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Berufsschulen:

Public Private Partnership (PPP) oder: Wem gehören unsere Schulen?

01. Juni 2011 Unsere Schulgebäude sind marode, SchülerInnen müssen zwischen Stadtteilen wandern, um ihre Kurse besuchen zu können, Toilettenanlagen und Fachräume wie vor hundert Jahren. Jetzt sollen neue Schulgebäude kommen, Schulen zusammengelegt und alte Räume saniert werden, doch so schön das auch erst einmal klingen mag – umsonst ist heutzutage nichts: 
Public Private Partnership – öffentlich-private Partnerschaft – Wie funktioniert´s?
 
Die Stadt Kiel möchte neue Berufsschulen bauen oder alte renovieren. Das macht sie aber nicht selbst, sondern beauftragt eine private Firma damit. Diese Firma ist dann erst Bauherrin und später Eigentümerin der neuen Gebäude – unserer Schulen. Die Stadt bezahlt für die Nutzung der Gebäude eine Miete in einem Mietvertrag über 25 Jahre. Nach 25 Jahren gehören die Gebäude dann wieder der Stadt. Klingt alles sehr innovativ, modern und sauber. Aber die Sache hat einen gewaltigen Haken, über den Politik und Unternehmen lieber schweigen: Das Regionale Berufsbildungszentrum (RBZ) Gaarden – ein Beispiel! Für das RBZ Gaarden wurden die Kosten in der KN vom 31.03.2011 veröffentlicht. Dort werden die Baukosten am RBZ Gaarden auf 22,5 Millionen Euro beziffert. Das „Partner“-Unternehmen die „Goldbeck Public Partner GmbH“ wird aber über die  Miete (jährlich 1,4 Millionen) über 25 Jahre, 35 Millionen Euro bekommen. Die Stadt, und im Endeffekt die Steuerzahler, bezahlen also 12,5 Millionen Euro mehr als nötig und Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) ist sich nicht zu dumm, öffentlich zu behaupten: „Unsere Untersuchungen belegen, dass ÖPP für die RBZ-Projekte wirtschaftlicher ist als konventionelle Realisierung in eigener Regie“. Wie er die 12,5 Millionen Euro, die die Stadt einem Unternehmen schenken will, weggerechnet hat, bleibt unklar. Klar ist aber: Albig kann entweder noch weniger Mathe als der Autor dieses Artikels oder ihm ist das Wohl eines Unternehmens wichtiger, als das der Kielerinnen und Kieler.
 
Profite oder unsere Steuergelder?
 
Die RBZ von privaten Unternehmen bauen zu lassen und sie dann zurückzumieten, ist für die Stadt (und uns!) auf jeden Fall ein Minusgeschäft. Ist ja auch logisch: Ein privates Unternehmen muss Gewinn machen und dieser Gewinn kommt jetzt aus den 12,5 Mill. – so funktioniert Kapitalismus. Auch dass das Land 7,6 Millionen Euro für das RBZ Gaarden zuschießt, macht die Sache nicht besser. Schließlich sind auch das Steuergelder, nur aus einem anderen Etat, die dann direkt in die Taschen von „Goldbeck Public Partner GmbH“ fließen und mit denen sich das Unternehmen an unseren Berufsschulen eine goldene Nase verdient.
 
Profite oder Demokratie?
 
Der nächste Skandal ist, dass die Verträge geheim sind. Der ganze Vorgang ist so der öffentlichen Kontrolle entzogen. Soll das Demokratie sein? Der Stadt scheint es ganz offensichtlich darum zu gehen, die Details nicht bekannt werden zu lassen. Offensichtlich aus Angst, dass noch mehr Leute erkennen könnten, wie Herr Albig und seine Regierung Steuergelder an Unternehmen verschenken. Das könnte sich bei der nächsten Wahl negativ auswirken. Außerdem werden so die Betroffenen, also vor allem SchülerInnen der RBZ und die Lehrkräfte grundsätzlich ausgeschlossen. Völlig undemokratisch also! Auch hier scheinen die Profite für einige wenige wichtiger zu sein, als Demokratie. Andere PPP-Projekte zeigen, dass häufig noch viele Mehrkosten für die Stadt in den Mietverträgen versteckt sind. Wenn Baumaßnahmen notwendig werden, die man jetzt für die nächsten 25 Jahre noch gar nicht absehen konnte, könnte die Stadt teuer draufzahlen müssen. Und was ist eigentlich mit Veranstaltungen für Eltern, Lehrkräfte oder SchülerInnen nach der Schulzeit? Müssen wir dann Eintritt oder Gebühren für die Nutzung des Gebäudes zahlen? Das wäre zumindest möglich...
 
Aber warum ist die Stadt so dumm?
 
Der Kapitalismus (oder die „freie/soziale Marktwirtschaft“, das ist im Endeffekt das Gleiche) steckt in seiner tiefsten ökonomischen Krise seit Jahrzehnten. Uns so sehr auch von allen Seiten der Aufschwung herbeigewünscht und geredet wird, die öffentlichen Kassen sind leer. Vor allem, weil man in letzter Zeit die Unternehmenssteuern gesenkt, die Reichensteuer abgeschafft und Banken und Konzerne mit Milliarden an Steuergeldern gerettet hatte. Jetzt ist das Geld alle und irgendwie soll es wieder reingeholt werden und es soll gespart werden. Deshalb wurde eine Schuldenbremse beschlossen, das heißt es dürfen keine Schulden mehr gemacht werden. Das bedeutet dann auch, dass die Stadt gezwungen wird so etwas wie PPP bei den RBZ zu machen, weil hierfür kein Kredit aufgenommen, sondern nur eine jährliche Miete gezahlt werden muss. Dass das im Endeffekt viel teurer ist, ist egal. Die Schuldenbremse sorgt also dafür, dass in Kiel Schwimmbäder geschlossen werden, Auszubildende der Stadt nicht übernommen werden und Stellen in den Verwaltungen und dem öffentlichen Dienst gekürzt werden, während gleichzeitig bei den RBZ einem Unternehmen das Geld nur so hinterher geschmissen wird. Hier zeigt sich ganz gut, in wessen Interesse die Schuldenbremse eingeführt wurde und in wessen Interesse unsere Politiker regieren. Allein für die Profite der UnternehmerInnen, der Chefs, der Reichen und gegen die Jugendlichen und arbeitende Bevölkerung. Unsere Krise hat gerade erst begonnen, um die der Banken und Konzerne zu beenden. Das Sparpaket der Landesregierung lässt grüßen. Bei uns wird gekürzt, den Unternehmen wird geschenkt. Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen?

  (SDAJ Kiel)