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Zum Einjährigen: Mindestlohn-Bilanz – 2.502 Beschäftigte mehr

Stadt Kiel profitiert: Der „8,50-Euro-Daumen“ ist oben

NGG

Der „8,50-Euro-Daumen“ ist oben: Ein Jahr nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Stadt Kiel eine positive Bilanz. „Zum ersten Mal haben alle Beschäftigten einen festen Lohnsockel unter den Füßen – von der Küchenhilfe bis zur Verkäuferin im Backshop: Wer arbeitet, muss dafür mindestens 8,50 Euro pro Stunde bekommen“, sagt Finn Petersen. Für den Geschäftsführer der NGG Schleswig-Holstein Nord ist der gesetzliche Mindestlohn der „Einstieg in den Lohn-Aufstieg für Menschen, die zuvor mit Niedrigstlöhnen abgespeist wurden“.

Vom „Schreckgespenst Mindestlohn“, vor dem die Arbeitgeber auch in Kiel noch vor einem Jahr gewarnt hätten, sei nichts übrig geblieben: Der Mindestlohn sei weder „Konjunktur-Bremser“ noch „gefährlicher Job-Killer“. Die NGG legte dazu jetzt eine aktuelle „Mindestlohn-Analyse“ vor, die das renommierte Pestel-Institut (Hannover) im Auftrag der Gewerkschaft gemacht hat.

Die Wissenschaftler werteten dabei auch die Beschäftigungssituation in Kiel aus: „Anstatt Servicekräfte oder Küchenpersonal zu entlassen, haben Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten neue Kräfte eingestellt. Insgesamt arbeiteten dort im Juni vergangenen Jahres immerhin 3.104 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – und damit 12,3 Prozent mehr als noch im Vergleichsmonat des Vorjahres, als es den gesetzlichen Mindestlohn noch nicht gab“, sagt Petersen.

Nach Angaben der NGG Schleswig-Holstein Nord hat der Mindestlohn zudem dazu geführt, dass etliche Arbeitgeber aus Mini-Jobs reguläre Stellen gemacht haben. Das gelte nicht nur für die Gastro-Branche. „Viele Mini-Jobs waren besonders schlecht bezahlt. Durch den Mindestlohn sind die Mini-Jobber dann über die 450-Euro-Grenze gerutscht. Und das sind jetzt sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Diese Menschen haben damit etwas Besseres als den Mini-Job. Das ist ein Riesenerfolg“, sagt Finn Petersen.

Auch die Beschäftigtenzahl insgesamt habe sich mit dem gesetzlichen Mindestlohn positiv entwickelt: Im Sommer des vergangenen Jahres gab es in Kiel 2.502 Menschen mehr, die einen Job hatten, als noch im Sommer des Vorjahres.

Dabei hat zudem der Staat vom Mindestlohn profitiert. Er musste weniger Menschen unterstützen und sparte bei den Hartz-IV-Ausgaben. Denn die Zahl der Aufstocker ist zurückgegangen: „Im Juni vergangenen Jahres gab es in Kiel 149 Aufstocker weniger – ein Rückgang um 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Diese Menschen können nun von ihrer Arbeit leben. Sie sind nicht länger auf die ‚Stütze vom Staat‘ angewiesen“, so Finn Petersen.

Diese Zahlen liefern für den Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG Schleswig-Holstein Nord eine „klare Botschaft“: „Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde hat den Beschäftigten gut getan. Und er hat der Wirtschaft nicht geschadet.“ Im Gegenteil: Das Lohn-Plus habe Kiel eine höhere Kaufkraft beschert, von der insbesondere auch die heimische Wirtschaft profitiert habe. „Denn Beschäftigte, die den gesetzlichen Mindestlohn bekommen, haben das zusätzlich verdiente Geld nahezu eins zu eins in den Konsum gegeben“, so Petersen.

Um diesen Menschen die Chance zu geben, auch Geld für größere Anschaffungen auf die hohe Kante zu legen, müsse der Mindestlohn allerdings steigen: „Unser Ziel ist es, ihn möglichst rasch in einem ersten Schritt auf 10 Euro pro Stunde anzuheben“, macht der Geschäftsführer deutlich. Die NGG habe einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland vor einem Jahr überhaupt eingeführt worden sei. Jetzt werde die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten ebenso hartnäckig daran arbeiten, ihn schrittweise „zu liften“.

Für die NGG Schleswig-Holstein Nord ist eine Erhöhung des Mindestlohns nur konsequent. Das zeige auch eine Renten-Berechnung des Bundesarbeitsministeriums: Um eine Rente von mindestens 769 Euro pro Monat – also gerade einmal die Grundsicherung im Alter – zu bekommen, müsse ein Beschäftigter immerhin mindestens 11,50 Euro pro Stunde verdienen. Und das 45 Jahre lang bei einer Vollzeitstelle. „Ein Leben lang arbeiten und dann doch nur ‚Alters-Hartz-IV‘ bekommen – das kann und das darf es nicht sein. Der gesetzliche Mindestlohn steckt noch in den Kinderschuhen. Aber wir werden ihn groß bekommen“, ist sich NGG-Geschäftsführer Finn Petersen sicher.

Für Rückfragen zur regionalen „Mindestlohn-Analyse“ steht Ihnen das Pestel-Institut zur Verfügung.

Sie erreichen Institutsleiter Dipl.-Oek. Matthias Günther unter der Rufnummer: 0511 / 9 90 94 – 20. Oder per E-Mal: guenther@pestel-institut.de.