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Und weiter geht’s nach rechts

Fast 50 Prozent schwarz blau bei der letzten Bundestagswahl zeigen, wie weit diese Republik inzwischen nach rechts gerückt ist. In der Asylpolitik ist es der AfD gelungen, mit ihrer rassistischen Abschiebe- und Remigrationsrhetorik alle Parteien mit Ausnahme der Linken vor sich herzutreiben.

Es ist skurril, dass die selben Parteien, die in der Asylpolitik inzwischen fast eins zu eins AfD-Forderungen übernommen haben, weiterhin von einer Brandmauer reden. So beklagte sich Frau Weidel zurecht, dass die CDU ihr Programm abgeschrieben habe. Frau Klöckner von der CDU bestätigte sie ungewollt via Instagram, indem sie schrieb: „Für das, was ihr wollt, müsst ihr nicht die AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU“
Auch Herr Habeck wollte sich noch kurz vor den Wahlen mit seinem 5 Punkte Plan zur Sicherheitsoffensive nicht lumpen lassen und legte noch eine Schippe drauf. Doch das hat ihm auch nicht mehr geholfen. Die AfD kann es eben besser. Inzwischen wollen CDU/CSU und SPD durch die Schließung der Grenzen das Asylrecht faktisch abschaffen.

„Whatever it takes“

Mit diesen markigen Worten verkündete Friedrich Merz eine unbegrenzte Aufrüstung für Deutschland. Die Bundeswehr soll laut Pistorius zur stärksten Armee der EU hochgerüstet werden. Angeblich wartet „Europa“, das inzwischen anmaßend immer mit der EU gleichgesetzt wird, auf die deutsche Führung (Pistorius). Ob Franzosen, Italiener oder andere Europäer wirklich auf deutsche Führung warten, sei mal dahingestellt.
Alle Rüstungsausgaben, die mehr als 1 Prozent des Bundeshaushalts betragen, werden von der bisher von Merz dogmatisch verteidigten Schuldenbremse ausgenommen. Das gilt auch für Waffenlieferungen an die Ukraine.

Deutschland rüstet in einem bisher unvorstellbarem Maße auf. Die Tatsache, dass diese Aufrüstung mit einer unbegrenzten Verschuldung von einem abgewählten Bundestag beschlossen wurde, weil die dafür notwendigen Mehrheiten in dem neu gewählten Parlament nicht mehr vorhanden sind, ist Ausdruck eines erschreckenden Demokratieverständnisses der sog. „Demokratischen Mitte“.

Die propagandistische Dauerschleife

Zur Begründung wird täglich von der herrschenden Politik und den dominanten Medien Angst verbreitet. So verkünden rund um die Uhr bellizistische Experten wie Carlo Masala, Sönke Neitzel und Claudia Major in Printmedien und Talkshows, dass kurz oder lang auch für uns ein Krieg vor der Tür stehe.
Dabei erscheint es quasi als Naturgesetz, dass Russland, nachdem es mit der Ukraine „fertig“ ist, auch NATO-Staaten angreifen wird (z.B. im Baltikum).
Laut Neitzel gehen einige seiner Kolleg*innen wie er davon aus, dass wir möglicherweise in Deutschland den letzten Sommer in Frieden erleben. Nachweise? Fehlanzeige.

Für die Rüstungsbefürworter in diesem Land würde selbst ein Verhandlungsfrieden in der Ukraine an der Gefahrenlage nichts ändern. Im Gegenteil. Da dieser realistisch nur mit einem Landverlust für die Ukraine denkbar ist, würde das nach ihrer Erzählung Putin ermuntern, weitere Länder zu überfallen. Daher werden die Verhandlungen zwischen Russland und den USA mit Misstrauen und Häme begleitet. Nach dieser Logik haben sie auch keinen Sinn, weil man Putin eh nicht trauen kann. Daraus ergibt sich als einzige Konsequenz, der Ukraine zum Sieg zu verhelfen.
Das ist eine völlig unrealistische und abenteuerliche Strategie, die weiterhin eine Vielzahl von Toten und tatsächlich die Gefahr einer Konfrontation von europäischen NATO-Staaten mit Russland zur Folge hätte. Die USA würden sich unter Trump an einem solchen Krieg voraussichtlich nicht beteiligen. Denn für Trump ist der Krieg zu teuer und zu aussichtslos.
Er will sich sogar von der Ukraine mit Bodenschätzen für die bisherige US-Hilfe entschädigen lassen.
Da sich die USA vermeintlich von „Europa“ (EU) militärisch abwenden wird, heißt es für die EU-Strategen weiter, dass „Europa“ seine „Hausaufgaben“ machen und endlich „erwachsen“ werden muss, um als „Global Player“ mitspielen zu können.

