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DGB Nord:
„Die soziale Schieflage beim Kurzarbeitergeld ist für uns nicht akzeptabel.“
Sozialpartnerschaft darf auch in der Corona-Krise kein Lippenbekenntnis sein
Um eine soziale Schieflage im Zusammenhang mit der Corona-Krise zu verhindern, hat Uwe Polkaehn, Vorsitzender DGB Nord, Nachbesserungen beim Kurzarbeitergeld gefordert: „Die Beschäftigten erhalten nur 60 oder 67 Prozent als Lohnersatzleistungen, während die Arbeitgeber 100 Prozent der Sozialabgaben erstattet bekommen. Leider will die Bundesregierung keine gesetzliche Aufstockung für Kurzarbeit sicherstellen.
Es ist unsozial, dass den Arbeitgebern die Sozialbeiträge von der Bundesagentur für Arbeit voll erstattet werden sollen – die Arbeitnehmer aber davon nichts bekommen. Wir fordern eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes in der Corona-Krise für die Beschäftigten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen im gleichen Umfang entlastet werden wie die Unternehmen. So wird verhindert, dass Menschen in die Sozialhilfe abdriften“, so Polkaehn. In Zeiten der Krise seien auch die Arbeitgeber in der Pflicht.
Der DGB Bezirk Nord umfasst die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die Gewerkschaften zählen in den drei Ländern zusammen mehr als 400.000 Mitglieder.
DGB Bezirk Nord, 23. März 2020
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Der Corona-Schock
Ein bisher unbekanntes Virus schockt die Welt und legt das öffentliche Leben lahm. Ängste und Panik oder auch Verdrängung und Ignoranz sind weit verbreitete individuelle Reaktionen im Umgang mit dem Virus. Unzulängliche und überforderte Gesundheitssysteme, zusammenbrechende Lieferketten und Produktionen, drastische staatliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind die ökonomischen und politischen Folgen dieser Pandemie. Die Welt scheint außer Kontrolle zu geraten.
Die gesundheitlichen Folgen der Pandemie
Nach den bisherigen Erfahrungswerten und den Aussagen “führender“ Virologen verläuft die Infektion durch Corona für 80 Prozent der Infizierten milde bis harmlos, das heißt maximal vergleichbar mit Grippesymptomen. Für 20 Prozent ist sie mit ernsten Erkrankungen der Atemwege und der Lunge verbunden, von denen 10 Prozent intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Dabei sind die Risikogruppen Menschen mit Vorerkrankungen oder im Alter ab 60 Jahren. Letztlich soll der Coronavirus rund 70 Prozent der Bevölkerung infizieren. Danach ergäbe sich dann eine sog. Herdenimmunität. In Deutschland geht man davon aus, dass 0,5 - 1 Prozent an einer Corona-Infektion sterben werden. Diese Annahme würde bei rund 80 Millionen Einwohner*innen und einem unbegrenzten Verlauf der Infektion am Ende zu 250.000 bis 500.000 Toten führen.
Alle staatlichen Maßnahmen zielen darauf ab, diesen Verlauf so weit wie möglich hinauszuzögern, um unser Gesundheitssystem, das auf eine solche Epidemie in keiner Weise ausreichend vorbereitet ist, nicht zu überlasten. Dazu soll die Stilllegung des öffentlichen Lebens bis hin zur Ausgangssperre dienen.
Soweit die Datenlage und die Begründung der staatlichen Maßnahmen, die wir täglich lesen und hören. Ob die medizinischen Angaben und Prognosen stimmen, ist für Laien nicht überprüfbar. Die Logik, über soziale Isolation die Ansteckungsgefahr hinauszuzögern, damit möglichst wenige Menschen ohne lebensrettende medizinische Versorgung sterben müssen, erscheint dagegen auch ohne medizinische Kenntnisse überzeugend. Das zu leugnen und sein Verhalten nicht zu ändern, wäre daher sehr irrational.
Ängste und Solidarität
Dass der Ausbruch eines bisher unbekannten Virus mit dieser Verbreitungsgeschwindigkeit Ängste auslöst, ist eine völlig normale und gesunde Reaktion. Denn es geht dabei ja nicht nur um die individuell unabsehbaren gesundheitlichen Folgen, sondern ebenso um soziale und wirtschaftliche Probleme, die sehr existenziell werden können. Das Leben mit solchen Ungewissheiten erzeugt einen erheblichen psychischen Stress.
Besonders irritierend ist dabei für viele der Kontrollverlust in einer Welt, in der uns suggeriert wird, dass unsere Machteliten alles unter Kontrolle haben und alles wieder gut werde, wenn wir nur ihren Vorgaben folgen. Doch wenn sich herausstellt, dass es in diesem Land selbst an ganz einfachem hygienischen und medizinischen Material wie Atemschutzmasken, Wattetupfern, Schutzkleidung für medizinisches Personal mangelt, und Tests nur für viel zu wenig Menschen möglich sind, dann sinkt das Vertrauen auf die Ansage, alles unter Kontrolle zu haben.
