Dreiklangs“ aus Alternativgipfel, Aktionen und Demonstration. …. und viele Organisationen und Spektren darüber einig sind, dass Inhalte, ungehorsame Aktionen und Protest zusammengehören. Nicht alle rufen zu allem auf, nicht alle werden sich an allem beteiligen – aber es gibt eine gegenseitige solidarische Bezugnahme.“ (www.blockg20.org)
Eine dieser Aktionen lautet »Block G20 – colour the red zone!« In verschiedenen Zonen werden unterschiedliche Formen des Widerstands wie Straßenfeste, Kundgebungen und kreative Aktionen entwickelt, dadurch sollen sich mehr Menschen dem Protest anschließen. Die sich formierenden Proteststrukturen finden heute schon international Beachtung, Jean Ziegler hat einem Interview mit der taz am 19.4.2017 gesagt: „Hamburg ist der Ort, an dem der Widerstand formiert wird.“ Das Ziel der Ordnungsbehörden und Polizei scheint allerdings diesen Widerstand zu schwächen und zu unterbinden. Die erste Aktionskonferenz wurde in der UNI Hamburg geplant, doch der Mietvertrag für die Räume 5 Tage vor der Konferenz gekündigt. Nur mit dem richterlichen Beschluss einer einstweiligen Verfügung konnte die Aktionskonferenz Anfang Dezember 2016 stattfinden.
Anfang April wurde den Anmelder*innen für die Großdemonstration am 8. Juli von der Polizei eine „Blaue Zone“ bekanntgegeben, in dieser sollen während des G20-Treffens keine Demonstrationen stattfinden. Große Teile der Innenstadt und der größte Teil der bisher geplanten und angemeldeten Demonstration sollen zur No-Go-Area werden. Der Platz für die Kundgebung soll nicht zur Verfügung stehen.
Emily Laquer vom Demobündnis „Grenzenlose Solidarität statt G20“ stellt fest: „Polizei und Stadt wollen Hamburg während des G20-Gipfels offenbar zur demokratiefreien Zone machen. Dabei ist kaum vorstellbar, dass eine Entscheidung von solcher Tragweite allein von der Versammlungsbehörde getragen wird. Die politische Verantwortung liegt beim Senat und Bürgermeister Olaf Scholz.“ Sie fügt hinzu: „Wir wollen mit denen reden, die sich die blaue Zone ausgedacht haben, nämlich Polizeiführung und Innensenator Grote.“
Christiane Schneider, Fraktion DIE LINKE und Vizepräsidentin der hamburgischen Bürgerschaft, sagte zur einer Verweigerung des Heiligengeistfelds als Kundgebungsort: „Wir nehmen den Justizsenator beim Wort, der einen zentralen Ort zusicherte. Es gibt keinen anderen zentralen Ort, schon gar nicht in der Nähe des Tagungsortes, an dem eine Abschlusskundgebung von der erwarteten Größenordnung stattfinden kann. Deshalb muss das Heiligengeistfeld für die Abschlusskundgebung geöffnet werden, damit alle Welt und auch die in den Messehallen Versammelten die Botschaft hören: grenzenlose Solidarität statt G20!“
Fünf Bürgerrechtsorganisationen stellen in einem Schreiben an den Hamburger Senat fest: „Sicherheitsinteressen des Staates können die Grundrechte, die Freiheitsrechte der Bürger*innen sind, nicht verdrängen. Demokratie verliert jede Substanz, wenn Sicherheitsinteressen die verfassungsmäßigen Freiheitsrechte aushebeln.“ Im Bündnis „Grenzenlose Solidarität statt G20“ sind viele Organisationen mit teilweise sehr unterschiedlichen politischen Ansätzen und Zielen.
Mit der Unterzeichnung des Demoaufrufes besteht jedoch Einigkeit darin:
„Unsere Kritik richtet sich nicht nur gegen einzelne Personen und Repräsentanten, sondern gegen die Verhältnisse und Strukturen, die diese hervorbringen. Wir werden unsere Ablehnung der kalten und grausamen Welt des globalen Kapitalismus deutlich machen, wie sie von den G20 repräsentiert und organisiert wird. Wir werden unsere Solidarität mit all jenen zum Ausdruck bringen, die weltweit durch Proteste, Streiks oder Aufstände der Politik der G20 entgegentreten. Unser Verlangen nach einer Welt des Friedens, der globalen Gerechtigkeit und der grenzenlosen Solidarität wird unüberhörbar sein.“
Bettina Jürgensen, marxistische linke