Neben einer verräterischen Sprache liegt dem Ganzen auch ein imperiales Weltbild zugrunde. Denn es geht in der geostrategischen Konkurrenz der „Blöcke“ um die Sicherung von weltweitem Einfluss durch militärische Stärke. Mit dem Slogan „ReArm Europe“ sollen nach Von der Leyen und der EU Kommission 800 Mrd. in die europäische Rüstung fließen.

Darüber hinaus bemühen sich Frau Von der Leyen und die EU- Kommission auch darum, den psychologischen Mechanismus von Nationalismus und Patriotismus auf „Europa“ zu übertragen. Also nicht mehr „Wir Deutsche“ sondern „Wir Europäer“ (aus deutscher Sicht möglichst unter Führung Deutschlands).

Rüstungsindustrie als Kriegsgewinnler und „Wachstumstreiber“

Während die Aktienkurse der deutschen Autoindustrie einbrechen und sich die Branche in einer strukturellen Krise befindet, knallen bei den Aktionären der Rüstungsindustrie die Champagnerkorken. Das gilt besonders für Rheinmetall. 2021 lag der Umsatz von Rheinmetall bei knapp 6 Milliarden Euro. 2024 waren es bereits rund 10 Milliarden. Das Handelsblatt prognostiziert bis 2030 eine Steigerung auf 40 Milliarden.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Aktienkursen wider. Der Kurs einer Rheinmetallaktie stieg von 2022 mit 90 Euro auf 1100 Euro im Jahr 2025. Der Börsenwert von Rheinmetall hat inzwischen den von VW überholt. Ein Hauptgrund für diese Gewinnexplosion ist der Krieg in der Ukraine.

Die umfassenden Aufrüstungspläne der Bundesregierung versetzen den Firmenchef von Rheinmetall Papperger geradezu in Euphorie. Er spricht von dem „Infanterist der Zukunft“, digital und voll vernetzt und verkündet: „Wir liefern alles bis auf die Unterhose“.
Vor diesem Hintergrund schloss die Bundeswehr mit Rheinmetall bis 2030 einen Rahmenvertrag von 3 Mrd. Euro ab. Doch Rheinmetall ist nur die Spitze des Eisbergs.
Dass dieser Konzern bereits in zwei Weltkriegen unter Einsatz von Zwangsarbeit immense Gewinne einfuhr, sei hier nur am Rande erwähnt.

„Renommierte“ deutsche Volkswirte (z.B. Clemens Fuerst, Jens Südekum, Moritz Schularick) befürworten eine umfassende deutsche Hochrüstung nicht nur aus politischen Gründen, sondern sie sehen darin einen ökonomischen Wachstumstreiber. Moritz Schularick (Kieler Institut für Weltwirtschaft) dreht dabei das ganz große Rad und träumt von einem deutschen „Manhatten-Projekt“. In diesem Projekt wurde in den USA mit einem gewaltigen technologischen und finanziellen Aufwand die Atombombe entwickelt. Dabei geht es Schularick nicht um die Atombombe, sondern um möglichst große finanzielle Anstrengungen und die Fokussierung auf den militärisch/industriellen Komplex.
„Ein erhöhter Wehretat kann dem Wissensschafts- und Innovationsstandort Deutschland einen riesigen Schub bringen“ (Interview in der Welt vom 8.3.2025) Darüber hinaus vertröstet Schularick die Zivilbevölkerung damit, dass bei militärischer Forschung auch sinnvolle Abfallprodukte für die zivile Nutzung herausspringen könnten (Beispiel: Teflon durch die Raumfahrtindustrie).