Auch die am Horizont auftauchende schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik löst berechtigte Ängste aus. Wie unsere Gesellschaft mit diesen Unsicherheiten und Ängsten umgehen wird, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Noch sind wir am Anfang dieser multiplen Krise.
Auf der einen Seite gibt es quasi als Sozialisationsprodukt neoliberaler Ideologie die Ego-Shooter, deren Ziel es ist, sich im allgemeinen Konkurrenzkampf optimal zu positionieren und das meiste rauszuholen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Menschen, die sich solidarisch verhalten und bereit sind, sich beispielsweise ehrenamtlich für andere zu engagieren. Die weit verbreitete Behauptung, dass der Mensch zum Egoisten geboren sei, ist inzwischen durch viele wissenschaftliche Experimente mit Babys und Kleinkindern widerlegt.
Doch der allgemeine Appell von Politik und Medien, sich in dieser Corona-Krise solidarisch zu verhalten, steht im Widerspruch zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen in diesem Land.
So erscheint es nicht glaubhaft, wenn dieser Appell von Politiker*innen verkündet wird, die eine große soziale Kluft zwischen Arm und Reich zu verantworten haben und ständig von Konkurrenz und Wachstum reden. Für sie ist Solidarität oft nur ein notwendiger vorübergehender Krisenmodus.
Während sie zurzeit hier Solidarität einfordern, lassen sie an den europäischen Außengrenzen oder auch in Griechenland Tausende von Flüchtlingen unter unsagbaren Umständen im Dreck und in der Kälte vegetieren oder im Mittelmeer ertrinken. Selbst das lächerliche Kontingent von 150 unbegleiteten Kindern und Jugendlichen von griechischen Inseln wird mit Hinweis auf Corona nicht in das Land gelassen. Zu echter Solidarität gehört auch internationale Solidarität.
Corona und das Gesundheitssystem
Kein Gesundheitssystem dieser Welt kann auf große unvorhersehbare Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen oder Pandemien mit unbekannten Viren ausreichend vorbereitet sein. Dennoch ist es wichtig, in welchem Zustand ein Gesundheitssystem ist, auf das eine Pandemie trifft. In diesem Zusammenhang werden beim deutschen Gesundheitssystem erhebliche Mängel sichtbar. Durch Privatisierungen und die Einführung der Fallpauschale wurde es seit Jahren auf Effizienz und Profitabilität getrimmt. Krankenhausschließungen und tiefgreifende Sparmaßnahmen sind die Folge dieser Entwicklung. Durch Fallpauschalen werden nur erbrachte Leistungen finanziert, nicht aber das Vorhalten von Betten und Therapiekapazitäten für den Notfall. Nicht mehr der Mensch steht im Mittelpunkt, sondern die Rentabilität und der Profit für die Aktionäre großer Krankenhausgesellschaften.
In Deutschland stehen 28.000 Betten mit Beatmungsmöglichkeiten zur intensivmedizinischen Versorgung zur Verfügung. Das ist bei dem absehbaren Verlauf von Corona mit einer 60-70 prozentigen Infektionsrate der Bevölkerung deutlich zu wenig, zumal etwa 80 Prozent der Betten und Atmungsräte belegt sind.
Doch wesentlicher ist der erhebliche Mangel an Pflegekräften. Schon im Normalbetrieb ist in vielen Intensivstationen aufgrund des Personalmangels der Betrieb nicht mehr aufrecht zu halten. Aufgrund des Personalmangels mussten 2017 nach einer Umfrage auf 76 Prozent der Intensivstationen Betten gesperrt werden.
Eine völlig mangelhafte Personalausstattung und eine hohe Arbeitsbelastung mit unzureichender Bezahlung und geringer Wertschätzung sind die Ursachen für dieses Desaster.
Vor diesem Hintergrund entpuppt sich die immer wiederkehrende breitbeinige Behauptung von Jens Spahn, unser Gesundheitssystem sei hinsichtlich des Coronavirus gut aufgestellt, als wenig glaubhaft und eher als ein Pfeifen im Walde.
Die kommende Wirtschaftskrise
Mindestens ebenso folgenschwer wie die gesundheitlichen Folgen von Corona wird die auf uns zukommende tiefe Weltwirtschaftskrise sein. Auch in Deutschland wird unsere Volkswirtschaft, die sich bereits im Abschwung befindet, durch die Folgen dieses Virus in eine dramatische Krise gestürzt. Der DAX hat seit Januar einen Kursverlust von 32 Prozent, der höchste Verlust seit dem 11. September 2001. Ein deutliches Krisensignal. Die Autoindustrie stellt die Produktion ein und mit ihr die gesamten Zulieferbetriebe. Bei der Lufthansa bleiben über 90 Prozent der Flieger am Boden und auch in Schleswig Holstein schließt das gesamte Hotel- und Gaststättengewerbe. Ebenso müssen bis auf wenige Ausnahmen Einzelhandels- und Großhandelsgeschäfte für unabsehbare Zeit schließen. Das gesamte öffentliche Leben stirbt ab. Selbst die Tafeln als letzte Nothilfe für arme Menschen machen dicht, weil ihre vorwiegend älteren freiwilligen Mitarbeiter*innen zur Risikogruppe gehören. Für dieses Angebot gibt es keinen Ersatz.
