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Hände weg vom Streikrecht !!

01. Oktober 2011  Am Samstag, den 10. September 2011, fand in Kassel eine Tagung "Hände weg vom Streikrecht - für volle gewerkschaftliche Aktionsfreiheit", statt. Wir veröffentlichen hier die einstimmig verabschiedete "Kasseler Erklärung". (hg)
„Kasseler Erklärung“ Zum Ausstieg des DGB aus der DGB/BDA Initiative zur „Tarifeinheit“

DGB/BDA Gesetzes-Initiative zur Tarifeinheit......

Zusammen mit der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) hatten die Vorstände des DGB und seiner Einzelgewerkschaften im Juni 2010 mit ihrer Gesetzesinitiative zur Tarifeinheit versucht, das Streikrecht zu beschneiden. Minderheitsgewerkschaften sollte eine Friedenspflicht (und somit ein generelles Streikverbot) aufgezwungen werden. Damit verstiegen sich DGB und BDA dazu, einen Angriff auf die Koalitionsfreiheit zu führen.

...autoritäre Reaktion des DGB auf „gewerkschaftliche Landschaft in Bewegung“.

Die gesetzliche Herstellung einer „Tarifeinheit“ hätte bedeutet, dass die jeweilige „Minderheitsgewerkschaft“ nach Abschluss eines Tarifvertrages durch die in einer Branche oder einem Betrieb vorhandene „Mehrheitsgewerkschaft“ nicht mehr hätte streiken dürfen. Der Versuch des DGB, über die Einschränkung des Streikrechtes dem wachsenden Einfluss von Spartengewerkschaften und Berufsverbänden zu begegnen, konnte vor allem durch die erfreuliche Protestwelle innerhalb der DGB-Gewerkschaften aber auch durch die eindeutig ablehnende Haltung maßgeblicher Arbeitsrechtler_innen, gestoppt werden. Dazu trugen auch Aktionen und Veranstaltungen von Basisinitiativen, der FAU sowie Proteste von GDL, GDL-Stadtverkehr, Marburger Bund und anderen betroffenen Gewerkschaften bei. Die Vorstände von ver.di, DGB und IG-Metall haben aber deutlich gemacht, dass sie weiterhin von der Richtigkeit ihrer Initiative überzeugt sind, und auf „anderen Ebenen“ ihr Ziel weiterverfolgen wollen.

Wir lehnen dieses ignorante Verhalten gegenüber dem deutlich gewordenen Willen der gewerkschaftlichen Basis ab! Wir fordern die Führungsgremien der DGB-Gewerkschaften auf, keine weiteren Versuche zur Monopolisierung des Abschlusses von Tarifverträgen (und damit Beschneidung des Streikrechts) zu unternehmen.

Demokratie im DGB.....

Die Beteiligung des DGB an der BDA-Initiative kam ohne Beschlussfassung – ja ohne jegliche Konsultation seiner Basis zustande. In den DGB-Gewerkschaften ist seit Jahren eine Zunahme undemokratischer Willensbildungsprozesse feststellbar. Von der Zentralisierung der Entscheidungsprozesse in den Vorständen bei ver.di und IG-Metall über die Nichtbeteiligung der IGM-Vertrauensleute bei der Aufstellung der Tarifforderung in der Tarifrunde 09/10 bis zu der gewerkschaftspolitisch äußerst bedeutsamen Entscheidung zur Beteiligung an der Tarifeinheitsinitiative der BDA – überall ist die Tendenz zur Entmündigung der gewerkschaftlichen Basis bemerkbar. Erklärbar wird dies nur, wenn wir diese Entdemokratisierung einordnen in die Anpassungspolitik des DGB und seiner Einzelgewerkschaften an die Profit- und Standort-Interessen des deutschen Kapitals. Da stören demokratische Prozesse zur Feststellung der Bedürfnisse und Interessen der KollegInnen an der Basis und eine kämpferische Tarifpolitik.

Wir treten für die Ausweitung der Beteiligungsmöglichkeiten von Gewerkschaftsmitgliedern an der Willensbildung ein, auch und gerade in Situationen gewerkschaftlichen Kampfes! Vor allem wollen wir eine Transparenz bei Tarifverhandlungen.

....und in anderen Gewerkschaften.

Spartengewerkschaften entschließen sich bei der Durchsetzung ihrer Tarifpolitik eher zu Kampfmaßnahmen bis hin zum Streik als so manche Einzelgewerkschaft des DGB. Damit gelingt es ihnen, KollegInnen anzusprechen und einzubeziehen. Allerdings geraten auch sie in Widersprüche bei der Beteiligung von KollegInnen, wenn es um Entscheidungsprozesse über die Fortsetzung oder den Abbruch von Streiks geht. Auf der Grundlage einer grundsätzlich sozialpartnerschaftlich verorteten Politik sind – wie bei den DGB-Gewerkschaften – tendenziell undemokratische Prozesse feststellbar.

Sozialpartnerschaftliche Praktiken stehen einer konsequenten Durchsetzung der Interessen der KollegInnen entgegen. Standortideologie – ob auf betrieblicher, Konzern- oder nationaler Ebene – lehnen wir ab. Wir brauchen stattdessen übergreifende Solidarität gegen die Macht des Kapitals.

Darüber hinaus wollen wir:

– Ausweitung statt Einschränkung des Streikrechtes! Das Recht auf politischen Streik bis hin zum Generalstreik- müssen wir uns nehmen!

– Gemeinsam gegen Dumping-Politik der UnternehmerInnen und deren Pseudo-Gewerkschaften statt jeder für sich (DGB und Spartengewerkschaften).
– Solidarische Aktionen über alle Gewerkschaftsgrenzen hinweg statt sich gegenseitig zu blockieren!