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Grenzenlose Heuchelei

Das Leiden und Sterben an den Außengrenzen der EU nimmt kein Ende. Über 600 Menschen sind in diesem Jahr bereits bei der gefährlichen Überfahrt nach Europa ums Leben gekommen, doch immer wieder besteigen Verzweifelte unsichere Boote, weil die EU ihnen sichere Fluchtwege verwehrt. Einmal auf See, kann es ihnen vor den griechischen Inseln geschehen, dass sie von der dortigen Küstenwache oder auch von der Frontex der EU illegaler Weise zurück in türkische Gewässer gedrängt werden, wobei sogar schon geschossen wurde. Oder sie geraten zwischen Libyen und den italienischen Inseln in Seenot, ohne dass sich das zuständige Seenotzentrum in Italien um sie kümmern würde. Private Seenotrettungsschiffe haben in den letzten Wochen wiederholt auf solche Fälle aufmerksam gemacht. Mehr noch, die privaten Initiativen werden immer wieder nach Kräften behindert. Als die „Seaeye 4“ in der Woche vor Pfingsten mit über 400 Geretteten an Bord das sizilianische Palermo anlief, wurde sie erst auf eine zweitägige Odysee zu einem anderen Hafen geschickt und dort dann für 14 weitere Tage festgehalten. Trotz negativer Corona-Tests für alle Besatzungsmitglieder und Geretteten wurde das Schiff unter Quarantäne gestellt, nach dem die Flüchtlinge von Bord gegangen waren. Was das mit der hiesigen Politik und der Bundesregierung zu tun hat? Natürlich handelt die Regierung in Rom im Einverständnis wenn nicht gar auf Druck der in der EU Ton Angebenden und das ist vor allem Berlin. (Die meisten Regierungen der anderen Mitgliedsstaaten ticken natürlich ähnlich, aber das ist eine andere Frage.) Das Retten von Schiffsbrüchigen, eigentlich ein elementares Gebot nicht nur der Menschlichkeit sondern auch internationaler Verträge, gehört offensichtlich nicht zur deutschen Staatsräson. Man beschweigt das Leid und das Sterben lieber, so wie auch die Kriege des NATO-Partners Türkei gegen Kurden und Nachbarländer, die vollkommen unhaltbaren Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern, die Folterlager für Flüchtlinge in Libyen, in denen jene landen, die von der vermeintlichen, EU-finanzierten Küstenwache abgefangen werden. Das hält allerdings weder Bundesregierung noch grüne Opposition davon ab, sich über missliebige Regierungen, sei es in Minsk, Moskau oder Beijing zu echauffieren und ihnen Vorträge in Sachen Menschenrechten zu halten, oder israelischen und palästinischen Demonstranten Antisemitismus zu unterstellen, weil sie gegen das Bombardement Gazas demonstrieren. Obszöne, grenzenlose Heuchelei scheint das Wesen deutscher Regierungspolitik und oberstes Kriterium der „Regierungsfähigkeit“ zu sein. (wop)