Anders als gewöhnlich betrifft diese Krise sowohl die Angebotsseite, weil weniger Produkte hergestellt werden, als auch die Nachfrageseite durch geschlossene Geschäfte und deutliche Einkommensreduzierungen (Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Pleiten).
Aber nicht nur die Binnennachfrage wird erheblich sinken, sondern auch die Nachfrage aus dem Ausland. Daher wird diese Krise Deutschland als sogenannten Exportweltmeister besonders hart treffen, weil weltweit viele Absatzmärkte wegbrechen.
Hier wird die gesamte Problematik deutscher Exportorientierung deutlich, die in vielen Fällen auf Kosten anderer Volkswirtschaften geht. Die deutsche Exportquote lag 2018 bei 47 Prozent. Das zeigt die hochgradige Abhängigkeit vom Export. Insgesamt geht selbst das arbeitgebernahe Wirtschaftsinstitut Ifo in diesem Jahr von einem Einbruch unseres Bruttosozialprodukts von 5-6 Prozent aus. Das ist mehr als in der Finanzkrise von 2008/09. Und das ist nur eine Prognose.
Nun kann man als linker und ökologisch orientierte Mensch sagen, endlich verlassen wir das Wachstum und der CO2 Ausstoß sinkt. Doch das wäre unter den gegebenen Verhältnissen und auf Grundlage unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems eine sehr naive Annahme. Denn diese Krise wird besonders Menschen mit mittleren und niedrigem Einkommen treffen, und sie wird mit Sicherheit politisch so gemanagt, dass Banken und Großkonzerne als “systemrelevant“ mit milliardenschweren Rettungsprogrammen möglichst unbeschadet aus der Krise hervorgehen. Wir kennen das aus der Finanzkrise von 2008. Dagegen sind viele Menschen in diesem Land vor den Folgen dieser Krise nicht geschützt.
Das Kurzarbeitergeld mit 60 Prozent des Lohns betrifft nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Auch ein Einkommensverlust von 40 Prozent ist gerade für Menschen im Niedriglohnbereich untragbar und führt zu Aufstockung durch Hartz IV.
Auf Dauer kann aber auch eine länger drohende Massenarbeitslosigkeit nicht durch Kurzarbeitergeld verhindert werden. Sie ist nur ein Übergangsinstrument. Freiberufler, Klein- und Scheinselbständige landen zum großen Teil in der Arbeitslosigkeit und müssen mit einer Grundsicherung klarkommen.
Bei all diesen Entwicklungen muss man davon ausgehen,dass die tiefste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik auf uns zukommt.
Corona und die Politik
Die europäischen Regierungen, die EU-Kommission und die europäische Zentralbank befinden sich im ständigen Krisenmodus. Dabei geht es darum, europaweit mit Hilfsprogrammen von bisher insgesamt mehr als einer Billion Euro besonders große Konzerne und Banken mit dem Hinweis auf ihre Systemrelevanz zu retten.
Es geht aber auch darum, durch Finanzhilfen für große Teile der Bevölkerung eine Mindestversorgung zu sichern, um die Legitimation als vermeintlicher Sozialstaat nicht völlig zu verlieren. Diese Mindestversorgung liegt auf dem Niveau der Grundsicherung bzw. der Hartz IV - Sätze. Der häufig von Politik und Medien in der Corona-Krise erwähnte Hinweis auf die Systemrelevanz von Pfleger*innen, Kassierer*innen, Zusteller*innen wird sich nach der Krise weitgehend als hohle Phrase entpuppen, um diese Menschen bei der Stange zu halten. Materiell auswirken wird sich diese Anerkennung nicht.
Die finanziellen Hilfsprogramme sind nur mit hohen Staatsverschuldungen möglich. Die gestiegenen Staatsverschuldungen werden nach neoliberaler Logik wiederum bei auslaufender Krise als Begründung für Sparmaßnahmen herhalten, die mit erheblichen sozialen Einschnitten verbunden sind.
Das gilt auch auf der Ebene der EU. Die Europäische Zentralbank hat mit 750 Milliarden Euro ein Finanzierungsprogramm aufgelegt, mit dem sie Staatsanleihen und auch Firmenbeteiligungen kauft. Das rettet möglicherweise große Firmen und auch Italien vor der Pleite. Doch sehr wahrscheinlich werden für hoch verschuldete Staaten weitere notwendige Staatskredite mit harten Sparauflagen belegt, die wie in Griechenland während der Euro-Krise zu weitreichenden sozialen Verwerfungen führen. Gerade Deutschland hat sich bisher knallhart gegen Schuldenerlasse und Staatsfinanzierungen durch die Europäische Zentralbank gewehrt. Da ist dann Schluss mit der Propaganda von der europäischen Solidarität. Genau dieser Konflikt enthält die Zutaten für eine neue Euro-Krise.
