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Blockupy:

Widerstand im Zentrum des europäischen

Krisenregimes entwickeln

 
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01. Juli 2013 Am 31. Mai und 1. Juni 2013 fanden in Frankfurt die Blockupy-Aktionstage unter dem Motto „Widerstand im Herzen des europäischen Krisenregimes“ statt. An den Blockaden vor der EZB, in der Konsummeile Zeil, auf dem Flughafen sowie an der abschließenden Demo beteiligten sich über 10.000 Menschen. Der Staat reagierte auf diesen Protest brutal mit Knüppeln, Pfefferspray und einem Polizeikessel, der tausend Demonstranten einschloss. Offensichtlich sind die Grenzen dieser „Demokratie“ schnell erreicht, besonders wenn sich der Protest gegen das „Eingemachte“ richtet. Dabei ist es schon makaber, dass die selben Politiker, die solche Polizeieinsätze hier rechtfertigen, Erdogans brutale Polizeieinsätze in Istambul heuchlerisch verurteilen. Auch in Frankfurt wurden demokratische Rechte durch Polizeiknüppel außer Kraft gesetzt, wenn auch nicht ganz so brutal wie in Istambul.

Leider ist bei der öffentlichen Auseinandersetzung mit der staatlichen Repression Ziel und Inhalt von Blockupy in den Hintergrund gerückt. Anders als bei Protesten der letzten Jahre standen nicht Banken und das Finanzkapital im Vordergrund sondern das gesamte kapitalistische System als Grundlage für Ausbeutung, Armut und soziale Ungleichheit. Dabei geht es aktuell in der europäischen Krise darum, Widerstand gegen eine Krisenpolitik zu entwickeln, die auf dem Rücken der Lohnabhängigen, der Erwerbslosen, der Rentner_innen, der Migrant_innen und der Jugendlichen ausgetragen wird.

Gerade in den letzten Jahren ist deutlich geworden, wie das europäische Krisenregime viele Menschen besonders in Südeuropa mit aufgezwungenen Armuts- und Privatisierungsprogrammen in das Elend treibt. Innerhalb dieser Strategie sind für die deutsche Regierung der europäische Fiskalpakt und der Export der Agenda 2010 entscheidende Instrumente. Lohnkürzungen, Deregulierungen im Tarifrecht, allgemeiner Sozialabbau und die Privatisierung öffentlicher Güter sind dabei die bestimmenden Mechanismen, um die Verwertungsbedingungen des Kapitals in ganz Europa zu optimieren. Doch das soll hier nicht weiter vertieft werden, denn darüber ist in dieser Zeitung schon viel geschrieben worden.  Hier geht es darum, dass Blockupy sowohl in seiner Zielsetzung als auch in seinen Aktionsformen eine ideale Plattform für einen Protest bietet, der sich sowohl an den aktuellen sozialen Missständen entzünden kann als auch weitergehend das kapitalistische System infrage stellt. Diese Einschätzung ergibt sich besonders aus einer Passage des Aufrufs von Blockupy, in dem es heißt:

„Wir sind Teil der internationalen Bewegungen, die sich seit Jahren gegen die Angriffe auf unser Leben und unsere Zukunft wehren, für soziale Rechte und Alternativen kämpfen, neue Formen von demokratischer Organisierung und solidarischer Ökonomie entwickeln. Wir widersetzen uns der autoritären Durchsetzung der Spar- und Reformpakete, die in eklatantem Widerspruch zu demokratischen Prinzipien steht, und treten für die Demokratisierung aller Lebensbereiche ein. Wir widersetzen uns der Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit Krieg und Rüstungsexport. Wir widersetzen uns dem kapitalistischen Wirtschaftsmodell, das auf globaler Ausbeutung basiert, notwendig Armut und soziale Ungleichheit produziert und die Natur systematisch zerstört.“ (Aufruf)

Auf diesen Inhalt konnte sich ein breites Bündnis einigen. Dazu gehörten Attac-Aktivisten, die Interventionistische Linke, die Partei die Linke, Occupy-Aktivisten, antirassistische Netzwerke, die DKP, die Linksjugend (solid), Friedens- und Umweltinitiativen, die Grüne Jugend, regionale Einzelgewerkschaften. Im Rückblick auf Blockupy 2013 ist es erfreulich, dass dieses breite linke Bündnis sich nicht nur auf inhaltliche Grundsätze einigen konnte, sondern die Aktionen auch effektiv und solidarisch durchgeführt hat. Dabei ist die wechselseitige Akzeptanz unterschiedlicher Aktionsformen schon fast zur Selbstverständlichkeit geworden. Vor diesem Hintergrund war es am 1. Juni der Polizeiführung nicht möglich, die Demo nach dem Muster zu spalten: der „militante schwarze Block“ in den Kessel, und die „friedlichen“ Demonstranten dürfen auf einer Alternativroute weiterziehen. Die Antwort aller Demonstranten war: „Wir gehören zusammen und wir bleiben hier, bis der Kessel aufgelöst ist!“