Es zeigt sich also, dass nicht nur militante politische Zielvorgaben, sondern auch handfeste ökonomische Interessen die Bedeutung der Rüstung für unsere Volkswirtschaft immens erhöhen. Das wird durch die Strukturkrise der deutschen Wirtschaft noch begünstigt. Frei nach dem Motto: „Wenn es mit den Autos nicht mehr klappt, dann eben mit Panzern und Raketen. Die haben immer Konjunktur.“

Die Zwangsehe unter dem blauen Damoklesschwert

Die ständig wachsenden Wahlerfolge der AfD haben nach den Bundestagswahlen zu einer Konstellation geführt, die ohne AfD nur noch eine Zweierkoalition der CDU/CSU mit der SPD bzw. mit den GRÜNEN ermöglichte. Die CDU/CSU hat sich inzwischen für die SPD als bequemeren Part entschieden.
Diese Koalition steht unter einem besonderen politischen Druck. Scheitert auch sie, sitzt die AfD mit hoher Wahrscheinlichkeit in der nächsten Regierung. Genau das wird von Frau Weidel süffisant vorhergesagt: „Wir werden sie jagen!“ ( Weidel ).

Nach den Erfahrungen mit der Flüchtlings- und Asylpolitik ist zu befürchten, dass sich die neue Regierung bei dieser Jagd der Agenda der AfD noch weiter annähert. Das wird besonders Teilen der CDU/CSU nicht schwerfallen.

Hochrüstung, die faktische Abschaffung des Asylrechts, eine innenpolitische Law and Order-Strategie sowie erhebliche Einsparungen in der Klima- und Sozialpolitik auch unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus werden wesentliche Elemente der künftigen Regierung sein.

Natürlich ist eine überbordende Bürokratie in manchen Bereichen dysfunktional. Doch bei Neoliberalen fallen auch Arbeitsschutzgesetze (z.B. Lieferkettengesetz), Naturschutzgesetze und notwendige Kontrollvorschriften unter das Label „Bürokratieabbau“. Aus ihrer Sicht muss der Staat auch von überzogenen Sozialleistungen „entschlackt“ werden (Carsten Linnemann). Das Bürgergeld ist dabei ein geeigneter Aufmacher. Inzwischen stimmt hier auch die SPD Sanktionsmöglichkeiten bis auf Null zu. Das wird leider auch von einem großen Teil der Bevölkerung begrüßt. Inzwischen erscheint selbst das Existenzminimum als ein Luxus.

Bei dieser Grundhaltung in weiten Kreisen der CDU/CSU und dem gewohnten Machtopportunismus der SPD sollte man sich hinsichtlich des bezahlbaren Wohnraums, einer Verbesserung des Gesundheitssystems und einer Renten- und Pflegereform, die den Versicherten ein auskömmliches Leben sichert, überhaupt keine Hoffnungen machen.

Fazit

Die Aussichten sind leider trübe. Das liegt nicht nur an dem ständigem Zuwachs der AfD, sondern auch an der weiteren Verschiebung der Parteien der sog. „Demokratischen Mitte“ nach rechts.
Der Rechtstrend wird von breiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen.
Das zeigt sich nicht nur in der Asyl- und Flüchtlingspolitik, sondern auch in Hinblick auf die gigantischen Rüstungsvorhaben. Sie werden inzwischen von über 2/3 der Bevölkerung befürwortet.
Noch vor einem Jahr war die Stimmung anders. Damals wurde eine pazifistische Grundhaltung in der Bevölkerung von der herrschenden Politik und den Mainstreammedien beklagt. Ihr massiver propagandistischer Einsatz für einen Stimmungswandel hat sich in ihrem Sinne gelohnt.

Der einzige Lichtblick bei diesen Wahlen ist der überraschende Wahlerfolg der LINKEN, weil er zeigt, dass auch mit sozialen Themen und einer Ablehnung der Rüstungs- und Abschiebungspolitik Stimmen zu holen sind. Es bleibt zu hoffen, dass die LINKE diese Linie in einer konsequenten Oppositionspolitik weiterverfolgt und nicht vermeintlich „staatstragend“ einknickt.
Doch das wird nicht reichen. Auch wenn es derzeit als schwer erscheint, ist die Kombination aus konsequenter parlamentarischer Opposition und einem außerparlamentarischem Druck durch breite zivilgesellschaftliche Bündnisse der einzige Weg, mittel- und langfristig der Rechtsentwicklung zu begegnen. Dabei sollten soziale Fragen und die Ablehnung der gigantischen Hochrüstung im Mittelpunkt stehen.

Andreas Meyer