Neben der staatlichen wirtschaftlichen Krisenpolitik besteht auch die Gefahr, dass der Staat mit Hinweis auf Corona seine digitalen Überwachungsmöglichkeiten ausbaut. So hat die Telekom massenhaft anonymisierte Bewegungsdaten an das Robert-Koch-Institut weitergeleitet, um das Bewegungsprofil der Bevölkerung zu erkunden. Damit sollte die Wirksamkeit staatlicher Auflagen kontrolliert werden.
In Spanien überfliegen Drohnen mit Kameras Passanten und fordern sie auf, nach Hause zu gehen. Es ist gut denkbar, dass später im Zeichen der Terrorismusfahndung oder ähnlicher Anlässe diese Überwachungen üblich und ausgebaut werden und die Anonymisierungen wegfallen.
Eine weitere problematische Begleiterscheinung in der von Corona ausgelösten Krise besteht darin, dass dieses Thema alle anderen wichtigen politischen Themen überlagert (z. B. Klimawandel, Aufrüstung, das brutale europäische Grenzregime gegenüber Flüchtlingen etc.).
Diese Entwicklung ermöglicht es der herrschenden Politik quasi hinter einem “Corona-Vorhang“, Entscheidungen zu treffen, die unter normalen Umständen auf Widerstand gestoßen wären.
Bei einem gesellschaftspolitischen Blick auf die Corona-Krise wird nicht nur die große gesundheitliche Bedrohungen mit allen notwendigen Einschränkungen für die Bevölkerung sichtbar. Durch diese Epidemie werden erneut dringend notwendige Veränderungen unseres ökonomischen und politischen Systems deutlich.
In diesem Zusammenhang sollen hier nur zwei wesentliche genannt werden:
- Ein gut ausgestattetes Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Kliniken, Reha-Einrichtungen, Altersheime Senioren-Einrichtungen), das als grundlegende Daseinsvorsorge der Profit-Logik entzogen und vergesellschaftet werden muss.
- Ein armuts- und krisenfestes Grundeinkommen, das auch Menschen ein menschenwürdiges Leben sichert, die nicht auf große Vermögen zurückgreifen können.
Es bleibt zu hoffen, dass durch die Erfahrungen mit dieser Krise das gesellschaftliche Klima für solche Forderungen offen und der politische Druck so hoch wird, dass sie sich durchsetzen lassen.
(Andreas Meyer)
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Die „Corona-Krise“ und die Sehnsucht nach autoritären Strukturen
„Es ist absurd, sich darüber aufzuregen, dass kleine Grüppchen in einem Park sitzen und gleichzeitig darüber zu schweigen, dass andere in Werkshallen mit zum Beispiel 200 Menschen arbeiten müssen, die irgendwas herstellen, was zurzeit niemand braucht.“
„Sozialkontakte vermeiden“, lautet die Botschaft der Kanzlerin, damit man gesund bleibt. Das Soziale soll in dieser Logik darin bestehen, dass man das Soziale abschafft. Nur vorübergehend? Die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie könnten langfristig Schaden in der Gesellschaft anrichten. Diese Ansicht vertritt z. B. der Historiker René Schlott in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) vom 18.März. Menschen seien als soziale Wesen darauf angewiesen, Kontakt zueinander zu haben. Wenn man ihnen das verbiete, sei das so, als zwinge man einen Fisch, das Wasser zu verlassen.
Schlott sagte außerdem, es sei „ein alarmierendes Zeichen“, wie bereitwillig in der Gesellschaft die Einschränkungen von fundamentalen Grundrechten wie der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit hingenommen würden. Es sei nicht auszuschließen, dass dieselben Einschränkungen in Zukunft im Namen einer anderen vermeintlichen Notsituation wieder aktiviert werden könnten.
Presse und Rundfunk seien in der aktuellen Situation aber gefordert, nicht nur Verlautbarungsorgan der Regierungen zu sein oder immer striktere Maßnahmen zu fordern, sondern die gesellschaftliche Diskussion darüber am Laufen zu halten.
Nein zur Ausgangssperre!
Ähnlich äußert sich der Linken-Politiker Niema Movassat (verfassungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion) im Neuen Deutschland (20.03.2020):
„Auf der einen Seite werden auch kleine Veranstaltungen verboten, andererseits sind Millionen Menschen weiterhin gezwungen zur Arbeit zu fahren und dort dutzende, gar hunderte Kolleg*innen zu treffen. Ein wirksamer Schritt wäre es, jetzt einen Arbeitsstopp für alle Betriebe anzuordnen, die nicht für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur notwendig sind oder keine lebensnotwendigen Güter herstellen. Es ist absurd, sich darüber aufzuregen, dass kleine Grüppchen in einem Park sitzen und gleichzeitig darüber zu schweigen, dass andere in Werkshallen mit zum Beispiel 200 Menschen arbeiten müssen, die irgendwas herstellen, was zurzeit niemand akut braucht.“
Vehement spricht er sich gegen eine generelle Ausgangssperre aus.