Neben diesen guten Erfahrungen verlief die Mobilisierung zu den Blockupy- Aktionstagen aus meiner Sicht eher schleppend und war im Ergebnis nicht befriedigend. Letztlich beteiligten sich in diesem Jahr mit etwas über zehntausend Menschen deutlich weniger als im Vorjahr. Alle politischen Spektren konnten offensichtlich ihr Mobilisierungspotenzial nicht ausschöpfen. Das erscheint vor dem Hintergrund der verschärften europäischen Krise und der fatalen Rolle, die die herrschende deutsche Politik dabei spielt, unverständlich. Der Hinweis darauf, dass wir vermeintlich auf einer Insel der „Glückseligen“ leben, kann bei der politisierten linken Zielgruppe für diese Demo nicht das Mobilisierungsproblem gewesen sein.
 
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Da „Blockupy 2013“ in Deutschland voraussichtlich die einzige zentrale Großaktion gegen das deutsche und europäische Krisenregime in diesem Jahr sein wird, erscheinen Einwände wie „falscher Ort“, „falscher Schwerpunkt“, „falsche Aktionsformen“ als klein kariert.  Gerade von Aktivisten aus Südeuropa wurden wir immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig es für sie sei, dass wir hier in Deutschland, im „Herzen des europäischen Krisenregimes“, auch den Widerstand gegen die Sanierungs- und Verarmungsprogramme der Troika entwickeln.  Selbst wenn viele Menschen in diesem Land die Notwendigkeit dazu nicht erkennen, sollte wenigstens das linke Spektrum im Rahmen seines Potenzials massenhaft gegen diese Politik auf die „Barrikaden“ gehen. Schließlich vollzieht sich in der EU ein politsicher, sozialer und ökonomischer Umbau auf Kosten der Bevölkerungsmehrheit, der eine historische Dimension hat.  2014 wird in Frankfurt der Neubau der EZB mit viel Pomp und unter Anwesenheit der europäischen politischen „Elite“ eingeweiht. Dabei wird sie Blockupy 2014 mit einer hoffentlich umfassenderen und breiteren Mobilisierung gebührend „begleiten“.  Die setzt allerdings eine Reflexion der diesjährigen Mobilisierung und der Aktionstage voraus. Let´s go!

Andreas Meyer

 


Brutale Bilanz: This is was democracy looks like!
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Foto: Axel Köhler-Schnura

•    2.000 Menschen waren auf der Demonstration am 01.06. in Frankfurt von den polizeilichen Repressionen betroffen
•    1.052 Menschen waren in dem Kessel der polizeilichen Gewalt ausgesetzt
•    über 200 Verletzte durch Knüppel- und Pfeffersprayeinsätzen, darunter mindestens zwei Journalist_innen
„... Es gab keinerlei Verhalten von Seiten der Demonstrationsteilnehmer/-innen, die ein derartiges Einschreiten der Polizei in irgendeiner Weise gerechtfertigt hätten“

Die Stellungnahme der Demo-Sanitäter_innen: https://blockupy-frankfurt.org/2118/stellungnahme-der-demosanitaeter_innen-zum-polizeieinsatz-am-01-06-2013-in-frankfurt-am-main/#more-2118 und des Ermittlungsausschusses geben das Bild der Repressionen von Seiten der Polizei wieder https://blockupy-frankfurt.org/2084/stellungnahme-des-ea-frankfurt-zur-demonstration-vom-01-06-13/

Wir werden uns durch die Gewalt und das Hinwegsetzten über die Demonstrationsfreiheit nicht entmutigen lassen, gegen das Kapital und Repressionen erneut auf die Straße zu gehen und zu blockieren – im Gegenteil: Wir sind uns unserer Stärke, wenn wir zusammen gehen bewusst! In dem Sinne für ein starkes Blockupy 2014-Bündnis!     www.blockupy-frankfurt.org