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Neues Baugebiet in Kiel-Suchsdorf:
Naturzerstörung wegen verfehlter Wohnungsbaupolitik
01. Dezember 2017 Weil die Gefahr besteht, dass private Investoren in Suchsdorf-West das Grünland kaufen und damit die Grundstückspreise in die Höhe treiben will jetzt die Stadt Kiel das Areal in Suchsdorf schnell als Entwicklungsgebiet ausweisen, um sich ein Vorkaufsrecht für Gründstücke zu sichern. Im Wohnflächenatlas der Stadt Kiel steht es bereits als „Untersuchungsraum“ und die Nachfrage nach Bauland ist groß. Zwischen Grünen und SPD ist der Streik entbrannt, was aus der Fläche angrenzend an den Nord-Ostsee-Kanal werden soll: Bauland oder Landschaftschutzgebiet?
Die SPD-Ratsfraktion stellte auf der letzten Ratsversammlung den folgenden Antrag:
„Die Ratsversammlung sieht in der Fläche „Suchsdorf-West“ ein großes Potenzial für die Schaffung von neuem, bezahlbarem Wohnraum. Der Oberbürgermeister wird daher aufgefordert, kurzfristig die möglichen nächsten Schritte zur weiteren Entwicklung und Planung sowie für eine frühzeitige Bürgerbeteiligung darzustellen. Einbezogen werden sollen die örtlichen Rahmenbedingungen (z.B. das Umspannwerk).“
In der Begründung heißt es: „Das Bevölkerungswachstum benötigt Raum. Der am 16.03.2017 von der Ratsversammlung beschlossene Wohnbauflächenatlas hat bereits viele Flächen für Wohnungsbau ausgewiesen. Stärker – und nicht mehr nur als „Untersuchungsraum“ – berücksichtigt werden soll aber auch die freie Fläche westlich von Suchsdorf. Wie gewohnt muss dies unter frühzeitiger Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und des Ortsbeirates geschehen. Die Fläche „Suchsdorf-West“ ist schneller und günstiger für Wohnungsbau zu entwickeln als die Fläche des Verkehrslandeplatzes Kiel-Holtenau.“
Demgegenüber stand der Antrag GRÜNEN und der LINKEN: „Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, die seit langem ruhenden Pläne zur Ausweisung neuer Landschaftsschutzgebiete (Drs. 0130/2005) in Kiel wieder voranzutreiben und die schützenswerten Landschaftsräume schnellst möglich unter Schutz zu stellen.
Kurzfristig ist darzulegen, welche Maßnahmen der Landschaftsaufwertung in Form von Ausgleichsmaßnahmen im Gebiet Suchsdorf-West in den vergangenen Jahren erfolgt sind, um dieses ökologisch aufzuwerten. Eine Gegenüberstellung der Flächen in Suchsdorf-West und des Geländes des Verkehrslandeplatzes-Holtenau aus ökologischer Sicht ist dabei auch vorzunehmen.“
In der Begründung heißt es: „Suchsdorf-West gehört zu den letzten größeren zusammenhängenden Freiflächen im Kieler Stadtgebiet. Gerade in einer wachsenden Stadt, die eine zunehmende Verdichtung erfährt, ist es von besonderer Bedeutung, Freiflächen zu erhalten. Neben der Funktion als Naherholungsraum erfüllen sie auch unverzichtbare Funktionen in Bezug auf die Förderung der Biodiversität. Gerade bei Suchsdorf-West handelt es sich um einen Landschaftsraum, der durch seine Knickstruktur und die landwirtschaftlichen Nutzflächen in direkter Nähe zum Nordostseekanal, wie auch die nahen Waldareale, einen vielfältigen Lebensraum für zahlreiche Vogel-, Fledermaus-, Kleinsäugerarten sowie auch Wirbellose bietet.
Neben diesen Naturschutz-Aspekten ist Suchsdorf-West auch aus anderen Gründen als Bauland deutlich weniger geeignet als der Verkehrslandeplatz Holtenau: Die Flächen sind im Regionalplan nicht für Siedlungszwecke vorgesehen. Und stadtplanerisch wirft die Erschließung ungeklärte Fragen auf, weil der Steenbeker Weg durch ein zusätzliches Wohngebiet schnell seine Kapazitätsgrenzen erreichen würde. Unklar bleibt auch, wie eine Bebauung unter Sicherstellung der zulässigen Lärmimmission in der Nähe des Umspannwerkes möglich wäre. Zudem ist das geplante Landschaftsschutzgebiet „Suchsdorf, Schwartenbek und Umgebung“ im Lärmaktionsplan als „Ruhiges Gebiet“ festgelegt worden.
Im Gegensatz dazu ist das Gelände des Verkehrslandeplatzes optimal über die nahegelegene Bundesstraße zu erschließen. Nach einer Einstellung des Flugverkehrs ist mit keinen größeren Lärm- oder Schadstoffemittenten auf dem Gelände zu rechnen, die in Konflikte mit einer geplanten Wohnbebauung geraten könnten.“
Auch der BUND und NABU fordern die Erhalt des Areals als „ruhiges Gebiet“. Es geht um ein 300 ha große Acker-, Wiesen- und Waldfläche, die von vielen KielerInnen als Naherholungsgebiet genutzt wird. Ulrike Hunold von der Kieler Kreisgruppe des BUND sagte dazu: Ein weiteres ruhiges gebiet in Kiel wird so zum Opfer einer verfehlten Wohnungsbaupolitik“. Die Naturschutzverbände fordern die Ausweisung des Geländes als Landschaftsschutzgebiet.
Die Ratsversammlung hat am 16.11.2017 trotzdem einen Prüfauftrag beschlossen, welche Baumöglichkeiten machbar sind. Damit spitzt sich die Debatte über die Wohnungsbaupolitik in Kiel vor den Kommunalwahlen zu, mit der Forderung nach sozialem Wohnungsbau und Schließung des Flughafens statt Vernichtung von Grünflächen.
(uws)