„Mit der Ausgangssperre droht eine Weichenstellung vorgenommen zu werden, die in eine autoritäre Gesellschaft münden kann. Der Ruf nach dem Staat, der konsequent durchgreift und Grundrechte vollständig außer Kraft setzt, ist der Ruf nach dem Staat, der jenseits des Grundgesetzes liegt. Zudem muss jedem klar sein: einmal eingeschränkte oder abgeschaffte Bürger*innenrechte lassen sich nicht ohne weiteres wiederherstellen: Sie sind das Ergebnis von jahrzehntelangen Kämpfen der Bevölkerung gegen den Obrigkeitsstaat. Was zunächst als vorläufige Notstandsregelung angekündigt, könnte so durch die Hintertür zum Dauerzustand werden.
Eine Ausgangssperre trifft diejenigen am härtesten, die in prekären Verhältnissen leben. Für eine Familie auf begrenztem Raum im Erdgeschoss eines Hinterhofes ist eine Ausgangssperre deutlich heftiger und ungesünder als für Reiche, die in einer Villa am Starnberger See mit 1.000 Quadratmeter Garten leben. Für diejenigen, die in besagter Hinterhofwohnung, die in einer Sammelunterkunft (Geflüchtete) oder in anderen beengten Verhältnissen leben, ist die Möglichkeit nach draußen zu kommen, nichts auf das verzichtet werden kann. Auch für die Ärmsten, die überhaupt keine Wohnung haben oder die illegalisiert leben, ist die Ausgangsperre eine existenzielle Bedrohung.“
(gst)
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Corona-Krise:
Kommentar und kritische Stellungnahme
Vorweg: Ich bin schon immer ein kritisch denkender und eigenständig handelnder Mensch. Schon als Kind kam mir vieles, was Erwachsene sagten, komisch vor. Mein Weg führte mich von Maidemos in der Kinderkarre oder auf den Schultern meines Vaters über diverse politische Gruppen, Aktionen und Treffen hin zu meiner heutigen Aktivität beim Waldhaus Kiel, bei foodsharing, beim Klimagürteltreffen und und und.
Gelinde gesagt wundere ich mich. Glaubt ihr alle den Irrsinn, der hier läuft? Spätestens 2001 nach 9/11 wurde es deutlich, wie komplett gleichgeschaltet unsere Medien sind, wie schwer es Menschen haben, sich mit einer anderen Meinung Gehör zu verschaffen.
Die Art und Weise des Tests bleibt fraglich. Ein Arzt und Leiter der Charite – Dr. Christian Drosten – hat das Virus gesucht und gefunden. In wessen Auftrag handelt er? Laut der Aussage von Dr. Wolfgang Wodarg, Virologe, sei der Test nicht einmal valide und wird trotzdem als Nachweis genutzt. In den Statistiken werden alle jemals erkrankten Menschen, die wieder Gesund wurden, nicht erwähnt. Kalkül? Welche Krankheiten hatten die Gestorbenen noch? Wie relevant ist die „normale böse Grippe“? Welche Rolle spielen die multiresistenten Krankenhauskeime? Wieviele sterben daran? Warum wird gerade jetzt die Situation als Pandemie eingeschätzt, (Es wurde wohl „mal eben“ die Definiton von Seiten der WHO geändert – warum?) die Art des Vorgehens, soll ich Herrn Wodarg Glauben schenken, wirkt willkürlich bzw. fast schon inszeniert.
Jahrelang wurde unsere Gesundheits- und Sozialsystem kaputt gespart und privatisiert, Krankenhäuser sind Wirtschaftsunternehmen und nun soll das Virus am Kollabieren dessen Schuld sein?
Nun gibt es keine Proteste, wenn die Grundrechte sukzessive eingeschränkt werden, früher hätte es das nicht gegeben, aber was sag ich, die Angst macht´s möglich! Die Angst spaltet uns, beherrscht uns. Doch, was steckt wirklich dahinter?
Mittlerweile fangen Menschen an sich zu denunzieren, wenn Eltern mit Kindern bereits abgesperrte Spielplätze betreten. Es braucht nicht einmal mehr eine Verabschiedung oder Begründung von Notstandsgesetzen; Menschen fügen sich dem freiwillig. Die Bundeswehr wurde angefordert in der Pflege, stampft ein Krankenhaus aus dem Boden, Ministerien stimmen sich ab? BürgerInnen werden informiert? Nein, warum denn das? „die erforderlichen Maßnahmen werden getroffen“. Die Regierung ist ohnehin von immer weniger Menschen gewählt worden, nun glauben sie den Marionetten und Handlangern der Konzerne? Wirklich! Kaum jemand hat die Regierung gewählt, nun stehen alle aber unisono dahinter. Verrückt!
Früher, in den 1980er Jahren regten sich in weiten Teilen der Bevölkerung Proteste gegen die damalige Volkszählung. Aus heutiger Sicht ein Witz, da wohl nun auf jeder Krankenversichertenkarte mehr Daten gespeichert sind. Ein Schelm, wer dabei an Visionen wie in Orwells „1984“ oder Huxleys „Schöne neue Welt“ denkt, nun soll man seine Daten bei einem bloßen Restaurantbesuch abgeben. Ach, das ist nun auch schon wieder kalter Kaffee, wenn ab morgen (Mittwoch, 18.3.2020) keine Lokalitäten mehr öffnen dürfen ... sehr turbulent das Ganze! Mittlerweile scheint es, als hätten alle Menschen Natodraht um sich getackert, inklusive imaginärer Infektionsschutzanzüge: “Komm mir bloß nicht zu nahe!“ drücken sie aus. Puh! Abstandhalter sind in Läden hingestellt oder Markierungen auf dem Boden. Schaun wir mal, ob es hilft.
Nun sollen die Eltern, deren Kinder diesen Sommer eingeschult werden, nachweisen, dass sie gegen Masern geimpft sind, für die älteren gibt es noch ein weiteres Jahr Zeit. Ich bin gespannt welche Repressionen da kommen werden. Das sind massive Eingriffe in die Menschen- und Persönlichkeitsrechte! Wen interessiert es nun noch? Wir brauchen gegen den bösen Virus, der gerne bildlich dargestellt wird, einen Impfstoff! Es wird nicht gesagt, dass Influenza Geimpfte für Corona scheinbar anfälliger sind. Es wird nicht gesagt, dass Pharmafirmen darauf Patente haben werden, na klar, oder werden etwa wichtige Mittel weltweit kostenlos zur Verfügung gestellt? Es wird so viel nicht gesagt! Wer weiß – werden wir alle durchgeimpft und gechipt werden?
Grenzen werden dichtgemacht, Menschen in ihrer Bewegungs- und Reisefreiheit eingeschränkt, gehindert: Noch vor wenigen Wochen hätte es ein ewiges Gehetzte gegen AfD-Politiker gegeben, das ist nun nicht mehr nötig, wir haben ja das Virus.
Gesetze dazu? Abkommen zwischen den Ländern? Ähm, absurde Idee. Der alte Slogan „Um Europa keine Mauer“ hat zwar als Forderung bestand, jedoch wurden während der letzten Jahre immer mehr Mauern gebaut, wozu auch die Kriminalisierung der unermüdlich im Mittelmeer arbeitenden MenschenretterInnen gehört. Der Beschuss, möglicherweise mit deutschen Waffen (ihr kennt den Slogan dazu?) und die massive Vertreibung von Flüchtlingen in der Türkei/Griechenland fallen auch aus dem Tagesgeschehen. So grausam ist der Virus!
Es ist nach wie vor eine richtige Forderung, die Fluchtursachen zu bekämpfen! Die Grenzen sind ja nun offiziell noch für den Waren- und Güterverkehr geöffnet, doch witzigerweise stehen die osteuropäischen ErntehelferInnen seit Tagen im Stau im kommen nicht rein. Ok, dann gibt es vielleicht keinen Spargel und Erdbeeren, wer aber pflanzt die bereits vorgezogenen Jungpflanzen? Gibt es einen Zwangsarbeitsdienst?
Vieles ereignet sich für uns unbemerkt, während die meisten Menschen zu Hause vor der Mainstream-Glotze hocken und „warten“. Haben wir eine Weltwirtschaftskrise und der Fokus liegt auf dem Virus? Das gesamte öffentliche Leben kommt allmählich zum Erliegen, die Nato hält weiterhin am Defender Europe 2020 Großmanöver fest (Ist nun aber doch abgesagt worden. Bemerkung red.). Können wir uns sicher sein, dass nicht doch, auch wenn es nur allzugerne als Verschwörungstheorie abgetan wird, das 5G-Netz (Vodafone wirbt für das neue 5G-Netz fürs Smartphone) gebaut wird? Es soll ja ein Zusammenhang zu den vielen Corona Toten in Wuhan und in der norditalienischen Povinz bestehen – wer weiß?
Klar ist aber, dass wir massiven Einschränkungen von Persönlichkeits- und Freiheitsrechten unterliegen und es werden täglich mehr. Angst und Hysterie eignen sich hervorragend, um die Menschen blind zu machen. Und mal so nebenbei: Angst und Panik schwächen das Immunsystem enorm!
Bargeld soll unter dem Vorwand der Ansteckungsgefahr abgeschafft werden, plötzlich ist es möglich. Man kann alles machen, muss es nur richtig begründen. Danke Virus!
Vor Ort, was bedeutet es hier? Das Polizeigesetz S-H soll verschärft werden, danke TKKG an dieser Stelle für Eure Öffentlichkeits-Arbeit. Bekommt das sonst noch jemand mit? Es passt „zufällig“ in die Zeit von zunehmender Überwachung und Kontrolle.
Und sonst hier in Kiel: die Auffahrt für Höffner (Möbel Kraft, red.) wird tagtäglich weiter gebaut. Können wir uns sicher sein, dass nicht auch Teilstücke der am Wald vorbeiführenden Autobahn gebaut werden? Was passiert sonst noch? Die Ausgabestellen der Tafeln sind geschlossen. Es sind so eine große Menge Menschen und Andernorts wird der Personenfluss reguliert. Da soll es nicht gehen? Da frage ich mich, wer da an Verelendung Interesse hat.
Was macht das Ganze mit uns? Unser System hat leider mehr und mehr relativ unmündige BürgerInnen hervorgebracht, die es nicht bzw. kaum gewohnt sind, eigenständig zu handeln.
Gerald Hüther, Neurobiologe („Wir brauchen keine Pflichterfüller mehr“), wies schon vor Jahren darauf hin, dass unsere Gesellschaft so nicht mehr funktioniert wenn es nicht grundlegende Änderungen in Kindergärten und Schulen gibt. Viele derjenigen, die etwas sagen oder nicht so „funktionieren“ wie sie sollen, werden mittels Medikamenten nach BtmG suggeriert falsch zu sein (AD(H)S). Dabei ist es nur ein Zeichen unseres kranken Systems, dass immer mehr Menschen auf der Strecke bleiben. Ob das als Inklusion getarnte Sparpaket für die einzelnen Kinder glückt, hängt von vielen Faktoren ab. Es greift nicht verlässlich und ist nicht zukunftsträchtig.
Diese abhängige anerlernte Konsumhaltung wird nun zum Problem. Was macht das mit Menschen, wenn das gewohnte Leben nicht mehr statt findet? Anlauf- und Beratungsstellen sind geschlossen, sämtliche soziale Einrichtungen sind zu. Menschen brauchen Struktur; nicht JedeR kann sie sich selbst geben. Wir sind soziale Wesen. Nicht für alle bedeutet Rückzug Erholung. Immerzu sind wir fremdbestimmt, nun sollen wir mit uns selbst, vielleicht teilweise in beengten Wohnverhältnissen, nicht wissend, wie es weiter geht, klarkommen. Ich bin gespannt und unsagbar wütend, dass so mit Menschen umgegangen wird! Nicht für alle Menschen ist der Virus die größte Bedrohung, viele haben ganz andere Sorgen! Es soll ein „Rettungspaket“ von Seiten der Regierung geben. Wer wird gerettet?
Diese Neuordnung der Welt birgt natürlich auch Chancen, wenn auch diese noch kaum zu erkennen sind. Diese Zeit der Unsicherheit und Angst bringt auch, was ich wirklich schön finde, Menschen zusammen, die helfen, die sich kreativ organisieren, verschiedenste Aktivitäten auf die Beine stellen. Menschen begegnen sich, unterstützen sich. Schön, wenn Menschlichkeit gewinnt.
Die sogenannte Klimakrise fiel auch von der Tagesordnung, wir sollten uns dennoch und gerade jetzt fragen, woher sollen unsere Waren kommen, wie sollen sie transportiert werden? Wie bewegen wir uns von A nach B? Können wir uns regional versorgen? Wie fördern wir die kleinbäuerliche Landwirtschaft?
Es werden vielleicht in Zeiten, wenn nicht (mehr) alles verfügbar ist Techniken zum Selbermachen oder Reparieren gefragt sein. Möglicherweise werden wir statt zu kaufen auch tauschen, möglich werden auch wie vor Jahren diverse Tauschringe es versuchten, also nicht 1:1, sondern mit einer Art Konto? Menschlichkeit und Erfindergeist wird gefragt sein. Wir brauchen uns.
In welch einer Welt können und wollen wir leben? Wollt ihr euch zwangsimpfen, gar verchipen lassen? Wir haben die Wahl, auch wenn es momentan nicht so scheint. Entscheiden wir uns für Menschlichkeit, für Herzlichkeit, für ein Miteinander von allen Menschen auf der Welt über die gezogenen Grenzen hinweg und für eine gerechte Verteilung von Ressourcen oder lassen wir uns einsperren und drangsalieren und harren in unseren vier Wänden mittels Mainstream-TV der Dinge?
Denn eins ist seit 2001 deutlicher denn je (das las ich mal in der Nähe meiner damaligen WG und hat sich eingeprägt):
FREIHEIT STIRBT MIT SICHERHEIT !!!
(Kerstin Potapski)
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Attac fordert ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitssystem und einen Umbau der Wirtschaft!
Mit der steigenden Zahl von Infizierten durch den Corona-Virus wachsen auch persönliche Ängste und die Sorge um uns nahestehende Menschen, die zu Risikogruppen gehören. Gleichzeitig erleben wir aus der Not geborene Solidarität und Menschen, die tatkräftig der Krise trotzen. Die Beschäftigten im Gesundheitssektor und im Krisenmanagement der Kommunen leisten Übermenschliches um trotz fehlender Ressourcen Menschen zu versorgen und die lokale Infrastruktur sicherzustellen. In dieser ohnehin bedrohlichen Situation müssen wir jedoch befürchten, dass unser heruntergespartes Gesundheitssystem, das bereits im Normalbetrieb überlastet ist nun in der Krise zu kollabieren droht.
Privatisierung der Krankenhäuser, Reduzierung der Krankenhausbetten und die Ausrichtung des Gesundheitswesens auf Profitorientierung statt auf möglichst gute Gesundheitsversorgung für alle rächt sich nun. Die Krise muss Anlass sein, die Prioritäten wieder geradezurücken und die Versorgung von Menschen in den Vordergrund zu stellen. Menschen zu helfen, ist der Zweck eines Gesundheitssystems, nicht Profite für private Krankenhauskonzerne zu erzielen. Die von der Regierung angekündigten Anreize für zusätzliche Betten, Appelle an die Krankenhäuser und geplante Abrechnungserleichterungen sind völlig unzureichend und setzen weiterhin auf Marktmechanismen. Dabei hat gerade die Einführung von immer mehr Markt in das Gesundheitswesen die Misere verursacht. Stattdessen muss ein öffentliches Gesundheitswesen ausgebaut werden, das das Wohlergehen der Menschen in den Mittelpunkt stellt statt die Profiterwartung von Investmentfonds.
Mit der unvorhersehbaren Corona-Pandemie werden die Konstruktionsfehler einer profitorientierten globalisierten Wirtschaft deutlich. Die Märkte, die angeblich alles zum Guten regeln, versagen. Eine privatwirtschaftliche, an Wachstum und Profit gebundene sowie exportorientierte Wirtschafts- und Handelspolitik droht angesichts der aktuellen Krise mit Dominoeffekt zusammenzubrechen. Plötzlich sollen Staat und die Politik die großen gesellschaftlichen Systeme funktionsfähig halten.
Die eng getaktete internationale Arbeitsteilung, die einzig der Logik der Lohnkostenvorteile folgt, hat gefährliche Abhängigkeiten geschaffen, z.B. bei der Produktion von Medikamenten und von medizinischen Ausrüstungsgegenständen. In den aufgeblähten Finanzmärkten droht der systembedingte Widerspruch zwischen anlagesuchendem Kapital und fehlender Nachfrage erneut, die Welt in eine Wirtschaftskrise zu stürzen. Die seit 2008 durch massive Anleihekäufe der EZB befriedete Krise kommt durch den Vertrauensverlust der Anleger*innen in das Coronavirus-Management der Regierungen wieder voll zum Vorschein. Der globale Kapitalismus ist aufgrund seiner inneren Widersprüche extrem verletzlich gegenüber unerwarteten Belastungen und kein Modell für die Zukunft.
Wie 2008 tritt Kanzlerin Merkel vor das Fernsehpublikum und wirbt um Vertrauen, will Panik verhindern. Wie in der letzten Krise, sollen Milliarden öffentlicher Gelder in die Unternehmen fließen, um sie in der Krise zu stabilisieren. Aber diese Krise muss genutzt werden, um die notwendige sozial-ökologische Transformation voranzutreiben. Heute brauchen wir ein Investitionsprogramm, dass den radikalen Umbau unseres Wirtschafts- und Finanzsystems vorantreibt und nicht ein Wirtschaftssystem künstlich am Leben hält, das auf der Ausbeutung von Mensch und Natur beruht. Die Krise zeigt am Beispiel des Gesundheitswesens, wie dringend wir auf grundlegende gesellschaftliche Einrichtungen in öffentlicher Hand angewiesen sind, die nicht nach dem Profitprinzip agieren.
Die Rettungsaktionen dürfen nicht zu Lasten der unteren und mittleren Einkommensbezieher*innen gehen – sie müssen vielmehr von denen getragen werden, die in den letzten Jahren besonders von der zunehmenden Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen profitiert haben.
Wir fordern
• staatliche Sofort-Direktinvestitionen in Milliardenhöhe in öffentliche Gesundheitseinrichtungen zur Notfallbewältigung
• ein Investitionsprogramm für den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft, insbesondere und dringend für den Ausbau eines auf flächendeckende Versorgung ausgerichteten Gesundheitswesens
• Einkommenssicherung für Arbeitnehmer*innen bei Arbeitsausfall
• Einkommenssicherung für Arbeitnehmer*innen bei Arbeitszeitreduzierung wegen Kinderbetreuung
• Überbrückungskredite für Selbständige und kleine Unternehmen, die mit Liefer- oder Absatzschwierigkeiten kämpfen
• die Finanzierung dieser Aktivitäten mittels Krediten durch temporäre Erhöhung der Verschuldung und deren Begleichung durch effektive Besteuerung von Vermögen, gerechter Unternehmensbesteuerung und Verhinderung von Steuerflucht und Steuervermeidung.
Menschen in prekären Lebenslagen sind gesundheitlich besonders anfällig. Dazu gehören Menschen auf der Flucht. Aktuell müssen die Geflüchteten, die auf den griechischen Inseln festgehalten werden, im Rahmen humanitärer Soforthilfe in die europäischen Städte gebracht werden, die sich zu ihrer Aufnahme bereit erklärt haben.
Krisensituationen sind nicht nur Zeiten der Bedrohung, sondern auch Zeiten, in denen wir uns auf Wesentliches besinnen. Nicht Wirtschaftswachstum, „immer mehr haben“ und Gewinnmaximierung gehören in den Mittelpunkt, sondern die Sorge um die Mitmenschen. In der Krise zeigt sich deshalb auch die Möglichkeit eines guten Lebens für alle, jenseits von Profit, Wachstum und Naturzerstörung. Eine Gesellschaft, die auf Sorgearbeit, regionales Wirtschaften und naturschonende Produktion basiert und nicht auf Konkurrenz und Ausbeutung.
(Erklärung des Koordinierungskreises von Attac Deutschland, 16.03.2020)